Koch / Reuschenbach | Konzerte für Menschen mit Demenz | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 157 Seiten

Koch / Reuschenbach Konzerte für Menschen mit Demenz

Grundlagen, Durchführung, Erfahrungen
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-17-038850-5
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Grundlagen, Durchführung, Erfahrungen

E-Book, Deutsch, 157 Seiten

ISBN: 978-3-17-038850-5
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Music can be a way of reaching people with dementia in their own experiential worlds. In particular, professionally arranged concert formats specifically intended for this target group and their relatives provide many options for connecting with people=s lives and experiences and make it possible for them to take part in social and cultural events. Programs of this type are now being presented by opera houses, concert promoters and churches, for example. This edited collection of essays discusses dementia concerts from the point of view of music geragogy (education for older adults) and, in addition to presenting the theoretical foundations, offers practical examples from various musical event settings to provide readers with suggestions for initiating this type of concert themselves.

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2          Durchführung
      2.1       Konzertformate für Menschen mit Demenz und deren Angehörige
Kai Koch & Bernd Reuschenbach
In diesem Kapitel soll der Fokus auf die konkrete Umsetzung von Konzertformaten für Menschen mit Demenz liegen. Dafür werden die bisherigen publizierten Berichte, Dokumentationen und Buchbeiträge aufgegriffen (z. B. Nebauer 2013; von Leliwa 2019) und mit den theoretischen Grundlagen des ersten Kapitels sowie den im dritten Kapitel beschriebenen Praxiserfahrungen kombiniert. Zunächst ist allerdings ein Blick in die noch recht junge Geschichte von Demenzkonzerten sinnvoll, ebenso wie die Formulierung der Ziele solcher Angebote. Der Blick ist dabei primär auf die institutionellen Angebote, z. B. von Konzerthäusern oder Musikschaffenden, gerichtet. Viele konzeptionelle Planungsaspekte lassen sich jedoch auch auf freie Formate oder Angebote bzw. in Alteneinrichtungen übertragen, wobei dort die Rahmenbedingungen noch viel individueller sind und sich kaum in eine Handreichung wie diese integrieren lassen. Dennoch sind Inhalte dieses Kapitels auch für diese Formate von Bedeutung, z. B. Barrierefreiheit, Konzertvermittlung oder Programmgestaltung. 2.1.1     (Vor-)Geschichte – Pilot-Projekt »Auf Flügeln der Musik«
Ausgangspunkt Das Pilot-Projekt »Auf Flügeln der Musik« im Jahr 2012 war nicht nur ein innovativer Ansatz, sondern zugleich eine wichtige Botschaft, dass auch der kulturelle Sektor auf den demografischen Wandel und die steigende Zahl von Menschen mit Demenz reagieren muss. Durch inklusive Konzertformate sollte es den Betroffenen (und deren Angehörigen) ermöglicht werden, ohne Ängste und Hemmungen an Kultur und musikalischen Angeboten teilnehmen zu können und kulturelle Teilhabe zu erleben (vgl. Nebauer 2013). Im Vergleich zu Museen mit speziellen Führungen für Menschen mit Demenz hatte der Konzertbereich mit Blick auf inklusive Formate für diese Zielgruppe bis dahin »noch erheblichen Nachholbedarf« (Nebauer 2012, S. 3). »Das Pilot-Projekt ›Auf Flügeln der Musik‹ setzte sich zum Ziel, öffentliche Institutionen wie Konzertsäle oder Musiktheater als Kulturräume für Menschen mit Demenz zu entdecken und zu öffnen.« (von Leliwa 2019, S. 189) Projektförderung Initiiert und durchgeführt wurde das Projekt vom Institut für Kulturelle Bildung und Kultur Remscheid e. V. (IBK) im Jahr 2012, das vom Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, dem Kuratorium Deutsche Altershilfe Köln sowie vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW gefördert wurde (vgl. von Leliwa 2019). Nach dem Projektstart im Mai 2012 wurden durch die Zusammenarbeit von Musikvermittlung und Konzertpädagogik »mit Institutionen wie den Duisburger Philharmonikern, dem WDR Sinfonieorchester Köln, dem Gürzenich-Orchester Köln, der Deutschen Kammerakademie Neuss am Rhein und der Historischen Stadthalle Wuppertal Konzert- und Rahmenprogramme konzipiert, praktisch erprobt und evaluiert« (von Leliwa 2014, S. 40). BKM-Preis 2014 Das Projekt wurde 2014 von der Kulturstaatsministerin Monika Grütters, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, mit dem mit 20.000 Euro dotierten BKM-Preis für kulturelle Bildung ausgezeichnet. In der Laudatio sagte Gütters: »Die diesjährigen Nominierungen zeigen eindrucksvoll eine Vielfalt an Projekten, die ganz eigene Erfahrungen mit Kultur ermöglichen, die bei Menschen jeden Alters Neugier auf Kultur wecken und die auch solche ›beflügeln‹, die sonst kaum zu erreichen sind.«12 Dokumentation und Publikationen auf Basis des Pilot-Projekts Durch Publikationen, Öffentlichkeitsarbeit, viele Weiterbildungsangebote und Netzwerkarbeit gibt es mittlerweile erfreulicherweise immer mehr an der Thematik interessierte Einrichtungen, Musikschaffende und -institutionen, die Konzertformate für Menschen mit Demenz (und ihre Angehörigen) anbieten. Einige repräsentative oder auch in der konzeptionellen und stilistischen Vielfalt besondere Beispiele finden sich im dritten Teil dieser Publikation ( Kap. 3). Dabei werden die Weiterentwicklung des Pilot-Projekts »Auf Flügeln der Musik« dokumentiert und ein Fundus an Ideen zur Verfügung gestellt, der zum Nachahmen motiviert. 2.1.2     Ziele inklusiver Konzertformate für Menschen mit Demenz
