(Fast) alles zum Klimawandel
E-Book, Deutsch, 288 Seiten
ISBN: 978-3-451-83171-3
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
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Was ist der Klimawandel?
Wer kennt sie nicht, die Klimaskeptiker? Es ist ein Thema, bei dem man sich leicht die Finger verbrennen kann, aber der Klimawandel ist sehr komplex und schwierig. Wenn man nicht eine ganze Menge Wissen hat, ist es sehr schwer einzuschätzen, was da gehauen und gestochen wird. Und deshalb möchte ich hier in Kurzform mal das »Große Ganze« in Light-Version erklären: Die meisten von Ihnen haben, wenn vom Klimawandel die Rede ist, wahrscheinlich die menschengemachte, anthropogene Erderwärmung vor Augen, und das passt auch sehr gut. Seit der Industrialisierung hat sich unser Klima durch Treibhausgase, die wir Menschen in die Atmosphäre bringen, deutlich verändert. Vor allem ist das Verbrennen von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Gas und Öl schuld daran. Aber das ist nicht das Einzige, wir dürfen nicht unter den Tisch fallen lassen, dass es schon immer in der Erdgeschichte Klimaschwankungen gab und gibt. Unsere Erde ist rund 4,6 Milliarden Jahre alt, und das Klima hat sich in dieser Zeit immer wieder geändert. Verantwortlich dafür war nicht nur der Mensch, es gab und gibt auch natürliche Ursachen. Dazu gehören externe Verursacher wie die Sonnen- und Vulkanaktivitäten, die Plattentektonik, die Bahnänderung der Erde um die Sonne und die Zusammensetzung unserer Atmosphäre. Außerdem gibt es noch interne Ursachen für Klimaänderungen, denn man kann die Atmosphäre, in der das Wetter entsteht, nicht isoliert betrachten. Es ist ein komplexes System, in dem es ständig Wechselwirkungen zwischen der Atmosphäre und den Ozeanen sowie den Eis- und Landflächen gibt. Allerdings veränderte sich das Klima auf der Erde durch die natürlichen Ursachen in einem ganz anderen Tempo, in einem naturgetreueren Tempo als im Moment und in anderen Dimensionen. Beispielsweise verursacht eine größere Sonnenaktivität alle elf Jahre (die sogenannte Sonnenflecken) in etwa einen globalen Temperaturanstieg von rund 0,1 bis 0,2 Grad Celsius. In Phasen geringer Sonnenaktivität sinken die Temperaturen um ähnliche Werte wieder. Die Erde ein Eisklotz
Vielen bekannt ist sicher die »Kleine Eiszeit« von Anfang des 15. Jahrhunderts bis in das 19. Jahrhundert hinein, in der es auffällig viele Phasen geringer Sonnenaktivität gab. In Europa wurde es dadurch extrem kalt, Ernteausfällen und Hungersnöte waren die Folge. Allerdings ist weiterhin umstritten, wie groß der Einfluss der geringeren Sonnenaktivität tatsächlich war, denn zeitgleich kam es zu vielen heftigen Vulkanausbrüchen, die natürlich auch ihren Einfluss auf das Klima hatten. Wirklich andere Temperaturen gab es in Europa aber in der letzten Eiszeit. Sie setzte vor etwa 115 000 Jahren ein, hatte ihren Höhepunkt vor etwa 21 000 Jahren und ging vor etwa 10 000 Jahren zu Ende. Die globale Durchschnittstemperatur lag etwa sechs Grad unter der heutigen. Gewaltige Eisschilde bedeckten Europa, die teils drei Kilometer dick waren. Es war so viel Eis auf den Kontinenten gebunden, dass der Meeresspiegel etwa 130 Meter tiefer lag als heute. Da herrschte also ein ganz anderes Klima bei uns. Aber Sie sehen schon, diese Eiszeit dauerte etwa 100 000 Jahre – das sind andere Zeitskalen. Seit dem Zeitraum von 1880 bis jetzt sind die Temperaturen global im Schnitt um etwa 1,2 Grad Celsius gestiegen, aber das waren rund 150 und nicht 100 000 Jahre! 98 Prozent der Wissenschaftler sind sich einig, dass wir Menschen für die Erderwärmung seit der vorindustriellen Zeit mitverantwortlich sind. Sicher spielen auch natürliche Parameter eine Rolle, aber der Hauptgrund für den enormen Temperaturanstieg in so kurzer Zeit sind vor allem Treibhausgase, die aus der Verbrennung von fossilen Brennstoffen und durch das Abholzen von Wäldern in die Atmosphäre gelangten. Aber wissen Sie was? An sich sind diese Treibhausgase in unserer Atmosphäre gar nicht nur schlimm, denn wir brauchen sie, allerdings in der richtigen Konzentration. Hier geht es jetzt um den »natürlichen Treibhauseffekt«, der ausgesprochen wichtig für ein Leben auf unserer Erde ist. Ohne ihn lägen die Temperaturen nämlich bei minus 18 Grad Celsius – wir wären ein Tiefkühlschrank. Einige Spurengase wie Wasserdampf, Kohlendioxid und Methan müssen sich in unserer Atmosphäre befinden, denn sie speichern das Sonnenlicht. Ein Teil der Wärmestrahlung, die von der Sonne auf die Erde gelangt, wird so nämlich nicht direkt ins Weltall wieder zurückgeworfen, sondern sie wird zum Glück gespeichert. Durch diesen »natürlichen Treibhauseffekt« haben wir im Durchschnitt eine globale Temperatur von 15 Grad Celsius. Das Für und Wider zum CO2
