E-Book, Deutsch, 253 Seiten, Format (B × H): 150 mm x 215 mm
Koch Corporate Governance case by case
3., aktualisierte und erweiterte Auflage 2022
ISBN: 978-3-8005-9554-9
Verlag: Fachmedien Recht und Wirtschaft in Deutscher Fachverlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 253 Seiten, Format (B × H): 150 mm x 215 mm
Reihe: Betriebs-Berater Studium - BWL case by case
ISBN: 978-3-8005-9554-9
Verlag: Fachmedien Recht und Wirtschaft in Deutscher Fachverlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dieses Buch behandelt in 14 Fällen wesentliche Aspekte der Corporate Governance deutscher Unternehmen. Inhalte sind der Deutsche Corporate Governance Kodex, die Anforderungen an die Unternehmensleitung, die Anreize und die Vergütung des Vorstands, die Funktion und die Struktur des Aufsichtsrats, die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder, die Rolle der Hauptversammlung, der Einfluss institutioneller Investoren und der Aktionärsaktivismus.
Das Buch berücksichtigt die Interdisziplinarität der Corporate Governance. Ausgangspunkt sind die gesellschaftsrechtlichen Regelungen zu den Rechten und Pflichten der Unternehmensorgane. Im Vordergrund steht aber die ökonomische Analyse dieser Regelungen.
Der Titel in Kürze:
- Grundlagen der Corporate Governance
- Interdisziplinarität der Corporate Governance
- Entwicklungen auf dem Gebiet der Corporate Governance
- Einflussnahme durch den Aufsichtsrat und die Aktionäre
Zielgruppe
Geeignet für Studierende der Wirtschaftswissenschaften in Bachelor- und Masterstudiengängen sowie zur Vorbereitung auf Berufsexamina und für Praktiker mit Bezug zum Bereich der Corporate Governance
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Fall 1: Corporate Governance und Prinzipal-Agenten-Theorie
Sachverhalt: Die M-AG ist ein börsennotiertes Unternehmen, das in der Automobilbranche tätig ist. Die M-AG hat einen Vorstand und einen Aufsichtsrat eingerichtet. Langjähriger Großaktionär der M-AG ist eine Familie, die aktuell zu 20 % an dem Unternehmen beteiligt ist. Die restlichen 80 % der Aktien sind als Streubesitz auf eine Vielzahl von Aktionären verteilt. Der Vorstand der M-AG hat in der Vergangenheit größere Summen in den Aufbau eines zusätzlichen Produktionsstandorts investiert. Da die Nachfrage jedoch geringer ist als erwartet, ist die neue Fabrik nicht ausgelastet, sodass auf absehbare Zeit Verluste anfallen. Der Vorstand der M-AG überlegt nun, eine Expansion in neue Geschäftsfelder vorzunehmen. So sind Investitionen in neue Antriebstechnologien geplant. Ergänzend hierzu soll auch ein im Bereich der erneuerbaren Energien tätiges Unternehmen übernommen werden. Im nächsten Jahr steht die Entscheidung über die Wiederbestellung der Vorstandsmitglieder an. In diesem Zusammenhang ist auch die Vergütung des Vorstands zu überprüfen. Aufgabenstellung: – Inwieweit besteht zwischen den Aktionären und dem Vorstand der M-AG eine Prinzipal-Agenten-Beziehung?
– Erläutern Sie die Probleme des Moral Hazard und der adversen Selektion, die sich aus der Rolle des Vorstands der M-AG als Agent ergeben können!
– Wer könnte bei der M-AG die Rolle des Prinzipals einnehmen?
– Wie lässt sich Corporate Governance definieren, und welche Implikationen ergeben sich hieraus für die M-AG?
