Leenen | Ganz weit draußen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Leenen Ganz weit draußen

Manchmal muss man erst ganz weit raus, um zu sich selbst zu finden

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

ISBN: 978-3-86334-758-1
Verlag: adeo Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Vielen geht es so wie Tessa, der Heldin dieser Geschichte: Ihr Job fordert sie über alle Maßen, ein Problem am anderen. Ihre Beziehung zu Timo fühlt sich leer an. Irgendwann ist sie ziemlich am Ende. Auf einer Fahrradtour trifft sie zufällig Marie, die als Eremitin im Wald lebt.

Marie nimmt sich Zeit, hört zu und erzählt, wie ihr Glaube ein tragfähiges Fundament für alle Stürme des Lebens geworden ist. Einige Wochen verbringen die beiden zusammen. Für Tessa wird es die beste Zeit ihres Lebens. Sie kommt ihrer Sehnsucht und dem wahren Leben auf die Spur. Sie entdeckt, welchen Schatz der christliche Glaube in sich birgt.
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Autoren/Hrsg.


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© Stefan Wiesner 2 Tessa wachte auf. Für ein paar Minuten lag sie unbeweglich und verwirrt und starrte nach oben. Seit wann war die Decke in ihrem Schlafzimmer aus Holz? Und wieso hörte sie kein Motorengeräusch, keinen Laut, absolut nichts? Dann kam die Erinnerung. Richtig. Sie war gestern aufgebrochen, zu Fuß und mit Rucksack, um sich bei dieser Marie für ein paar Tage zurückzuziehen. „Ah, und mein Fuß?“ Vorsichtig bewegte sie unter der Bettdecke den verletzten Knöchel. Schien besser zu sein, viel besser. Beruhigt schloss sie die Augen. „Ich brauche einfach nur ein paar Tage Ruhe, dann wird alles wieder in Ordnung kommen“, murmelte sie, drehte sich auf die Seite und schlief sofort wieder ein. Den Busfahrer kannte sie irgendwie. War das nicht Darius? Aber seine Stimme klang anders als sonst. War das überhaupt der richtige Bus? Nein, es war ein anderer Fahrer, was für eine schreckliche Stimme, so laut und scharf. Nein, ich weiß nicht, wohin ich fahren muss. Aber ich kann bezahlen. Sie suchte das Fahrgeld, es musste doch in irgendeiner Tasche sein. War es nicht immer in der linken Tasche ihrer Jeans? Oder doch in der rechten? Wieso konnte sie nicht in ihre Taschen greifen? Sie versuchte es, aber es ging nicht, es ging einfach nicht. Und sie wollte doch bezahlen. Die Stimme des Busfahrers wurde immer lauter. Sie müssen bezahlen, Sie müssen bezahlen! Aber sie kam doch nicht an das Geld in ihren Taschen heran. Sie versuchte ihre Finger hineinzuzwängen und riss am Stoff der Jeans. Aber die Taschen waren zugenäht. Der Busfahrer hob beide Hände und schrie: Keine Chance! Keine Chance! Ohne Geld dürfen Sie nicht mitfahren! Dann stieß er sie durch die Bustür auf die Straße. Mit einem lauten Schrei wachte Tessa auf und lag vor dem Bett auf dem kühlen Holzboden. * Marie verteilte den Rest des Strohs mit der Forke auf dem Stallboden. Sorgsam bis in jede Ecke hinein war alles verstreut und die obere Strohschicht nun wieder trocken. Es duftete ein wenig wie nach einem Sommertag, obwohl ein später Winterregen gegen die Fenster prasselte. Marie stützte sich auf die Forke und blickte durch eines der kleinen Stallfenster nach draußen. Im Hof waren vereinzelt ein paar mickrige Grasbüscheln zu sehen zwischen den Schlammpfützen der ausgewaschenen Fahrspuren. Ein wirklich strenger Frost war in diesem Winter ausgeblieben. Ein matschgrauer Überzug mit wenigen grünen Inselchen bedeckte den ganzen Hof und ließ den Wunsch nach einem sonnigen Frühling laut werden. Hinter ihr rupften die Ziegen gemächlich Heu aus den Raufen. Marie spürte eine warme Flanke an ihrem Knie und strich der Zwergziege über den Rücken. „Lasst es euch schmecken!