E-Book, Deutsch, 152 Seiten
ISBN: 978-3-7495-0148-9
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Psychologie Allgemeine Psychologie Kognitionspsychologie Emotion, Motivation, Handlung
- Sozialwissenschaften Psychologie Psychologie / Allgemeines & Theorie Psychologie: Sachbuch, Ratgeber
- Sozialwissenschaften Psychologie Psychologie / Allgemeines & Theorie Psychologie: Allgemeines
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2. Uneinigkeit: Die Kelleretage
Wie Sie schon erfahren haben, steht der Keller im Traum(a)-Haus für Streit, Dramen, Eskalationen sowie frostige Distanz, für kalten Krieg oder hitzige Kämpfe. Für manche Menschen ist die Hölle heiß, andere stellen sich diesen Ort der Unterwelt eiskalt vor. Zugleich versinnbildlicht der Keller den Überlebensmodus reptilienhirngesteuerter Reaktionen wie Angriff, Flucht oder Erstarrung. Diese Impulse zeigen sich insbesondere dann, wenn Menschen sich bedroht fühlen, den ansteigenden Stress nicht mehr verarbeiten können und kein Ausweg in Sicht ist. Streit in einer Partnerschaft führt zu Stress, Stress führt zu überwältigenden Emotionen, diese schalten die Krisensteuerzentrale im vernunftbegabten Teil des Gehirnes aus, was wiederum zu immer unsinnigerem Streit führt. Ein unüberwindbarer Teufelskreis entsteht, der den Unterdruck in der abwärtssaugenden Röhre inmitten des Traum(a)-Hauses bewirkt und unweigerlich in den Keller katapultiert. Die Kelleretage im Traum(a)-Haus verdeutlicht zugleich eine ganz bestimmte Stufe in der persönlichen Entwicklung: die Ebene der Uneinigkeit. Geht ein Mensch mit noch nicht voll entwickelter Beziehungskompetenz eine Partnerschaft ein, zeichnet sich diese Verbindung höchstwahrscheinlich durch bestimmte Merkmale aus. Diese sind: Streit, Kampf, Drama, Schuldzuweisung, Macht, Unterordnung, Dominanz, Ausbeutung, Missbrauch oder oberflächlicher Kontakt bei wenig Nähe. Vielleicht alarmiert Sie diese Auflistung und Sie möchten jetzt am liebsten das Arbeitsbuch in die hinterste Ecke Ihres Bücherregals verbannen. Tun Sie es bitte nicht! Zu Ihrer Beruhigung will ich betonen: Jeder Mensch durchlebt Entwicklungsphasen. Auf der ersten Stufe dieser Entwicklung ist es ganz normal, notwendig und legitim, auf sich selbst und die eigenen Sorgen und Bedrängnisse zu schauen. Sollte jedoch in einer Beziehung mehr als 50 Prozent des gemeinsamen Umgangs im „Krisengebiet“ stattfinden, lohnt es sich vielleicht, etwas Neues zu erlernen, das womöglich wahren Frieden und echte Harmonie verspricht. In vielen Beziehungsratgebern werden Paare angeleitet, richtig zu streiten. Das ist ein Irrweg, denn längst gibt es seriöse Forschungsergebnisse, die belegen, wie schädlich Streit in einer Partnerschaft ist. Hierüber berichtet Christian Roesler in seinem Buch Paarprobleme und Paartherapie. Er geht ebenso auf Studien ein, die nachweisen, wie nachteilig es für die Beziehung ist, negative innere Zustände einfach herauszulassen. Vielleicht fragen Sie sich, welche Wirkung Streit, Kampf oder Friedhofsfrieden auf Ihre eigene Beziehung haben mögen und was Streit überhaupt ist. Lassen Sie mich zuvor die Ergebnisse einer von mir durchgeführten Untersuchung vorstellen, an der insgesamt 265 Personen teilgenommen haben. Bemerkenswerterweise waren 76 Prozent der Umfrageteilnehmer*innen der Meinung, dass negative Emotionen einen Streit überhaupt erst auslösen. Diese schwer ertragbaren Empfindungen lassen anfänglich harmlose Auseinandersetzungen regelrecht ausarten. Das Schlimmste seien die kaum aushaltbaren Gefühle. 64 Prozent der Befragten fühlen sich verwirrt und verzweifelt. Nur 11 Prozent geben an, dass Streit zu einem guten Ergebnis führt. 37 Prozent drehen sich nur im Kreis und 53 Prozent meinten, dass Streit zurückwirft und es Stunden bis Tage braucht, bis es wieder gut ist. Es gab in meiner Umfrage auch die Möglichkeit, mit eigenen Worten den Aufenthalt im „Kellerzustand“ der Partnerschaft zu beschreiben. Die folgende Auflistung fasst den Tenor von 161 schriftlichen Antworten zusammen: Streit … führt zu Frustration und Hoffnungslosigkeit. stellt den absoluten Katastrophenzustand dar. schaufelt eine tiefe Kluft, führt zu schlimmen Verletzungen und macht einsam. ist ein destruktives Machtspiel und löst schreckliche Ohnmachtsgefühle aus. zerstört die Beziehung und ist Ausdruck von Vorwürfen und Aggressionen. verursacht Hass und Distanz oder Unterwerfung und kostet viel Kraft und Energie. ist wie ein Karussell, das sich ständig dreht und zu keinem Ziel führt. ist zermürbend, Zeitverschwendung, lähmend, angstbesetzt, unglücklich machend. führt zu Scham, zu Schuldgefühlen, schlechtem Selbstwert und vor allem zur Frustration. schafft mehr Probleme als Lösungen. macht krank, erschöpft, lässt Partner zu erbitterten Feinden werden. führt zur Trennung und kommt dadurch wie ein Bumerang auf einen selbst zurück. Bevor wir uns einer genauen Definition zum Streit oder den Auswirkungen Ihrer eigenen Konflikte auf die Liebe in Ihrer Partnerschaft widmen, möchte ich Sie dazu ermutigen, einen weiteren Test durchzuführen. Es ist weit objektiver, sich selbst zu prüfen, bevor wir voreilige Schlüsse über Ihre Krisenfähigkeit ziehen. Durch den Beziehungsbewusstseinstest können Sie sehen, wo Sie selbst stehen, ob Ihre Beziehung in der Uneinigkeits-Etage feststeckt oder ob Sie sich einfach nur einen Ruck geben müssten, um wieder glücklich miteinander zu sein. 2.1 Der Beziehungsbewusstseinstest
