Kreide / Niederberger | Staatliche Souveränität und transnationales Recht | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 219 Seiten

Kreide / Niederberger Staatliche Souveränität und transnationales Recht

E-Book, Deutsch, 219 Seiten

ISBN: 978-3-86618-586-9
Verlag: Edition Rainer Hampp
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Die internationale Politik ist gegenwärtig durch einen paradoxen Zustand gekennzeichnet: Noch nie gab es in der historischen Entwicklung so viele völkerrechtlich bindende Konventionen und rechtliche Kontroll- und Rechtsprechungsinstanzen. Und doch kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, als verlören diese Abkommen und Institutionen in der internationalen Politik an Bedeutung. Wie kann diese Situation einerseits in ihren unterschiedlichen Dimensionen angemessen beschrieben werden, ohne andererseits eine normative Perspektive preiszugeben, die es erlaubt, realen Fortschritt in den sich herausbildenden Verrechtlichungen zu identifizieren und negative Entwicklungen zu kritisieren? Der Band geht diesen Fragen in interdisziplinärer Absicht nach.
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1;Inhaltsverzeichnis;8
2;Vorwort;10
3;Regina Kreide /Andreas Niederberger: Staatliche Souveränität und transnationales Recht – zur Einführung;12
4;Micha Brumlik: Universalistische Prophetie und rationales Königtum. Zur politischen Theorie des antiken Israel;19
5;Ingeborg Maus: Verfassung und Verfassunggebung. Zur Kritik des Theorems einer „Emergenz“ supranationaler und transnationaler Verfassungen;32
6;Gérard Raulet: Zur Utopie des „entstaatlichten Konstitutionalismus“;76
7;Rainer Nickel: Partizipative supranationale Governance. Chancen und Risiken einer zivilgesellschaftlichen Zähmung von Governmentalität;90
8;David M. Rasmussen: Juridification and Constitutional Interpretation in the United States;107
9;Wenzel Matiaske: Macht und Austausch. Überlegungen aus sozioökonomischer Perspektive;114
10;Gerd Grözinger: Wider die Globolobotomie!;138
11;Matthias Kettner: Was sind Kommerzialisierungsprozesse, und wie sind sie moralisch zu werten?;148
12;Matthias Lutz-Bachmann: Kosmopolitische Verantwortung. Über Ethik und Recht in einer globalisierten Welt;157
13;Marcelo Neves: Verfassung und Öffentlichkeit. Zwischen Systemdifferenzierung, Inklusion und Anerkennung;165
14;Fatima Kastner: Retributive versus restaurative Gerechtigkeit. Zur transnationalen Diffusion von Wahrheits- und Versöhnungskommissionen in der Weltgesellschaft;199
15;Zu den Autoren;217


Matthias Kettner Was sind Kommerzialisierungsprozesse, und wie sind sie moralisch zu werten? (S. 143-144)

In der langjährigen Freundschaft, die mich mit Hauke Brunkhorst verbindet, spielen Meinungsverschiedenheiten eine nicht unerhebliche Rolle. Die bisher beste Zeit für die Pflege einer streitbaren Erwägungskultur war unsere Zusammenarbeit in der von Gertrud Koch Ende der 1990er Jahre am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen geleiteten Forschungsgruppe über Demokratie und Massenmedien. Viele unserer Diskussionen kreisten um das Geldmedium, um die Bedeutung von Ökonomisierung, um die Vermittlung durch generalisierte Kommunikationsmedien.

Ich möchte in meinem Beitrag zu der vorliegenden Festschrift auf neue Weise einen alten Streit über das richtige Verständnis von Kommerzialisierung weiterführen. Dass die Differenz von Ökonomisierungsprozessen und Kommerzialisierungsprozessen für die Phänomenologie der kapitalistischen Kultur interessant ist, versteht sich von selbst. Ökonomisierung dreht sich um Effizienzsteigerung und ist die allgemeinere Kategorie, Kommerzialisierung dreht sich spezifischer um Gewinnsteigerung.

Wenn ich im Folgenden versuche, Kommerzialisierungsprozesse zu bestimmen, dann bildet ein medizinethisches Interesse die Folie meiner Überlegungen. Denn Kommerzialisierungsprozesse treten heute im Gesundheitssystem besonders auffällig in Erscheinung. Die Beschreibung von Prozessen der Kommerzialisierung muss sich von der moralischen Bewertung solcher Prozesse analytisch unterscheiden lassen und ist sachlogisch vorgängig.

Ich versuche im ersten Abschnitt, Kommerzialisierung als Prozess der Vermarktung zu erklären und Märkte auf allgemeine und doch für die moralische Analyse nicht ganz uninformative Weise zu charakterisieren. Im zweiten Abschnitt führe ich drei moralisch relevante Gesichtspunkte der Kommerzialisierungskritik ein, um im dritten Abschnitt die vorläufige Analyse von Marktförmigkeit zu vertiefen, indem ich ihre kapitalistischen Spezifika angebe.

Im vierten Abschnitt gebe ich einen Ausblick auf diskrepante moralische Intuitionen, die es schwer machen, die Kommerzialisierung ärztlichen Handelns moralisch allgemeinverbindlich zu beurteilen.

1. Allgemeine Charakteristika der Marktförmigkeit

Kommerzialisierung, so könnte man in erster Näherung sagen, ist ein Prozess, in dem bisher marktfreie Bereiche des sozialen Lebens in Märkte umgewandelt werden. Zum entscheidenden Merkmal wird hier also die Existenz von marktförmig gesteuertem Austausch, wo vorher andere, nichtmarktförmige Mechanismen der Ordnung des sozialen Handelns, der Interaktion bestanden. Was aber ist ein Markt? Eine einheitliche, exakte und präzise und auch noch unumstrittene Definition wird man vergeblich suchen. In der Ökonomik jedenfalls, wo man sie am ehesten vermuten würde, finden wir sie nicht. Markt ist eine geschichtlich alte Institution mit komplexer Entwicklungs- und d.h. immer auch: Differenzierungsgeschichte.


Regina Kreide ist Professorin für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Justus Liebig Universität in Gießen. / Andreas Niederberger ist Außerplanmäßiger Professor am Institut für Philosophie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main.


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