Lübke | Ihr & Ich | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 232 Seiten

Lübke Ihr & Ich

Raus aus dem Abseits

E-Book, Deutsch, 232 Seiten

ISBN: 978-3-7583-8999-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Kann es sein, dass man sich in einem Raum voller Menschen befindet und sich trotzdem allein fühlt? Die fünfzehnjährige Lena hat ein Problem. Genauer gesagt sind es sogar vier: Maria, Tamara, Jonas und Tobi. Seit der fünften Klasse kämpft sie aufgrund ihrer Herkunft gegen Vorurteile. Da ihr niemand hilft, entwickelt sie im Laufe der Jahre eine zweifelhafte Strategie, um ihren Peinigern aus dem Weg zu gehen. Das ändert sich jedoch eines Tages schlagartig, als Lena von ihren Eltern gegen ihren Willen zu einer Jugendpsychologin gebracht wird. Dem Vorschlag der Ärztin, doch mal beim Training einer Mädchenfußballmannschaft mitzumachen, stimmt Lena nur widerwillig zu. Sie ahnt nicht, dass diese Entscheidung ihr bisheriges Leben für immer verändern wird.

Christian Lübke wurde am 25.08.1983 in Berlin geboren und wuchs in Aschaffenburg auf, wo er zur Schule ging und sein Abitur machte. Danach folgten der Zivildienst und sein Studium der Germanistik und Geschichtswissenschaften auf Lehramt für Gymnasien an der Goethe Universität in Frankfurt am Main. Seitdem unterrichte er als Oberstudienrat die Fächer Deutsch, Geschichte und Informatik an einer Gesamtschule mit 1.000 Schülerinnen und Schülern. Privat ist er verheiratet und Vater einer Tochter. Seit seines Studiums schreibt er immer wieder privat und beruflich für diverse Zeitungen, Zeitschriften oder Homepages.
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Wie eine Maus aus ihrem Mauseloch spähte Lena vorsichtig, aber auch neugierig zur Tür der unbekannten Räumlichkeiten hinein. Sie staunte nicht schlecht. Im Gegensatz zur etwas angestaubten und nicht mehr wirklich zeitgemäßen Praxis von Dr. Meier war bereits der Eingangsbereich samt Rezeption sehr geschmackvoll. Der helle Holzboden harmonierte perfekt mit den cremefarbenen Wänden und den dezenten Bildern an der Wand, die alle Natur als Thema zu haben schienen. In den Ecken standen grüne Pflanzen und sogar ein Wasserspender. Lena hatte sich eine Psychologenpraxis immer ganz anders vorgestellt. Dunkel, mit alten Möbeln wie sie bei ihrer Oma im Wohnzimmer standen und muffig rochen. So kannte man es eben aus Serien und Filmen. „Folge mir bitte.“ Frau Dr. Wünsch berührte sie leicht an der Schulter und steuerte direkt das erste Zimmer im kleinen Flur an. Auch hier war es sehr angenehm. Eine große Fensterfront erleuchtete einen weißen Schreibtisch und eine hellbraune Liege, neben der ein monströser, bequemer Sessel in der gleichen Optik stand. Ein riesiges Regal mit zahlreichen Büchern wurde flankiert von zwei eindrucksvollen Palmen, die aussahen, als hätte man sie direkt an einem Strand ausgegraben und per Flugpost hierher verschickt. „Du kannst dich gerne auf das Sofa legen oder dich an meinen Tisch setzen, Lena. Ganz wie du magst. Wir wollen hier keinem Klischee entsprechen, daher stellen wir das jedem Patienten frei.“ Lena setzte sich nach kurzem Zögern verlegen auf die Couch und ließ sich dann doch nach hinten sinken. Das Leder war nicht kalt, wie sie befürchtet hatte und bescherte ihr ein Gefühl von Vertrautheit und Geborgenheit. Angst hatte sie keine mehr, nur am Tisch platznehmen wollte sie nicht. Zu förmlich. „Du bist sicherlich enttäuscht und wütend auf deine Eltern und auf Herrn Dr. Meier. Vielleicht auch auf mich. Das ist ok und verständlich. Ich würde mich allerdings freuen, wenn du mir eine Chance geben würdest. Alles, was wir hier besprechen, bleibt unter uns. Weder deine Eltern noch deine Lehrkräfte erfahren etwas von mir. Genaugenommen mache ich mich sogar strafbar, wenn ich etwas verraten würde. Das nennt man ärztliche Schweigepflicht.