I. Prinzipal-Agenten-Beziehungen in Kapitalgesellschaften
1. Charakteristika von Prinzipal-Agenten-Beziehungen Eine Prinzipal-Agenten-Beziehung entsteht, wenn ein Akteur (Prinzipal) einem anderen Akteur (Agent) eine Aufgabe überträgt und diesem bei der Erfüllung der Aufgabe Entscheidungskompetenz einräumt.1 Der Vorteil der Aufgabenübertragung besteht darin, dass der Prinzipal nicht selbst Fachkenntnisse aufweisen muss, sondern für jede Aufgabe auf spezialisierte Agenten zurückgreifen kann. So kann ein Patient einen Arzt mit Diagnose und Behandlung oder ein Autobesitzer eine Werkstatt mit Inspektion und Reparatur beauftragen. Eine solche Aufgabenübertragung erfordert vom Prinzipal ein gewisses Vertrauen in den Agenten. So muss der Prinzipal dem Agenten glauben, dass dieser die übertragene Aufgabe ernst nimmt und im Interesse des Prinzipals erledigt. Anstelle von Vertrauen könnte der Prinzipal versuchen, seine Erwartungen an den Agenten in einem Vertrag genau zu spezifizieren und vorzuschreiben. Allerdings wird eine detaillierte Vorgabe des erwarteten Verhaltens schnell sehr aufwändig. Zudem würde eine genaue Vertragsspezifikation Fachkenntnisse des Prinzipals erfordern, die dieser nicht unbedingt besitzt. Auch könnten zu genaue Vorgaben den Agenten in seiner Handlungsfreiheit einschränken und zur Folge haben, dass dieser seine Expertise nicht voll einsetzen kann. Aus diesen Gründen sind detaillierte vertragliche Vorgaben nur begrenzt möglich und oft auch nicht sinnvoll. 2. Anwendung auf den Fall: Prinzipal-Agenten-Beziehung bei der M-AG Die M-AG ist eine Kapitalgesellschaft in Form einer Aktiengesellschaft. Grundlegendes Merkmal von Kapitalgesellschaften ist die Trennung von Kapitalaufbringung und Unternehmensleitung. Bei einer Aktiengesellschaft leisten die Aktionäre die Kapitaleinlage, während der Vorstand für die Unternehmensleitung verantwortlich ist. Zu prüfen ist, ob sich das Verhältnis dieser Gruppen als Prinzipal-Agenten-Beziehung charakterisieren lässt. Die Aktionäre stellen dem Unternehmen ihre Mittel zur Verfügung und übergeben die Entscheidungskompetenz über diese Mittel an den Vorstand. Der Vorstand hat das Unternehmen eigenverantwortlich zu leiten und unterliegt in unternehmerischen Entscheidungen nur in geringem Umfang vertraglichen oder gesetzlichen Grenzen.2 Aus der Übertragung der Aufgabe der Unternehmensleitung lässt sich somit ableiten, dass die Aktionäre der M-AG die Rolle eines Prinzipals einnehmen und der Vorstand die Rolle eines Agenten übernimmt, mithin eine Prinzipal-Agenten-Beziehung vorliegt. Vorteil dieser Konstruktion ist die Nutzung von Spezialisierungsvorteilen. Aktionären der M-AG wird es ermöglicht, freie Mittel für unternehmerische Zwecke zu verwenden, ohne selbst unternehmerisch tätig sein zu müssen. Zudem eröffnet dies die Möglichkeit, das Vermögen durch die Beteiligung an einer Vielzahl von Unternehmen breit zu diversifizieren. Außerdem wird es für Vorstände möglich, unternehmerisch tätig zu sein, ohne selbst die hierfür benötigten finanziellen Mittel aufbringen zu müssen. Da somit persönliches Vermögen kein erforderliches Kriterium für die Auswahl von Vorständen darstellt, erweitert sich der Pool möglicher Vorstandsmitglieder für Kapitalgesellschaften wie die M-AG. Abbildung 1: Beziehungen zwischen Aktionär und Vorstand Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften kennzeichnet Personengesellschaften das Zusammenfallen von Kapitalaufbringung und Unternehmensleitung. Der Personenkreis der Agenten und Prinzipale ist somit identisch, weshalb sich einerseits nicht die oben skizzierte Prinzipal-Agenten-Beziehung mit den damit verbundenen Spezialisierungsvorteilen, andererseits aber auch nicht die nachfolgend dargestellten Nachteile ergeben. II. Rolle des Agenten
