E-Book, Deutsch, 300 Seiten
Korten Die Täuschung
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7546-2291-9
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Lügen und andere kleine Monster
E-Book, Deutsch, 300 Seiten
ISBN: 978-3-7546-2291-9
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
NEUERSCHEINUNG!!! Gläserne Schatten. Ein gebrochenes Lächeln. Ein falscher Winter. In der Magie ist alles möglich, selbst der Tod ... Victor Adams, dem unter dem Künstlernamen Horus der internationale Durchbruch als Illusionist gelungen ist, steigt nach einer Zahnwurzelbehandlung in die falsche Straßenbahn. In darauffolgenden Nächten wird Victor von Albträumen heimgesucht und sein Leben mimmt eine dramatische Wendung. Seine Assistentin Julia verschwindet auf mysteriöse Weise während einer Illusion und er wird des Mordes verdächtigt. Victor bleibt ungerührt, ihm beschäftigt nur eine einzige Frage: Wie konnte Julia verschwinden und seine Illusion überlisten? Eines Tages taucht Inspektor Percy Banks von der Kripo Canterbury bei ihm auf und bittet Victor, eine grausam zugerichtete Frauenleiche zu identifizieren ... Ein fesselnder Thriller, mitreißend und verstörend mit psychologischem Tiefgang und einer Auflösung, die selbst den geübten Thriller-Leser überraschen wird. Erste Stimmen: Ein spannender Thriller voller Illusionen - Helgas Bücherparadies Meister der Illusionen - Martin Schult Ein fesselnder Thriller mit Tiefgang - Dreamlady Ganz grosse Klasse! - Wencke Richter
Das Spezialgebiet der Bestseller-Autorin sind Thriller, Psychothriller und Romane. Sie schreibt außerdem Kurzgeschichten und Drehbücher. Ihre Thriller erreichten alle die Top-Ten-Bestsellerlisten vieler Plattformen. Die Autorin schreibt für den Verlage und veröffentlicht auch selbst. In USA wurde sie mehrfach ausgezeichnet.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Die schwarze Schlampe
Rochester, England - 1987
An meinem dreizehnten Geburtstag schenkte mir mein Vater eine schwarze Arzttasche aus Rindsleder. Sie hatte ursprünglich meinem Großvater gehört, aber die Tasche sah nach all den Jahren immer noch unbenutzt aus. „Um darin all deine Trickutensilien unterzubringen“, erklärte er, als er den enttäuschten Blick in meinen Augen sah. „Die Ringe, die Tücher und die Karten, alles ordentlich sortiert.“ Er nickte kurz, als würde er seinen eigenen Worten in meinem Namen zustimmen. Ich stand ein wenig verloren in der Mitte des Wohnzimmers und dachte an die Achtmillimeter-Kamera, die ich mir zum Geburtstag gewünscht hatte. Damit wollte ich meine Tricks filmen und die Fotos minutiös studieren, meine Finger beim Tanzen mit den Münzen beobachten, mich bei allzu offensichtlichen „double lifts“ während eines Kartentricks ertappen und raffinierte Schiebetechniken auf ihre Unsichtbarkeit hin beurteilen. Ich hatte meinen Eltern sogar angeboten, meine Ersparnisse zu investieren. Sie haben es nicht einmal erwogen. Mein Vater hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, das Geschenk einzupacken, aber immerhin glänzte die Außenseite und es roch eindeutig nach Schuhcreme. Ich legte die Tasche auf den Couchtisch, klappte sie auf und starrte hinein. Das Innenleder hatte einen gräulichen Farbton, der Boden war mit einer weißen Kunststoffplatte ausgelegt, die Initialen meines Großvaters mit schwarzer Tinte auf das Leder geschrieben. Eine eisige Stille fiel ein. Nur das Atmen meines Vaters durchbrach sie. „Und?“ Seine Stimme klang leicht verärgert. Ich schaute ihn kurz an, dann meine Mutter, die sich die Hände an der Schürze abwischte. Sie hatte bereits die Kartoffeln für das Abendessen geschält, obwohl es erst halb acht Uhr frühmorgens war. „Gefällt sie dir, Victor?