Lübbe / Cardinal / Augustin | Der Blaue Reiter. Journal für Philosophie / Zeit | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 5, 116 Seiten, Format (B × H): 220 mm x 320 mm

Reihe: Der Blaue Reiter. Journal für Philosophie

Lübbe / Cardinal / Augustin Der Blaue Reiter. Journal für Philosophie / Zeit

der blaue reiter - Journal für Philosophie Ausgabe 5
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-911731-01-0
Verlag: der blaue reiter Verlag für Philosophie
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

der blaue reiter - Journal für Philosophie Ausgabe 5

E-Book, Deutsch, Band 5, 116 Seiten, Format (B × H): 220 mm x 320 mm

Reihe: Der Blaue Reiter. Journal für Philosophie

ISBN: 978-3-911731-01-0
Verlag: der blaue reiter Verlag für Philosophie
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Bereits in der Philosophie der Antike war die Zeit ein umstrittenes Thema. Während Aristoteles der Meinung war, dass die Zeit bloß etwas an der Bewegung sei, war für Zenon von Elea alle Bewegung eine dem Schein verfallene Täuschung. Kann man nach Heraklit „nicht zweimal in den gleichen Fluß steigen, weil alles fließt und nichts bleibt“, ist nach Parmenides alles Sein unbewegt und unveränderlich. Auch heutzutage sind die Zeit und unser Zeitempfinden, trotz der Theorien von Albert Einstein und Stephen Hawking, immer noch voller Rätsel und Widersprüche.

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Zielgruppe


Das Journal für Philosophie "der blaue reiter" wendet sich vornehmlich an Menschen, die nicht Philosophie studiert haben, sich aber für philosophische Fragen interessieren.

