E-Book, Deutsch, 200 Seiten, Format (B × H): 151 mm x 218 mm
Lüke Reverse Factoring
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-8005-9536-5
Verlag: Fachmedien Recht und Wirtschaft in Deutscher Fachverlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine rechtliche und ökonomische Analyse
E-Book, Deutsch, 200 Seiten, Format (B × H): 151 mm x 218 mm
Reihe: Recht und Wirtschaft in Europa
ISBN: 978-3-8005-9536-5
Verlag: Fachmedien Recht und Wirtschaft in Deutscher Fachverlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mit dem Reverse Factoring steht Unternehmen ein neuartiges Finanzierungsinstrument der Einkaufsfinanzierung zur Verfügung, das sich zunehmender Beliebtheit im In- und Ausland erfreut. Als Instrument der Supply Chain Finance bildet es das Bindeglied zwischen Lieferant*innen und Käufer*innen. Trotz der zahlreichen Vorteile des Reverse Factorings ist das Schrifttum zum Reverse Factoring noch stark fragmentiert: Es verwundert, wieso es sich bisher nur rudimentär mit der rechtlichen Ausgestaltung des Reverse Factorings beschäftigt hat. Musterverträge, wie sie für das „klassische“ Factoring in großer Anzahl vorliegen, sind für das Reverse Factoring bisher nicht vorhanden.
Dies gilt auch für den Einsatz des Reverse Factorings im Außenhandelsgeschäft. Diese Unbestimmtheit trägt dazu bei, dass viele Parteien auf den Einsatz des Reverse Factorings verzichten und sich damit der Vorteile dieses neuen Finanzierungsinstruments berauben. Das vorliegende Werk nimmt sich dieser Unbestimmtheit an. Es stellt nicht nur ausführlich die rechtliche Ausgestaltung des Reverse Factorings dar, sondern ermittelt mit einer neu entwickelten Methode die effiziente vertragliche Ausgestaltung des Reverse Factorings für die am Reverse-Factoring-Geschäft beteiligten Parteien (Lieferant*innen, Factor, Käufer*innen). Die Untersuchung gibt den Parteien Handlungsempfehlungen, inklusive der Nennung von Vertragsklauseln, wie sie das Reverse Factoring im nationalen Geschäft, aber auch im Außenhandelsgeschäft vertraglich ausgestalten sollten. Auch zeigt das Werk die Vorteile des Reverse Factorings gegenüber vergleichswürdigen Finanzierungsinstrumenten (u. a. Finetrading, Standard-Factoring, Forfaitierung, AGB-Finanzierung, Wechselgeschäft) auf.
Der Titel in Kürze:
-Funktionsweise des Reverse Factorings
-Rechtliche Einordnung des Reverse Factorings
-Diskussion der aufsichtsrechtlichen Behandlung des Reverse Factors
-Ermittlung der effizienten vertraglichen Ausgestaltung des Reverse Factorings, inkl. der Nennung von Vertragsklauseln
-Ermittlung der Effizienzvorteile des Reverse Factorings gegenüber anderen Finanzierungsinstrumenten
-Entwicklung einer neuen Analysemethode zur praxisnahen Ermittlung der vertraglichen und ökonomischen Effizienz
Zielgruppe
Das Werk richtet sich ebenso an die Wirtschafts- und Rechtswissenschaft wie an die Praxis. Von Praxisinteresse ist das Werk u.a. für Vertragsjuristen, Anwälte, CFOs, Mitarbeiter der Abteilungen Unternehmensfinanzierung, Treasury und Supply Chain Management sowie Berater und berufsständische Organisationen und Verbände
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1 Die Einführung in die Problemstellung
Die zunehmende Internationalisierung und Europäisierung von Märkten seit den neunziger Jahren des 21. Jahrhunderts führte zu einem überproportionalen Anstieg an Handels- und Außenhandelsmöglichkeiten1 sowohl für Groß- bzw. Industrieunternehmen als auch kleine und mittelständische Betriebe.2/3 Abbildung 1: Entwicklung der weltweiten Exporte im Warenhandel4 Der Handel und insbesondere der Außenhandel fordert eine ausreichende Finanzierung von Warenaustauschgeschäften.5 Denn Warengeschäfte im Außenhandel erreichen zumeist einen so hohen finanziellen Umfang und ein so hohes finanzielles Risiko, dass die Parteien des Warengeschäfts sich des Vollzugs geeigneter Zahlungs-, Sicherungs- und Finanzierungsinstrumente bedienen müssen.6 Mangelt es hieran, kommt der Warenaustausch für