“ Offenbar reagierte ich wieder nicht schnell genug, denn sie fuhr blitzschnell fort: „Die Tasche ist ein Erbstück. Sie gehörte deinem Großvater, dann deinem Dad und jetzt dir. Ein guter Magier braucht doch eine besondere Tasche, nicht wahr?“ „Zumindest sind wir davon ausgegangen“, ergänzte mein Vater und nickte ostentativ. Ich fuhr mit dem Zeigefinger über das schwarze Leder und zog dabei versehentlich eine stumpfe Linie. Ein Fehler. Meine Mutter drehte sich enttäuscht um. „Hättest du die Tasche nicht vorher leeren müssen, Mum?“, fragte ich schnell. Sie blieb stehen und drehte sich wieder um. Ein kaum wahrnehmbares Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Ich steckte die rechte Hand in die Tasche. „Schau mal, was da drin ist.“ Mit einer schnellen Bewegung zog ich einen Fächer mit Spielkarten heraus, griff dann mit der linken Hand in die Tasche, und während ich den ersten Fächer mit einem anmutigen Schwung zu Boden fallen ließ, zauberte ich einen zweiten Halbkreis Spielkarten hervor, warf auch sie hin und grub einen dritten Fächer aus. Dabei zwinkerte ich meiner Mum zu. Mein Vater klatschte fröhlich in die Hände, kam auf mich zu und fuhr mir mit der Hand durchs Haar. „Jetzt sind wir alle glücklich, so glücklich. So mag es Daddy.“ Er ging grußlos an uns vorbei und verließ das Haus, um in die Firma zu gehen, eine Fabrik für Autozubehör. Erst als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, ging meine Mutter wieder in die Küche. Im Türrahmen drehte sie sich noch einmal um. Sie wollte mir etwas sagen, aber dann zuckte sie nur mit den Schultern und ließ mich im Wohnzimmer allein zurück. Ich beugte mich über die Tasche, steckte mein Gesicht in die Öffnung, holte tief Luft und rümpfte die Nase. Mief. Noah blickte entsetzt auf die schwarze Tasche. „Hat er dir tatsächlich die alte Schlampe geschenkt?“ Ich antwortete nicht, zuckte nur schüchtern mit den Schultern. „Junge …“ Mein Onkel beugte sich herunter und tat so, als würde er mich mit einer Kamera fotografieren. Ich hatte ihm eine Woche zuvor von meinem Wunsch nach einer Kamera erzählt. Er bot mir begeistert an, Fotos von mir zu machen. Wieder antwortete ich nicht, sondern schaute in Richtung Küche, um zu sehen, ob meine Mutter in der Tür stand und uns hören konnte. „Gütiger Himmel. Wirklich?“, fragte Noah im Flüsterton. Ich schüttelte den Kopf und schubste verärgert gegen das Erbstück, so dass die Tasche über den Couchtisch glitt. „Was machst du denn jetzt mit der Tasche von dem alten Quacksalber?“ Noah legte seine Hand auf meine Schulter und drückte mich einen Moment lang. Ich schaute zu ihm auf und zum ersten Mal fiel mir die Ähnlichkeit zwischen ihm und meinem Vater auf. Sie hatten beide volle, dunkle Augenbrauen, die fast aneinanderstießen, und einen Blick, der etwas Autoritäres oder zumindest eine offensichtliche Präsenz ausstrahlte. Dennoch wirkte Noah entspannter und selbstsicherer. Mein Vater war wie mein Großvater, der einst seine Arbeit als Arzt so ernst genommen hatte, dass er sich auf seinem Sterbebett gefragt hatte, wie die Menschen im Dorf ohne ihn überleben würden. „Zeig Noah, was dein Vater dir geschenkt hat, Victor“, sagte meine Mutter, als sie lächelnd das Wohnzimmer betrat. In den Händen trug sie ein Tablett mit Kaffee und Apfelkuchen. Der Rand des Tabletts war mit einer Girlande verziert. „Was macht so ein Junge mit dieser alten Kuh?“ Noah nahm die Tasche vom Tisch und hielt sie ihr vor die Nase. Das Lächeln verschwand aus dem Gesicht meiner Mum. Sie stellte das Tablett auf den Tisch und nahm meinem Onkel die Tasche aus der Hand. „Victor hat inzwischen eine Menge Trickutensilien gesammelt. Diese Arzttasche ist sehr praktisch, wenn man das alles mitnehmen muss.