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Frank Augustin Unter dem Banner der Zeit
Die Jagd auf ein Phantom Die Zeit gibt es nicht! Wenn für alle echten Begriffe gilt, daß sie die wesentlichen Merkmale des von ihnen Bezeichneten in eine gedankliche Einheit fassen, und wenn sich die wesentlichen Merkmale dessen, was der Begriff Zeit bedeuten soll, nicht bestimmen lassen, dann müssen wir die Konsequenz daraus ziehen, den Zeitbegriff aus unserem Sprachgebrauch verbannen und ihn in der Vielzahl seiner Bedeutungen aufgehen lassen. Warum interessieren wir uns eigentlich für das, was man die Zeit nennt? Diese Frage ist – so scheint es – leicht zu beantworten. Denn man muß sich nur vorstellen, was geschieht, wenn man die Zeit außer acht läßt. Wer nicht zu gegebener Zeit am rechten Ort erscheint, verärgert seinen Chef, vergrault seine Freunde und verpaßt Sonderangebote. Wenn Konfliktsituationen dieser und ähnlicher Art vermieden werden sollen, tut man gut daran, sein Interesse für die Zeit zu bekunden und sie adäquat einzuteilen. Daß der Zeitbegriff aber nicht nur für alltägliche Belange wichtig ist, veranschaulicht der Strom an zeittheoretischer Literatur, der vor allem aus den zahlreichen Kanälen der wissenschaftlichen Einzeldisziplinen gespeist wird. Wer sich auf theoretische Weise mit der Zeit auseinandersetzt, der will auch dazu beitragen, die Entwicklung des Universums zu beschreiben, die Tiefen des Bewußtseins auszuloten oder die menschliche Existenz zu ergründen. Und dennoch: gerade aufgrund der Vielzahl und der Verschiedenartigkeit dessen, was mit dem Begriff Zeit in Verbindung gebracht wird, kommt die Zeit in den Verdacht, nur eine Worthülle zu sein, die den (zeitlichen) Phänomenen übergestülpt wird, ohne eine eigene Bedeutung zu haben. 1. Das Phantom im Alltag
Im Alltag scheint jeder ganz selbstverständlich mit der Zeit umzugehen. Der eine hat sie, der andere nicht; dem einen ist sie zu kurz, dem anderen zu lang. Wie unterscheidet sich aber eine kurze von einer langen Zeit? Kann man den Unterschied überhaupt sehen? Diese Frage nach dem „Aussehen“ der Zeit wirkt etwas seltsam, da der Begriff Zeit keinen Gegenstand bezeichnet, den wir mit unseren Augen erfassen können. Die Zeit kann in keiner Weise sinnlich wahrgenommen werden. So wenig wie sie ein Aussehen hat, wird man ihr eine Duftnote, einen Geschmack, ein Klangbild oder eine Oberflächenstruktur zuordnen können. Trifft man dennoch auf Menschen, denen die Zeit „fehlt“, deutet dies deshalb weniger auf so etwas wie eine objektiv verfügbare Zeit hin als auf die augenblickliche Gemütsverfassung; wenn wir keine Zeit haben, sind wir angespannt, ängstlich, unzufrieden mit unserer Situation. Tatsächlich fehlt uns nicht die Zeit, sondern Energie, Gesundheit, Ausgeglichenheit, Verständnis, Geld und so weiter. Darum können die Menschen, die Zeit „haben“, über ein effektives Fitneßtraining, eine gesunde Ernährung, gute Umgangs- und Anlageformen sicher viel Wissenswertes mitteilen; über das, was das spezifisch Zeitliche an einem Hometrainer oder einem Salat ausmachen soll, wird man jedoch kaum etwas erfahren. Auf die Frage, was, wo oder wie die Zeit ist, folgt darum zumeist die zögerliche Entgegnung, daß der Fragesteller wohl wissen möchte, wieviel Uhr es ist. Aber die Uhr, auf die der Neugierige damit verwiesen wird, stellt nichts weiter dar, als ein Gehäuse, das je nach Bauart vielleicht ein Räderwerk und ein Schwingsystem, Steuer- und Antriebsschaltungen oder auch nur Sand enthält. In Anbetracht der Bedeutungsfülle des Zeitbegriffs wird darum wohl niemand ernstlich behaupten, daß eine Uhr selbst die Zeit beziehungsweise der Ort oder die Funktionsweise der Zeit ist. Daß eine Uhr kaum dazu geeignet ist, das Wesen der Zeit zu veranschaulichen, geht schon daraus hervor, daß es ihre eigentliche Bestimmung ist, die Zeit lediglich zu messen. Läßt sich die Zeit aber überhaupt messen? Die Zeit ist ja kein Seiendes, das durch unsere Sinne erfahrbar, also zum Beispiel sichtbar, wäre, sondern sie wird nur mit dem sichtbaren Seienden in Verbindung gebracht. Man muß sich zunächst mit der Stellungnahme von Aristoteles zufriedengeben, derzufolge die Zeit etwas „an dem Bewegungsverlauf“ ist, und versuchen, durch die Betrachtung der Bewegung mehr Informationen über die Zeit zu gewinnen. Auch das Meßinstrument Uhr taugt ja nur als ein solches, wenn es sich, im Gegensatz