Das Traum(a)-Haus-Konzept geht von fünf Ebenen der Entwicklung in einer Beziehung aus. Diese fünf Ebenen entsprechen den Etagen im Traum(a)-Haus. Die Ebenen stehen auch für unterschiedliche Reflexionsfähigkeiten in einer Beziehung. Hier ist entscheidend, aus welchem Blickwinkel jemand auf Beziehungsprobleme schaut: Er / sie denkt über ein Beziehungsproblem nach. Er / sie schaut sich an, wie die Interaktion zwischen den Partnern aussieht. Er / sie beachtet die unterschiedlichen Hintergründe der Partnerschaft, von denen Liebende und Familien beeinflusst werden. Er / sie nimmt aus der Metaperspektive die Auswirkungen gesellschaftlicher Bedingungen auf Partnerschaften in den Fokus, z. B. die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs. Menschen befinden sich in ihrer Entwicklung auf unterschiedlichen Stufen, und das ist vollkommen in Ordnung. Der Wunsch nach Wachstum ist ein ganz natürlicher Antrieb, und wird er nicht erfüllt, stellt sich emotionales Leiden ein. Unbefriedigtes Entwicklungsstreben zeigt sich in Unzufriedenheit, Frust und möglicherweise sogar in körperlichen Symptomen. Wenn es in Ihrer Beziehung Krisen gibt, so muss das nicht zwangsläufig bedeuten, dass etwas falsch läuft oder Sie nicht mit dem / der Richtigen zusammen sind. Not, Unglück und Krisen können auch bedeuten: Da möchte jemand wachsen, will sich voll entfalten und sein Potenzial ausschöpfen, spürt aber Einschränkungen und hadert damit. Was so kompliziert aussieht, lässt sich mithilfe der Ebenen des Traum(a)-Hauses wunderbar und einfach erfassen. Im Test zum Beziehungsbewusstsein geht es um die folgenden fünf Ebenen: Uneinigkeit Bedürftigkeit Heilung Wachstum Bewusstheit Jeder dieser Ebenen werden wiederum fünf Aspekte zugeordnet: Die jeweiligen Vorstellungen zur idealen Partnerschaft Das Bild, welches man von einem / einer passenden Partner*in hat Die Beziehungskompetenzen, die man selbst für unabdingbar hält Die Art des Umgangs mit Krisen und Konflikten Die Einstellung zur Sexualität Die fünf Stufen mit den entsprechenden Ansichten, Kompetenzen oder Idealvorstellungen geben Ihnen eine gute Orientierung, wo Sie als Paar stehen, welche Entwicklung anzustreben und was noch zu erarbeiten ist. So gelangen Sie zum Test: Scannen Sie den folgenden QR-Code oder gehen Sie auf: https://www.aufwindinstitut.com/beziehungs-bewusstsein. Es handelt sich um einen Online-Test und eine Anleitung finden Sie auf der Test-Startseite. Ihre Auswertung erhalten Sie automatisch per E-Mail. Auf der Ebene der Uneinigkeit befinden sich insbesondere Paare, die viel streiten oder wichtige Absprachen umgehen, um Konflikte gar nicht erst zu provozieren; sogenannte Drama- oder Minenfeld-Beziehungen. Eine Keller-Partnerschaft ist ein leidvoller Zustand, den wir gerne überwinden möchten. Hier noch einmal die wesentlichen Anzeichen für diesen Beziehungsmodus: Auf dieser ersten Stufe schaut ein Mensch vor allem zu sich selbst und auf seine eigenen Sorgen und Bedrängnisse. Die Partnerschaft wird hauptsächlich aus der Perspektive des eigenen Erlebens beurteilt. Eher selten denkt eine Person auf dieser Ebene darüber nach, was sie dazu bewogen hat, einen speziellen Menschen als Partner*in zu wählen. Man macht sich auch kaum Gedanken darüber, was man selbst für den Fortbestand oder das Gelingen der Verbindung tun könnte. Wenn die Partnerschaft in eine Krise gerät oder gar auseinanderzubrechen droht, fragen sich die Liebenden, was wohl falsch gelaufen sein mag und wer Schuld an den Konflikten trägt. Das Paar gerät in Streit oder verfällt in ohnmächtiges Schweigen. Beide sind der Überzeugung, im Recht zu sein und der andere müsse sich ändern. Beide fühlen sich von den immer öfter stattfindenden Dramen überrumpelt. Es entsteht der Eindruck, dass der sich wiederholende Kreislauf kaum zu stoppen ist. Jeder ist der Meinung, die Beziehung wäre intakt, gäbe es da nur nicht das Abrutschen in den Keller. Haben sich nach einem Streit die Wogen wieder geglättet, geht das Paar erleichtert zur Tagesordnung über. Endlich herrscht wieder Harmonie. Auf dieser...