E-Book, Deutsch, 293 Seiten
Kocks Halbheld
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7584-8366-0
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 293 Seiten
ISBN: 978-3-7584-8366-0
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Alexander Weiland war bisher immer ein braver Mensch, welcher sich an alle Regeln und Gesetze gehalten hat. Eines Tages gerät er von diesem Weg ab und entwickelt sich zu einem modernen Robin Hood, der kriminellen Subjekte bekämpft, sich deren Vermögen aneignet und diese an bedürftige verteilt. Als alleinerziehender Vater ist es für ihn gar nicht so einfach, seine Taten vor seiner Tochter und seiner neugierigen Mutter geheim zu halten. Ein Spagat zwischen bürgerlichem spießigem Leben und einer sich schnell entwickelnden kriminellen Karriere wird mit den Problemen gespickt, welche es spontan und kreativ zu lösen gilt. Er kämpft mit seinem Gewissen, überwindet seine Ängste und nimmt es mit Autoschiebern, Drogendealern, Clan-Größen und einem korrupten Richter auf. Er weiß, dass es falsch ist, was er tut, jedoch fühlt es sich gut an.
Alexander Kocks, geboren 1979 in Mülheim an der Ruhr und nie dort weggezogen. Alleinerziehender Vater und glücklich geschieden. Arbeitet als Prozessbetreuer in der Marktfolge einer großen Genossenschaftsbank. Nebenbei ist er politisch aktiv bei den Freien Wählern und künstlerisch im Bereich Upcycling unterwegs. Die Inspiration für das Buch bekam er von diversen Serien und Filmen aus dem Heist-Genre.
Autoren/Hrsg.
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Nicolai Den Anfang von allen aus der Zielgruppe X machte der Osteuropäer Nicolai C. Es war ein Freitagmittag, kurz vor Feierabend. Die Mitteilung, dass unser Team bald nicht mehr da sein wird, hing mir noch in den Knochen. Ich spielte mit dem Gedanken, früher Schluss zu machen, um ein paar Sachen zu erledigen, damit ich das Wochenende komplett für Kim hatte. Bevor ich mich aus der Hotline ausklinken konnte, klingelte es. Ich verdrehte die Augen und ein leises »Verdammt« kam über meine Lippen. Okay, den einen machst du noch, dachte ich, dann ist es genug für heute. Hoffentlich nur einer, dem ich sein Onlinebanking freischalten soll, das geht fix. »Nicolai Cvetibrovic hier. Ich mal brauchen deinen Rat.« Anstatt ihm direkt einen Deutschkurs an der Volkshochschule zu empfehlen, sagte ich wie immer ganz freundlich: »Was kann ich denn für Sie tun?« »Ich weiß nicht, ob du korrekte Ansprechpartner für meine Anliegen bist.« »Worum geht’s denn? Dann kann ich Ihnen schon sagen, ob ich der Richtige bin.« »Ja, okay, geht halt um Geld.« Bei solchen Antworten musste man ganz ruhig bleiben, um nicht zu sagen: Och Geld ist gerade schlecht, aber wir haben glutenfreies Vollkornbrot und grandiose Filzpantoffeln für Herren im Sortiment. »Mach ich jeden Tag. Kredite, Geldanlagen, Zahlungsverkehr. Ich kann alles. Sind Sie schon Kunde bei uns?« »Klar ich bin Kunde, schon total lange.« Nachdem ich ihm die Kontonummer und sein Kennwort aus der Nase gezogen hatte, kam er dann endlich mit seinem, ich nenne es mal »Wunsch«. »Ja, pass auf, ich will 150.000 irgendwie anlegen.« Ich entgegnete ihm mit meiner antrainierten Grundskepsis, die sich bei solchen Fragen direkt aufbaute: »Och, da gibt es einige Möglichkeiten, wie man Summen in der Höhe gewinnbringend anlegen kann.« »Hey, weißt du, Geld ich hab, aber in bar und das soll nicht so direkt über Girokonto gehen.