E-Book, Deutsch, Band 8, 200 Seiten
Reihe: Year of Passion-Serie
Kenner Year of Passion. August
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-641-23724-0
Verlag: Diana
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, Band 8, 200 Seiten
Reihe: Year of Passion-Serie
ISBN: 978-3-641-23724-0
Verlag: Diana
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Weitere Infos & Material
1 Taylor D’Angelo verzog das Gesicht, als sie ihre Kreditkarte über den Ladentisch reichte. Sie war wiederaufladbar, und am Anfang eines jeden Monats füllte sie sie wieder mit ihrem monatlichen Budget. Danach kreuzte sie dann immer die Finger, zündete eine Kerze an und betete zu den Göttern aller finanziellen Obliegenheiten, dass sie einen weiteren Monat ohne Krise durchstehen würde. Diesen Monat jedoch waren die Götter offenbar angepisst, denn sobald die Kassiererin diese Karte durch den Automaten gezogen hatte, würde Taylor ihr Monatsbudget um einhundertfünfzig Dollar überzogen haben. Und das alles, weil irgend so ein Idiot ihr einen dicken Stein durch die Windschutzscheibe ihres ramponierten, aber zuverlässigen Toyota Corolla geworfen hatte. Vor sechs Jahren hatte sie sich dazu durchgerungen, den glänzenden, grauen Wagen ganz hinten auf dem Parkplatz des Gebrauchtwagenhändlers zu kaufen. Sie hatte kein Autohaus aufgesucht. Nein, sie war in so einen Laden gegangen, der entweder nur Bargeld nahm oder einen Typen namens Guido zur Finanzierung vorschlug. Sie hatte einen geschlagenen Nachmittag gebraucht, um die Entscheidung letztlich zu treffen, aber sie hatte sie nie bereut. Das Auto war einfach, ohne jeden Schnickschnack, aber es gehörte ihr. Und es stand für Freiheit. Das war eines der wenigen Male gewesen, dass sie an das Geld von ihrem Dad gegangen war. Immerhin war sie der Ansicht, dass es sich um Blutgeld handelte. Jahrelang hatte sie versucht, so zu tun, als gäbe es das Geld überhaupt nicht. Aber dann stand das College an, und sie musste knallhart entscheiden. Wollte sie die Uni aufschieben, um zu arbeiten und sich das Studiengeld zusammenzusparen, oder wollte sie sich einschreiben und die schmutzigen Dollars für etwas Gutes einsetzen? Sie hatte sich eingeschrieben. Und sie hatte das Geld für die Studiengebühren ihres ersten Semesters und die Kaution für ihre Wohnung ausgegeben. Im zweiten Studienjahr hatte sie ziemlich gute Noten und konnte einige Stipendien ergattern. Durch dieses Geld und ihr kleines Einkommen von ihrem Job als wissenschaftliche Assistentin kam sie durch. Ihretwegen konnte das restliche Geld ihres Vaters jetzt auf der Bank verrotten. Sobald sie ihren Master in der Tasche hatte, konnte sie theoretisch alles einem wohltätigen Zweck spenden. Aber das würde sie nicht tun. Unter keinen Umständen. Denn eines Tages brauchte sie das Geld vielleicht doch. Nicht für ihre Ausbildung, sondern zum Überleben. Eines Tages musste sie vielleicht untertauchen. Bitte, lieber Gott, nein. Lass es vorbei sein. Lass mich in Sicherheit sein. Auf der anderen Seite des Ladentisches spuckte die Kasse einen Bon aus, begleitet von einem elektronischen Piepsen, das Taylor aus ihren Gedanken riss. Die Kassiererin schob ihr den Beleg zu, und Taylor zögerte einen Augenblick. Es wäre so leicht gewesen, für diesen Betrag an ihre Notreserven zu gehen. Damit sie Miete und Einkäufe bestreiten konnte. Wäre das wirklich so schlimm gewesen? Ja. Ja, es wäre schlimm gewesen. Taylor seufzte, den Stift unentschlossen in ihrer Hand. »Stimmt etwas nicht?« Das Mädchen hinter dem Ladentisch hatte reine Haut, perfekt manikürte Nägel und ebenso perfekt gestyltes blondes Haar. Wahrscheinlich führte sie zu allem Überfluss auch noch ein perfektes Leben, ganz zu schweigen von den Eltern, die ihr nicht nur das Studium finanzierten, sondern sie tatsächlich sogar liebten. Verdammt bitter, was? Taylor schüttelte den Kopf. »Nein. Kein Problem. War nur eine beschissene Woche. Von der teuren Sorte.