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E-Book, Deutsch, 160 Seiten

Lieben Die Liebe kommt aus dem Nichts

Wenn sie uns berührt, nehmen wir Gestalt an

E-Book, Deutsch, 160 Seiten

ISBN: 978-3-943416-80-0
Verlag: Scorpio Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Vom Öffnen seelischer Räume

Die erfahrene Wiener Psychotherapeutin Christl Lieben wagt sich mutig in neue Bereiche vor und erweitert ihren therapeutischen Kontext. In ihrer über 30-jährigen Erfahrung ist sie zunehmend einer universalen Liebe begegnet, deren Herkunft wir zwar gedanklich nicht fassen können, die wir aber unmittelbar spüren, und zwar in allen Aspekten des Lebens. "Die Liebe frei von Mitgefühl", die weit über den therapeutischen Kontext hinaus einen neuen, gleichberechtigten, von Wertungen befreiten Umgang zwischen Menschen ermöglicht. Und "Die Liebe, die mich wollte", eine ursprüngliche Elementarkraft, auf welche Christl Lieben bei ihrer Suche nach einer "anfänglichen Gestalt" und einem heilenden Konzept stieß.
Welche konkreten Auswirkungen diese kraftvoll, im "Bodenlosen" wurzelnde und verankerte Liebe, die aus dem Nichts kommt, haben und wie sie in die systemische Aufstellungsarbeit integriert werden kann, zeigt Christl Lieben anhand vieler Beispiele.
Bei der "Liebe frei von Mitgefühl" handelt es sich um eine von Christl Lieben eingeführte Haltung in die therapeutische Arbeit. Sie ist eine Liebe, die bereit ist, uns selbst als Teil der Schöpfung anzuerkennen. Diese Liebe macht uns größer, strahlender und erwachsener unserem Schicksal gegenüber. Was immer uns widerfährt, es ist stimmig auf einem Weg, den wir bejahen. Mitgefühl postuliert einen Mangel beim anderen; Liebe sieht den anderen in der Fülle seiner Möglichkeiten.
Ergänzt werden die Texte durch Gespräche, die der Autor und Journalist Gerald Schmickl mit Christl Lieben geführt hat. Darin geht es u. a. um die Lust am Bösen, die Unterschiede zwischen Religion, Spiritualität und Esoterik, den Respekt vor dem Schicksal des Klienten und darum, wie die Gegenwart des Todes uns für das Leben öffnen kann.
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Einleitung Die Liebe kommt aus dem Nichts Irgendwann, in meiner Lebensmitte, begegnete ich diesem Gedicht von Rainer Maria Rilke: »… Lass dir alles geschehn: Schönheit und Schrecken. Man muss nur gehn: Kein Gefühl ist das fernste. Lass dich von mir nicht trennen. Nah ist das Land, das sie das Leben nennen. Du wirst es erkennen an seinem Ernste. Gib mir die Hand.« Weiter oben in diesem Gedicht heißt es: »… geh bis an Deiner Sehnsucht Rand …« (Den vollen Wortlaut des Gedichts siehe Glossar, Anm.) Ich konnte dieses Gedicht lange nicht lesen, ohne dass mir die Tränen der Berührtheit über die Wangen liefen, bis ich begriff, dass ich, seit ich denken konnte, auf dem Weg zu meiner Sehnsucht Rand unterwegs war. Das stärkste Charakteristikum dieses Weges ist, dass man nie ankommt. Der Rand bewegt sich vor mir, ich gehe auf ihn zu und gehe und gehe und der Rand bewegt sich vor mir … manchmal verschwimmt er in den Tränen meiner Sehnsucht, manchmal ist er ganz klar und wie zum Greifen nahe. Ich ließ mir alles geschehen, Schönheit und Schrecken. Die Schrecken kamen in Abständen und sehr geballt. Ich kann nicht behaupten, dass ich ihnen gewachsen war, aber ich überlebte. Die Existenz meines geliebten Kindes, Freunde und mein Beruf, der mir so wichtig ist und in den meine Erfahrungen einflossen, halfen mir. Es ist ungefähr 30 Jahre her, da packte mich mein Leben mit festem Griff und ließ mich lange nicht mehr los. Jahrelang nicht. Zuerst kam mein Lebensmensch, der Vater meiner Tochter, in eine existenzielle Krise, die ihn mehrmals fast das Leben kostete. Meine Tochter, der wichtigste Mensch in meinem Leben, wanderte nach Amerika aus, wo sie noch immer lebt. Mein innig geliebter Bruder starb an Krebs, und ich verlor zu allem Überfluss mein gesamtes Vermögen. Der Wirtschaftsanwalt meiner Familie entsorgte es (zusammen mit dem Vermögen vieler anderer