gewöhnlich nicht zustande.7 Bedingt durch die Nichtweitergabe von Finanzierungsmitteln durch Banken an Unternehmen infolge der Finanzmarktkrise8 sowie die sich hieran anschließenden einschränkenden Auswirkungen einer verstärkten Bankenregulierung – beispielsweise durch Basel III9 und deren europäischen Umsetzung in der „Capital Requirements Directive IV“ (CRD IV)10 und der „Capital Requirements Regulation“ (CRR)11 – auf die Kreditvergabe12 entstand ein Bedarf an neuen Finanzierungsformen13.14 Diese sollten unabhängig vom Kreditgeschäft der Banken das Unternehmen mit Kapital versorgen.15 Eine solche Finanzierungsform stellt das Reverse Factoring – im Schrifttum auch als Lieferanten-16, Kreditoren-17, „umgekehrtes“ Factoring18 oder Supply Chain Finance19 bezeichnet – dar.20 Beim Reverse Factoring handelt es sich um ein neuartiges Finanzierungsinstrument der Einkaufsfinanzierung.21 Am Reverse Factoring beteiligt, sind ein Warenkäufer, dessen Warenverkäufer (Lieferant) und ein Finanzintermediär (Factor).22 Die Parteien bilden in ihren Beziehungen ein charakteristisches Dreiecksverhältnis.23 Abbildung 2: Die grundsätzliche Funktionsweise des Reverse Factorings24 Beim Reverse Factoring verpflichtet sich der Factor gegenüber einem Warenkäufer25 fortlaufend Kaufpreisforderungen von dessen Lieferanten zu erwerben.26 Der Warenkäufer „weist“27 den Factor an, diese Kaufpreisforderungen noch vor deren Fälligkeit vom Lieferanten zu erwerben,28 mit dem Erwerb das Risiko, dass der Warenkäufer die Forderung nicht begleicht (Delkredererisiko), zu übernehmen29 und gegebenenfalls dem Käufer die erworbene Kaufpreisforderung zu stunden30. Der Warenkäufer hat seine Verbindlichkeit aus dem Warenkauf, aufgrund des Ankaufs der Kaufpreisforderung durch den Factor, nun gegenüber dem Factor zu begleichen (§ 362 BGB). Finanztechnologisch ist das Reverse Factoring eine „neuartige“ Factoringvariante.31 Denn dem Reverse Factoring liegt, wie auch den bisherigen grundlegenden Erscheinungsformen des „klassischen“ Factorings – dem Standard-32, dem Eigenservice-33 und dem Fälligkeitsfactoring34 – ein für das Factoring charakteristischer fortlaufender Erwerb von Kaufpreisforderungen durch den Finanzintermediär, den sog. Factor, zugrunde.35/36 Abbildung 3: Der Vergleich von „klassischem“ Factoring und Reverse Factoring37 Von den bisherigen Erscheinungsformen des „klassischen“ Factorings38 unterscheidet sich das Reverse Factoring allerdings in einer zentralen Eigenschaft, nämlich in der Initiation des Geschäfts.39 So ist beim Reverse Factoring im Unterschied zum „klassischen“ Factoring40 nicht der Lieferant, d.h. der Verkäufer der Ware bzw. der Zedent der Kaufpreisforderung, der Initiator des Forderungsankaufs, sondern der Käufer (auch: Warenkäufer).41 Aufgrund dieser besonderen Struktur erwirbt der Factor beim Reverse Factoring Kaufpreisforderungen nur von einem Käufer, und nicht wie beim „klassischen“ Factoring42 von mehreren Käufern.43 Ferner unterhält der Factor eine intensivere wirtschaftliche und rechtliche Beziehung zum Käufer. So besteht beim Reverse Factoring eine vertragliche Beziehung zwischen dem Käufer und dem Factor.44 Beim „klassischen“ Factoring45 beschränkt sich die vertragliche Rechtsbeziehung auf das Verhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Factor.46 Mit dieser „neuartigen“ Konstruktion beinhaltet das Reverse Factoring zahlreiche Vorteile für alle am Reverse Factoring beteiligten Parteien:47 Dem Lieferanten verschafft der fortlaufende Verkauf der Forderungen an den Factor noch vor Fälligkeit vorzeitige und unmittelbare Liquidität (Finanzierungsfunktion)48. Ferner übernimmt beim Reverse Factoring der Factor das Risiko der Zahlungsunfähigkeit und -unwilligkeit (sog. Delkredererisiko) des Käufers (sog. Delkrederefunktion49) sowie das Mahn- und Inkassowesen des Lieferanten gegenüber dem Käufer (sog. Dienstleistungsfunktion50). Der Forderungsverkauf führt darüber hinaus dazu, dass für die Finanzierungskosten nicht die Bonität