Spektrum erweitern und Teilhabe ermöglichen In erster Linie sollen Konzertformate das musikalische Angebotsspektrum für Menschen mit Demenz erweitern und somit neben musiktherapeutischen Interventionen oder anderen musikgeragogischen Angeboten einen Beitrag zum Wohlbefinden und zur Aktivierung der Besucherinnen und Besucher leisten (vgl. von Leliwa 2019). Zudem können musikalische Angebote kulturelle und soziale Teilhabe ermöglichen und nicht nur für die Menschen mit Demenz, sondern »auch [für] die Angehörigen im oft anstrengenden Pflegealltag eine willkommene Abwechslung bedeuten« (Wolf 2019, S. 198): »Musikvermittlung für Menschen mit Demenz will die Räume für ästhetische Erfahrungen erweitern, indem Bezüge zwischen Musik und Besucher hergestellt werden. Es geht hierbei nicht um das Vermitteln von kognitiven Inhalten. Vielmehr werden ein Rahmen und eine Atmosphäre geschaffen, die stimulierend wirken und einen Austausch über das Musikerlebnis oder andere damit assoziierte Gedanken oder Erinnerungen erleichtern. Gelegenheiten, sich dem Einzelnen aufmerksam zuzuwenden, werden genutzt und Impulse der Teilnehmenden aufgegriffen.« (Nebauer 2013, S. 8)   »Für uns war klar, dass kulturelle Teilhabe für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen vor allem ohne Hektik und Stress möglich sein sollte. Sie sollte an sinnliches Erleben anknüpfen, damit tief verankerte Emotionen wieder erfahrbar gemacht, Erinnerungen aufgegriffen und gewürdigt werden können. Denn letztlich geht es darum, gemeinsam etwas Schönes zu erleben.« (Schmauck-Langer 2012, S. 20) Kulturauftrag und Inklusion Ein ebenso wichtiges Ziel ist sicherlich auch die Erfüllung des politischen Kulturauftrags zur Öffnung öffentlicher Institutionen wie Konzertsälen oder Musiktheater als Kulturräume (vgl. von Leliwa 2019), um einen weiten Inklusionsbegriff auch im Konzertwesen umzusetzen; gerade auch, weil die sogenannte Hochkultur häufig unter Rechtfertigungsdruck steht und eine Diversifizierung des Konzertangebots dem entgegenwirken kann. Es ist wichtig, »auch die rezeptive Teilhabe an Musik […] in einem inklusiven Verständnis sicherzustellen.« (Wickel & Hartogh 2019, S. 11) »Ziel muss das inklusive Konzert sein. Konzerte für Menschen mit Demenz stellen auf diese Weise prinzipielle Fragen an das moderne Konzertleben und an ein – immer noch – bürgerliches Musikritual.« (von Leliwa 2019, S. 193) Erweiterung des Angebots, Gewinn für die Institutionen Nicht nur die Veränderung des Konzertlebens mit Blick auf die zu inkludierende Zielgruppen, sondern auch die feste Etablierung solcher Formate und die Ausweitung des Angebotsspektrums sind wichtig. Dazu können sowohl Publikationen, eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit und modellhafte Konzerte beitragen. Jedes scheinbar noch so kleine Konzertformat für Menschen mit Demenz kann als positives Beispiel einen Beitrag zu einem »inklusiven, normalen Konzertleben« leisten. Solche Konzertformate sind nicht nur für die Rezipientinnen und Rezipienten, sondern auch für die Musikinstitutionen und -schaffenden selbst gewinnbringen. Sie können fest im Angebotsspektrum verankert werden und sich jenseits von spezifischen Projektförderungen in Institutionen etablieren (vgl. von Leliwa 2019). Publikumsentwicklung, neue Zielgruppen Für die Institutionen sind Konzerte für Menschen mit Demenz mit Blick auf die Publikumsentwicklung und die »Kundenbindung« ein lohnender Schritt, weil neben der Akquise eines jungen Konzertpublikums langfristig auch die Zielgruppe älterer Menschen – und eben auch die mit demenziellen Veränderungen – ihren Platz im Konzertwesen finden bzw. behalten kann. Durch Konzertformate für Menschen mit Demenz können auch Familien und Angehörige bzw. Alteneinrichtungen erreicht werden und den »Kundenkreis« eines Konzerthauses erweitern. Der Blick auf die »Allgemeinheit« gehört...


Prof. Kai Koch, Chair of Music Education at the University of Vechta. Prof. Bernd Reuschenbach, Chair of Gerontological Care Studies and Quality Management at the Katholische Stiftungshochschule (KSH) University of Applied Sciences in Munich.



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