Maas | Neueste Generationenforschung in ökonomischer Perspektive | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 107 Seiten

Maas Neueste Generationenforschung in ökonomischer Perspektive

Reichen Generation X, Y, Z zur Beschreibung der Wirklichkeit aus?
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-17-041116-6
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Reichen Generation X, Y, Z zur Beschreibung der Wirklichkeit aus?

E-Book, Deutsch, 107 Seiten

ISBN: 978-3-17-041116-6
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Generationenforschung ist aus den Bereichen Marketing, Kommunikation, Personalwirtschaft und Führung nicht mehr wegzudenken. Die Einteilung der Generationen in X (Geburtsjahrgänge 1965-1980), Y (1980-1995) und Z (1995-2010) liefert ein analytisches Instrument, das ganz selbstverständlich verwendet wird. Trotzdem werden diese Begriffe meist ohne Kenntnis ihrer methodischen Grundlagen sowie der Grenzen ihrer Verwendbarkeit benutzt, wodurch sich Analysefehler ergeben können. Vor diesem Hintergrund schlägt dieses Einführungslehrbuch eine Brücke zwischen den soziologisch-psychologischen Grundlagen und den ökonomischen Anwendungsbereichen.

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3          Ansprüche eines interdisziplinäreren Ansatzes in der Generationenforschung
    »Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast« – Ein passendes Zitat an dieser Stelle. Noch passender, dass die Mehrheit der Deutschen davon ausgeht, dass Winston Churchill dies gesagt habe. Ein – wie man heute weiß – perfider Plan von Josef Goebbels, der aufging. Denn eigentlich war er es, der Churchill dieses Zitat in der Propaganda unterschob. Churchill hatte eine große Affinität zu statistischen Daten, stellte jedoch die gefälschten Daten des NS-Regimes berechtigterweise infrage und übte so öffentliche Kritik. Ähnlich kurios verhält es sich oft mit den gängigen Generationenzuschreibungen. Generation Z sei dies, Generation Y jenes. Dabei überlappen sich die Eigenschaften je nach Forschenden, Forschungsgebiet und wissenschaftlicher Disziplin, manche finden gar hermetisch voneinander abgeriegelte generationelle Eigenschaften. Kein Wunder, dass sich in der Generationenforschung ein wissenschaftliches Schlachtfeld eröffnet: Generationen gibt es gar nicht, rufen die einen, während die anderen munter neue Generationeneinteilungen kreieren. Im unerbittlichen Kampf verliert der Zankapfel, die Generationenforschung, langsam an Glaubwürdigkeit. Was trifft nun für die Generationenforschung zu und was nicht? Oder haben vielleicht gar alle Recht, da jedes Ergebnis Ursache einer anderen Perspektive ist? Man muss also etwas finden, mit dem man sowohl die Gegner als auch die Befürworter von Generationenbegriffen erreichen kann. Und das ist die wissenschaftliche Begründbarkeit. Beide Positionen beanspruchen für sich, ihre Konzepte mittels empirischer Methoden bestätigen zu können. Wir treten allerdings auf der Stelle, wenn wir bereits im Voraus das Handtuch werfen mit der Begründung, es könnte wohl irgendwo Überkomplexität drohen – also dem Chaos das Heft in die Hand geben. Dann wird uns nämlich der Mannheimsche Fehler mit voller Wucht treffen, indem keine adäquaten Wirklichkeitskonzeptionen mehr generiert werden können. Wichtig ist also, dass man seinen Generationenbegriff begründen kann. Eine dogmatische und oft willkürliche Setzung des Generationenbegriffes, wie es eben breite Teile in der populärwissenschaftlichen Generationenforschung und wie es Mannheim stellenweise vorgenommen haben, reicht nicht aus. Und auch, um den oben erläuterten »Mannheimschen Zwiespalt« zu vermeiden, muss die kontextuelle Eingebundenheit eines jeden Begriffes berücksichtigt werden. Jedes sozialwissenschaftliche Konstrukt muss bezüglich jedes einzelnen Items (= Elements) expliziert und interpretiert werden. Generationenbegriffe werden so transparent, vergleichbar und einer Prüfung bzw. Falsifikation zugänglich gemacht (vgl. Schröder 2019: 3). Interpretieren bedeutet im Rahmen der Chaos-Theorie, dass man jedes einzelne Item in seiner Theorie ernst nimmt. Nur oberflächlich auf das Chaos zu schauen, reicht nicht aus. Und die einzelnen Items sind eben die Menschen, die zusammen unter einem Generationenbegriff zusammengefasst werden sollen. Perioden- und Alterseffekte müssen ebenso berücksichtigt werden. Doch man muss einen Schritt weitergehen. Ein Versuch könnte sein, das Individuum in den Mittelpunkt der Analyse zu stellen und die Erkenntnisse aus der Psychologie bei der Konstitution von Generationenbegriffen zu berücksichtigen. