Abwehr von Krankheitserregern bei nachlassendem Immunsystem
E-Book, Deutsch, 306 Seiten
ISBN: 978-3-7534-3490-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Privat-Dozent Heribert Keweloh studierte Biologie und promovierte in Mikrobiologie an der Universität Osnabrück. Nach Forschungs- und Lehrtätigkeiten an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster war er an der Fachhochschule Münster in den Fachbereichen Oecotrophologie sowie Gesundheit tätig und vermittelte zahlreichen Studenten Kenntnisse in Lebensmittelhygiene, Lebensmittel- und medizinischer Mikrobiologie. Heribert Keweloh hat eine Vielzahl von Büchern auf den Gebieten der Mikrobiologie, Biochemie, Lebensmittelhygiene und Gesundheitslehre verfasst. Aufgrund der klaren verständlichen Schreibweise werden die Bücher besonders gerne in berufsbildenden Schulen eingesetzt.
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Kap. 1 Körperliche Veränderungen im Alter
Die Abwärtsentwicklung der Immunabwehr ist ein Prozess, der schon früh einsetzt und vielfältige Konsequenzen hat. Die Veränderungen des Immunsystems können jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Auch andere Systeme und wahrscheinlich die meisten Organe, Gewebe und Zellen des menschlichen Körpers sind einem Alterungsprozess unterworfen und wandeln sich stetig um. Was das Altern letztendlich verursacht, konnte bisher noch nicht überzeugend dargelegt oder eindeutig geklärt werden. Die Frage, warum wir überhaupt altern, kennt noch keine Antwort. Ursachen
Als mögliche Ursachen der Alterungsvorgänge werden verschiedene zelluläre und molekulare Prozesse erörtert, deren Bedeutung erst in Ansätzen bekannt ist. Zur Erklärung des Alterungsprozesses werden vor allem folgende körperliche Erscheinungen herangezogen. Antioxidative Schutzmechanismen
Im Stoffwechsel der Zellen entstehen ständig im Zusammenhang mit Sauerstoffreaktionen der Zellatmung hochreaktive Verbindungen, sogenannte Sauerstoffradikale. Sie schädigen in höheren Konzentrationen wichtige Funktionen und Zellstrukturen (oxidativer Stress). Innerhalb der Zellen existieren deshalb zahlreiche antioxidative Schutzmechanismen, z. B. Enzyme, die eine Anreicherung dieser Stoffe verhindern. Die Wirkung dieser Schutzmechanismen lässt im Alter nach. Ein Beispiel für einen antioxidativen Stoff im menschlichen Körper ist das Vitamin C (Kap. 10). Zellregeneration
Mit dem Alter nimmt die Fähigkeit der Zellen zur Regeneration ab, wobei sich im Laufe des Lebens immer höhere Zellverluste einstellen. Zellregeneration ist die körpereigene Fähigkeit, irreparable Zellen auszusondern und beschädigtes Gewebe mithilfe von neu produzierten Zellen zu heilen. Dieser Prozess findet über Zellteilungen statt. Für bestimmte Gewebearten und Organe gibt es dazu die Stammzellen, unbegrenzt teilungsfähige und nicht differenzierte Zellen. Im Alter werden die verbrauchten seneszenten Zellen nicht mehr genügend vom Immunsystem beseitigt. Diese Zellen setzen jedoch Substanzen frei, die Entzündungsreaktionen fördern (senescence-assosiated secretory phenotype). Zu den dadurch ausgelösten Erkrankungen gehören Diabetes Typ 2, Krebserkrankungen und Nierenschwäche. Telomere
Bei jeder Zellteilung verkürzen sich die Endstücke der Chromosomen, die sogenannten Telomere. Sie enthalten Wiederholungssequenzen des Erbmaterials DNA. Das Enzym Telomerase gleicht in der Zelle die Verkürzung der Enden durch Neusynthese von DNA wieder aus. Im Alter ist die Aktivität dieses Enzyms rückläufig. In den meisten bösartigen Krebsgeschwülsten (maligne Tumore) ist eine hohe Telomerase-Aktivität zu finden, was für ein hohes Wachstumspotenzial der Zellen notwendig zu sein scheint. In den umgebenden gesunden Geweben lässt sich viel weniger aktive Telomerase nachweisen. Proteinschäden
In älteren Zellen entstehen vermehrt falsch synthetisierte und schadhafte Proteine, die ihre Funktion nicht ausüben können. Fehlerhafte Proteine können ihre normal gefaltete Struktur verlieren. Sie wirken wie ein Kristallisationskeim für andere Eiweiße und so entstehen große Aggregate von Proteinen. Es kann zu massiven Verklumpungen kommen, die in den Zellen Schäden verursachen und zum Zelltod führen können. Dies ist z. B. bei den neurodegenerativen Erkrankungen, wie Alzheimer und Parkinson, der Fall. Aber auch die Alterungsprozesse der Zellen können durch diese Aggregatbildung erklärt werden. Falten sich Proteine um, werden außerdem Bereiche nach außen gestülpt, die normalerweise verhüllt sind und zu gefährlichen Immunreaktionen führen können. Mutationen
