Kuic / Kuic | Die Legende der Luna Levi | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 424 Seiten

Kuic / Kuic Die Legende der Luna Levi


1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-99012-298-3
Verlag: Hollitzer
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

E-Book, Deutsch, 424 Seiten

ISBN: 978-3-99012-298-3
Verlag: Hollitzer
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



1492: In Spanien wütet die Inquisition. Jahrhundertelang lebten die Juden mit den Katholiken in Frieden zusammen, doch nun müssen sie aufgrund eines königlichen Edikts binnen Wochen das Land verlassen. Mit wenigen Habseligkeiten treten sie ihre Flucht in das Osmanische Reich an. Inmitten der Verzweiflung keimt eine grenzenlose Liebe - ausgerechnet zwischen einer Jüdin und einem Inquisitor, der mit ihr die alte Heimat verlässt. Sie zeugen eine Tochter, die das weitere Schicksal der sephardischen Juden mit beeinflussen wird: Ihr Name ist Luna Levi. Gordana Kui? erzählt nicht nur eine zu Herzen gehende Liebesgeschichte, für die das Leben viele Abenteuer bereithält, sie lässt uns auch teilhaben an der reichen Kultur der sephardischen Juden. Es ist eine literarische Spurensuche - nach einer fast vergessenen Lebenswelt wie nach der eigenen Herkunft. Nach der mitreißenden Familiensaga 'Der Duft des Regens auf dem Balkan' nun endlich auch der historische Roman der gefeierten serbischen Autorin in deutscher Übersetzung!

Die Bestsellerautorin Gordana Kui? beschäftigt sich in ihren Prosawerken - ausgehend von der eigenen Familiengeschichte - mit der Kultur der sephardischen Juden auf dem Balkan. In ihrem Erstlingswerk 'Der Duft des Regens auf dem Balkan' verarbeitete sie authentische Ereignisse aus dem Leben ihrer Vorfahren und Verwandten. Die Übersetzung ihres Debütromans erschien ebenfalls im Hollitzer Verlag. Der Roman wurde in viele Sprachen übersetzt und fand internationalen Anklang. In 'Die Legende der Luna Levi' verstrickt sie auf geschickte Weise historische Fakten mit malerischen Darstellungen zu einer lebendigen Erzählung, die Herz und Verstand berührt. Kui? veröffentlichte bislang acht Romane sowie zwei Kurzgeschichtensammlungen. Einige ihrer literarischen Werke wurden für Film- und Fernsehproduktionen sowie für Ballett- und Theateraufführungen adaptiert. Gordana Kui? lebt in ihrer Geburtsstadt Belgrad.