“ Mit eiligen Schritten, die Winterjacke über dem Kopf, lief sie zum Haupthaus hinüber und schüttelte im Flur die Regentropfen von Jacke und Haaren ab. In der Küche setzte sie eine weitere Kanne Kaffee auf. Ihr neuer Gast würde sicher bald kommen und vielleicht freute sich die junge Frau über eine Tasse dampfenden, schwarzen, aromatischen Kaffee. Sie goss sich selber eine halbe Tasse ein, füllte sie mit heißer Milch auf und ließ einen Löffel Honig hineinlaufen. Mit geschlossenen Augen sog sie den Duft ein und trank den Milchkaffee langsam in kleinen, genießerischen Schlucken. Aus dem Küchenfenster konnte sie die Gästeklause sehen. Hoffentlich hatte die junge Frau gut geschlafen. Gestern Abend hatte sie so fertig ausgesehen, dass Marie überlegt hatte, sie im Haus übernachten zu lassen. Die Gästeklause war extrem einfach und in so einer schlichten Holzhütte zu übernachten nicht jedermanns Sache. Eine Nacht in der Gästeklause hatte in der Vergangenheit für manche Menschen eine unerwartet heftige Konfrontation mit den eigenen Ängsten bedeutet. Nun gut, die junge Frau würde sich schon melden. Marie stellte die Thermoskanne mit dem Kaffee in die Mitte des Küchentisches, dazu Milchkännchen, Zucker und eine große, bauchige Tasse, und lehnte eine Postkarte daran. Dann ging sie eine Tür weiter und setzte sich in die Stille. * Tessa fand die Kanne und schenkte sich dankbar eine Tasse ein. Schwarz, heiß und mit viel Zucker, so mochte sie die erste Tasse Kaffee am Morgen am liebsten. Ihren seltsamen Traum hatte sie nach dem ersten Schluck vergessen. „Hübsch!“ Tessa nahm die Postkarte hoch und bewunderte die zarte Landschaft, die in Aquarelltechnik mit sehr feinem Pinsel auf die Karte gemalt worden war. Sie drehte die Karte um und sah das Gedicht, das hinten aufgedruckt war. Nicht müde werden sondern dem Wunder leise wie einem Vogel die Hand hinhalten. Hilde Domin „Na ja“, Tessa zog spöttisch die Mundwinkel nach unten. Dann zuckte sie mit den Schultern und legte die Karte auf den Tisch. „Ich muss noch klären, wie das hier läuft“, dachte sie. „Ich bin gestern so reingeplatzt, nachher ist die Übernachtung so teuer, dass ich nur kurz bleiben kann. Bin ja nicht Rockefeller. Manche nehmen für so einen Abenteuerurlaub richtig viel Kohle. Na, mal sehen. Mehr als eine Woche bleibe ich sowieso nicht.“ Ihr Blick wanderte zum Fenster, aus dem man auf den Garten schauen konnte. Ein Teil war als Gemüsegarten angelegt. Zurzeit ragten aber nur ein paar einsame Porreestangen aus dem hinteren Beet und unter den Tannenzweigen in der Mitte wartete wahrscheinlich Feldsalat darauf, als leckere Wintervitaminspritze gepflückt zu werden. Die Tür klappte leise und Marie betrat die Küche. Sie lächelte Tessa zu. „Guten Morgen. Sie sehen heute sehr viel besser aus als gestern. Gott sei Dank! Dann haben Sie gut geschlafen?“ Tessa nickte. „Ja, danke.“ Marie wies mit einer Hand auf die Stühle. „Setzen Sie sich doch. Wie geht es Ihrem Fuß?“ Tessa rutschte auf die Eckbank, ohne die Tasse abzustellen. Der Raum war für eine Küche nicht besonders warm und die heiße Tasse bot eine willkommene Wärmequelle für ihre ewig kalten Hände. Sie räusperte sich. „Entschuldigen Sie bitte, dass ich gestern so überraschend aufgetaucht bin. Ich bin ganz spontan losgegangen, hatte aber leider keinerlei Kontaktdaten von Ihnen. Es war also eigentlich ein Überfall.“ Marie winkte ab. „Das ist hier kein Problem!“ Tessa zögerte. Ein wenig verlegen nippte sie am Kaffee, gab sich dann aber einen Ruck. „Darf ich danach fragen, was Sie für eine Übernachtung mit Frühstück nehmen? Oder bieten Sie nur Vollpension?