« Manche Menschen sind einfach nur dämlich. Meint der wirklich, ich helfe ihm, seine Kohle zu waschen? So ein Vollidiot. Aber dieser verdammte Vollidiot hat wahrscheinlich 150.000 Euro und weiß nicht wohin damit. Ich breche mir hier jeden Tag ´nen Ast ab und der ... Ach du Scheiße, der ist gerade mal 22, dachte ich, als ich die Kundeninfos aufrief. Das konnte doch nicht sein. Ich musste irgendwie ruhig bleiben und mir irgendwas für ihn ausdenken, um ihn hinzuhalten. »Ach wissen Sie, ich hab da einen Kumpel im Bereich Aktienfonds. Ich werde mal mit ihm reden, was er empfehlen würde. Ist halt nicht ganz einfach, wenn das in bar abzuwickeln ist. Ich habe Ihre Daten. Ich melde mich spätestens Montagmittag mit einer tollen Lösung. Heute erreiche ich keinen mehr.« »Ey super, danke vielmal und schöne Wochenende.« »Bis Montag.« Ganz großes Kino! Jetzt muss ich noch mit dem Geldwäschebeauftragten von der Bank sprechen und alles per E-Mail protokollieren und weiterleiten. So eine Scheiße. Also doch wieder nicht früher frei. Während ich versuchte, den Geldwäschefuzzi zu erreichen, schossen mir einige Gedanken durch den Kopf. Und das alles wegen so einem Arsch, der mit irgendwelchen krummen Geschäften richtig absahnt. Selbst wenn wir das an die Polizei weiterleiten, wird es im Sande verlaufen. Der wird alles leugnen. Die Gespräche werden hier nicht aufgezeichnet. Aussage gegen Aussage. Wenn das vor Gericht geht, zieht er den »Mein-Name-ist-Hase-Joker« und ich bekomme dann noch einen auf den Deckel. Es klingelte immer noch. Na ja, Freitag 14 Uhr. Die waren schon alle im Garten und grillten. Faules Pack überall. Ich glaubte, ich war der Letzte in dem ganzen Laden. Also legte ich auf. Ich bin doch nicht bescheuert und werde mir das Wochenende versauen wegen so eines Autoschiebers oder Drogenhändlers, oder was weiß ich womit der so verdammt viel Kohle gemacht hat. Nein, nicht wegen so eines Rotzlöffels ... der könnte mein Sohn sein. Als mir das alles durch den Kopf ging und ich versuchte, mich zu beruhigen, klingelte mein Telefon erneut. Der Geldwäschebeauftragte war wohl doch noch im Büro und hatte meine Durchwahl gesehen. Verdammt, was sage ich dem jetzt? Ich will nach Hause. »Hallo Herr Gassner, was kann ich für Sie tun?« »Hallo Herr Weiland, das wollte ich Sie fragen, Sie haben doch gerade bei mir angerufen.« »Nein, ich wollte zur Kredit-Sachbearbeitung wegen einer Grundschuld, da hab ich mich wohl verwählt.« »Sie müssten doch eigentlich wissen, dass die sich freitags pünktlich um 13 Uhr auf den Weg ins Wochenende machen. Wir sind wahrscheinlich die beiden Letzten in dem ganzen Laden hier.« »Da könnten Sie recht haben. Schönes Wochenende wünsche ich Ihnen.« »Ihnen auch, danke und bis bald.« »Tschüss.« Na ja, da hatte ich mich wohl geirrt, was seine Arbeitsmoral anging. Verdammt noch mal, was mach ich jetzt mit dem Verbrecher? Ich will nach Hause, muss das aber eigentlich melden, damit die ihren Bürokratie-Mist ins Rollen bringen können. Was allerdings nichts bringen wird, weil er sowieso keine Strafe bekommen oder irgendwie zur Rechenschaft gezogen wird. Nun gut, dann schau ich mir den Heini mal an. Wenn man sich zehn Jahre lang fast jeden Tag endlos viele Konten angeschaut hatte, konnte man irgendwann Konten lesen. Getreu dem Motto: Zeig mir deinen Kontoauszug und ich sag dir, wer du bist. Bisher war ich der Typ Mensch, der sich immer an Gesetze gehalten hatte. Mal abgesehen von der Geschichte mit Pamela Anderson beziehungsweise mit den Postern, die damals an den Haltestellen ... ihr wisst, was ich meine. Ich kann doch nicht zulassen, dass ein äußerst dämlicher Krimineller, die Kohle behält und wahrscheinlich irgendwann für noch mehr kriminelle Sachen ausgeben wird. Der kann eh nicht mit Geld umgehen, so wie der mit dem Arbeitslosengeld ... ich