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IN DEN FRÜHEN MORGENSTUNDEN, als die Sonne im Osten aufging, wollte keine Brise die Hitze des neuen Sommertags lindern, so wie damals vor zweitausendachtundsiebzig Jahren, als die Babylonier Judäa eroberten und den Ersten Tempel in Jerusalem zerstörten, und wie damals vor tausendvierhundertzweiundzwanzig Jahren, als die römischen Legionen den Zweiten Tempel in ebendieser Stadt in Trümmer legten, womit diese nunmehr zur dritten Vertreibung des jüdischen Volks wurde. Der Himmel war blau, das sonst gewohnte Schattenspiel von Bäumen und Wolken hatte sich in eine andere Gegend der Erdkugel verzogen, man vermisste es jedenfalls im glühenden Hafen Barcelonas. Die Sonne stieg rasch hoch; gleichgültig gegenüber allem, was auf der von ihr beschienenen Erde je geschehen war oder noch geschehen sollte, folgte sie ihrer vorgeschriebenen Bahn. Doch auch die Menschen schenkten dort und damals der sengenden Sonne, dieser Herrin des Tages, wenig Beachtung, auch maßen sie ihr nicht die gebührende Bedeutung bei. Niemand schien die Hitze dieses gnadenlos brennenden Himmelkörpers zu spüren. Hunderte Männer, Frauen und Kinder, dicht aneinandergedrängt, weinten, seufzten, schwiegen, murmelten, wehklagten, sangen nacheinander oder gleichzeitig, alle im lauten Gebet oder in Gedanken zu Gott, der sie wieder vergessen hatte oder sie zum wer weiß wievielten Mal – die genaue Zahl wusste Er allein – bestrafte. Der Geruch des Meeres vermischte sich mit den Ausdünstungen verschwitzter Leiber; das Rauschen der Wellen mit dem durchdringenden Geraune der kopflosen, von Panik erfassten Menschen; das Grau der Steinmolen mit der Farbenpracht der Menschenmenge. Überfüllt von den dicht aneinandergedrängten Vertriebenen, brodelte der Hafen wie ein Kessel mit einer dicken Flüssigkeit, die überlief und zischte bei der Berührung mit der von der Erde und vom Himmel her brennenden Glut. Die Schwachen brachen zusammen, die Kinder schliefen oder schrien, heimgesucht von heißen Albträumen, nur die wenigen Menschen, die die Fassung nicht verloren hatten, wischten sich die schweißbedeckte Stirn und versuchten, sich an einem nahegelegenen Brunnen Kühlung zu verschaffen. Das im Hafen vertäute altersschwache Schiff „Felicidad“ – „Glück“ – (was für eine Ironie, dachten viele und sagten es mit einem gezwungenen Lächeln, andere wiederum hofften, es würde ihnen doch noch Glück bringen, denn die Hoffnung stirbt, zumal bei den Juden, genau wie der Wunsch zu leben, zuletzt) schien nicht alle Wartenden aufnehmen zu können. Einige Hafenangestellte versuchten, der Menschenmasse Herr zu werden und eine leidliche Ordnung herzustellen, jedoch mit wenig Erfolg. Noch war niemand an Bord gegangen, die Juden beratschlagten, palaverten, überstimmten einander und stritten regelrecht über das brennende Problem, wem man den Vortritt gewähren sollte, worin viele eine Talmudfrage sahen, und weswegen sich zwischen einzelnen Gruppen lange Diskussionen entfachten. Die Wellen der Auseinandersetzungen verbreiteten sich strahlenförmig von denen aus, die dem Laufsteg am nächsten standen, bis hin zu den Rändern des Hafens. Kaum hatte die Nachricht einer möglichen Lösung die Letzten der immer größer werdenden Menge erreicht, machte ein Gegenvorschlag die Runde. Die Zeit schritt unaufhaltsam voran, aber eine Lösung des komplizierten Problems war noch nicht in Sicht. Schließlich sprang ein schlanker, gutgewachsener Mann, dessen kostbare Kleidung eines reichen Juden trotzt der langen Reise seltsamerweise sauber und wie neu geblieben war, auf einen Tauballen und ergriff das Wort. Seine leise Stimme, sein nachdenklicher Blick und seine unaufdringliche Haltung standen dank Kraft und Entschlossenheit, Leidenschaft und Herausforderung, Sicherheit und Klarheit in krassem Gegensatz zu allem, was bisher gesagt worden war, und wirkten wie ein Hoffnungsschimmer inmitten des allgemeinen Unglücks. Die aufgewühlte Menge beruhigte sich, die Menschen hörten augenblicklich wie verzaubert zu. „Ich bin Solomon aus Toledo“, stellte der Mann sich vor, „und empfehle diese Reihenfolge: Zuerst gehen die Familien mit Kindern an Bord, denn egal wohin wir gelangen, die neuen Generationen werden unser Geschlecht fortführen; danach kommen die jungen Paare, denn sie werden weitere neue Generationen zeugen; ihnen folgen die Rabbiner und die Gelehrten, denn ohne ihren Geist und ihr Wissen können wir nicht überleben; schließlich kommen die kräftigen Burschen und Mädchen an die Reihe, denn sie sind am ehesten in der Lage, die Schicksalsschläge und das Warten auf das nächste Schiff zu ertragen.“ „Und die Alten?“, warf jemand ein. „Sie gehen zusammen mit ihren Familien, denn soviel ich weiß, ist kein Jude und keine Jüdin dieses Alters ohne Nachkommen.“ „Und was, wenn alle ihre Nachkommen getötet wurden?