E-Book, Deutsch, Band 3, 390 Seiten
Reihe: Cato Isaksen-Reihe
Lindell Der Trauermantel - Ein Norwegen-Krimi
1. Auflage 2020
ISBN: 978-87-26-34303-8
Verlag: SAGA Egmont
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 3, 390 Seiten
Reihe: Cato Isaksen-Reihe
ISBN: 978-87-26-34303-8
Verlag: SAGA Egmont
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Fesselnder Norwegen-Krimi um Kommisar Cato Isaksen!
Eine junge Frau wird in ihrer Osloer Wohnung ermordet aufgefunden. Hauptverdächtiger ist ihr Ex-Mann, von dem sie sich erst vor kurzem getrennt hatte. Bereits drei Mal hatte Ester Synnøve Lønn Anzeige erstattet, weil sie sich von ihm verfolgt und bedroht fühlte. Aber auch der Bruder der Toten verhält sich beim Verhör so seltsam, dass Kommissar Isaksen misstrauisch wird. Weiß er mehr über seine Schwester und den Mord, als er preiszugeben bereit ist? Isaksen und sein Team suchen nach Hinweisen in der Vergangenheit der Toten und stoßen dabei auf erstaunliche Zusammenhänge...
Unni Lindell, geboren 1957 in Olso, ist eine der erfolgreichsten Autorinnen Norwegens. Nach einem Studium der Romanistik und einer Ausbildung zur Journalistin, war sie für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften tätig. Zunächst machte sie sich als Autorin von Jugendbüchern einen Namen, danach wandte sie sich dem Krimigenre zu. Ihren größten Erfolg feierte sie mit ihrer Krimireihe um den Olsoer Kriminalkommissar Cato Isaksen. Lindells Bücher sind mehrfach ausgezeichnet und auch in mehrere Sprachen übersetzt worden. rn
Unni Lindell, geboren 1957 in Olso, ist eine der erfolgreichsten Autorinnen Norwegens. Nach einem Studium der Romanistik und einer Ausbildung zur Journalistin, war sie für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften tätig. Zunächst machte sie sich als Autorin von Jugendbüchern einen Namen, danach wandte sie sich dem Krimigenre zu. Ihren größten Erfolg feierte sie mit ihrer Krimireihe um den Olsoer Kriminalkommissar Cato Isaksen. Lindells Bücher sind mehrfach ausgezeichnet und auch in mehrere Sprachen übersetzt worden.
Weitere Infos & Material
Der Mord an Ester Synnøve Lønn wurde der Osloer Wache am Donnerstag, dem 6. Januar, um 5.21 Uhr gemeldet. Die Dunkelheit klebte wie eine schwarze Haut an den Glasfassaden des riesigen Polizeigebäudes. Die Straßen waren menschenleer. Das Tageslicht war noch Stunden entfernt. Die Stadt schien zu Silvester den Atem angehalten zu haben und es noch immer zu tun. Aber jetzt setzte die Welt sich lärmend wieder in Bewegung, hinein in das neue Jahrtausend. Der vierte Werktag warf Risse, bald würde das armselige Winterlicht über die Dächer kriechen und in die geschäftigen Straßen hinunterfließen. Ein sehr müder Beamter notierte die Mitteilung über, wie es sich herausstellen sollte, den ersten Mord des neuen Jahrtausends. Noch bis acht Uhr hatte er Dienst. Er hatte diese Nachtschicht übernommen, um sein Einkommen etwas aufzubessern. Jetzt arbeitete er schon seit fast sechzehn Stunden. Und wie immer hatte er mehr als genug zu tun gehabt. Familienstreitigkeiten, Messerstechereien und vernachlässigte Kinder, die vom Jugendamt abgeholt werden mussten. Und jetzt – dieser Mord. Die Anruferin war ungewöhnlich ruhig. Sie stellte sich vor und gab an, sie sei siebzehn Jahre alt und Zeitungsbotin. Sie drehte vor Unterrichtsbeginn ihre Runde und war wie immer in das Haus in der Odinsgate gegangen, um die Zeitungen vor die Wohnungen zu legen. Im ersten Stock war ihr eine offene Tür aufgefallen. Vermutlich hatte der Wind die offene Haustür weiter aufgedrückt. Sie hatte die Frau auf dem Wohnzimmerboden einfach nicht übersehen können. Sie sah zwar nur die Füße, ging aber wegen der roten Zehennägel davon aus, dass sie eine Frau vor sich hatte. Die Zeitungsbotin hatte zuerst versucht, die am Boden Liegende durch Zuruf aufzuwecken, doch