“ Sie lächelte kurz, bevor sie ihre ersten Fragen stellte. „Du heißt Lena, gehst in die neunte Klasse einer Gesamtschule und bist 15 Jahre alt. Ist das korrekt?“ Lena nickte. Woher wusste sie das? Die Ärztin fuhr fort. „Ich habe von deinen Eltern erzählt bekommen, dass es dir oft nicht gut geht und du dich sehr oft krankmelden lässt.“ Lena nickte erneut. „Nach Rücksprache mit Herrn Dr. Meier haben wir die große Sorge, dass es sich bei deinen Krankheiten nicht um körperliche, sondern eher um seelische Symptome handelt. Verstehst du, was ich meine?“ „Ja, Sie meinen ich wäre eine Psychopatin. Ich würde alles bewusst vortäuschen, weil ich keinen Bock auf Schule habe.“ Lena wusste genau Bescheid, aber nicht mit ihr. „Nein, das denkt niemand und du täuschst auch nichts vor. Du hast diese Symptome wirklich, nur, dass eben keine körperlichen Ursachen zugrunde liegen. Ganz einfach. Und ich kann dir versichern, dass ich sowas täglich erlebe. Es ist nichts Schlimmes und leider auch absolut nichts Besonderes. Vielen Jugendlichen in deinem Alter geht es so und oft kann ihnen niemand helfen…außer Menschen wie ich. Zumindest versuche ich das.“ Sie lächelte erneut und man konnte Lena ihr Erstaunen ansehen. „Es gibt viele Kinder mit diesen Problemen?“ Lena wirkte ungläubig, aber gleichzeitig irgendwie interessiert. „Ja, klar. Wie könnte ich mir sonst diese Praxis und meinen Porsche leisten?“ Jetzt musste sie laut lachen und Lena kicherte kurz mit. Irgendwie ganz nett, diese Frau Wünsch. Herr Dr. Meier war auch nett, aber eben nicht so lustig und verständnisvoll. Moment, Vorsicht! Schleimt sie sich vielleicht bei mir ein? Macht sie auf gute Freundin und reitet mich dann noch mehr rein? Ich bei einer Psychologin, das würde passen! Ein gefundenes Fressen für die Mädels aus meiner Klasse - also Achtung! Es war, als hätte die Ärztin ihre Gedanken gelesen. „Wie gesagt, du kannst mir vertrauen. Ich möchte dir wirklich helfen und niemand wird etwas aus unseren Gesprächen erfahren. Versprochen!“ Lena blieb skeptisch, wollte ihr aber zumindest eine Chance geben. Sie würde nicht zu viel erzählen. Nur ein bisschen, um den Eindruck zu erwecken, dass sie mitmachen würde. Mama und Papa hatten sicherlich eine Menge Geld bezahlt und das war bei deren Gehalt etwas, was Lena ihnen doch irgendwie hoch anrechnete. Wahrscheinlich hatten sie deshalb dieses Jahr auf einen Urlaub verzichtet und betont, dass man doch auch zuhause Spaß haben könne. Lena war es dann letztendlich zu verdanken, dass sie die zwei Wochen hauptsächlich in der Wohnung verbrachten als am Badesee in der Nähe. „Da wir heute nur eine halbe Stunde haben, würde ich vorschlagen, dass du mir zuerst von deinen Hobbys erzählst und von deinen Lieblingsfächern.“ Lena überlegte kurz und war sich nun sicher, zumindest die erste Sitzung mitzumachen. Die Fragen waren ok und hier konnte sie sich nicht blamieren. „Ok. Also, ich spiele sehr gerne mit meinem Handy. Konsolen können wir uns nicht leisten und raus gehe ich nicht so gerne. Brettspiele sind mir zu langweilig.“ Die Ärztin machte sich ein paar Notizen und nickte kurz. „Was für Spiele spielst du denn am liebsten?