zum Beispiel zu einem Maßband, in einer (möglichst gleichförmigen) Bewegung befindet. Da für uns aber außer den Bewegungen (im weitesten Sinne: das heißt neben den Orts- oder Lageveränderungen der Körper auch die Veränderungen von Eigenschaften wie zum Beispiel Farbe) nichts weiter zu beobachten ist, was in eine Beziehung mit der Zeit gesetzt werden könnte, bedeutet „zeitlich“ zu messen, nicht die Zeit, sondern Bewegungen an Bewegungen zu messen. Die Uhr selbst wäre demnach eine Bewegung (der Zeiger/der Ziffern), deren standardisiertes Bewegungsmuster Vergleiche mit anderen Bewegungen oder Geschehnissen zuläßt. Aber wo Bewegung ist, muß noch lange keine Zeit sein. Doch es wäre immerhin möglich, daß die Uhren symbolisch für die Zeit stehen und eigentlich zur Koordination gesellschaftlicher Abläufe dienen. Der Vergleich mit der „Bewegung Uhr“ erinnert daran, daß man auch den eigenen Körper gezielt zu bewegen hat, um im gesellschaftlichen Raum zur „richtigen Zeit“ am richtigen Ort zu sein. In diesem Sinne wäre die Zeit beziehungsweise die Zeitbestimmung der Zivilisation – wir ziehen Norbert Elias heran – eine Form der individuellen und sozialen Selbstregulierung. Dies könnte erklären, warum die Zeit uns derart interessiert: Wer mit der Zeit umgehen kann, der hat sich selbst und sein Umfeld im Griff. Und die Gesellschaft funktioniert nur dort, wo die Individuen gelernt haben, mit der Zeit umzugehen. Diese Art der „zeitlichen“ Selbstregulierung sagt jedoch nichts über die Bedeutung der Zeit aus. Schließlich bringt eine solche soziale Disziplinierung ja nicht die Zeit hervor, sondern die Komplexität des gesellschaftlichen Lebens. Und überhaupt habe ich ja nicht die Zeit zu disziplinieren, sondern mich selbst, meinen Körper und meinen Geist. Man mag also gesellschaftliche Symbole wie zum Beispiel Uhren dazu benutzen, sich besser zu orientieren beziehungsweise an die Gegebenheiten der Zivilisation anzupassen, die Zeit bleibt dabei im verborgenen. Die Zeit kann in keiner Weise sinnlich wahrgenommen werden. So wenig wie sie ein Aussehen hat, wird man ihr eine Duftnote, einen Geschmack, ein Klangbild oder eine Oberflächenstruktur zuordnen können. Wenn die Bedeutung der Zeit uns im Alltag nicht ersichtlich wird, stellt sich die Frage, ob sich der „uhrzeitliche“ zivilisatorische Rhythmus auf etwas anderes bezieht, auf jene Zeitrhythmen nämlich, die uns von der Natur vorgegeben sind und die uns über unsere Umgebung hinaus auf Umfassenderes verweisen. 2. Das Phantom im Weltall
Die Zeit muß eine mächtige Wirkung ausüben, wenn sie an denjenigen Naturphänomenen beteiligt ist, mit denen sie in Wortfügungen wie Jahreszeiten, Gezeiten, Regenzeit oder Trockenzeit verschmilzt. Versucht man aber beispielsweise den jahreszeitlich bedingten Unterschieden zeitliche Aspekte abzugewinnen, gerät man schon wieder in Schwierigkeiten: weder am Schnee noch an der Hitze, weder an den frischen Knospen noch am fallenden Laub läßt sich irgendetwas Zeitliches ablesen. Die Veränderung eines belaubten Baumes in einen unbelaubten Baum alleine sagt nichts über die Zeit, sondern nur etwas über biologische Phänomene aus. Auch Temperaturschwankungen sind nicht durch die (Jahres-)Zeit, deren Aktivitäten so wenig zu beobachten sind wie diejenigen eines Wettergottes, sondern durch ganz konkrete Phänomene wie Sonneneinstrahlung, Winde oder Meeresströmungen bedingt. Desgleichen löst sich auch von Begriffen wie Tag und Nacht, die für Zeiträume stehen, jegliche zeitliche Bedeutung ab, wenn sie über die Phänomene Erdrotation und Sonneneinstrahlung definiert werden. Im Grunde steht man in bezug auf natürliche Geschehnisse vor einem ähnlichen Dilemma wie schon bei dem Versuch, dem Alltag Zeitliches abzugewinnen: die beobachtbaren Bewegungen und Veränderungen lassen sich zwar untereinander, nicht aber mit der Zeit in eine Beziehung setzen. Aber finden Bewegungen nicht selbst in einer Zeit, in einer von Bewegungen losgelösten und deshalb absolut zu nennenden Zeit statt? Eine solche „absolute Zeit“, wie sie einst von Newton proklamiert wurde, ist jedoch genauso inhaltsleer wie Kants Bestimmung der Zeit als Anschauungsform a priori. Die Feststellung Newtons, daß die Zeit unabhängig von Gegenständen und Prozessen abläuft, läßt ebensowenig Rückschlüsse auf sie zu wie diejenige Kants, daß wir alle unsere...



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