Lloyd | The Carbon Diaries. Euer schönes Leben kotzt mich an | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 344 Seiten

Lloyd The Carbon Diaries. Euer schönes Leben kotzt mich an


1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-401-80948-9
Verlag: Arena Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 344 Seiten

ISBN: 978-3-401-80948-9
Verlag: Arena Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Klimawandel betrifft uns alle! Saci Lloyd zeigt eindrucksvoll die Auswirkungen einer globalen Katastrophe auf. Eine Geschichte, die wachrüttelt! Laura Brown kann es nicht fassen: Die britische Regierung erlässt ein Gesetz zum Schutz der Umwelt. Alle müssen von nun an mit einer CO2-Card für ihren Luxus bezahlen. Urlaub auf Ibiza, ein warmer Winterabend vor dem Fernseher, Tanzen in der Disko mit Lichtshow, Eiswürfel im Drink - das alles gehört der Vergangenheit an. Auch Lauras Bandproben mit den Dirty Angels. Doch es kommt schlimmer, denn Stromausfälle, Wirbelstürme und Überschwemmungen sind an der Tagesordnung. Und plötzlich zählt nur noch eines: Überleben.

Saci Lloyd hat einige Jahre in der Filmbranche gearbeitet und mehrere Drehbücher verfasst, ehe sie an einem College zu arbeiten begann. Dort betreut sie die Abteilung Medien. 'Euer schönes Leben kotzt mich an!' ist ihr erster Roman.

