Lange | Kepler und Tycho Brahe sprechen über Ptolemäus und Kopernikus | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 188 Seiten

Lange Kepler und Tycho Brahe sprechen über Ptolemäus und Kopernikus

E-Book, Deutsch, 188 Seiten

ISBN: 978-3-7583-5754-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Im Jahre 1600 sprechen die Astronomen Tycho Brahe und Johannes Kepler zusammen mit Schülern über die Bewegung der Fixsterne und Planeten. Die fest in ihrer Zeit verwurzelten und tief religiösen Männer müssen dabei mehr und mehr die Dogmen der katholischen Kirche und die Axiome der Scholastik überwinden. Die astronomischen Vorstellungen der damaligen Zeit können auch dem heutigen Leser die geheimnisvollen Bewegungen der Sterne verständlich machen, die mit bloßem Auge sichtbar sind und seit Jahrtausenden die Menschheit faszinieren.
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Ankunft im Schloss Benatek
Am 4. Februar des Jahres 1600 standen nachmittags Johannes Kepler und sein Begleiter Junker Tengnagel vor dem schmiedeeisernen Hoftor des Schlosses Benatek in der Nähe von Prag. Das Schloss gehörte zu einem stattlichen Anwesen, das der Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Rudolf II dem berühmten Astronom Tycho Brahe geschenkt hatte, um dort ein Observatorium zur Vermessung des Sternenhimmels zu errichten. Die beiden Angekommenen froren, denn es herrschte in Böhmen ein unfreundlich kaltes Winterwetter. In der vergangenen Nacht hatte es geschneit, und Felder, Wiesen und Wege lagen unter einem dicken weißen Teppich verborgen. Die entlaubten Äste der Bäume ragten dürr und schwarz in den grauen Himmel, während die schwere Last dicker Schneemassen die Wipfel niederdrückte. Von Norden her wehte ein eisiger Wind und wirbelte Schneeflocken in die Gesichter der Männer. Junker Tengnagel, ein Gehilfe des Schlossherrn, hatte den Gast Kepler mit einem Fuhrwerk aus der nah gelegenen Kaiserstadt Prag abgeholt. Jetzt zog er energisch an der Glocke neben dem Tor. Keplers Körper zitterte vor Kälte, aber auch vor Aufregung und Angst. Er wusste, dass sich sein Schicksal in wenigen Minuten entscheiden würde. Tycho Brahe hatte vor einigen Jahren ihn, den jungen Astronomen, eingeladen und im Brief eine mögliche Zusammenarbeit angedeutet. Aber würde diese Zusage heute noch gelten? Würde der berühmte Mann ihn freundlich empfangen? Das war eine bange Frage. Für Kepler ging es dabei um Leben oder Tod. Seine wirtschaftliche Lage war erbärmlich und hoffnungslos. Vor wenigen Wochen hatte man ihn, den Lutheraner, aus dem katholischen Österreich vertrieben. Jetzt besaß er nur noch zwei schäbige Heller in der Hosentasche. Ob er die nächsten Tage etwas zu essen finden würde, war mehr als ungewiss. Alles hing allein von dem reichen und mächtigen Tycho Brahe ab. Tycho Brahe war am Ende des 16. Jahrhunderts der angesehenste Astronom im Abendland. Zwar gab es Galilei in Italien, auch er ein bedeutender und anerkannter Wissenschaftler, aber hier, diesseits der Alpen, konnte dem Tycho keiner das Wasser reichen. Kepler wusste, dass der Mann mit vielen Gehilfen und hohen Geldsummen seine astronomischen Studien betrieb, und dass er mit seinen kostbaren Instrumenten, die eine hundertfach höhere Genauigkeit als anderenorts erreichten, fast 800 Gestirne am Himmel genauesten