als diese nicht reagiert hatte, war sie in die Wohnung gegangen und hatte das viele Blut gesehen. Die Frau hatte außerdem schlimme Wunden an Stirn und Hals. Es war nicht schwer zu begreifen gewesen, dass die Frau auf dem Boden tot war. Der Beamte bat die Zeitungsbotin, nichts anzufassen und bis zum Eintreffen der Polizei am Tatort zu bleiben. Danach löste er Mordalarm aus. Das Herz des Polizeigebäudes erwachte in den Zimmern und den leeren Gängen zum Leben. Lampen und Computer wurden eingeschaltet. Bald waren überall klingelnde Telefone, eilige Schritte und Papiergeraschel zu hören. Nur eine Dreiviertelstunde später stand ein junger Journalist von der Tageszeitung VG unten im Foyer und starrte bewundernd zu den vielen Etagen hoch, die sich unter der hohen Decke öffneten. Draußen in Asker schellte das Telefon auf dem Nachttisch von Cato Isaksen, während der tief in einem unruhigen Traum feststeckte. Er sah ein graues, schäumendes Meer, Menschen, die am Strand hin und her liefen. Der Wind glitt unsichtbar durch die farblose Luft. Seine drei Söhne, Gard, Vetle und Georg, versteckten sich hinter einem umgedrehten Boot. Die Schaumkronen erreichten fast ihre nackten Füße. Das Bild zerriss, wurde zu einem schrillen Geräusch, aus dem sich ein scharfer Schmerz in seinem Ohr entwickelte. Das Telefon. Verwirrt griff er nach dem Hörer und meldete sich mit belegter Stimme. Bente bewegte sich neben ihm im Bett, öffnete die Augen und stöhnte leise. Es war nichts Neues für sie, dass ihr Mann zu allen Zeiten angerufen wurde. Die bloße Gewissheit, dass es passieren könnte, ließ ihren Schlaf oft sehr seicht werden und nahm ihm die Tiefe, die sie gebraucht hätte, um sich wirklich auszuruhen. Georg, der zwischen ihnen schlief, setzte sich auf und gähnte. Der Vierjährige rieb sich die Augen. Im Licht der Nachttischlampe sah er wie eine Traumgestalt aus, mit seinen halblangen, zerzausten Haaren und den zusammengekniffenen Augen, die sich noch nicht an die Helligkeit gewöhnt hatten. Sein schläfriger Blick glitt über das weiße Muster der blauen Tapete. Bente drückte ihn mit sanfter Gewalt wieder aufs Kissen und sagte, es sei noch mitten in der Nacht. Cato Isaksen saß auf der Bettkante, während die kühle Schlafzimmerluft über seinen nackten Körper glitt. Dabei bekam er eine Gänsehaut. »Ja«, sagte er kurz. »Ist in Ordnung, ich komme.« Er knipste die Nachttischlampe aus, drückte auf den kleinen Knopf des Weckers, verließ leise das Zimmer und schloss hinter sich die Tür. »Komm ich nachher zu Mama?«, fragte Georg in die Dunkelheit hinein und gähnte noch einmal. In seinen Augen tanzte noch immer das scharfe Drachenzahnmuster der Tapete. »Ja«, sagte Bente. »Heute Abend kommst du zu Mama.« »Und zu Hamza«, meinte der Junge zufrieden. »Ja.« Bente deckte ihn richtig zu und merkte, wie sich die Irritation durch ihren Körper fraß. »Jetzt bist du still«, sagte sie mit einer Stimme, die so niemals klang, wenn Cato dabei war. Der Geruch des Kindes, das nicht ihr eigenes war, brachte sie dazu, ihm den Rücken zuzukehren. Die Nacht ruhte noch immer in ihren eigenen Schatten. Es war fünf Grad unter Null und noch stockdunkel, als Cato Isaksen fröstelnd zu seinem vor den Garagen geparkten Auto ging. Er bereute, es nicht hineingestellt zu haben. Jetzt musste er erst das Eis von den Scheiben kratzen, ehe er losfahren konnte. Hinten bei den Mülltonnen lagen mehrere mit Bindfäden umwickelte und aufeinander getürmte Zeitungsstapel. Jeden Donnerstag wurde Altpapier geholt. Er hatte vergessen, den großen Kasten mit dem zusammengefalteten Weihnachtspapier hinauszustellen. Einen Moment spielte er mit dem Gedanken, wieder ins Haus zu gehen und ihn zu holen, überlegte sich dann aber, dass ihm dazu die Zeit fehlte. Sein Atem ließ Dampfwolken in der schwarzen, eiskalten Luft aufsteigen. Die Tage zu dieser