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, die Umwelteinflüsse auf das Individuum und deren Ausprägung zu analysieren, um so individuelle Einstellungen, Identitäten und Persönlichkeitsmuster zu berücksichtigen. Das heißt nicht, dass die Soziologie diese Erkenntnis unberücksichtigt lassen würde, im Gegenteil – vielleicht ist das auch der Grund, warum sich viele Wissenschaftler/innen von der Generationenforschung abgewendet haben. Denn die gängige Generationenforschung strotzt nur so von unreflektierten Pauschalierungen und der Vernachlässigung von zentralen Prämissen der Wissenschaftlichkeit, sodass sich vielen Forschenden das Chaos in der gängigen Generationenforschung wohl unbeherrschbar darstellt. Hans Jaeger schrieb 1977 als Vorbemerkung in seinem Artikel im wissenschaftlichen Journal Generationen in der Geschichte. Überlegungen zu einer umstrittenen Konzeption: »Wenn man die Menschheitsgeschichte unter biologisch-genealogischen Aspekt betrachtet, erscheint sie als ein gleichmäßig fließendes, in Milliarden von Einzelleben auflösbares Kontinuum ohne kollektive Periodizität. Im Gegensatz hierzu kennzeichnet sich die Geschichte der sozialen Hervorbringungen des Menschen als ein häufig schubhaft vonstattengehender und deshalb periodisierbarer Prozess. In den Grenzbereich dieser beiden ganz unterschiedlichen Phänomene führt die Denkfigur der historischen Generation.« (Jaeger 1977: 429). Ein Blick aus der Ferne erlaubt lediglich, »Milliarden von Einzelleben« zu erkennen, ohne jegliche Kategorisierung oder Systematisierung in einem scheinbar unendlichen Fluss von Menschenleben vornehmen zu können. Wenn aber spezifisch die »Geschichte der sozialen Hervorbringung des Menschen« betrachtet wird, lassen sich Gemeinsamkeiten finden. Hierauf bauen die vorliegenden forschungsleitenden Annahmen auf und legen somit den Grundstein für eine methodologische Reflexion: Die Betrachtung geht davon aus, dass das Analysematerial notwendigerweise genauer inspiziert werden muss, um Erkenntnisse über die Wirklichkeit zu erlangen. Ein ausschließlich soziologischer Blick auf die Wirklichkeit, der Gruppen von Menschen zu erklären vermag, reicht nicht aus. Denn das Individuum wird durch diese Betrachtungsweise »geschluckt«. Weiterhelfen kann hier die Psychologie, die die Generationenforschung einen Schritt weiterbringt als es allein die Soziologie zuließe, in dem sie nicht nur die Individualität der Menschen berücksichtigt, sondern gleichzeitig ihre Konstitutionsbedingungen und Ausformungen unter die Lupe nimmt. Diese Erkenntnisse bleiben in der Soziologie häufig ausgespart. In Zusammenarbeit von Soziologie und Psychologie soll so der »Grenzbereich« definiert werden, der zur Denkfigur der Generation verhilft. Die Soziologie behält Gruppen und Gesellschaft im Auge, die Psychologie wendet sich dem Individuum in der Gruppe oder der Gesellschaft zu. Sicherlich verfügen noch viele andere wissenschaftliche Disziplinen über das Potential, den Generationenbegriff zu bereichern – das legt uns Feyerabend nahe. Und auch diese sollten in Zukunft die Chance bekommen, ihre Erkenntnisse in die Diskussion einzuspeisen. Wir setzen hier zwei Brillen auf, eine soziologische und eine psychologische, um so Instrumente zu nutzen, die uns Teile der Wirklichkeit aus der jeweiligen Perspektive sichtbar machen.7 Abb. 2: Die Psychologie in der Soziologie 3.1       Methodologische Faustregeln für die Generationenforschung
Die Gefahr, die aus der unzureichenden bzw. mangelhaften Reflexion der mannigfachen Einflüsse auf das Generationenkonzept resultiert, ist der sogenannte »Alpha-Fehler«. Im schlimmsten Fall nämlich erweist sich das Generationenkonzept als schlichtweg falsch. Aufgrund eines falschen oder fehlerhaften Konzepts werden Schlussfolgerungen getroffen, die im Endeffekt eben nicht die Wirklichkeit abbilden. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn wir lediglich unsere eigenen Vermutungen befolgen, diese nicht reflektieren und unser Datenmaterial in einer Weise manipulieren, sodass es uns in unseren Vermutungen bestätigt. Wenn wir also davon ausgehen, dass es Generationen gibt, wird es wahrscheinlich, dass wir diese auch im Material finden werden. Wissenschaftlich betrachtet wäre das ein Totalausfall. Und sofern diese Reflexionsarbeit weiterhin unterlassen wird, begeht man einen vorgelagerten Alpha-Fehler. Das heißt, möglicherweise sind schon die Konzepte der Generation Babyboomer und Generation X fehlerhaft. Dadurch transportiert sich ein alter Alpha-Fehler immer weiter und verursacht Verzerrungen unserer Wirklichkeitsbeschreibungen. Hierzu ein Beispiel: Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Zahl der Geburten, aber auch die Anzahl der Störche wuchs an. Der Alpha-Fehler hierbei wäre die Annahme, dass Störche Kinder bringen. Und in der Tat: Die Korrelation der beiden Datensätze kann mittels statistischer Daten nachgewiesen werden, allerdings wurde die Korrelation auf Basis eines falschen Konzepts interpretiert, nämlich auf der Annahme, dass Störche Kinder bringen. Und wieder bestätigt sich, dass verschiedene Perspektiven, in diesem Fall die quantitative und qualitative Sozialforschung, unbedingt vonnöten sind. Schröder gibt an, dass sich Einstellungsunterschiede nicht messen lassen (vgl. Schröder 2018: 492). Die Gründe hierfür siedelt er vor allem in der methodischen Durchführung an:...


Rüdiger Maas ist Psychologe und leitet das Institut für Generationenforschung in Augsburg.



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