E-Book, Deutsch, 148 Seiten
Reihe: Frieling - Romane
Nach dem Schauspiel „Cleopatra und Antonius“ von William Shakespeare
E-Book, Deutsch, 148 Seiten
Reihe: Frieling - Romane
ISBN: 978-3-8280-3817-2
Verlag: Frieling & Huffmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Harmonie zwischen den beiden Männern währt aber nur kurz. Die Alleingänge Octavius’ will Antonius nicht länger hinnehmen. Mit Cleopatra zieht er in den entschiedenen Kampf gegen Octavius. Doch Cleopatra flieht, als ersichtlich wird, dass die Seeschlacht bei Actium gegen Octavius’ Flotten nicht zu gewinnen ist. Sie lässt sich aus Scham ob des Verrates an dem Geliebten für tot erklären. Antonius verkraftet die Todesnachricht Cleopatras nicht und stürzt sich in sein Schwert …
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AKT I
ÄGYPTEN (ALEXANDRIA)
PHILO (zu DEMETRIUS): Dies Geschmachte unsres Feldherrn Schwillt über alles Maß: sein klares Auge, Das über Kriegsschlachtreihn und Heere stählern Wie Mars hinweggeblitzt hat sonst, das schaut, das schielt In demutsvollem Äugeldienst nur noch Aufs Stückchen braune Haut: sein Feldherrnherz, Das sonst im dicksten Schlachtgefühl die Spangen Ihm von der Brust gesprengt hat, leugnet ’s Naturell Und wurd zum Blasbalg und zum Fächer, ’ner Zigeunerin die Brust zu kühlen. … Gib nur Acht, wirst ihn als dritte Säule von Roms Weltenreich gleich umgewandelt sehn Zum Gimpel einer Hur: schau hin und sieh. (William Shakespeare, Antonius und Kleopatra, 1. Akt, 1. Szene) „Das geht überhaupt nicht mehr. Der Mann ruiniert uns alle mit seinen Eskapaden. Lümmelt sich mit dieser Schlange die ganze Nacht bis Mittag im Bett herum und kümmert sich nur noch ums Vergnügen. Wir sehen aus wie dumme Jungs und wissen nicht mehr aus noch ein.“ Obwohl er sich im Gefolge des Antonius befand, hatte Philo sich förmlich in Rage geredet, als er wieder einmal den Boten aus Rom vor die Tür setzen musste, der zu Antonius mit der Bitte um Rat und Hilfe gekommen war. „Marcus Antonius ist im Augenblick unpässlich, kommen Sie morgen wieder“, beschied er den Bittsteller, der sich in den letzten Tagen bereits dreimal im Palast von Alexandria gemeldet hatte, um auszurichten, in Rom brenne die Hütte, Antonius müsse umgehend kommen, um den Zugriff zur Macht vor seinen Rivalen schützen zu können. Man kannte den Feldherrn eigentlich ganz anders, wenn er sich seine innenpolitischen Gegner zur Brust nahm und entweder kurzen Prozess mit diesen machte oder ganze Heerscharen aufbot, um zu demonstrieren, wer Herr im Imperium Romanum war und wer sich unterzuordnen habe. Demetrius konnte seinem Freund Philo nur beipflichten, denn nicht erst seit kurzer Zeit waren sie im Sold und Dienste des großen Feldherrn. Schon seit Jahren standen sie an seiner Seite, wenn Antonius schlachterprobt alle Kraft daransetzte, sich gegen Pompeius, seine Feldherren und Freunde durchzusetzen. Gemeinsam mit seinen Kollegen Octavius und Lepidus hatten sie alles darangesetzt, die Mörder Cäsars und seiner Anhänger aufzuspüren. Der Dreimännerbund, das Triumvirat, war eigentlich nur eine Zweckgemeinschaft. Man hatte sich darauf verständigt, mit Hilfe der so genannten Proskriptionen, d. h. der geheimdienstlichen Spitzelagenten, all diejenigen zur Strecke zu bringen und zu töten, die als Sympathisanten oder Parteigänger der Cäsarmörder in Frage kamen. Das Verhältnis von Antonius zu Octavius war nicht ohne Spannungen, denn immer wieder wurde der Verdacht genährt, dass Letzterer das Bündnis nur aus taktischen Gründen eingegangen war, um sich bei passender Gelegenheit abzusetzen und seine eigene Karriere zu verfolgen. Lepidus, der die Truppen in Gallien kommandierte, wurde im Prinzip nicht ernst genommen und im Dreimännerbund nur als Platzhalter angesehen. Demetrius nahm die wütende Ansprache seines Freunds und Kollegen Philo beifällig zur Kenntnis: „Unser Chef hat ganz offensichtlich den Verstand verloren. Wenn er nur noch Zeit für sein Betthäschen hat, sollte er seine öffentlichen Ämter abgeben und sich ins Privatleben zurückziehen. Die bezeichnen sich als Triumvirat, sehen sich als rettende Hand im Bürgerkrieg und wollen das Reich retten. Die drei regieren die ganze Welt, doch der eine wurde eh nie ernst genommen. Dem Zweiten ist der Verstand inzwischen in die Hose gerutscht, und der Dritte spielt sich inzwischen auf zum großen Imperator mit wichtigtuerischen Staatsallüren.