“ „Entscheidet doch selbst: Sind sie nicht die größten Märtyrer, denen man den Vortritt lassen sollte, oder ist ihr Leben nichts mehr wert, und man sollte sie hinten anstellen?“ „Die größten Märtyrer!“, donnerte es aus der Menge. „Ich freue mich über eure Entscheidung, Freunde! Jetzt möchte ich nur noch wissen: Seid ihr mit der vorgeschlagenen Reihenfolge einverstanden?“, fragte Solomon aus Toledo ruhig, ja fast mit dem Beiklang einer Bitte um Zustimmung, was bei der Menge gut ankam, sodass alle einstimmig entgegneten: „Einverstanden, Solomon aus Toledo.“ Nun geriet alles in Bewegung und im Handumdrehen bildete sich nach den Anweisungen des geschickten Unbekannten aus dem entfesselten Haufen verstörter Menschen eine ordentliche Kolonne. Niemand kannte ihn, dennoch fragte sich keiner der versammelten Juden, wer der ungewöhnliche Redner und Löser des unlösbaren Problems der Reihenfolge sein mochte. Allerdings stellte sich diese Frage Sánchez Toroña, der Hafenschreiber, dessen Aufgabe es war, alle Reisende ohne Rückkehr zu zählen und den Verantwortlichen darüber Bericht zu erstatten. Er wurde auf Solomon aus Toledo auf jene Weise aufmerksam, auf die ein kleiner Mann einen großen, der Schwache einen Kräftigen, der Redliche einen Unredlichen, der Arme einen Reichen gewahr wird. Toroña wusste freilich nicht, ob Solomon groß oder kräftig, redlich oder reich war. Zuerst war er überzeugt, ihn noch nie gesehen zu haben, doch nach einer Weile meinte er, er kenne diesen Fremden, er sei ihm im Laufe seines vierzigjährigen Lebens irgendwo begegnet. Er konnte sich aber nicht erinnern, wo und wann, denn er hatte bisher viele Berufe und Herren gewechselt. Sein Gefühl sagte ihm jedoch, dass es jemand war, den er einmal bewunderte, den er beneidete und vor dem er sich verneigt hatte, jemand, der unberührbar, also ein Würdenträger war … Toroña quälte sich, durchstöberte sein Gedächtnis, zählte in Gedanken alle Herren auf, denen er gedient hatte, aber an eine Begebenheit, bei der dieser Mann vorkam, konnte er sich einfach nicht erinnern … Und wie war es überhaupt möglich, dass er, Sánchez Toroña, der ewig Zukurzgekommene und ungerechterweise Erniedrigte, jemanden kannte, der so hochgestellt war, fragte er sich und schüttelte traurig den Kopf. Toroña wurde in einer armen, kinderreichen katholischen Familie geboren. Als dem Jüngsten von neun Geschwistern war ihm jede Ausbildung verwehrt, stattdessen musste er von klein auf Geld verdienen. Er schlug sich mühsam durch, verrichtete wie alle, die selbst für ihren Unterhalt sorgen müssen, die unterschiedlichsten Arbeiten, war aber mit keiner zufrieden, weil sie seiner Ansicht nach sämtlich unter seinen Fähigkeiten und seinem Wert lagen. Wie alle Menschen, die sich selbst überschätzen, war er verbittert, freudlos und schadenfroh. Jeden Schritt in seinem Leben beklagte er als falsch und suchte die Schuld dafür bei anderen Menschen, bei der Gesellschaft, bei den Reichen, bei den Armen, bei der eigenen Familie und freilich bei seinem Schicksal, das ihm immer wieder die Gelegenheit verwehrte, sich hervorzutun und seine Begabung unter Beweis zu stellen. Auf den Gedanken, er selbst könne daran schuld sein, kam er nie. Auch bemerkte er nie, dass sein Lebensweg zwar langsam, aber doch stetig nach oben führte und seinen geistigen und körperlichen Fähigkeiten entsprach. Toroña hatte einen verschlagenen Blick, obwohl er nicht verschlagen, sondern neidisch war auf jeden und alles; er hatte die hohe, aber gewölbte Stirn eines intelligenten Mannes, obwohl er nicht klug war, sondern sich nur dafür hielt; sein stetes Lächeln – kein Zeichen von Frohsinn, sondern von Unterwürfigkeit – behielt er für alle Fälle auf den Lippen, um jemanden in hoher Position nicht zu verärgern oder zu kränken. Dieses Lächeln gab seinen vorstehenden Oberkiefer und das rosige Zahnfleisch preis. Schiefe Zähne lugten unterhalb des Schnurrbarts hervor und verliehen ihm in den seltenen Augenblicken, in denen er nicht lächelte, das Aussehen einen verschreckten Hamsters. Hinzu kam noch ein nervöser Tick: Mit jähen, kurzen Bewegungen zuckte sein Kopf von links nach rechts. Wegen seines unglücklich geformten Kiefers und des fliehenden Kinns, das unmittelbar in den Hals überging, lispelte er ein wenig beim Sprechen. Sánchez Toroña war von durchschnittlicher Intelligenz. Alles in allem könnte man ihn beschreiben als einen Mann von mittlerem Wuchs, mit einem unscheinbaren, blassen Gesicht, der abgesehen von dem vorstehenden Kiefer und seinem nervösen Tick unklarer Herkunft ohne besondere Merkmale war. Zu erwähnen wäre noch seine Glatze, die ihn allerdings weder auszeichnete, noch von den anderen unterschied, da sie in der Männerwelt schon immer recht verbreitet war. Um diese glänzende Glatze wand sich ein Kranz von verbliebenen aschgrauen Haaren. Seine...