glaube es ja nicht ... da steht wirklich in seinen Umsätzen, dass er von der Stütze lebt. Der will mich wohl verarschen. »Nix da Kollege, die Tour vermassele ich dir«, flüsterte ich leise vor mich hin. Ich wusste zwar noch nicht wie, aber das würde schon werden, so dämlich, wie der war. Scheiß auf den freien Nachmittag. Den werde ich zu meiner Weihnachtsgans machen. Aber dafür brauche ich noch ein paar Informationen, die nicht im Konto stehen. Ich griff zum Hörer und wählte seine Nummer. »Ja, Weiland hier noch mal von der Magellan-Bank. Ich brauche da noch ein paar Informationen bezüglich der Geldanlage. Haben Sie gerade noch mal zwei Minuten Zeit?« »Ah gut, wenn es geht um Geld, muss man sich die Zeit nehmen. Was willst du wissen?« »Prima, danke. Ich habe meinen Kumpel vorhin noch erreicht und er hat mir gesagt, dass er das mit dem Bargeld nur noch macht, wenn Sie das Geld in großen Scheinen haben.« »Ne, ne, ne, alles in 500er. So eine kleine Zettel nehme ich nicht. Auto-Verkauf in Osten muss gehen schnell. Da hat man nicht viel Zeit für Zählen.« »Hi, hi, das glaube ich. Außerdem passt das nicht alles in ein Schließfach oder in einen Safe.« »Schließfach bei deiner Bank sind alle vermietet und anderes Bank will haben 100 Euro im Jahr. Alles Halsschneider« Da hatte man wieder das typische Beispiel für einen Geizhals. Nur, dass dieser Geizhals viel dämlicher war als die anderen. »Bei so viel Geld muss man vorsichtig sein. Haben Sie das Geld auf Falschgeld überprüft?« »Natürlich, ich bin doch nicht blöd. Kann man in Osteuropa nicht trauen Verkäufer, aber auch nicht Käufer. Ich mir gekauft so Geldlampe mit schwarzes Licht für testen.« »Okay, wie sieht das mit der Verfügbarkeit aus?« »Was meinst du?« »Wenn das Geld angelegt wird, kann es sein, dass es sechs bis acht Wochen dauern kann, bis Sie das wieder bekommen ... eventuell gibt es auch eine sechsmonatige Kündigungsfrist. Kommt ganz auf die Risikobereitschaft an.« »Halbes Jahr warten bis Geld kommt zurück? Nein, nix sowas. Am besten auf so Tagesgeld. Habe ich gesehen im Internet mit 2,5%, war aber andere Bank nicht deine.« »Ja, bei einer Online-Bank, die seit zwei Monaten am Markt ist und außerdem, wie sollen die 500 Euro-Scheine dahin kommen? Per E-Mail einzahlen? Das wird schwierig bei Ihnen. Ich mach mir da mal Gedanken am Wochenende.« »Ja, lass dir Zeit, gute Dinge brauchen Zeit. Ruf mich an einfach nächste Woche.« »Alles klar, ich melde mich. Schönes Wochenende.« »Schönes Wochenende für dich. Ach und wenn du brauchst Auto, ich kann dir besorgen alle Marken.« Klick. Ich schaute mich um und sah ... nix ... niemanden. Alles leer, ein Großraumbüro nur für mich. Gut, dass das Gespräch keiner mitbekommen hatte. Das hätte mich den Job gekostet. Ich musste zwar ab und zu bei manchen Kunden die Wahrheit ein bisschen, sagen wir mal, dehnen. Dem konnte ich echt einen vom Pferd erzählen. Ich hatte schon irgendwie ein schlechtes Gewissen. Aber mal im Ernst, der schrie doch danach, dass man ihm sein Geld wieder abnahm. So, jetzt wurde es aber Zeit. Schnell noch alle Daten von dem Heini vom Bildschirm abfotografieren und dann ab nach Hause. Warum ich den Kram nicht einfach ausgedruckt habe? Hier wird jede Eingabe und jeder Klick gespeichert und protokolliert. Habt ihr schon mal einen Einbrecher ohne Handschuhe gesehen? Dann aber schnell die Kleine von der Schule abholen. Normalerweise hatte ich freitags immer rund zwei Stunden Puffer, bevor ich Kim von der Nachmittagsbetreuung abholte, aber dieses Mal war keine Zeit mehr für Einkäufe und Besorgungen. Ich musste mich echt beeilen. Eigentlich war sie mit neun...