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JANUAR Donnerstag, 1. Jan. Erschlafft. Die ganze Familie sieht aus wie eine Leiche nach einem ganztägigen Meeting. Als wir das letzte Mal länger als drei Stunden an einem Ort versammelt waren, hatte meine Schwester Kim uns aus Versehen zum Jahrtausendwechsel die ganze Nacht in unserem Ferienhaus in Frankreich eingeschlossen. Das waren noch glückliche Zeiten. Heute hat sie nur sich selbst in ihrem Zimmer eingeschlossen und hat geschmollt, bis Dad sie herausgeholt hat. Typisch. Mum hat ihren Ich-sehe-alles-positiv-Tag – sie schwafelt über ihren freiwilligen Einsatz in den 80er-Jahren in einem Kibbuz in Israel, wo sie Ponchos mit Perlen gestrickt hat, und dass es die beste Zeit ihres Lebens war. Dad meinte, wir sollten uns nicht immer nur auf das Negative konzentrieren, sondern lieber einen Neujahrswunschzettel schreiben. Er tippte unsere Wünsche in seinen Laptop. Seit er Leiter des Fachbereichs Reise und Tourismus im Greenham College ist, macht er aus allem eine Excel-Liste und sichert sie als Beweismaterial. Das System hat ihn bei den Eiern gepackt, wie Mum sagt. Mum verdrehte die Augen, als sie Dads Liste sah. »Mein Gott, Nick«, sagte sie, »ich wusste gar nicht, wie verschieden wir sind.« Freitag, 2. Jan. Meine Eltern wollen die Realität einfach nicht zur Kenntnis nehmen; sie haben den ganzen Tag auf dem Sofa gesessen und blind wie Amöben in den Fernseher gestarrt. Bis eben haben sie nacheinander Dumbo, Mary Poppins und Judy Garland: A Tribute in Song gesehen. Kim habe ich ganze 5,2 Sekunden lang zu Gesicht gekriegt, als ich dem Pizzaboten die Tür aufmachte. Sie kam in den Flur gerast, riss mir mit völlig apathischem Blick den Pizzakarton aus den Händen und verschwand wieder. Sie nutzt das Weggetretensein meiner Eltern aus und kifft mit ihrem Freund Paul in ihrem Zimmer, aus dem eine fette Rauchwolke herausgequollen kam. Ich wollte die Nachrichten sehen, um mich über den Stand der Rationierung zu informieren, aber das konnte man in diesem Haus, wo man sich nur für Drogen und Musicals interessiert, glatt vergessen, deshalb ging ich zwei Häuser weiter zu Kieran. Er war gerade dabei, den verstopften Abfluss seiner Küchenspüle zu reparieren – das ist insofern komisch, weil Kieran ein allein lebender, schwuler Friseur Mitte 30 ist, und wenn überhaupt irgendjemand einen Grund hätte, schlapp auf dem Sofa herumzuliegen und nach einer durchgemachten Nacht hirnlose Musicals anzuschauen, dann doch wohl er. Aber genau deshalb mag ich ihn. Er ist ziemlich eigenwillig, dabei jedoch sehr bodenständig, das genaue Gegenteil zu den meisten Erwachsenen. Wenn er es schafft, so zu sein, dann kann ich es vielleicht auch, wenn ich mal in dem Alter bin. »Halt mal«, grunzte er, drückte mir ein Stück Abflussrohr in die Hand, steckte den Kopf wieder unters Waschbecken und stieß schwungvoll einen Drahtkleiderbügel durch das Rohr. Ein lautes Gurgeln ertönte und aus dem Abfluss schoss eine ekelhafte Brühe heraus. Kieran machte einen Satz rückwärts und brüllte: »Oh mein Gott!«, während ihm Fleischreste, Fett und Möhrenstückchen übers Gesicht tropften. Widerlich. Er rannte unter die Dusche und blieb so lange dort, dass ich die Nachrichten auf Channel 4 einschaltete. Hinter dem Moderator an der Wand haben sie eine große Countdownuhr hängen, die anstelle von Zeigern dicke leuchtende Energiesymbole auf dem Zifferblatt hat. Das hat was von einer Kindersendung, aber es ist die Wirklichkeit. Abartig. Jedenfalls ging es bei dem heutigen Symbol um Nahrungsmeilen. Der Moderator stand vor einem geteilten Bildschirm und zeigte auf die linke Seite, auf der ein südafrikanischer Farmer eine reife Mango ins Bild hielt. Auf der anderen Seite präsentierte ein Bauer aus Kent einen verschrumpelten Apfel. Eine 12.000-Luftmeilen-Mango gegen einen 40-Minuten-im-Laderaum-eines-verdreckten-engli-schen-Lkws-Apfel. Die Energiemathematik ist simpel, aber das Leben verliert dadurch immer mehr an Glamour. Diese Reduzierung auf 60 % schießt übers Ziel hinaus. Eigentlich hätten wir diese Marke erst 2030 erreichen sollen, aber seit dem Großen Sturm ist alles anders und die Probleme sind größer geworden. Und trotzdem: Warum ist England als Erstes betroffen? Ich weiß, dass wir am meisten unter dem Sturm gelitten haben – es war eine echte Katastrophe, Häuser wurden buchstäblich vom Erdboden weggeweht, Tausende von Menschen waren den ganzen Winter über obdachlos, einen Monat lang gab es kein Benzin. Ich glaube, damals hat es wirklich etwas bei den Leuten bewirkt. Als ob jeder gesagt hätte: Es reicht. Stopp jetzt. Europa kommt als Nächstes an die Reihe – ich meine, das kann gar nicht anders sein –, aber im Augenblick scheinen alle Länder froh zu sein, dass ihnen jemand zuvorgekommen ist. Also sind wir wohl die blöden Versuchskaninchen, die auf alles verzichten müssen, während die anderen nur dasitzen und zuschauen. 