kartographiert hatte. Der Unterschied zwischen ihm und dem berühmten Astronomen konnte nicht größer sein. Er selbst kam aus den untersten Schichten der Bevölkerung und war jetzt arm wie eine Kirchenmaus. Tycho hingegen stammte als Graf aus den obersten Schichten der dänischen Aristokratie und war reich wie ein Krösus. Tycho erschien wie ein Halbgott und Heroe, der auf einem überhohen, unerreichbaren Podest stand. Kepler hatte Angst vor der Begegnung mit diesem großen Mann. Der einzige Trost war eine kleine Anekdote, die in Europa die Runde machte und dem Halbgott dann doch auch menschliche Züge verlieh. Es wurde berichtete, dass Tycho Brahe im Jähzorn wegen einer unbedeutenden Meinungsverschiedenheit einen Mitstudenten in Rostock zum Duell forderte, dabei seine Nase verlor, und jetzt, um eine hässliche Narbe zu verdecken, jeden Morgen eine Kunstnase ankleben musste. Junker Tengnagel hatte zum zweiten Mal, diesmal heftiger und lange an der Glocke gezogen. Als nun eine junge Frau über den Hof geeilt kam, schrie er ihr wütend entgegen: „Muss das denn immer so lange dauern!?“ Ohne den Tadel zu beachten richtete sie sich an den neuen Gast: „Meister Kepler, Kommen Sie schnell herein, das Wetter ist ja grässlich! Mein Vater erwartet Sie schon sehnsüchtig. Ich bin Lisbeth seine Tochter.“ Kurz blickte Lisbeth auch auf Junker Tengnagel, dem sie vor einigen Wochen auf Drängen ihres Vaters das Jawort zur Verlobung gegeben hatte. Dann wendete sie sich wieder schnell dem neuen Gast zu: „Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie mein Vater in den letzten Tagen ungeduldig und schlecht gelaunt in unseren Zimmern hin und her gewandert ist. Er hatte Eure Ankunft viel früher erwartet. Oh, wie wird Er sich freuen, dass Ihr nun endlich da seid!“ Junker Tengnagel war innerlich empört. Wie konnte diese Frau ihn so wenig beachten und sich benehmen, als ob er gar nicht anwesend war. Als ihr Verlobter hatte er doch wohl ein Anrecht auf eine herzlichere Begrüßung. Stattdessen redete sie nur mit diesem kleinen, abgemagerten Männlein, das frierend neben ihm stand. Er, Tengnagel war ein wohlgestalteter Mann von aufrechtem schlankem Körperbau, mit sorgfältig gestutztem Bart und tadellos frisiertem Haupthaar. Gekleidet war er in einen modischen Zobelpelz und feinen fellgefütterten Lederstiefelletten, und auf dem Kopf trug er die Fellmütze des böhmischen Adels. Der Kepler hingegen, welch eine erbärmliche Gestalt! Ein schäbiger Leinenmantel hing an seinen eingezogenen Schultern wie an einer Vogelscheuche. Das Gesicht war bleich wie ein Leichentuch. Die ausgemergelten Wangen mit den vorstehenden Backenknochen und dem ungepflegten schwarzen Bart zeigten nichts anderes als einen verhungerten, kranken Mann. Das Einzige, was einer jungen Frau vielleicht gefallen konnte, waren die Mitleid erregenden, dunklen Augen, die in tiefen Höhlen fiebrig leuchteten. Inzwischen waren die Drei schnellen Schrittes über den Hof gelaufen und in das breite Treppenhaus eingetreten. Kepler bemerkte im Vorübergehen eine mannsgroße in Stein gehauene Figur des Riesen Atlas, der mit gequälter Mine die Last der Weltkugel auf seinen Schultern trug. Über die marmorne Treppe folgten die beiden Männer der jungen Frau, erreichten die zweite Etage und betraten einen großen Saal mit hohen Fenstern. Die