1. Adverse Selektion a) Grundproblem und Lösungen Zum Entstehen einer Prinzipal-Agenten-Beziehung ist zunächst vor Vertragsabschluss die Auswahl eines geeigneten Agenten durch den Prinzipal erforderlich. Informationsasymmetrien und Interessenkonflikte zwischen dem Prinzipal und dem Agenten können diese Auswahl allerdings erschweren oder sogar unmöglich machen. So kann es bei der Auswahl des geeigneten Agenten durch den Prinzipal zu dem Problem der adversen Selektion kommen.3 Informationsasymmetrien bei der Auswahl ergeben sich hinsichtlich der Eigenschaften des Agenten. Während der Agent seine Eigenschaften und somit seine Eignung für die Aufgabe meist gut einschätzen kann, kann der Prinzipal die Eigenschaften des Agenten nur sehr eingeschränkt beurteilen. Diese Informationsasymmetrien könnten verringert werden, wenn der Agent bereit wäre, seine Eigenschaften wahrheitsgemäß und umfänglich dem Prinzipal offenzulegen. Aufgrund von Interessenkonflikten kann der Agent allerdings Anreize haben, seine Eigenschaften nicht wahrheitsgemäß offenzulegen. Interessenkonflikte können bestehen, wenn sich die Nutzenfunktion des Agenten und Prinzipals unterscheiden. Die Nutzenfunktion des Prinzipals wird von der Eignung des Agenten abhängen. Die Nutzenfunktion des Agenten wird hingegen unabhängig von seiner Eignung maßgeblich von der Entlohnung abhängen. Daher ergeben sich für den Agenten Anreize, sich als optimalen Agenten zu präsentieren und nachteilige Eigenschaften zu verschweigen. Aufgrund der bestehenden Informationsasymmetrien wird der Prinzipal vor Vertragsabschluss nicht den optimalen Agenten identifizieren können. Das Risiko, einen nicht optimalen Agenten auszuwählen, wird der Prinzipal antizipieren und das Vergütungsangebot für die Agenten entsprechend reduzieren. Allerdings könnte dies zur Folge haben, dass dadurch sehr gute Agenten mit hohen Entlohnungsansprüchen nicht mehr zur Übernahme der Aufgabe bereit sind. Der Marktausstieg der besten Agenten und die Reduktion der Vergütung werden sich weiter fortsetzen, bis nur noch die schlechtesten Agenten im Markt verbleiben und der Prinzipal nur noch bereit ist, eine entsprechend geringe Vergütung anzubieten. Die Folge ist somit eine adverse Selektion der schlechtesten Agenten. Dieses Ergebnis hat Akerlof in seinem grundlegenden Beitrag für den Gebrauchtwagenmarkt beschrieben, auf dem aufgrund der Unsicherheit über die Qualität angebotener Autos ein Gleichgewicht entstehen kann, bei dem nur noch Autos mit sehr schlechter Qualität gehandelt werden (market for lemons).4 Als einfaches Beispiel für adverse Selektion sei angenommen, dass ein Prinzipal die Auswahl zwischen zwei Agenten A und B hat. Bei einer Beauftragung von A würde der Prinzipal aus dem Projekt einen Bruttonutzen von 400, bei der Beauftragung von B einen Bruttonutzen von 200 erzielen. A verlangt eine Mindestvergütung (Reservationslohn) von 350, B eine von 200. Ohne Informationsasymmetrien würde der Prinzipal A auswählen, und es würde ein Nettonutzen von 50 (400 – 350) entstehen, der zwischen dem Agent und Prinzipal aufgeteilt werden könnte. Bestehen nun Informationsasymmetrien, können sich beide Agenten als Kandidat A ausgeben. Der Prinzipal könnte nicht mehr den besten Agenten identifizieren und wäre zu einer zufälligen Auswahl gezwungen. Sein erwarteter Bruttonutzen und damit seine maximale Zahlungsbereitschaft würde daher nur 300 = 400×0,5 + 200×0,5 betragen. Allerdings wird als Folge hiervon Kandidat A aus dem Markt aussteigen und sich bspw. selbstständig machen. Dies sollte der Prinzipal antizipieren und somit nur noch eine Bewerbung von B erwarten. Entsprechend sinken die Zahlungsbereitschaft des Prinzipals weiter auf 200 und der Nettonutzen auf 0 = 200 – 200. Der Rückgang des Nettonutzens um 50 reflektiert Agency-Kosten. Lösungen...