Aber seit etwa 150 Jahren sorgen wir Menschen dafür, dass die Konzentration von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre kontinuierlich steigt. Auch da gab es schon immer Schwankungen, große Schwankungen sogar. 2022 betrug laut der Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde der USA (NOAA) der CO2-Gehalt der Atmosphäre 417 Teile pro eine Million Luftteile, kurz ppm. Das war in der Erdgeschichte auch schon einmal anders: Zum Beispiel lag die CO2-Konzentration in den letzten 420 Millionen Jahren zeitweise bei über 2000 ppm, in anderen Periode betrug der Wert nur 100 ppm. Die Gründe für solche Schwankungen sind unterschiedlich: Erdplatten verschieben sich und verändern die Erdoberfläche, teils wird der Atmosphäre Kohlendioxid entzogen. Auf der anderen Seite steigt die CO2-Konzentration durch viele Vulkane, die es auf unserer Erde gibt. Enorme Massen kalkhaltiger Gesteine, die aus den Ozeanen herausgehoben wurden und an der Erdoberfläche verwitterten, setzten riesige Mengen von Kohlendioxid frei. Es gibt also immer ein Auf und Ab bei der Menge des Kohlendioxids in der Atmosphäre. Vor rund 300 Millionen Jahren entstand zudem eine gigantische CO2-Senke. Riesige Urwälder versanken für Jahrmillionen in sumpfigen Böden, und mit ihnen verschwand das in den Bäumen gespeicherte Kohlendioxid. Die Folge war, dass der CO2-Gehalt von 1000 ppm auf 100 ppm zurückging. Wussten Sie eigentlich, dass aus genau diesen versunkenen Urwäldern die Kohle, das Erdöl und das Erdgas entstand, das wir Menschen seit Jahrzehnten als hauptsächliche Energiequelle nutzen und damit das damals gespeicherte Kohlendioxid nun wieder in die Atmosphäre bringen? In den letzten 800 000 Jahren hat sich der CO2-Gehalt in der Atmosphäre jedoch kaum verändert, dies belegen Eisbohrkerne aus der Antarktis. Bis zum Anfang der Industrialisierung lag der Wert um 290 ppm herum, erst in den letzten 150 Jahren ist wieder etwas passiert – und zwar sehr viel: Der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre ist in extrem kurzer Zeit stark angestiegen, nämlich um 130 ppm auf 417 ppm. Sehen Sie sich mal das Verhältnis 800 000 Jahre zu 150 Jahren an – unglaublich! Dieser Wert war übrigens das letzte Mal vor drei Millionen Jahren so hoch. Schauen wir uns dieses Kohlendioxid nun mal ein bisschen genauer an. Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Kohlenstoff und Kohlendioxid? Kohlendioxid hat die chemische Summenformel CO2 und entsteht, wenn sich ein Kohlenstoffatom mit zwei Sauerstoffatomen verbindet. Das passiert zum Beispiel bei der Verbrennung von Kohle. Dort verbindet sich der Luftsauerstoff mit dem Kohlenstoff aus der Kohle, und es entsteht das geruchlose, farblose Treibhausgas Kohlendioxid, was Sonnenenergie speichern kann. An sich kein schlechtes Gas, wenn es in der richtigen Konzentration auftritt. Kohlenstoff-Kreislauf
In der Natur ist immer alles im Fluss. So auch beim Kohlenstoff, es gibt einen natürlichen Kohlenstoff-Kreislauf, ein ständiges Geben und Nehmen zwischen Atmosphäre, Land und Ozean. Organismen brauchen Energie zum Leben. Dafür betreiben Pflanzen Fotosynthese, das heißt, sie wandeln Wasser, Sonnenlicht und CO2 in Zucker um, wobei Sauerstoff als Nebenprodukt entsteht. Dabei wird der Atmosphäre CO2 entzogen. Wir Menschen, Pflanzen und Tiere atmen und produzieren dadurch wieder Kohlendioxid, das in die Atmosphäre gelangt. Viel Kohlendioxid wird also in Pflanzen gebunden. Am Ende ihres Lebenszyklus werden die Pflanzen dann durch Zersetzung von Bakterien und Insekten zu Biomasse, es entsteht zwar CO2, aber ein Großteil dieses Kohlenstoffs wird im Erdboden gespeichert. In den Ozeanen passiert Ähnliches, wobei die Ozeane über 50-mal mehr Kohlenstoff aufnehmen als die Atmosphäre. Hier wird das CO2 chemisch umgesetzt und gespeichert. Damit wirken die Ozeane als Kohlenstoffsenke. Etwa 30 Prozent des Kohlendioxids sind permanent im Erdboden und in den Meeren gebunden. Nun kommt der Mensch ins Spiel und bringt diesen natürlichen Kreislauf durcheinander. Durch das Verbrennen von Kohle, Erdöl und Erdgas gelangt gebundener Kohlenstoff auf unnatürliche Weise in die Atmosphäre, und damit steigt dort der Anteil des Treibhausgases und verursacht eine unnatürliche Erderwärmung. Sie sehen, das ist nicht unkompliziert und ziemlich komplex. Somit sollte man sich wirklich auf das Thema einlassen, bevor man darüber urteilt. Ja, es gibt auch natürliche Ursachen für den Klimawandel, aber die...