E-Book, Deutsch, 224 Seiten
Knoll Die kürzeste Geschichte der Erde
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7453-2123-4
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Geheimnis unserer Welt vom Big Bang bis in die Gegenwart einfach erklärt. Das perfekte Geschenk für Einsteiger und Geografie-Nerds
E-Book, Deutsch, 224 Seiten
ISBN: 978-3-7453-2123-4
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
4 Milliarden Jahre in 8 Kapiteln Wie gut kennen Sie den Boden unter Ihren Füßen? Es ist gut möglich, dass die Erde, auf der Sie stehen, einst aus einem brodelnden Lavameer oder gewaltigen Eisdecken bestand, dass Meteoriteneinschläge sie erschütterten oder giftige Gase sie erstickten. In über vier Milliarden Jahren hat unsere Erde als Schauplatz faszinierender Naturgewalten so einiges erlebt - der renommierte Geowissenschaftler und Harvard-Professor Andrew H. Knoll unternimmt nun den waghalsigen Versuch, ihre wahrlich epische Geschichte in der denkbar kürzesten Form zu erzählen. Die Naturgeschichte unseres Planeten und der Organismen, die ihn zu allen Zeiten bevölkerten, nimmt unter Knolls überaus gelehrter Feder die Form eines spektakulären und unterhaltsamen Thrillers an. Gleichsam liegt nun erstmals eine zeitgemäße Biografie von Mutter Erde vor, die auf rigorose Weise Mut zur kundigen Lücke erweist - und zudem für ein tieferes Verständnis des gegenwärtigen Klimawandels sorgen wird.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1
Chemie
Wie man einen Planeten macht
Am Anfang war … nun ja … ein Punkt, ein Fleck, unglaublich klein, aber auch unglaublich dicht. Es war keine konzentrierte Masse in der unendlichen Weite des Universums. Es war das Universum. Wie es dorthin gekommen ist, weiß keiner. Was zuvor kam, wenn es da überhaupt je etwas gegeben hat, ist ebenso mysteriös, aber vor ungefähr 13,8 Milliarden Jahren begann sich dieser anfängliche Kern des Universums schnell auszudehnen – es kam zu einem »Urknall«, der eine ungeheure Welle von Energie und Materie nach außen verströmte. Es waren nicht die Steine und Mineralien, die wir in unserem Leben kennen, nicht einmal die Atome, aus denen Steine, Luft und Wasser zusammengesetzt sind. Am Beginn des Universums bestand Materie aus Quarks, Leptonen und Gluonen, einer seltsamen Mischung von subatomaren Partikeln, die sich schließlich zu Atomen zusammenschließen sollten. Unser Verständnis des Universums und seiner Geschichte stammt hauptsächlich aus der flüchtigsten aller Quellen: dem Licht. Die Leuchtpünktchen am Himmel, die den Nachthimmel bilden, scheinen als Geschichtsbücher ungeeignet, aber zwei Eigenschaften des Lichts können uns helfen, zu verstehen, wie das Universum entstanden ist. Zum einen deutet die Intensität der verschiedenen Wellenlängen bei der ankommenden Strahlung auf die Zusammensetzung der Lichtquelle hin. Unsere Augen können nur einen kleinen Bereich der Wellenlängen erfassen, doch Sterne und andere Himmelskörper verbreiten oder absorbieren ein breites Spektrum an Strahlung, von Funk- und Mikrowellen bis zu Röntgen- und Gammastrahlen, von denen jede eine Geschichte zu erzählen hat. Und was noch wichtiger ist: Für das Licht gilt eine strikte Geschwindigkeitsbeschränkung: 299 792 458 Meter pro Sekunde oder 1 079 252 849 Stundenkilometer. Sonnenlicht wird acht Minuten und zwanzig Sekunden bevor wir es sehen, ausgestrahlt, und von Sternen und weiter entfernten Himmelskörpern ging das Licht, das wir hier aufzeichnen, noch viel früher aus – sehr viel früher bei den entferntesten Objekten. Das macht unseren Sternenhimmel zu einem himmlischen Geschichtsbuch. Gleichmäßig über den Himmel verteilte Mikrowellen sprechen vom Urknall und seinen direkten Folgen. Die Strahlung der ersten Generation von Sternen, die sich ein paar Hunderttausend Jahre nach Beginn der Zeit bildeten, erreicht uns gerade erst. Wie entstanden diese ersten Sterne? Es hat alles mit der Schwerkraft zu tun, der Architektin des Universums. Die Schwerkraft beschreibt die Anziehungskraft zwischen unterschiedlichen Objekten, wobei die Stärke der Anziehung von der Masse der Objekte und ihrer Entfernung voneinander abhängt. Als sich in der ersten frühen Ausdehnungsphase des Universums Atome bildeten, wurden sie durch die Schwerkraft zueinandergezogen. Kleine Ansammlungen wuchsen und verstärkten die Anziehungskraft. Gelegentlich fielen sie in kleine, heiße, dichte Bälle zusammen, so heiß und so dicht, dass Wasserstoffkerne verschmolzen und Helium bildeten, das Licht und Hitze ausstrahlte. Wenn das passiert, entsteht ein Stern. Diese anfänglichen Sterne waren groß, heiß und kurzlebig, aber sie setzten den Kurs für alles, was später kam, einschließlich uns. Die vom Urknall generierte Masse bestand hauptsächlich aus Wasserstoffatomen, dem einfachsten Element, sowie etwas Deuterium (Wasserstoff mit einem