11 Uhr nachts. Ich liege im Bett. Mein Gott, Kieran hat sich wegen der Rationierung echt in Rage geredet. »Ich bin total alle. Fix und fertig«, jammerte er. »Wir leben in einer Welt von Jägern und Sammlern, von Machos und Abflussreparierern. Wo bleibt da ein kleiner mickriger Friseur wie ich?« Kieran geht sechs Mal in der Woche ins Fitnessstudio, also versicherte ich ihm, dass er tolle Muskeln hätte, was ihn normalerweise wieder besänftigt. »Jaja, aber was nutzt mir das, wenn es keine Klubs mehr gibt, keine Wochenenden auf Ibiza, keinen eisgekühlten Laurent-Perrier, kein Versace? Ein männlicher Friseur ohne Lifestyle – wer soll so jemanden denn ernst nehmen?« »Tu doch nicht so, als ob dir irgendwas davon wichtig wäre«, schnaubte ich. »Du meckerst doch ständig über diese Schickimicki-Tunten.« Dabei war mir schon klar, dass er es kein bisschen ironisch meinte, seine Mundwinkel hingen herunter wie bei einem kleinen Jungen. Als ich nach Hause kam, waren meine Eltern vor dem Fernseher eingeschlafen, jede einzelne Lampe im Haus brannte und in Kims Zimmer liefen der CD-Player und der HD-Fernseher, obwohl sie selbst im Bad war. Ich weiß nicht, was aus dieser Familie werden soll, wenn die Rationierung erst mal wirklich zuschlägt. Samstag, 3. Jan. Dad wollte, dass wir uns heute Abend wieder alle zusammensetzen, um so ein grässliches Online-Formular der Regierung auszufüllen, mit dem festgestellt werden soll, wie viel CO2 unsere Familie verbrauchen darf. Das ist schon krass. Im Prinzip stehen uns 200 Energiepunkte im Monat für Benzin, Heizung und Essen zur Verfügung. Bei allen anderen Sachen – wie Klamotten und technischen Geräten und Büchern – sind die Energiepunkte bereits im Preis enthalten. Wenn man zum Beispiel einen PC aus China kaufen will, der mit schmutzigem fossilem Treibstoff gebaut wurde, dann kostet der eine ganze Menge mehr Euros – weil man die Energiekosten, die für seine Herstellung verbraucht wurden, mitbezahlen muss. Am Anfang gab es ein freies Handelssystem: Wenn man reich war, konnte man sich so viel Energie kaufen und so leben, wie man wollte – aber nach den Massenprotesten im letzten September hat die Regierung eingelenkt und die Vorschriften geändert, jetzt darf niemand mehr als 50 Extrapunkte im Monat kaufen. Als wenn das nicht schon schlimm genug wäre, müssen Kim und ich jede Menge Punkte für die Familien-Energieration abgeben, sodass uns nur noch ein lächerlicher Betrag für Reisen, Schule und Ausgehen übrig bleibt … Autofahrten sind stark eingeschränkt, PC, Fernseher, DVD- und CD-Player dürfen eigentlich nicht länger als zwei Stunden am Tag laufen, im Wohnzimmer wird die Heizung nicht höher als 16°C eingestellt, die übrigen Zimmer werden nur eine Stunde am Tag beheizt, man darf maximal fünf Minuten duschen und nur am Wochenende baden. Man muss sich entscheiden – Föhn, Toaster, Mikrowelle, Smartphone, Wasserfilter (für Mum) und Wasserkocher, Lampen, Personal Digital Assistant (PDA), e-pod, Kühlschrank, Tiefkühlschrank und und und … Fliegen geht gar nicht und Shoppen und Verreisen und Ausgehen sind auch nicht viel besser. Alles ist eine Frage der Priorität. Ich saß da und dachte an meine Band, die Dirty Angels. Nach einer Pause wegen musikalischer Differenzen und nach Claires Phase als streng fundamentalistischer Öko haben wir uns gerade erst wieder zusammengefunden. Sie war total militant. Man konnte in ihrer Gegenwart nicht mal ein Snickers auspacken, ohne dass sie einem eine Predigt über hungernde Kakaobohnenfarmer hielt. Egal, die Phase war beendet, als sie zu ihrem reichen Freund zurückkehrte und ein Schinkenbrot aß – an ein und demselben Tag –, so sind wir also wieder zusammen und hören uns sooooo gut an. Die Band ist mein Traum. Und die ganze Zeit über sagen die Leute Sätze wie Das Auto verkaufe ich nicht, schließlich habe ich hart dafür arbeiten müssen, und Ich will nach der Schule erst mal ein Jahr freihaben und von eurer selbstsüchtigen verkorksten Generation wegkommen und Ich bestehe darauf, dass eine Fernsehstunde am Tag einem Nachrichtenprogramm vorbehalten ist. Montag, 5. Jan. Die Energiekarten sind angekommen … Auf der einen Seite haben sie diese kleinen Quadrate von Grün nach Rot und im Lauf des Jahres verbraucht man eins nach dem anderen, bis man bei dem letzten roten angekommen ist, und dann ist man ganz allein und weint im Dunkeln. Kim will ihre Karte nicht auspacken, sie sagt, dass ihre ganze Jugend weg ist, sobald sie sie anfasst. Mir war auch ziemlich komisch zumute, als ich meine auspackte, obwohl ich in dieser Familie nicht wirklich eine Jugend habe. Die hat meine Schwester...



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