Jahreszeit waren eine einzige lange Reise von einer Dunkelheit zur nächsten. Auf dem Weg zur Stadt dachte er an die Ereignisse der letzten Tage und an den Traum von seinen Söhnen. An das aufgewühlte Meer und den Strand. Der Traum war seltsamerweise nicht, wie Träume sonst, weggeglitten und zu einer abstrakten grauen Gedankenmasse geworden. Er hatte ihn noch immer klar in Erinnerung. Cato Isaksen hatte am letzten Tag des alten Jahrhunderts geheiratet. Das war gut und richtig gewesen. Endlich war sein Leben wieder in Ordnung, so empfand er es zumindest. Es bedeutete eine ungeheure Erleichterung, wieder zu Hause zu sein. Er hatte seine Exfrau Bente geheiratet und seine beiden ältesten Söhne waren dabei gewesen. Ein befreundetes Paar hatte als Trauzeugen fungiert, wie schon damals vor zwanzig Jahren, bei ihrer ersten Hochzeit. Danach hatten sie im Hotel Leangkollen gefeiert. Der älteste Sohn, Gard, und seine Freundin Tone hatten sie später am Abend verlassen, um ein anderes Silvesterfest zu besuchen. Bente hatte ein schlichtes graues Kostüm getragen, er selbst einen dunklen Anzug. Einen Brautstrauß hatte sie nicht gewollt, er hatte ihr aber trotzdem einen gekauft, rote Rosen, wie beim ersten Mal. Georg, sein vierjähriger Sohn aus seiner Beziehung zu Sigrid Velde, war nicht dabei gewesen. Der Junge war der sichtbare Beweis für sein tragisches Versagen von damals. Er war die Frucht eines kurzen und hektischen Seitensprungs, der zur Scheidung und anderthalb Jahren Zusammenlebens mit Sigrid geführt hatte. Seinen Alltag hatte der Kommissar nun wieder in den Griff bekommen, obwohl es immer allerlei Probleme gab, wenn Georg jedes zweite Wochenende und jeden Mittwoch zu Besuch kam. Vor allem, wenn er mit großen, schwierigen Fällen zu tun hatte und Zeit und Gedanken ihm davonliefen. Die Weihnachtsferien hatten ihnen allen gut getan, aber jetzt war der Alltag wieder eingekehrt. Ein neuer Fall wartete. Wie ein großer grauer Windstoß war er ins Schlafzimmer eingedrungen und hatte ihn aus seinem Traum gerissen. Die junge Frau, welche die Leiche gefunden hatte, war vernommen und entlassen worden. Jetzt wurden Spuren sichergestellt und das Treppenhaus durchsucht. Die Wohnungsnachbarn schauten immer wieder aus ihren Türen, um ja nichts zu versäumen. Und draußen vor dem Haus hatten sich bereits Presseleute und Fotografen eingefunden. Ester Synnøve Lønn lag auf der Seite, einen Arm am Körper, den anderen über den Kopf gestreckt. Sie lag auf einem Bett aus Glassplittern, die von einer zerbrochenen Vase stammten. Und noch immer, nach all diesen Jahren, durchjagte Cato Isaksen beim Anblick eines Opfers ein Gefühl der Kälte. Er konnte sich an viele ausdruckslose Totenmasken aus lange zurückliegenden Fällen erinnern. An halb verweste Leichen, an entsetzliche Gesichtsausdrücke. Ein toter Mensch war von einer ganz besonderen Aura aus Stille und Leere umgeben. Sein Beruf erinnerte den Kommissar immer wieder daran, wie einzigartig und gefährlich es ist, ein Mensch zu sein. Er war umgeben vom Stimmengewirr der Kollegen von der Spurensicherung. Sie trugen Papieranzüge und dünne Gummihandschuhe, hatten die Aufgaben unter sich aufgeteilt und versuchten jetzt, möglichst viele Spuren zu finden. »Entschuldige mal kurz.« Jemand stieß Cato Isaksen an, der daraufhin um die Leiche herumging. Der erfahrene Mordermittler beugte sich über die Reste dessen, was noch vor wenigen Stunden eine lebendige Frau gewesen war, und betrachtete die Wunden, die ihr zugefügt worden waren. An der einen Schläfe waren ihr die blonden Haare ausgerissen worden. Auf ihrer Stirn prangte ein blauer Fleck. Die Stichwunden am Hals sprachen für sich. Soweit der Kommissar sehen konnte, gab es davon drei. Doch wegen des ausgetretenen Blutes waren sie nur schwer voneinander zu unterscheiden. Die Augenlider der Toten waren halb...