E-Book, Deutsch, 296 Seiten
Loos Elias - wenn Freiheit nicht genügt
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-347-98694-7
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 296 Seiten
ISBN: 978-3-347-98694-7
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Seit seiner Kindheit ist Elias den Anfeindungen seines Bruders ausgesetzt. Infolge eines bösen Streiches verliert er sein Hörvermögen. Es fällt ihm schwer seine Behinderung zu akzeptieren. Sie bestärkt ihn in seinem Gefühl wertlos zu sein. Mit neunzehn Jahren brcht er alle Brücken hinter sich ab und bummelt durch die Welt. Ziel- und orientierungslos reist er von einem Ort zum anderen. Erst ein Hilferuf seiner minderjährigen Schwester bringt ihn nach Hause zurück. Seine Mutter und sein Bruder sind bei einem Unfall mit dem Traktor ums Leben gekommen. Bald darauf sieht er sich einem Chaos gegenüber. Ein bankrottes Weingut, kriminelle Machenschaften, ein homosexuelles Paar, eine Teenagerschwangerschaft und dem Wiedersehen mit seiner großen Liebe. Alles bricht wie ein Orkan über ihn herein. Ist Elias bereit, seine kostbare Freiheit zu opfern und die Verantwortung für seine Familie zu übernehmen?
Mein Name ist Birgit Loos. Ich bin 1960 in Rheinhessen geboren und aufgewachsen. Ich bin geschieden und Mutter eines mittlerweile erwachsenen Sohnes. Meine Mutter erzählte mir, dass ich schon als Kleinkind Bücher liebte. Alle mir nahestehenden Menschen habe ich damit genervt, mir vorzulesen. Mit fünf Jahren konnte ich bereits selbst lesen. Sobald ich auch schreiben konnte, begann ich, die ersten Geschichten auf Papier zu bringen. Meist waren es Fortsetzungen meiner Lieblingsbücher oder Serien, deren Ende ich nicht akzeptieren wollte. Auch eigene Geschichten erfand ich. Nach meiner Scheidung suchte ich neue Herausforderungen. Mein Beruf als Bankfachwirtin brachte mir keine Erfüllung mehr. Eine Kollegin machte mich auf den Schriftstellerkurs bei der SEG Darmstadt aufmerksam, den ich letztlich mit der Note "Sehr gut" bestanden habe. Bald darauf erschien mein erstes Buch "Die Facetten des Daseins", ein Band mit Kurzgeschichten. Diesem folgten die Brandes-Trilogie, eine spannende Familiengeschichte über drei Geschwister, sowie "Ricos Lied", "Ein Vulkan, zwei Kinder und jede Menge Äger". Alle diese Bücher wurden beim Brighton Verlag veröffentlicht. Besonders freute ich mich über die Hörbuchversion von "Alex Story" und die Übersetzung in die englische Sprache von "Julies Story". Doch alles hat ein Ende und so endete auch meine Zusammenarbeit mit dem Brighton Verlag. "Elias - wenn Freiheit nicht genügt" ist mein erstes Buch, das ich im Eigenverlag bei Tredition herausgebe. Diese Entscheidung hat mich vor neue Herausforderungen gestellt. Vieles musste ich lernen und ich lerne heute noch jeden Tag Neues dazu. Mit einer Freundin habe ich in den vergangenen Jahren zwei Kinderbücher im Eigenverlag herausgebracht. Dagmar Weber hat diese mit ihren liebevoll gestalteten Illustrationen verschönert. Ein dritter Band ist in Vorbereitung. Sie handeln von den Reisen eines magischen Luftballons. In diesem Jahr kommt eine weitere Veränderung auf mich zu: Nach fast fünfzig Jahren Berufstätigkeit werde ich in den Unruhestand treten. Was bedeutet, ich kann mich endlich mit voller Kraft meiner Passion "Bücher schreiben" und "Bücher lesen" widmen. Ich freue mich auf diesen neuen Lebensabschnitt und die Geschichten, die ich in Zukunft mit meinen Leserinnen und Leser teilen darf.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel 2 Ich streiche Blondie über ihre üppige Mähne, vergrabe meine Finger in ihrem seidenweichen Haar, dabei berichte ich Lulu von der Schwangerschaft meiner fünfzehnjährigen Schwester. Schonungslos schildere ich ihr mein Versagen in Sachen Elternschaft. „Ich bin voll abgekackt, Lu,“ schließe ich meinen Report. Lulu hört mir zu, ohne mich zu unterbrechen. Ihr Sohn Harry spielt auf der Wiese mit Carlo. Die Katzen toben um ihn herum, jagen einem kleinen Ball nach. Thor hat sich Lulu angeschlossen. Er fordert diese mit sanften Hundeaugen auf, ihn zu streicheln. Dieser Aufforderung kann sie sich nicht entziehen. Sobald sie damit aufhört, reicht er ihr die Pfote. Eine stumme Bitte um weitere Streicheleinheiten. „Hat sie dir verraten, wer der Vater ist?