Menschen) an der Londoner Börse. Er war ein Spieler, niemand wusste es. Ich wurde herzkrank, und auch meine Augen reagierten. Die Diagnose einer »Makuladegeneration« auf beiden Augen wies mir mit unerbittlicher Klarheit den Weg in die Dämmerung. Mein Leben lag scheinbar in Trümmern. Da geschah etwas. Erst im Rückblick kann ich es benennen. Aus den Rissen und Abgründen dieser Trümmer strömte mir eine Qualität entgegen, wie klares, leuchtendes Wasser. Dieses Wasserlicht, dem ich später in meinem Leben in einem inneren Bild wieder begegnete, verbarg die Bruchstücke meines Lebens nicht, löste sie nicht auf und beschönte sie nicht. Es war einfach nur da – gleichzeitig mit den Brüchen meines Lebens. Das Wasserlicht tröpfelte, es floss, es quoll mir entgegen, und staunend ahnte ich: das ist Liebe. Ich versuchte, hinter dieses Geschehen zu blicken, auf die Hinterbühne meines Lebens sozusagen. Ich fand nichts. Die Liebe kam scheinbar aus diesem Nichts. War der Zerfall meines Lebens Voraussetzung für das Auftauchen dieser Liebe? Immer noch wehre ich mich gegen diese Vorstellung, aber »sachlich« gesehen, schien es so zu sein. In den Texten zu diesem Buch nenne ich mein erkranktes Herz meine »Lebenswunde«. Sind Lebenswunden die Voraussetzung für die Begegnung mit dieser Liebe? Inzwischen ist es Teil meiner inneren Wahrheit geworden, dass wir immer von dieser Liebe durchströmt und getragen sind, aber wir wissen es nicht. Wir haben es vergessen. Muss erst der Panzer unserer Vorstellungen bersten, bevor wir beginnen zu erkennen und uns zu erinnern? Bei mir scheint es so zu sein – und bei vielen anderen Menschen auch. Aber ich hoffe und wünsche mir, dass es andere Wege gibt und geben wird, dieser Liebe zu begegnen, sich mit ihr zu verbinden und durch sie zu leben. Während ich das schreibe, taucht ein ganz anderes Bild in mir auf, das eine erste Antwort auf meine Frage sein könnte. Ich stehe irgendwo in der Landschaft, die Wiesen duften, die Sonne scheint und der Himmel ist weit und offen. Liebe strömt in mich ein, sie kommt von allen Seiten, aus allen Richtungen. Alles ist von ihr durchflutet. Es ist diese Liebe, die aus dem Nichts kommt, aber diesmal wird sie von meinem Glück gerufen und nicht von meinem Leid. Ich nehme sie an, ich erfahre sie, aber ich hinterfrage sie nicht. Hier, in diesem wunderbaren Moment, scheint sie selbstverständlich zu sein. Sie macht mich glücklich, aber sie verändert mich nicht. Die Liebe aber, die mir aus dem Leid entgegenkommt, setzt gewaltige Prozesse in Gang, wirft Fragen auf und verändert mein Weltbild. Es ist beide Male die gleiche Liebe. Im Leid bin ich bis in meine Tiefe aufgerissen. Da erlebe ich, wie die Liebe aus dieser Tiefe aufsteigt und mich nachhaltig bewegt. Warum geschieht das nicht in Augenblicken großen Glücks? Wäre es nicht ein empfehlenswerter Lernprozess, mich von der Liebe des Glücks ebenso tief und verändernd berühren zu lassen wie von der Liebe, die Angst und Leid begleitet?! Es wäre eine Befreiung aus einer fatalen Konditionierung, die durch ein Jahrhunderte währendes Missverständnis der christlichen Idee entstanden zu sein scheint. In diesen Jahren damals war mir das alles nicht klar. Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, was mir da aus den Abgründen meiner Existenz entgegenkam. Ganz allmählich nur erkannte ich, dass es Liebe war. Eine Liebe, die ich auch nur zögerlich zulassen konnte, so verstrickt war ich in mein Schicksal. Nur in kleinen Schritten begriff ich über eine lange Zeit hinweg das Wunder, das mir geschah, und begann zu vertrauen. Jetzt wusste ich: »Ich muss nur gehen, kein Gefühl ist das fernste …« Ich bin sicher, Rilke hat diese Liebe gekannt. Mein Vertrauen ging mir oft genug verloren, das änderte aber nichts an meinem Vertrauen. Dieses mächtige Paradoxon erlebte ich damals zum ersten Mal. Inzwischen ist es ein Grundpfeiler meiner inneren Welt geworden, und ich muss jedes Mal lachen, wenn ich daran denke. Ich kann es nicht erklären, ich kann es nur erleben