“ Philo hatte seine Augen und Ohren wieder einmal auf Empfang gestellt und hörte schon von weitem, dass die feine Gesellschaft um Cleopatra mit ihrem Hofstaat nahte. Drei Damen und ein Eunuch traten durch die große Palasttür in den Saal, Cleopatra folgte mit gebührendem Abstand, bis schließlich auch Antonius mit bemüht würdevollen Schritten die kleine Gesellschaft abschloss. Cleopatra trug ein grünes Kleid, das ihr rechtes Knie bedeckte, während das linke Knie frei blieb. Sie war eine zierliche Frau von etwa dreißig Jahren, von mittlerer Größe. Sie trug die dunkelhaarige Perücke der ägyptischen Göttin Isis mit einem prachtvollen Diadem. Die goldene Schlangenkette, Ohrringe und die goldenen Wickelstrumpfbänder verliehen ihr einen ungewöhnlich würdigen Glanz und bildeten im Rahmen ihrer Gefolgschaft ein beeindruckendes Bild. Durch ihre Bewegung und Mimik hinterließ sie eine Aura, mit der sie ihre Umgebung eindrucksvoll in den Bann ziehen konnte. In würdevollen Schritten betrat sie die Audienzhalle, in der sie von Philo und Demetrius ehrerbietig begrüßt wurde. Antonius nahm Haltung an, als er den Saal betrat, und grüßte anfangs ein wenig hilflos und unbeholfen die umstehenden Herrschaften. Er trug die rote Toga Picta, die mit Gold verziert war und raffinierte Stickereien in verschiedenen Farben aufwies. Zur Entlastung des offenkundigen Gewichts der schweren Toga trug Antonius das Kleidungsstück über seinem linken Arm. Der Faltenwurf verlieh ihm eine eindrucksvolle Würde, mit der er seine Unsicherheit gut ausgleichen konnte. An den Füßen trug er sandalenähnliche Stiefel, deren Gamaschen bis zu den Kniegelenken reichten. Er hatte keine Kopfbedeckung, sondern krause Haare, die kurz geschnitten waren. Sein Kinn war glattrasiert, Bartträger waren für ihn unkultivierte Barbaren, die keine Anstalten machten, sich der gepflegten Zivilisation der Römer anzupassen. An der rechten Wange zeigten sich noch die Narben einer Verletzung, die er sich im Kampf gegen die Mörder Cäsars zugezogen hatte. Die Mundwinkel blieben fest ohne erkennbare Bewegung. Sein Blick wirkte anfänglich unruhig, wurde aber schnell sicherer, als er die wohlwollende Reaktion der Umstehenden vernahm. Er richtete sich majestätisch auf und stellte mit Genugtuung fest, dass er von allen höflich und respektvoll gegrüßt wurde. Ähnlich wie Cleopatra verbreitete er einen wohltuenden Duft, der ihn umgab und bald große Teile des Raumes erfasste hatte. Taktvoll und diskret blickte er auf seine Partnerin, die er wie selbstverständlich aufwerten und in ihrer herausgehobenen Stellung demonstrativ unterstützen wollte. Kaum hatte die Gesellschaft Position in der Halle bezogen, als ein Diener eintrat und Antonius mitteilte, er müsse ihn unbedingt sprechen. Der Römer erweckte den Eindruck, dass er jegliche Unterbrechung seines Tagesplans als störend und nervig ansah, zumal er ahnte, dass es wahrscheinlich wieder einmal um das lästige Rom ging, das ihn ohnehin nicht mehr interessierte. Seine Gedanken und Gefühle kreisten vielmehr um seine Geliebte, deren Gesellschaft er um keinen Preis mehr missen wollte. Es war für ihn mittlerweile unvorstellbar, sich einen Kopf als Feldherr und Politiker machen zu müssen angesichts der zauberhaften Nächte, die er mit der Ägypterin verbracht hatte. „Was willst du von mir?“, herrschte er den Lakaien an. Unbeirrt durch die Tonlage seines Herrn teilte dieser mit, dass Antonius umgehend in Rom erwartet werde. Seine Frau Fulvia habe die Rückkehr ihres Gatten als dringlich erachtet und nachdrücklich um ein Lebenszeichen gebeten. „Ich habe es mir schon gedacht“, entfuhr es Antonius. „Die Herrschaften beharken sich dort wieder einmal um Belanglosigkeiten und sind nicht in der Lage, ihren eigenen Laden in den Griff zu bekommen.“ Cleopatra hatte das Gespräch mit einem Ohr verfolgt, ging auf den Boten zu und zischte laut, dass es doch wohl wieder nur um den schnöseligen Octavius und Antonius’ Frau Fulvia gehen könne, die sich in Rom aufspielten und von niemandem ernst genommen würden. „Ich glaube, Antonius, da musst du wohl hin“, flüsterte sie ihrem Geliebten zu. „Du musst unbedingt die Herrschaften zur Raison bringen und dort Ordnung schaffen.“ „Ich denke nicht daran“, entgegnete Antonius. „Mein Platz ist hier in Ägypten. Das dumme Geschwätz der Römer interessiert mich nicht. Und Frau Fulvia kann mir mal gestohlen bleiben.“ Der Bogen war gespannt und entlud sich sofort in heftigem Zorn, als Cleopatra den Namen Fulvia hörte. Sie nahm eine drohende Haltung an, indem sie die Hände hob und die Finger spreizte. Ihr Gesicht nahm äußerst grimmige Züge an, als sie mit galliger Stimme auf Antonius zuging: „So redest du von deiner Frau? Das ist deine Art, mit der dir Angetrauten umzugehen? Du bist doch wohl nicht gescheit.“ Cleopatras Stimme nahm einen aggressiven Ton an und überschlug sich fast. Mit Antonius’ Ehefrau Fulvia verband sie einerseits eine abgrundtiefe Feindschaft, die sich vordergründig aber in einer angeblichen Fürsorge zeigte. Denn andererseits übertrug sie die abfälligen Bemerkungen über die Römerin, mit der sie sich auch innerlich verbunden sah, immer...