“, möchte sie von mir wissen. Ich nicke. „Hast du schon mit ihm gesprochen?“ Diesmal schüttele ich den Kopf. „Warum nicht? Das ist das Erste, was du tun musst.“ Sie sieht mich erstaunt an. Ich verziehe das Gesicht. „Ja, klar. Der Kerl kann froh sein, wenn ich dieses Gespräch etwas verschiebe. Sonst poliere ich ihm die Fresse, diesem notgeilen Früchtchen.“ In mir kocht die Wut hoch, die mich seit dem Besuch bei unserer Hausärztin fest im Griff hat. Lulu lacht: „Ich gehe mal davon aus, du warst nicht besser in dem Alter.“ Genervt sehe ich sie an: „Das ist mir scheißegal. Ich mag nicht besser gewesen sein in dem Alter, aber ich habe wenigstens meiner minderjährigen Freundin kein Kind gemacht.“ „Pures Glück,“ vermutet Lu. Damit hat sie nicht einmal unrecht. Ich verziehe gepeinigt das Gesicht. Letzten Endes geht es hier nicht um mich, sondern um Sophie, die in ihrem Zimmer liegt, nicht aufhört zu weinen, weil sie sich nicht mehr unter die Menschen traut. Ich habe keine Ahnung, wie ich sie trösten kann. Vergeblich habe ich versucht, mit ihr zu reden, eine Lösung zu finden. Sophie reagiert nicht, weint lauter, vergräbt sich tiefer in ihre Kissen. Aus diesem Grund habe ich Lulu um Unterstützung gebeten. Ich habe nicht damit gerechnet, sie würde mich mit bescheuerten Sprüchen zutexten. Dafür habe ich im Moment keinen Nerv. Ich brauche ihren Beistand. Wichtiger ist: Sophie benötigt ihre Hilfe. Hilfe, die ich ihr nicht geben kann. „Was hat Sophie über den Jungen erzählt? Ist er ebenfalls minderjährig, wie sie?“ Lulu versucht, mich wieder etwas runter zu holen. Es funktioniert nicht. Ich schnaube wütend durch die Nase: „Das will ich schwer hoffen, sonst bekommt er von mir eine Anzeige wegen Verführung Minderjähriger.“ Lulu verdreht die Augen, zeigt mir den Vogel. „Was?“, fauche ich sie giftig an. „Du warst lange in den Staaten, nicht wahr?“ Ich verstehe nicht, was sie mir damit sagen will. Gefrustet sehe ich sie an. „Ja, genau! Ich war lange in den Staaten. Wären wir dort, käme der Bengel in den Knast und würde diesen die nächsten Jahrzehnte nicht mehr verlassen.“ Lu ergreift meine Hände, sieht mir tief in die Augen: „Komm mal runter, Elias. Deine Schwester ist nicht vergewaltigt worden. Es handelte sich um einvernehmlichen Sex mit einem Schulkameraden. Ja, die zwei haben sich dämlich verhalten. Allerdings nicht viel dümmer, als ich und Harrys Erzeuger. Nein, im Grunde war ich die Blödere, von uns beiden. Ich… Das tut hier nichts zur Sache,“ unterbricht sie sich. Schade, ich möchte gern mehr über Harrys leiblichen Vater hören. Das bringt mich mit Sicherheit auf andere Gedanken. Andererseits, wer kann das wissen, werde ich dann erst recht sauer. Tief aufseufzend frage ich Lulu: „Was machen wir denn nun? Sophie und ich? Ich habe echt keine Ahnung. Außerdem habe ich Angst, wenn die vom Jugendamt von Sophies Schwangerschaft erfahren, dann nehmen sie sie mit. Ich habe ja bewiesen, was für eine Pleite ich als Vaterersatz bin. Sophie muss darunter zu leiden. Sie liebt das hier. Hier ist ihre Heimat. Sie wird verrückt ohne ihre Tiere. Wenn man sie hier rausreißt, dann bin ich schuld, weil ich nicht auf sie aufgepasst habe.“ Lulu streichelt mir über die Wange: „Elias, reg dich nicht auf. Wir machen einen Schritt nach dem anderen. Als Erstes rede ich mal mit Sophie – so von Frau zu Frau. Ein Kind ist nicht das Ende der Welt. Das musste ich genauso lernen. Sie muss wissen, dass es jede Menge Möglichkeiten gibt. Der nächste Schritt wäre ein Termin bei einer Gynäkologin. Ich glaube, eine Frau hat mehr Verständnis für die Kleine. Ich kann ihr einen Termin bei meiner Ärztin ausmachen. Dann könnt ihr gemeinsam dort hingehen.