Lépic | Lacroix und der Bäcker von Saint-Germain | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 2, 208 Seiten

Reihe: Ein Fall für Lacroix

Lépic Lacroix und der Bäcker von Saint-Germain

Sein zweiter Fall

E-Book, Deutsch, Band 2, 208 Seiten

Reihe: Ein Fall für Lacroix

ISBN: 978-3-311-70134-7
Verlag: Kampa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Was frühstückt eigentlich der Präsident der Grande Nation? Baguette natürlich - aber nicht irgendeins! Jedes Jahr wird das beste Pariser Baguette ausgezeichnet, nach einer Blindverkostung eines eigens dafür ins Leben gerufenen Komitees. Maurice Lefèvre ist der allererste Bäcker überhaupt, der den Titel zweimal in Folge gewinnt. Nur kann er seinen Triumph nicht auskosten: Am Morgen nach der Prämierung wird er erschlagen in seiner Backstube in der Rue de Seine im sechsten Arrondissement aufgefunden. Ein Neider? Schließlich darf der Gewinner nicht nur ein Jahr lang den Élysée-Palast beliefern, auch die Pariser stehen allmorgendlich vor seiner Boulangerie Schlange. Commissaire Lacroix weiß: Wenn es um ihr Baguette geht, kennen die Pariser kein Pardon.
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3
»Das war wirklich ein rundum gelungener Abend, ma chère«, sagte Lacroix zu Dominique, als sie gemeinsam aus der Haustür traten. Jeannine vom Obst- und Gemüsestand zog eben den Rollladen hinauf. Die bunten Früchte, die roten Tomaten, die dunkelgrünen Artischocken, die gelben Paprika leuchteten um die Wette. »Es war schön, die Ballandrauds mal wieder zu sehen.« Lacroix nickte und dachte an die Gespräche, den Weißwein, den Cognac als Digestif – es war wirklich ein schöner Abend gewesen. Mit dem Ehepaar Ballandraud war das eigentlich immer so, und deshalb bedauerte Lacroix es, dass sie sich so selten sahen. Giselle Ballandraud arbeitete als Ärztin an der Uniklinik in Rouen, während ihr Mann eine Apfelplantage besaß. Die Früchte wurden zu Calvados verarbeitet. So gab es stets gute Gespräche über medizinische Phänomene und herrliche Spirituosen. Der Commissaire hätte nicht sagen können, was er mehr schätzte, die Kombination aber war einfach perfekt. Und nun stand als Gastgeschenk auch noch eine alte Flasche in seiner Bar, und er freute sich schon jetzt auf den Abend. »Hast du gleich Termine im Rathaus oder magst du noch mit mir zum Chai laufen? Ich würde mich freuen, noch einen café mit dir zu trinken.« Sie sah ihn bedauernd an. Das schätzte er so sehr an seiner Frau. Sie kostete jeden Moment mit ihm aus und war immer ehrlich traurig, wenn sich ihre Wege morgens trennten. »Ich habe leider eine total langweilige Besprechung zu einem Neubau weiter unten an der École Militaire, bedaure.« Dominique war die Bürgermeisterin des siebten Arrondissements. In diesem Bezirk rive gauche, mit seinen Museen, den alten Bürgerhäusern und Ministerien, einem der wohlhabendsten der Stadt, saß sie natürlich für die konservativen Républicains im Rathaus, das altehrwürdig in der Rue Saint-Dominique lag. Sie war beliebt bei ihren Wählern, weil sie in ihren bisher zwei Amtsperioden viel hatte erreichen können, und mochte ihre Arbeit sehr. Einzig die zahlreichen, nicht enden wollenden Sitzungen empfand sie mitunter als Qual. »Dann sehen wir uns eben am Abend, ma chère.« Sie gaben sich einen Abschiedskuss, dann wandte sie sich nach links in Richtung Rathaus und er nach rechts in Richtung Quais, um den Weg am Fluss entlang zu seinem Stammbistro einzuschlagen. »Mon cher!« Der Ruf ließ ihn innehalten, er drehte sich um. Dominique hielt ihr Handy in der Hand. »Hier, für dich …« Es konnte nur Rio sein. Niemand außer seiner Assistentin hatte die Nummer seiner Frau, und auch sie wählte sie nur im absoluten Notfall. »Hier ist Rio, Commissaire, verzeihen Sie die frühe Störung. Sie waren nicht mehr zu Hause und noch nicht im Chai – und die Angelegenheit kann nicht warten: Es wurde eine Leiche gefunden. In der Rue de Seine.« Lacroix stutzte. »Können Sie gleich kommen?«, fragte Rio. »Haben Sie die genaue Adresse?« »Boulangerie Lefèvre, 42 Rue de Seine.« »Herrgott … Ich bin unterwegs.« Er gab seiner Frau das Telefon zurück, ohne aufzulegen. Er hätte zu lange gebraucht, die richtige Taste zu finden. »Ach, mein Maigret«, sagte Dominique seufzend, »es wird wirklich Zeit, dass du dir ein Handy zulegst.« »So können wir uns immerhin noch mal verabschieden.« Er küsste sie zärtlich. »Etwas Schlimmes?« Er nickte, in Gedanken schon ganz woanders. »Es ist … du glaubst es nicht. Ein Toter in der … Erst gestern war ich … Ich erzähle es dir heute Abend, nun muss ich los.