Gordana Kuic, mehrfach ausgezeichnete Bestsellerautorin, lebt in ihrer Geburtsstadt Belgrad. Ihre Bücher wurden u.a. ins Englische, Französische, Hebräische und Italienische übersetzt. In ihren Werken verarbeitet sie authentische Ereignisse aus dem Leben ihrer Vorfahren und Familie. Ihr erster Roman „Der Duft des Regens auf dem Balkan“ erschien 2015 in deutscher Übersetzung bei Hollitzer.

Die Bestsellerautorin Gordana Kuic beschäftigt sich in ihren Prosawerken – ausgehend von der eigenen Familiengeschichte – mit der Kultur der sephardischen Juden auf dem Balkan.

In ihrem Erstlingswerk "Der Duft des Regens auf dem Balkan" verarbeitete sie authentische Ereignisse aus dem Leben ihrer Vorfahren und Verwandten. Die Übersetzung ihres Debütromans erschien ebenfalls im Hollitzer Verlag. Der Roman wurde in viele Sprachen übersetzt und fand internationalen Anklang.

In "Die Legende der Luna Levi" verstrickt sie auf geschickte Weise historische Fakten mit malerischen Darstellungen zu einer lebendigen Erzählung, die Herz und Verstand berührt.

Kuic veröffentlichte bislang acht Romane sowie zwei Kurzgeschichtensammlungen. Einige ihrer literarischen Werke wurden für Film- und Fernsehproduktionen sowie für Ballett- und Theateraufführungen adaptiert.

Gordana Kuic lebt in ihrer Geburtsstadt Belgrad.



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