“ „Ach, alles, was umsonst ist. Meistens muss ich sehr lange warten, da ich es mir nicht leisten kann, Geld im Spiel auszugeben, dass es schneller geht. Daher zocke ich immer mehrere Games gleichzeitig. Ich pflege gerne meine Farm, springe über Hindernisse und sammele Münzen ein oder bringe bunte Steine in eine richtige Reihenfolge. Dazu schaue ich gerne Serien oder eben alles, was so gerade läuft. Ist mir eigentlich egal was. Hauptsache der Fernseher ist an, dann habe ich die beste Unterhaltung. Sonst habe ich keine Hobbys. Wir können uns eh nichts anderes leisten.“ „Machst du keinen Sport oder würdest du nicht gerne in einem Verein mitmachen so wie deine Freundinnen?“ Lena schüttelte den Kopf und sah auf den Boden. Sollte sie jetzt schon ehrlich sein? Sich direkt vor der fremden Ärztin demütigen? „Nee, Sport mag ich nicht. Könnten wir nicht bezahlen und Freundinnen brauche ich nicht. Ich spiele lieber allein, dann lenkt mich niemand ab.“ „Ok. Verstehe.“ Jetzt war Lena wirklich überrascht. Keine Nachfrage? Keine Ermutigung oder dämliche Sprüche, dass Sport doch viel Spaß macht und dass man dort ganz einfach Freundinnen finden kann? Wieder schien die Ärztin ihre Gedanken gelesen zu haben. „Lena, ich bin nicht dein Boss oder dein Manager. Ich höre zu, mache mir ein Bild und wir erarbeiten gemeinsam Lösungen, die dir helfen könnten. Wenn du das alles so siehst, dann nehme ich das erstmal auch so hin.“ Lena lächelte leicht und nickte. „Meine Lieblingsfächer sind Mathe, Kunst und Werken. Bevor Sie fragen, ja! Das sind alles Fächer, in denen ich nicht viel reden muss. Dort bin ich ganz gut. Sonst eher nicht so.“ Ok, das war nun alles sehr ehrlich und gerade so an der Grenze, die sich Lena selbst im Kopf gezogen hatte. „Super, danke. Welches Fach magst du denn am wenigsten?“ Lena musste nicht lange nachdenken. „Deutsch! Ich hasse dieses Fach und auch meinen Lehrer. Der labert ohne Pause, interpretiert irgendeinen Müll in irgendwelche Gedichte, die tausend Jahre alt sind und die keinen interessieren. Noch dazu dieses alte Deutsch, was niemand versteht. Zumindest niemand unter 50. Was soll das überhaupt? Woher soll ich wissen, was sich ein Dichter vor 400 Jahren gedacht hat, als er ein Gedicht geschrieben hat? Keine Ahnung. Dann lerne ich diesen Mist auswendig für eine gute Note. Was bringt mir das? Dann eine Lektüre lesen und wieder labern, labern und labern. Ich hasse es einfach!“ Lena schaute kurz auf und Fr. Dr. Wünsch musste lachen. „Das kommt mir sehr bekannt vor und wird sich wohl nie ändern. Ich hasse Deutsch auch und übrigens auch Geschichte. Genauso ein Mist!“ Jetzt war es völlig um Lena geschehen und sie lachte laut mit. Irgendwie war die Ärztin doch ganz cool. Welcher Erwachsene hasst schon das Fach Deutsch? Ein bisschen Vorsicht wollte Lena aber noch behalten. Aufpassen! Nicht zu schnell vertrauen und dann wieder enttäuscht werden. Dr. Wünsch hatte sich beruhigt. „Letzte Frage und dann sind wir für heute bereits fertig. Wie war denn deine Zeit in der Grundschule? Hattest du dort auch schon Schwierigkeiten?“ Lena schüttelte den Kopf. „Nein, da kam ich aus dem Kindergarten mit meinen besten Freundinnen Natascha und Lisa zusammen in eine Klasse. Das war cool. Da hatte ich keine Probleme und bin sehr gerne in die Schule gegangen. Dort war aber auch noch alles viel einfacher. Lisa und Natascha sind dann am Ende der vierten Klasse beide weggezogen, weil ihre Väter zusammen einen neuen Job im...


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