“ Sie klopfte mit der flachen Hand auf das Leder. „Außerdem hat der Junge sich sehr über das Geschenk gefreut. Nur darauf kommt es an.“ „Ein Pappkarton wäre genauso praktisch gewesen“, antwortete Noah, drehte sich um und schenkte mir ein hilfloses Lächeln. Ich erwiderte es nicht, weil ich den Blick meiner Mum spürte. „Ende der Diskussion“, erwiderte sie schroff. Sie sah mich flüchtig an und stellte die Tasche wieder auf den Tisch. Die Kaffeetassen zitterten und störten die beklemmende Stille. Kurz nach dem Mittagessen kam mein Onkel zum zweiten Mal zu uns. Er radelte mit voller Geschwindigkeit den Gartenweg herauf, die rechte Hand am Lenker, mit dem linken Arm hielt er ein Paket umklammert. Er stieg vom Fahrrad, stellte es gegen den Schuppen und winkte meiner Mum am Küchenfenster zu. „Mensch Noah, was hast du da nur getan?“, sagte sie, als er die Küche betrat. „Habt ihr überhaupt eine Ahnung davon, wie viel Talent Victor hat? Dieses Ding wird ihm helfen, den nächsten Schritt zu machen“, antwortete mein Onkel. „Und welchen Schritt machst du?“, flüsterte sie. Ich konnte ihre Worte dennoch hören. Noah schwieg einen Moment. „Es geht hier nicht um mich, es geht nicht um meinen Bruder und es geht nicht um dich. Es geht nur um Victor.“ Ich erschien im Türrahmen. Meine Mutter stand an der Spüle, die Arme ineinander verschränkt, und starrte nach draußen. Noah drehte sich zu mir um und lächelte mich an. „Ich schulde dir noch ein Geschenk. Komm her!“ Mein Herz klopfte vor Aufregung. Am Küchentisch riss ich das Geschenkpapier vom Karton. Noah legte mir die Hand auf die Schulter. „Ein echter Illusionist muss wissen, was die Leute sehen, die in seine Vorstellung kommen und ihn sehen wollen.“ Ich sah zu ihm auf. „Illusionist?“ Noah nickte. „Ein Zauberer lässt sofort an Väter oder Großväter denken, die auf Geburtstagsfeiern die Kleinen mit aus dem Ärmel gezogenen Blumensträußen unterhalten. Illusionisten sind die Profis unter den Zauberern.“ Er zwinkert mir zu. Ich spürte seine Wärme in meinem Körper durch die Hand, die auf meiner Schulter ruhte und dachte: Warum kann Papa nicht wie Noah sein? Die Achtmillimeter-Kamera surrte wie eine Nähmaschine in Zeitlupe. Ich schaute in die Linse, lächelte, drehte mich um und nahm den Spazierstock vom Tisch. Mitten im Wohnzimmer stellte ich mich in meine Ausgangsposition und streckte die Arme vor mir aus, wobei ich den Stock in einer vertikalen Position hielt. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Ich beugte meine Knie leicht, drückte meine Fersen fest auf den Boden und spannte die Muskeln in Armen und Beinen an. Mein Magen kribbelte bei der Aussicht, mich in ein paar Tagen auf einem Film zu sehen. Endlich würde ich sehen, wer ich bin, wenn ich als Illusionist ins Leben trete. Langsam öffnete ich meine Hände. Der Stock schwebte dreißig Zentimeter von mir entfernt, hing in der Luft und folgte den anmutigen Bewegungen, die ich mit meinen Händen machte. Ich bewegte mich nach links und rechts, nach oben und unten und drehte mich um die eigene Achse, der Spazierstock tanzte mit mir, schwebte durch die Luft und folgte meinen Bewegungen wie der Schwanz einem Fuchs. Ich schloss die Augen und hörte in meinem Kopf die Klänge von Georgia, dem Lied, auf das ich die Kadenz des gesamten Tricks aufgebaut hatte. Ich musste meine Augen nicht öffnen, um die Bewegungen zu machen und zu sehen, wie der Rohrstock mir gehorchte. Ich führte den Trick willig aus, als ob ich mich vom Boden gelöst hätte und der Stock meine Bewegungen lenkte, statt umgekehrt. „Mach deine Schritte nicht zu groß“, sagte meine Mutter. „Ich verliere dich sonst, die Kamera kann...