des Lieferanten, sondern die Bonität der Forderung, d.h. die Bonität des Käufers, maßgeblich ist.51 Denn der Käufer befriedigt den Factor. Der Lieferant kann damit an einer guten Bonität des Käufers partizipieren.52 Zudem löst die vorzeitige Befriedigung des Lieferanten durch den Factor die Abhängigkeit des Lieferanten vom Zahlungsverhalten des Käufers.53 Dieses ermöglicht dem Lieferanten eine präzisere Liquiditätsplanung.54 Dem Käufer finanziert das Reverse Factoring seinen Einkauf.55 Ferner intensiviert der Käufer mit dem Reverse Factoring seine Beziehungen zu seinen Lieferanten. So bindet das Reverse Factoring den Lieferanten längerfristig – für die Dauer der Vertragsbeziehung zum Factor56 – an den Käufer.57 Käufer und Lieferant genießen damit die Vorteile einer längerfristigen, kooperativen58 Beziehung.59 Dem Factor bietet die rechtliche Beziehung zwischen ihm und dem Käufer beim Reverse Factoring den Vorteil, zur Analyse der Bonität des Käufers auf direkte Daten vom Käufer zurückgreifen zu können.60 Im „klassischen“ Factoring muss die Risikoeinschätzung kostenintensiv auf Basis externer Daten und von Auskunfteien erfolgen.61 Ferner reduziert die Mitwirkung des Käufers und des Lieferanten in der einzelnen Transaktion für den Factor das Risiko, dass Lieferant und Käufer sich opportunistisch verhalten.62 1.1 Die zunehmende Bedeutung des Reverse Factorings in der Unternehmenspraxis
In der Praxis der Unternehmensfinanzierung erfreut sich das Reverse Factoring zunehmender Beliebtheit im In- und Ausland.63 Die Unternehmen Volvo, Scania, Caterpillar, Philips, Walmart, Siemens, Boeing und Rolls Royce sind nur einige der bekannten Anwenderunternehmen.64 Auch in Deutschland hat das Reverse Factoring an Relevanz gewonnen.65 So finanzierten die Mitglieder des Deutschen Factoring Verbandes im Jahr 2019 ein Forderungsvolumen i.H.v. 4,6 Mrd. Euro über das Reverse Factoring.66 Im Jahr 2013 belief sich das mittels Reverse Factoring finanzierte Forderungsvolumen auf lediglich 0,98 Mrd. Euro.67 Normiert als Anteil am gesamten, von den Mitgliedern des Deutschen Factoring Verbandes68, finanzierten Forderungsvolumens69 des jeweiligen Jahres hat sich die Bedeutung des Reverse Factorings als Factoringvariante damit von 0,6 % im Jahr 201370 auf 1,7 % im Jahr 201971 fast verdreifacht.72 Abbildung 4: Die Entwicklung des Reverse Factoring-Volumens der Mitgliedsunternehmen des Deutschen Factoring Verbandes e.V.73 1.2 Die Problematik der unterschiedlichen Erscheinungsformen des Reverse Factorings
Trotz dieser zunehmenden Bedeutung des Reverse Factorings ist die Forschung zum Reverse Factoring noch stark fragmentiert.74 Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass die Untersuchungen, die sich unter dem Stichwort „Reverse Factoring“ subsumieren lassen, sich bisher einer einheitlichen Definition des Reverse Factorings verwehren.75 Auch mangelt es im Schrifttum an einer Darstellung und Systematisierung der verschiedenen Erscheinungsformen des Reverse Factorings.76 Dies birgt die Gefahr von Fehlinterpretationen.77 Denn die Erscheinungsformen des Reverse Factorings unterscheiden sich in zentralen Merkmalen78 und mithin in ihrer Wirkungsweise teils erheblich voneinander.79 1.3 Die Problematik der rechtlichen Ausgestaltung des Reverse Factorings
Zudem verwundert, weshalb sich das Schrifttum bisher nur rudimentär mit der rechtlichen Ausgestaltung des Reverse Factorings beschäftigt hat.80 Musterverträge, wie sie für das „klassische“ Factoring in großer Anzahl vorliegen81, sind für das Reverse Factoring bisher nicht vorhanden. Es mangelt an einer exakten rechtlichen Einordnung. Dies gilt auch für den Einsatz des Reverse Factorings im Außenhandelsgeschäft.82 Diese Unbestimmtheit trägt dazu bei, dass viele Parteien auf den Einsatz des Reverse Factorings verzichten.83 Sie versagen sich damit der oben genannten Vorteile dieses neuen Finanzierungsinstruments.84 1.4 Die Forschungsfrage und der Untersuchungsgegenstand
Dieser Forschungslücken...