“ Sie kichert, als sie meinem entsetzten Blick begegnet. Auf keinen Fall werde ich meine Schwester zur Frauenärztin begleiten. „Elias, sie braucht jemanden an ihrer Seite, der ihr beisteht, der sie tröstet, sie nicht allein lässt. Egal, ob du willst oder nicht. Da musst du durch. Du kannst sie nicht allein lassen.“ Sie hat meine Hände losgelassen. Unterstreicht ihre Worte mit der Gebärdensprache, damit alles verstehe. Ich werde blass, weil ich weiß, sie hat recht. Lu gibt mir einen heftigen Schlag auf den Rücken. „Du machst das schon.“ Sie wartet ein paar Sekunden, bevor sie weiterspricht: „Außerdem kann ich Euch begleiten. Ich gehe mit Sophie, wenn sie das will, in den Untersuchungsraum, während du draußen wartest. Die endgültige Besprechung mit der Ärztin, haben wir dann alle zusammen.“ Ich atme erleichtert auf. Langsam dringt wieder Luft in meine Lungen. Halleluja. Ich muss da nicht allein durch. Lulu hilft mir. Deshalb nicke ich schnell zu ihrem Vorschlag, bevor sie einen Rückzieher macht. Lulu ist mittlerweile schon weiter: „Dann müsst ihr beide, du und Sophie, mit dem Jungen reden. Wenn ich reden sage, meine ich das genauso. Wenn du den Kleinen zusammenschlägst, bringt das niemanden etwas. Du bekommst eine Anzeige wegen Körperverletzung. Außerdem erhöhst du deine Chancen, Sophie zu verlieren. Deshalb reiß dich am Riemen. Wenn der junge Mann minderjährig ist, musst du seine Eltern mit ins Boot holen. Es ist fair, ihnen zu sagen sie werden Großeltern. Wenn ihr dann alle am Verhandlungstisch sitzt, könnt ihr die Möglichkeiten durchsprechen, die den jungen Leuten zur Verfügung stehen. Angefangen von Abtreibung über Adoption bis hin zum gemeinsamen Sorgerecht.“ Sie sieht mich aufmunternd an, ihre Hände bewegen sich, während sie mich wissen lässt: Glaub mir, es wird nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Ihr bekommt das hin. Nicht die Nerven verlieren.“ Ich wische mir den Schweiß von der Stirn, wünsche mir sehnsüchtig, weit weg von hier zu sein. Allein, frei, ungebunden. Ein heftiger Schlag von Lulu auf meinen Rücken, der mich zwei Schritte nach vorne stolpern lässt, holt mich aus meinen Träumen von der Flucht in ferne Welten. „Ich geh mal nach Sophie sehen. Pass bitte auf Harry auf, bis ich zurück bin.“ Sie wartet nicht einmal auf meine Zustimmung, wendet sich ab, geht auf das Haus zu. Ich hingegen fordere, wie von meiner Freundin gewünscht, alle zurückgelassenen Zwei- und Vierbeiner zu einem Spaziergang auf. Eine Woche später sitzen meine Schwester und ich mit klopfenden Herzen im Jugendamt. Sophies Betreuer ist für vier Wochen in Urlaub. Wir warten darauf, von seiner Stellvertreterin ins Zimmer gerufen zu werden. Sie begrüßt uns mit einem warmen Lächeln. Frau Marion Lambert, wie sie sich uns vorstellt, gefällt mir wesentlich besser, als der schleimige Vollpfosten, der bei uns zu Hause aufkreuzte. „Ich freue mich, Sie kennenzulernen. Tatsächlich habe ich mir vorgenommen, Sie morgen zu besuchen. Jetzt sind Sie mir zuvorgekommen.“ Sie lächelt uns so nett an, es fällt mir schwer, ihren Enthusiasmus zu bremsen. Leider ist dies kein freundlicher Kaffeeklatsch. Die Nachrichten, die meine Schwester und ich zu überbringen haben, sind ernster Natur. Frau Lambert sieht die verlegenen Blicke, die Sophie und ich uns zuwerfen. Sie schaltet sofort um in den amtlichen Modus. „Okay, ich kann mir denken, Sie haben einen Grund, um mich aufzusuchen. Was ist passiert? Wie kann ich helfen?“ Ich sehe Sophie auffordernd an. Meine Schwester schüttelt vehement den Kopf. Sie ist knallrot im Gesicht. Tränen treten in ihre Augen, während sie mich mit Hilfe ihrer Hände, sowie ihren Lippenbewegungen wissen lässt „Ich kann das nicht, Elias. Ehrlich, ich kann nicht darüber sprechen.“ Verdammte Schwangerschaftshormone. Sophie dreht neuerdings bei jeder Gelegenheit den Wasserhahn auf. Alles muss man selbst machen. Weil ich keine Nerven für lange Erklärungen habe, ziehe ich das Ultraschallbild hervor, das uns die Ärztin vor nicht einer Stunde überreicht hat, lege dieses vor Frau Lambert auf den Tisch. „Das ist ein Bild von Sophies Baby,“ sage ich dabei. „Wenn man der Frauenärztin glauben darf,...