Kraft | Die Wildschützen vom Kilimandscharo | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 199 Seiten

Kraft Die Wildschützen vom Kilimandscharo

E-Book, Deutsch, 199 Seiten

ISBN: 978-963-526-444-5
Verlag: Booklassic
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Die Wildschützen vom Kilimandscharo was written in the year 1909 by Robert Kraft. This book is one of the most popular novels of Robert Kraft, and has been translated into several other languages around the world.This book is published by Booklassic which brings young readers closer to classic literature globally.
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Kapitel 2
  Die vierte Abendvorstellung von Reinhold Richters Reitertruppe fand statt. Es gingen ihr stets erst einige andere Nummern voraus, der beste Bissen wurde bis zuletzt aufgespart. Endlich war alles andere überstanden, was das Publikum gar nicht mehr interessierte. Endlich setzte der leise, faszinierende Marsch ein, jetzt, jetzt mußten die Schulreiter auf ihren prächtigen Rossen kommen … Nein, sie kamen nicht, und der Marsch war schon weit fortgeschritten. Das Publikum wurde unruhig. Da verstummte auch noch die Musik mitten im Ton, und in der Manege erschien Mr. Menoni, der wohlbekannte Direktor des Hippodroms, der auch manchmal als Schulreiter und als Stallmeister auftrat. »Ladies und Gentlemen, God save the King. Leider muß ich mitteilen, daß die nächste Nummer ausfällt. Reinhold Richters Reitertruppe ist von einem großen Unfall betroffen worden, nicht nur Mr. Reinhold Richter ist schwer erkrankt … « »Gott bewahre«, ließ sich da eine sonore Stimme, die den ganzen ungeheuren Zirkus beherrschte, vernehmen, und neben den Direktor war schnellen Schrittes Reinhold Richter getreten, schon im Reitfrack und Zylinder. »Ich bin kerngesund, die Sache ist nur die, daß mir der Broker soeben meine Pferde und alles gepfändet hat, bis auf diesen Anzug, den ich auf dem Leibe hatte … « Auch er kam nicht weiter. Die Unruhe im Publikum wurde zu groß, und da es nun einmal so weit war, kam es auch gleich zum Tumult. Mr. Richter kümmerte sich nicht weiter darum, er zuckte die Achseln und ging zurück. Das Publikum verhielt sich wie gewöhnlich bei solchen Gelegenheiten. Anstatt den Direktor anzuhören, der zu sprechen begehrte, tobte es immer mehr, verlangte die Fortsetzung oder das Geld zurück, die Klügsten machten schon jetzt, daß sie hinauskamen, denn hier gab es noch Prügel. In einer Loge hatte einsam ein alter Herr gesessen. Die sechzig hatte er gewiß schon überschritten, sein Haupthaar war auch schneeweiß, trotzdem konnte man ihn noch nicht alt nennen, er machte noch einen sehr stattlichen, rüstigen Eindruck, das alte Gesicht war etwas sehr gerötet, und den Schnurrbart hatte er sich schwarz gefärbt, was aber von dem weißen Haupthaar sehr wirksam abstach. Er war, wie man sagt, ein schöner Mann, trotz seines Alters, und das wußte er, danach kleidete er sich auch, obgleich er nur einen schwarzen Gesellschaftsanzug trug, aber die Orchidee im Knopfloch durfte nicht fehlen. Bei jeder Gelegenheit waren die Operngläser von den anderen Logen und besseren Plätzen auf ihn gerichtet gewesen, aber auch in den obersten Galerien wußte man seinen Namen zu nennen. Jetzt erhob sich der Gentleman schnell, Zylinder, Sommerüberzieher und Stock hatte er neben sich liegen gehabt, und noch ehe das Gedränge begann, hatte er schon den Ausgang erreicht. Aber er nahm einen anderen Weg als den nach der Straße, schwenkte links ab und betrat den Korridor, der nach den Ställen und nach den anderen inneren Räumen des Hippodroms führte. Dem Publikum war hier der Zutritt verboten. Personal war genug vorhanden, einige wollten den Eindringling denn auch zurückweisen, aber gleich nach einem genaueren Blick auf diesen Herrn wurden sie unsicher, und dann brauchte ihnen von den anderen nur etwas zugeflüstert zu werden, und sie zogen sich ehrerbietig zurück. Wie noch manch anderer, so schlug auch ein alter Bereiter mit ellenlangem Schnurrbart vor dem vorübergehenden Herrn die Hacken sporenklirrend zusammen und salutierte. Der Herr blieb vor ihm stehen. »Unter mir gedient?« »Zu Befehl, mein General – Mac O'Harrly, Korporal im 4. Lancierregiment, 2. Schwadron, Waterhills, Ladysmith und Maseking.« Es waren einige Schlachtfelder, die der Mann nannte, auf denen sich die Engländer allerdings nicht mit besonderem Ruhm bedeckt haben – wenigstens nicht in den Augen der anderen Welt, sie selbst setzen ja aber dazu ihre eigene Brille auf. »Richtig, ich entsinne mich – Mac O'Harrly – Korporal im – im … « »4. Lancierregiment, 2. Schwadron.« »Richtig, richtig, ich entsinne mich«, wiederholte der General, der aber kein Alexander der Große war, der jeden Soldaten mit Namen anreden konnte. Dieser hier hatte schon wieder die Nummer des ganzen Regiments vergessen. Aber der ehemalige Korporal begann vor Freude zu strahlen, und er mußte seinem Herzen Luft machen. »Mein General, wenn diese blutig gottverrrrrdammten Bur… « »Schon gut, schon gut! Was ist das eigentlich mit Reinhold Richters Reitertruppe?