zusätzlichen Neutron) und Helium. Auch ein winziges bisschen Lithium entstand sowie kleinere Mengen anderer leichter Elemente. Aber sonst gab es nicht viel. Ehrlich gesagt gab es doch noch etwas, aber wir wissen nicht genau, was das ist. In den 1950er-Jahren begannen Astronomen die Bewegungen von Sternen und Galaxien (Ansammlungen von Sternen, Gas und Staub, die wiederum durch die Schwerkraft zusammengehalten werden) zu nutzen, um die Massenanziehungskraft im fernen Weltraum zu berechnen. Doch als sie die Masse aller bekannten Objekte am Himmel zusammengezählt hatten, stellten sie fest, dass die Summe nicht mit ihren Beobachtungen übereinstimmte. Es musste da draußen noch etwas geben, etwas, das mit normaler Materie durch Schwerkraft interagiert, aber nicht mit Licht. Die Astronomen nannten es Dunkle Materie. Sie vermuten zwar, was es sein könnte, aber niemand ist sich ganz sicher. Noch mysteriöser ist Dunkle Energie, die man ebenfalls für die Vorgänge im Universum für notwendig hält. Man glaubt, dass Dunkle Materie und Dunkle Energie gemeinsam etwa 95 Prozent all dessen ausmachen, was existiert, rätselhafte Komponenten, die wir nicht ausmachen können, die aber wohl einen entscheidenden Anteil an der Entstehung des Universums hatten. Wir haben noch viel zu lernen. Kehren wir zurück zur konventionellen Materie. Als das Zeitalter des Sternenlichts begann, war das Universum ein kalter, diffuser Cocktail aus (hauptsächlich) Wasserstoffatomen. Frühe Sterne erzeugten mehr Helium, aber es gab nichts, aus dem man die Erde hätte machen können (siehe Tabelle auf der nächsten Seite). Woher kamen das Eisen, das Silizium und der Sauerstoff, aus dem unser Planet zusammengesetzt ist? Und was ist mit Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor und anderen Elementen, aus denen unser Körper besteht? Diese und alle anderen Elemente stammen aus aufeinanderfolgenden Generationen von Sternen, den Geburtsstätten der Atome, die eines Tages unseren Planeten bilden sollten. Bei den hohen Temperaturen und dem Druck in großen Sternen verschmolzen die leichten Elemente zu Kohlenstoff, Sauerstoff, Silizium und Kalzium, während Eisen, Gold, Uran und andere schwere Elemente bei den gigantischen Sternenexplosionen entstanden, die man Supernova nennt. Das Gesicht, das man im Spiegel sieht, ist vielleicht nur ein paar Jahrzehnte alt, aber es besteht aus Elementen, die sich vor Milliarden von Jahren in alten Sternen bildeten. Im Laufe unendlich langer Zeit bildeten sich Sterne und starben wieder, und bei jedem Zyklus kamen neue Elemente zu dem Inventar hinzu, das heute die Erde und das Leben ausmacht. Galaxien verschmolzen, und schwarze Löcher (Gebiete von so hoher Dichte, dass kein Licht daraus hervorkommen kann) entstanden und bildeten langsam, aber sicher das Universum, wie wir es heute kennen. Die elementare Zusammensetzung der Erde und des Lebens
(in Prozent, nach Gewicht) Erde Eisen 33 Sauerstoff 31 Silizium 19 Magnesium 13 Nickel 1,9 Kalzium 0,9 Aluminium 0,9 Sonstiges 0,3 Zellen im menschlichen Körper Sauerstoff 65 Kohlenstoff 18 Wasserstoff 10 Stickstoff 3 Kalzium 1,5 Phosphor 1 Sonstiges 1,5 Wir beginnen mit unserer Geschichte vor etwa 4,6 Milliarden Jahren und konzentrieren uns auf eine bescheidene Wolke von Wasserstoffatomen mit einem kleinen Anteil von Gas, Eis und Mineralkörnchen in einem spiralförmigen Arm einer unscheinbaren Galaxie namens Milchstraße. Zuerst war die Wolke groß, diffus und kalt (richtig kalt, mit Temperaturen von -270 bis -250 Grad Celsius. Diese Wolke begann, wahrscheinlich infolge einer Supernova in der Nähe, in sich zusammenzufallen und sich zu einem weit kleineren und heißeren Nebel zu verdichten. Wie schon Milliarden Mal zuvor im Universum sammelte sich durch die Schwerkraft der größte Teil der Wolke in einer heißen, dichten, zentralen Masse – unserer Sonne. Der meiste Wasserstoff des Nebels sammelte sich in der Sonne, doch Eis und Mineralpartikel sonderten sich ab und rotierten als Scheibe um den jungen Stern, entfernt ähnlich wie die Ringe kleiner Partikel, die heute den Saturn umgeben (siehe Abbildung 1). Zunächst war diese Scheibe so heiß, dass die Mineralien und das Eis verdampften. Doch im Laufe von ein paar Millionen Jahren kühlte sie sich ab, am äußeren Rand schneller und näher an der Sonne langsamer. Aus unserer täglichen Erfahrung wissen wir, dass unterschiedliche Substanzen bei unterschiedlichen Temperaturen schmelzen oder kristallisieren. So wird Wasser zum Beispiel auf der Erdoberfläche bei 0 Grad Celsius zu Eis, während erst bei wesentlich tieferen Temperaturen (-78,5 Grad Celsius) aus Kohlendioxid Trockeneis wird. Auf dieselbe Weise kristallisieren auch die Mineralien im Gestein aus ihren flüssigen Vorläufern bei Temperaturen, die sich um bis zu 1000 Grad Celsius unterscheiden. Aus diesem Grund kristallisierten die...