Fensterscheiben, über und über mit Eisblumen bedeckt, tauchten den Raum in ein kaltes, trüb-weißes Licht. An der Wand zur Rechten stand ein gewaltiger Kamin, in dem ein Feuer loderte. Davor saß auf einem Lehnstuhl der Hausherr in einen Pelz gehüllt. Er hatte die Schuhe ausgezogen und seine Füße auf einer kleinen Bank möglichst nah an die wohltuende Hitze geschoben. Als er die Eingetretenen hörte, sprang er trotz einer stattlichen Leibesfülle schnell auf und rannte barfuß auf Kepler zu, der ihn besorgt musterte. Tycho war von kompaktem Körperbau mit Stiernacken, breiten Schultern, kurzen kräftigen Armen und einem Schmerbauch. Ein dichter weißer Haarwuchs umrandeten die von der Kaminhitze geröteten Wangen und ein imponierend langer Schnauzbart, zu zwei Zapfen gedreht, hing rechts und links vom Mund wie die Zähne eines Walrosses hinunter bis zur Brust. „Endlich!“ rief er und packte den kleinen, schmächtigen, Kepler, hob ihn vor Freude strahlend in die Luft und drehte sich mit ihm um die eigene Achse. Dabei kam er dem Gesicht des Fremden so nah, dass ihm ein Malheur passierte. Im Überschwand seiner Freude löste sich die Kunstnase und purzelte zu Boden. „Sapperlot! Hohl´s der Teufel!“, fluchte er, ließ sich aber von seiner guten Laune nicht abbringen. „Also, Meister Kepler, ich freue mich, dass Ihr da seid. Wir haben hier viel Arbeit, und ich hoffe Ihr könnt mit Rat und Tat helfen. Aber zuerst will ich Euch meine Familie vorstellen. Das hier ist Kirsten“, er zeigte auf eine gutmütig lächelnde Matrone mit freundlichen Pausbacken und Doppelkinn, „sie ist die Mutter meiner Kinder. Meine Tochter Lisbeth und meinen Schwiegersohn in spe habt ihr schon kennengelernt, meine drei anderen Töchter heißen Magdalena, Sophie und Cecilie, und nicht zu vergessen meine Söhne Tyge und Jörgen. Und hier ist auch unser kleiner Jepp. Er ist mein Hausnarr. Immer zu Späßen aufgelegt, ergötzt er mich in meinem Alter.“ Jepp, ein Zwerg, der nur drei Fuß hochgewachsen war, feixte und schwenkte zweimal die Hand vor seiner Stirn, womit er ganz offensichtlich den Geisteszustand seines Ziehvaters meinte. „Und das hier ist mein treuer Assistent Kristen Sörensen Lomberg, den wir einfach Longomontanus nennen. Er und Junker Tengnagel sind leider die Einzigen, die mir aus Dänemark gefolgt sind. Die vielen anderen Helfer, die ich auf der Insel Hven einundzwanzig Jahre lang unterstützt und ernährt habe, sind dortgeblieben. Das ist ein übles und dunkles Kapitel in meiner Lebensgeschichte, vor allem auch, dass ich selbst Dänemark verlassen musste. Diesen Lump König Christian von Dänemark würde ich am liebsten zermalmen. Doch darüber will ich jetzt nicht lamentieren. Das würde meine gute Laune verderben.“ „Hat sie aber schon“, ließ sich Jepp, der jetzt unter dem Tisch saß, kichernd vernehmen. „Also, hier in Benatek, sind wir erst seit sechs Monaten. Ihr werdet viele Handwerker sehen, denn ich will das Schloss von Grund auf umbauen. Meine astronomischen Arbeiten will ich hier fast genauso wie auf der Insel Hven im Öresund fortsetzen. Und Ihr, Kepler, werdet mir hoffentlich dabei helfen. Wie ich mich schon darauf freue!“ Tycho lachte und rieb sich die Hände. Kepler hatte den begeistert hervorsprudelnden Reden von Tycho Brahe erstaunt, bescheiden und...


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