« Der Bereiter erstattete Bericht über Rrrreinhold Rrrrichters Rrrreitertruppe. Wir sagen gleich, was auch dieser Mann vielleicht noch nicht wußte. Reinhold Richter hatte damals mit seinem amerikanischen Impressario gebrochen, weil er immer mehr einsah, wie sehr dieser ihn ausnützte, und zwar in noch ganz anderer Weise, als Impressarios es sonst tun. Daß diese den Löwenanteil nehmen, ist eigentlich ganz selbstverständlich. Den jungen Mann hatte jener bei dem Kontrakt aber ganz einfach übers Ohr gehauen. Zweitens gefiel es Reinhold nicht, daß der Impressario solche Reklame mit ihm machte, und zwar auf eine ganz ungeschickte Weise, Broschüren über ihn und die anderen Mitglieder der Truppe herausgab, deren furchtbar übertriebener Inhalt ganz auf Unwahrheit beruhte. Drittens wollte er nicht immer mit Buffalo Bill verglichen werden, dem er als Schausteller ja auch tatsächlich nicht das Wasser reichen konnte, er wollte seine eigenen Wege gehen. Kurz und gut, der junge Mann hatte seinem Impressario weniger gekündigt als ihn vielmehr einfach hinausgeschmissen, und dann hatte er selbst die ganze Leitung in die Hände genommen, so war er mit seiner Truppe nach England gefahren, und auch das erste Auftreten als Schulreiter war seine eigene Erfindung und Einstudierung. Allerdings wußte Reinhold, daß er dem Kontrakt nach drei Jahre lang nur unter der Leitung dieses Impressarios arbeiten, nicht für eigene Rechnung auftreten durfte, oder er hatte eine Konventionalstrafe von 100 000 Dollar zu zahlen. Reinhold aber glaubte sich in seinem guten Recht, und der unschuldige Jüngling befand sich noch in dem holden Wahn, daß es in der Welt noch etwas weit Höheres gebe als die geschriebenen Gesetze, er träumte noch von einer idealen Gerechtigkeit, die nur vom Herzen diktiert wird, und die auch alle Richter anerkennen, träumte vielleicht sogar noch, daß die Bitte ›und vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unseren Schuldigern‹ von der allgemeinen Menschheit als Richtschnur ihres Handelns akzeptiert worden sei. Nun, der amerikanische Impressario belehrte ihn schnell eines anderen. Nur drei Tage länger als die Überfahrt hatte es gedauert, um die Angelegenheit den englischen Gerichten zu übergeben und auch gleich rechtskräftig zu machen. Jetzt, fünf Minuten vor der Vorstellung, war der Gerichtsvollzieher erschienen, der Broker. »Hier ist das Urteil. Kannst du die 20 000 Pfund Sterling bezahlen? Nein? Dann her mit allem, was du hast!« In England kann nichts gepfändet werden, was man zur erfolgreichen Ausübung seines Berufs braucht, der Näherin nicht die Nähmaschine, dem Schriftsteller nicht die Schreibmaschine, und behauptet er, am Klavier phantasieren zu müssen, um Ideen zu bekommen, so auch dieses nicht. Hier lag aber etwas ganz anderes vor. Die Truppe durfte überhaupt nicht eher wieder auftreten, als bis Reinhold Richter die 100 000 Dollar gezahlt hatte, und da er es nicht konnte, wurden ihm die Pferde und alles andere weggenommen, und da dies nach Ansicht des Gerichtsvollziehers noch nicht langte, ihm und seiner Schwester, die gleichfalls mit haftbar war, die Uhr aus der Tasche und der Ring vom Finger. Wenn der Herr dies nicht alles so ausführlich erfahren hatte, so wußte er jetzt doch genug. »Was sagt denn Direktor Menoni dazu?« Der faßte die Sache höchst kaltblütig auf. Der hatte von allem Anfang an gewußt, daß es so kommen würde. Deshalb hatte er die Truppe auch nur von Abend zu Abend engagiert, und mit den ersten drei Abenden war er zufrieden, er hatte ein Bombengeschäft gemacht. »Wo wird Mr. Richter zu finden sein?« »Der ist gewiß im Wigwam, der Broker ist ja noch drin.« »Im Wigwam?« »So nennen wir den Raum, in dem sich die ganze Indianergesellschaft eingerichtet hat.« »Führen Sie mich hin!« Der große Raum, den er betrat, glich allerdings wenig einem indianischen Wigwam, war aber ganz so eingerichtet, indem die Wände mit bemalten Fellen behangen waren, überall hingen und lagen andere Gegenstände herum, die man in jedem indianischen Wigwam findet, und auch die Menschengruppen paßten ganz dazu, mit einigen Ausnahmen, die dazu in seltsamem Kontrast standen und fast humoristisch wirkten. Der Broker war noch bei der Arbeit, hatte es gerade mit Reinhold und seiner Schwester persönlich zu tun. Wie schon erwähnt, gehörten außer den acht auftretenden Personen noch siebzehn weitere zu der ganzen Gesellschaft. Eben der ganze Stamm war mitgekommen. Reinhold fütterte alle mit durch, und sie konnten ja auch im Pferdestall und sonstwie hinter den Kulissen beschäftigt werden. Es waren ältere Männer und Frauen und halbwüchsige Kinder, von denen nur das eine, ein vierjähriges Mädchen, schon als Fangball mitwirken mußte. Sie hatten ihre heimatliche Kleidung beibehalten, ebenso ihre Sitten, und so lungerten sie nach alter Weise in dem Wigwam herum. Die Alten rauchten ihr Kalumet, eine jüngere...


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