“ Marie blickte sie überrascht an und lachte leise. „Was ich für eine Übernachtung nehme?“ Sie schüttelte den Kopf und das Lächeln wurde noch eine Spur herzlicher. „Ich nehme nichts.“ „Wie bitte?“ „Es kostet Sie nichts, hier zu sein. Ich schenke Ihnen meine Gastfreundschaft, wenn Sie eine Zeit der Ruhe und Besinnung brauchen.“ „Ach, äh, aber.“ Tessa saß ein paar Augenblicke stumm da, bis sie merkte, dass ihr Mund offen stand. Verlegen klappte sie ihn zu und stellte die Tasse auf den Tisch. „Aber, ich meine, wie können Sie einfach fremde Menschen so in Ihr Haus aufnehmen? Ich meine, das kostet doch was und Arbeit haben Sie auch noch. Wer weiß schon, wen man da reinlässt. Nachher klauen die Ihnen alles, was nur irgendeinen Wert hat.“ Marie lehnte sich zurück. „Gedenken Sie hier etwas zu stehlen, Tessa?“ „Ich? Natürlich nicht!“ „Sehen Sie. Wenn ich richtig informiert bin, hat Ihnen Schorsch auf der Rückfahrt von Ihrem verunglückten Fahrradausflug erzählt, dass ich Einsiedlerin bin. Dieses Haus ist eine Einsiedelei, keine Pension oder gar ein Hotel. Einsiedler haben in allen Jahrhunderten Menschen Zuflucht gewährt. In dieser Tradition stehe ich auch. Genießen Sie die Zeit, die Ihnen hier geschenkt wird. Kommen Sie zur Ruhe. Und wenn Sie Fragen haben, werde ich versuchen sie zu beantworten. Was meinen Sie: Können Sie sich darauf einlassen?“ Tessa stotterte leicht. Was war das denn für eine Ansage? Hielt Marie sie für eine Schnorrerin? Oder für jemanden, der nicht bezahlen konnte? Andersherum, wenn das Angebot wirklich ernst gemeint war, o. k., wenn Marie kein Geld von ihr forderte, dann eben nicht. Sie zuckte mit den Schultern. „Gut, wenn Sie das so wollen, meinetwegen. Ich bin einverstanden. Aber wenn Sie genug haben von mir, schmeißen Sie mich einfach raus. Könnten Sie sich darauf einlassen?“ So ganz konnte sie einen spöttischen Unterton nicht vermeiden. Sie versuchte Marie dabei anzuschauen, musste aber den Blick abwenden. Diese Augen waren irgendwie irritierend. Als sähen sie mehr, als man preisgeben wollte. Unangenehm und höchst verwirrend! Marie nickte bedächtig. „Ja, damit bin ich einverstanden. Ich schlage vor, Sie schauen sich heute alles in Ruhe an. Tun Sie, was Sie möchten. Ich esse ungefähr um 12 Uhr zu Mittag. Sie sind natürlich eingeladen, müssen aber nicht kommen. Brot“, sie wies mit einer Hand auf einen großen Korb an der Wand, „Brot finden Sie dort oben und im Kühlschrank sind Margarine und Käse. Teebeutel und Kaffeepulver stehen auf dem Regal neben dem Brotkorb.“ Sie stand auf und stellte ihre Tasse auf einen kleinen Tisch am Fenster. „Kommen Sie in Ruhe an diesem Ort an. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!“ Dann verschwand sie durch eine Tür, die mit einem kleinen Schild gekennzeichnet war. Darauf war in nüchternen schwarzen Buchstaben das Wort „Klausur“ aufgedruckt. * Maries Haus stand völlig allein. Die Felder ringsherum lagen brach, auf einem konnte man noch erkennen, dass darauf Pflanzen gestanden hatten, die als Gründüngung gedacht waren. In...


Als junge Frau arbeitete sie im PR-Bereich und ging nach Südamerika, um dort Büffel zu züchten. Aber das Leben erschien ihr irgendwann farblos und leer. Mit 30 Jahren trat sie in den katholischen Klarissenorden ein und verbrachte einige Zeit im Kloster. Heute lebt sie als Eremitin in der Klause "St. Anna" mitten in Wiesen und Wäldern in Norddeutschland. Fotografiert werden möchte sie nicht. Sie genießt ihre Privatsphäre und will sie sich gerne erhalten.


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