Es kommt im Genom zur Anreicherung von Mutationen, die auch wesentlich bei der Entstehung von Tumoren beteiligt sind. Eine Studie aus dem Jahr 2014 wies beispielsweise nach, dass bei 5 Prozent aller über 70jährigen Studienteilnehmer Mutationen in den Genen ihrer Blutzellen vorhanden waren, die eine Leukämie oder ein Lymphom auslösen können. Die wenigsten der Teilnehmer erkrankten jedoch aufgrund dieser Mutationen; nicht immer führen die im Alter häufigen Genfehler auch zu gesundheitlichen Folgen. Hormone
Hormonelle Veränderungen wie die Abnahme der Konzentration von Sexualhormonen, Insulin oder Wachstumshormonen führen zur Einbuße von Muskelkraft und Knochendichte sowie zu Veränderungen des Stoffwechsels (Kap. 6). Beispielsweise werden in der Thymusdrüse nicht nur die Abwehrzellen trainiert, sondern auch Hormone produziert, die an der Prägung der Immunzellen beteiligt sind. Schon im Jugendalter beginnt jedoch die Drüse zu verkümmern und kleiner zu werden und die angehäuften Reserven der Immunzellen reichen im Alter nicht mehr aus. Alterungsprozesse der Körperorgane
Alle Organe des Körpers sind von Alterungsprozessen betroffen, die mit dem Nachlassen der Organfunktionen einhergehen. Nicht immer wirken sich diese Prozesse unmittelbar auf die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Organs aus. So hat der Körper zunächst Möglichkeiten, Veränderungen auszugleichen oder abzufangen, bevor sich der Alterungsprozess nach außen hin deutlich manifestiert. Herz und Lunge weisen auch im Alter zumeist eine große Funktionsreserve auf, da die Funktionen von Herz und Lunge normalerweise nicht leistungsbegrenzend sind. Dies ist eher die periphere Muskulatur, die im Alter vom Abbau der Muskelmasse begleitet ist. Darüber hinaus wirkt sich auch die Lebensweise, vor allem regelmäßige Bewegung und der jeweilige Trainingszustand, auf die Funktionsfähigkeit der Organe aus. Die altersbedingten körperlichen Veränderungen treffen in hohem Maße das Immunsystem, was als Immunoseneszenz bezeichnet wird. Davon abgesehen können weitere Organveränderungen im Alter dazu führen, dass Infektionen gehäuft auftreten oder einen schwereren Verlauf haben. • Herz und Gefäße Die bei älteren Menschen häufige Arteriosklerose, die „Verkalkung“ der Blutgefäße, ist eine weit verbreitete Grunderkrankung, die u. a. zu einem Herzinfarkt führen kann. Neben der Einlagerung von Fetten, wie z. B. Cholesterin, kommt es in der Gefäßwand auch zu Änderungen in der Muskulatur, die den Gefäßen die richtige Spannung verleiht. Besonders strukturelle Schädigungen an den glatten Gefäßmuskelzellen sind eine wichtige Ursache für die Arteriosklerose. Die Auswirkungen auf das Herz bringen eine verminderte körperlicher Belastbarkeit mit, die bei Infektionen im Alter von großem Nachteil sein kann. • Lunge Auch die allgemeinen Lungenfunktionen nehmen bei fortschreitendem Alter stetig ab. Die Zahl der Lungenbläschen, der Alveolen, und die der kleinen Blutgefäße geht zurück, und die Menge an elastischen Fasern nimmt ab. Als Folge kann sich die Lunge nicht mehr so gut ausdehnen und zusammenziehen. Der Gasaustausch ist behindert und es kommt zur Abnahme der maximalen Ventilationsleistung. Darüber hinaus sind die Abwehrmechanismen der Lunge wie die mukoziliäre Clearance (Kap. 5) verschlechtert. Die Gefahr einer Aspiration (Eindringen von Stoffen, z. B. durch Erbrechen, in die Luftröhre und den unteren Atemtrakt) ist aufgrund des abgeschwächten Hustenreflexes alter Menschen erhöht. Dies erleichtert die Entstehung von Infektionen und Lungenentzündungen. • Leber und Niere Die altersbedingten Veränderungen der Leber und der Nieren sind zwar für das Infektionsrisiko unwesentlich, sie müssen aber bei medikamentösen Behandlungen von Infektionen berücksichtigt werden. Die Leber produziert nicht nur viele wichtige Eiweiße wie z. B. die Gerinnungsfaktoren sowie das C-reaktive Protein (CRP), das eine wichtige Rolle bei Entzündungen im Körper spielt. Die Leber bildet außerdem Enzyme, die zum Abbau von Medikamenten und giftigen Substanzen essentiell sind. Die Fähigkeit der Leber, gewisse Substanzen abzubauen, nimmt mit dem Älterwerden ab. So werden manche Arzneimittel bei älteren Personen nicht mehr so schnell inaktiviert wie bei Jüngeren. Daher muss die Dosierung von Arzneimitteln bei älteren Personen oft gesenkt werden. Wasserlösliche Abbauprodukte der Medikamente werden von der Leber ins Blut abgegeben. Sie gelangen mit dem Blutstrom zu den Nieren und werden über den Urin aus dem Körper ausgeschieden. Mit voranschreitendem Alter verlieren die Nieren an Gewicht und die Nierenfunktion wird allmählich geringer. Schon nach dem 40. Lebensjahr nimmt bei den meisten Menschen die Rate ab, mit der die Nieren das Blut filtern. Damit sinkt die Fähigkeit der Nieren, Stoffwechselabbauprodukte und zahlreiche Medikamente zügig auszuscheiden. Erschwerend kommt hinzu, dass Personen, die über 65 Jahre alt sind, im Durchschnitt fünfmal so viele Medikamente wie jüngere Menschen einnehmen. Die geringere...