« Dominique fragte nicht nach, sah ihn nur erstaunt an. Sie lösten sich voneinander, und er wandte sich in Richtung Invalidendom, in der Hoffnung, dort den 63er-Bus zu bekommen. In seinem Kopf kreisten die Gedanken, er versuchte sich zu erinnern. Ein paar Stunden war es erst her. Er rief sich die Bilder des Ladens vor Augen, die Auslage, die Gesichter der Verkäuferinnen. Er hatte einen Blick in die Backstube werfen können, in der kurz vor Ladenschluss nicht mehr viel los gewesen war. Nur ein junger Mann mit weißer Schürze hatte dort aufgeräumt, erinnerte er sich. Lacroix verließ die Rue de l’Université und trat auf den weitläufigen Platz, der zwischen dem alten Air-France-Gebäude und dem Invalidendom lag. Ein kalter Wind wehte, trieb die Passanten wie fliehende Rehe vor sich her. Er wartete zwei Minuten völlig in Gedanken versunken, hörte dann das Klingeln, das den nahenden Bus ankündigte. Lacroix stieg ein, der Fahrer nickte ihm zu, er fuhr oft diese Linie. An der Station Seine-Buci stieg er aus, die Zufahrt zur Rue de Seine war schon abgesperrt, ein Verkehrspolizist hatte seinen Motorroller quer auf die Fahrbahn gestellt und war dabei, den Tatort zu sichern. »Bonjour, Commissaire«, sagte er und hielt das rot-weiße Band hoch, damit Lacroix darunter durchtreten konnte. Der Commissaire ging die wenigen Schritte die kleine Straße hinab, wie er es gestern getan hatte. Heute war der Himmel zwar grau, aber es regnete nicht. Über ihm die drei- und vierstöckigen feinen Häuser mit ihren schmiedeeisernen Balkonen, wie Georges-Eugène Haussmann sie erdacht hatte. Die Galerien in den Erdgeschossen, dunkle Möbel und goldschimmernder Kitsch zu astronomischen Preisen. Vor der Boulangerie stand nur ein Polizeiauto, zwei Beamtinnen warteten vor dem Laden und sahen grimmig die Straße entlang, als erwarteten sie, dass sich der Täter noch mal sehen lassen würde. Sie traten zur Seite und ließen Lacroix vorbei. In der Boulangerie war es viel kälter als am Vortag. Lacroix war mittlerweile überzeugt, dass das Opfer einer der Bäckermeister sein musste – wer war sonst um diese Uhrzeit schon auf den Beinen. Capitaine Rio hatte die Klingel über der Tür gehört und kam sofort aus der Backstube in den Verkaufsraum. »Commissaire, guten Morgen, bitte, kommen Sie.« Die Polizistin ging voran und wies auf den Fußboden. Statt der alten Holzdielen im Verkaufsraum waren hier blitzsaubere weiße Fließen. Vor dem großen metallenen Ofen blieb sie stehen. Da lag er, nicht der junge Bäcker von gestern, sondern ein älterer Mann mit dichten grauen Haaren. Er lag auf dem Bauch, den Kopf zur Seite geneigt, Arme und Beine weit von sich gestreckt, als würde er friedlich schlafen. Nur die Wunde am Hinterkopf zeigte, dass dem nicht so war. Es war nur wenig Blut am Boden, genau wie an dem hölzernen Brotschieber, der neben dem Mann lag. Eben betrat Paganelli den Raum. »Guten Morgen, Rio, guten Morgen, Commissaire. Sorry, mein Roller ist nicht angesprungen. Was haben wir?« »Maurice Lefèvre«, sagte Rio, die wohl als Erste von der Police nationale am Tatort gewesen war. »56 Jahre alt. Der Besitzer des Ladens, Bäckermeister in dritter Generation. Seine Jacke hing im Spind, als einzige, darin war sein Portemonnaie.« »Wer hat ihn gefunden?« »Ein Mann von Gaz de France, der sich für den Morgen zum Ablesen angekündigt hatte. Wir nehmen an, dass der Tote deshalb hier war. Mittwoch ist eigentlich Ruhetag. Der Gasmann hatte vom Hof aus durchs Fenster geguckt und ihn hier liegen sehen. Er hat uns sofort angerufen.« Ruhetag, dachte Lacroix. Deshalb hatten sie den Toten so spät gefunden. »Wo ist der Mann?« »Sitzt draußen im Hof und raucht. Madame Lefèvre ist auf dem Weg hierher. Ich habe sie vorhin angerufen. Sie weiß noch nicht Bescheid.« Rio sah Lacroix mit großen Augen an. Angehörigen die schreckliche Nachricht vom Tod eines geliebten Menschen zu überbringen, gehörte zu den Aufgaben, die wohl jeder Polizist am meisten fürchtete. Lacroix ging durch die Backstube, betrachtete die Urkunden an der Wand und ein Foto der Belegschaft. Er erkannte die drei Verkäuferinnen von gestern, dahinter standen die Männer aus der Backstube, alle mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Neben ihnen eine ältere Dame im Kostüm, sicher die Chefin, wiederum daneben Maurice Lefèvre. Sein Blick war freundlich und sanft, ein Handwerker, wie er im Buche steht: der Schnauzbart fein gestutzt, die Bäckeruniform strahlend weiß, nur das Mehl an den Ärmeln wies darauf hin, dass das Foto inmitten der alltäglichen Arbeit gemacht worden war. »Rio, sagen Sie mir …«, begann Lacroix, wurde aber von einer wohlbekannten und ein wenig zu heiteren Stimme aus dem Verkaufsraum unterbrochen. »Bonjour, Messieurs-dames, wo ist denn unser berühmter Commissaire?« Wenige Sekunden später schlenderte Docteur Obert in die Backstube, in der rechten Hand eine Zeitung, in der linken die obligatorische Arzttasche, die er direkt neben dem Toten abstellte. Er wandte sich Lacroix zu und wedelte mit der Zeitung. Auf der Titelseite ein altes Foto des Mannes, der nun hier am Boden vor ihnen lag, und in großen Lettern die Schlagzeile: »Sensationelle Wiederwahl«. Dem Bäcker aus der Rue de Seine sei mit dem zweiten Sieg in Folge das Unmögliche gelungen. Der Wettbewerb um das beste Baguette der Stadt fiel Lacroix erst in dieser Sekunde wieder ein. Doch als er den Toten da liegen sah, dachte Lacroix einmal mehr, dass nichts so alt war wie die Zeitung vom Vortag. »Ich darf nichts mehr über bekannte Persönlichkeiten unserer Stadt lesen. Fünf Minuten später ruft immer ihr an, weil die Person abscheulich um die Ecke gebracht wurde. Ich hoffe, Le Parisien schreibt nie über mich.« Obert lachte laut auf. »Ein schneller Blick«, bemerkte Lacroix trocken. »Ich bitte Sie, Commissaire, wir sind doch keine...