und annehmen. Ich begann, dem Nichts zu vertrauen. »Tief verwurzelt im Bodenlosen«, heißt es im Zen. Das Bodenlose ließ mich schaudern, machte mir aber keine Angst. Ich hatte es ja bereits in verschiedenen Ausdrucksformen – zumindest andeutungsweise – kennengelernt. Und ich hatte überlebt. Es war mir klar, dass mein beginnendes »Erkennen« immer nur eine ferne Ahnung einer unfassbaren Wirklichkeit sein kann. Irgendwann unterwegs begriff ich, dass es nichts zu begreifen gibt. Das Nichts kann man nicht begreifen, man kann nur seine eigene Vorstellung davon wahrnehmen. Die Vorstellung einer vorstellungslosen Vorstellung befreite mich – und mein Vertrauen wuchs. Ich musste mir keinen Gott mehr zurechtzimmern. War ich wieder gott-los geworden wie in meiner Jugend? Nein, im Gegenteil. Aus der Liebe kam mir eine Gewissheit entgegen, die ich nicht weiter hinterfragen musste, um ihr zu vertrauen. Meine theologischen Freunde reagierten unterschiedlich auf mein sich im Nichts auflösendes Bild von Gott. Sie sprachen von der Kostbarkeit eines persönlichen Gottes und der Möglichkeit einer dialogischen Beziehung mit ihm. Ich gestand ihnen, dass ich mit dem Nichts wunderbar dialogisieren kann. Es ist mir bewusst, dass ich da zwei sich ausschließende Konzepte miteinander verbinde, aber das kümmert mich nicht. Ich lasse mich von der Liebe führen, die mir aus dem Nichts entgegenkommt. Das Nichts ist für mich der einzig legitime Name für die Instanz, die Gott genannt wird. Der Begriff des Nichts befreit Gott weitgehend von meinen Projektionen. Als ich das vor Kurzem meiner Tochter sagte, fragte sie: »Weiß Gott das?« – Eine spannende Frage. Meine tiefe Zugehörigkeit zur Kultur der Zen-Meditation trägt mein Gottesbild. Und dennoch tat es mir gut, Zustimmung aus dem christlichen Raum zu bekommen. Eines Tages hörte ich in der Wiener Innenstadt den Jesuitenpriester Gustav Schörghofer predigen. Er sprach von der Liebe zwischen den Menschen, und plötzlich machte er einen Schritt darüber hinaus und sprach von einer Liebe, die aus dem Nichts kommt … dieselben Worte … unglaublich. Stand eine ähnliche Erfahrung dahinter? Ich ging mit dieser Rückenstärkung voller Dankbarkeit nach Hause. Vor einem halben Jahr erst begegnete ich dann dem Zitat des Theologen Dietrich Bonhoeffer aus den Gefängnisbriefen: »Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht.« Ein Weltbild – mein Weltbild – in acht Worte gefasst. Genial. Diese Worte klingen und schwingen in mir wie die schönste Musik. Und mit der Haltung dieser beiden Männer fühle ich mich auch von der Kultur verstanden, in die ich hineingeboren bin. Aus dem kristallklaren Licht der Liebe, die aus dem Nichts kommt, ist die Schöpfung entstanden, und auch wir, als Teil dieser Schöpfung, verdanken unsere Existenz einem kreativen Impuls der Liebe, die sich aus Freude an sich selbst ständig neu erschafft. Alles Geschaffene entspringt dieser freudigen Liebe, die am Anfang unseres Werdens steht und mit uns geht und bleibt und uns trägt. Die Liebe aus dem Nichts wird durch Milliarden und Abermilliarden Prismen aufgefächert in alle Schattierungen des Schöpfungsbewusstseins. Selbst in den schrecklichsten Verzerrungen, die der menschliche Geist zustande bringt, ist noch eine Ahnung dieser Liebe enthalten und kann, wenn sie zugelassen wird, heilend wirken. In diesem Buch spreche ich von zwei Aspekten der Liebe, die aus dem Nichts kommt. Eigentlich sind es zwei Gestaltwerdungen. Wir können dieser Liebe ja nur...


Christl Lieben, geb. 1936, arbeitet seit 1976 einzeln und mit Gruppen als Psychotherapeutin sowie als Supervisorin und Coach in freier Praxis in Wien. Sie hält Seminare in Österreich, Deutschland und den USA und leitet Fortbildungslehrgänge in systemischer Aufstellungsarbeit.
Gerald Schmickl, geboren 1961 in Wien, hat Soziologie und Philosophie studiert und ist redaktioneller Leiter der Wochenendbeilage "extra" der Wiener Zeitung. Er ist Autor mehrerer Bücher.


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