Lépic, Alex
Alex Lépics Commissaire Lacroix gelang schon mit seinem ersten Fall der Sprung in die Top 50 der Spiegel-Bestsellerliste. Eine Frage ließ die Bücherwelt allerdings nicht los: Wer ist dieser Alex Lépic? Der WDR berichtete: »Von Ulrich Wickert bis hin zu Sebastian Fitzek sind zahlreiche Namen gerüchteweise in Umlauf.« Manfred Papst spekulierte in der NZZ am Sonntag, ob vielleicht der »unermüdliche Publizist« Rainer Moritz dahinterstecke – oder gar Verleger Daniel Kampa selbst. Alles falsch. Den wunderbar altmodischen Commissaire Lacroix haben wir Alexander Oetker zu verdanken, der mit seiner erfolgreichen Aquitaine-Reihe um Commissaire Luc Verlain (Hoffmann und Campe) bereits bewiesen hat, dass er ein großer Frankreichkenner ist. Oetker, geboren 1982, ist der Frankreichexperte von RTL und n-tv. Er lebte viele Jahre in Paris und berichtet bis heute über die Grande Nation. Oetker weiß, wie die Pariser ticken, er kennt die kleinsten Cafés und besten Restaurants. 2022 erhielt er den Deutsch-Französischen Freundschaftspreis des Saarlandes. Heute lebt Oetker en famille zwischen Südwestfrankreich, Brandenburg und Berlin.


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