« »Ich weiß, was Sie meinen. Ich wollte eigentlich mit ein paar Freunden nach San Antonio fahren, aber ich bekam meine Miete nicht zusammen, also musste ich eine Sonderschicht übernehmen.« Mit einer Handbewegung deutete sie auf das Innere der Autoglaserei. Ein Mann im Anzug saß im Wartebereich und las eine Fachzeitschrift. Ein Typ in Bikerboots mit kleinen Knopfaugen reinigte sich mit einem Taschenmesser die Nägel. »Aber ist schon okay. Man kann ja trotzdem Spaß haben.« Taylor lachte und kam sich wegen ihrer gehässigen Gedanken von vorhin wie die totale Bitch vor. Normalerweise pflegte sie andere Leute nicht so schnell zu verurteilen. Immerhin wusste sie besser als jeder andere, dass das Äußere eines Menschen selten mit seinem Innenleben übereinstimmte. Sie unterschrieb den Bon und schob ihn der Kassiererin wieder zu, die ihn gegen ihre Autoschlüssel eintauschte. Ihr Auto stand hinter der Werkstatt, und sobald sie drinsaß, schloss sie die Augen und sagte sich, dass sie das Richtige getan hatte und dass alles gut war. Das stimmte zwar, aber trotzdem war sie es leid, ständig pleite zu sein. Denn offen gesagt, immer das Richtige zu tun brachte ums Verrecken nichts ein. Doch sie kam klar. Sie hatte einen tollen Job als wissenschaftliche Angestellte am Lehrstuhl für Theaterwissenschaften, und das glich vieles wieder aus. Zwar verdiente sie dort nicht allzu viel, aber die Erfahrung war Gold wert. Diesen Job hatte sie seit ihrem zweiten Studienjahr, und jetzt stand sie kurz davor, ihren Master zu machen, weshalb sie meist bei den interessanten Projekten eingesetzt wurde. Außerdem verdiente sie sich als Bühnenmanagerin beim Mann-des-Monats-Wettbewerb im The Fix on Sixth noch etwas dazu. Das machte Spaß und war wenig Arbeit gegen anständige Bezahlung. Der Kalender-Wettbewerb war vor ein paar Monaten ins Leben gerufen worden, um mehr Kundschaft ins The Fix zu locken, denn damals war die Bar in ernsten finanziellen Schwierigkeiten gewesen. Es hatte sogar noch besser funktioniert als erwartet, und mittlerweile war es dort jeden Abend rappelvoll, und nicht nur an jedem zweiten Mittwoch, wenn der Contest stattfand. Sie sah auf die Uhr. Nur noch drei Stunden bis Showtime. Sie fluchte. Sie hatte gern volle drei Stunden Zeit, bis es auf die Bühne ging; heute Abend würde es also knapp werden. Frustriert drehte sie den Schlüssel im Zündschloss. Der Wagen erwachte knatternd zum Leben, und sie reihte sich in den Fünf-Uhr-Verkehr ein, der sich auf der Burnet Road staute, um dann den Weg zum The Fix einzuschlagen. Durch den dichten Verkehr brauchte sie beinahe fünfundvierzig Minuten, bis sie die Innenstadt erreicht und einen Parkplatz ergattert hatte, der nicht teurer war als ihre Monatsmiete. Von dort aus sprintete sie zum The Fix, preschte atemlos durch die Türen, nur um festzustellen, dass schon jemand den Scheinwerfer aus dem Lagerschrank geholt und genau so aufgestellt hatte, wie sie es gern hatte. Sie schlug also nicht den Weg links auf die Bühne ein, sondern wählte den Umweg nach rechts zur Bar, wo sie sich neben Jenna zwängte, die nicht nur eine der Mitbesitzerinnen des The Fix war, sondern auch die Frau, die für den Wettbewerb verantwortlich war. »Hast du das gemacht?« Jenna schob sich eine Strähne ihres langen roten Haars hinters Ohr und schüttelte den Kopf. Bevor Taylor weiterfragen konnte, kam Cameron Reed hinter der Bar zu ihr und schob ihr eine Diätcola hin. »Als Mina gemerkt hat, dass du dich verspätest, ist sie eingesprungen.« »Da bin ich ihr aber dankbar«, sagte Taylor. Mina war Camerons Freundin und hatte vor Kurzem ihren Master im Studiengang Film gemacht. »Aber noch dankbarer wäre ich natürlich, wenn du ein bisschen Rum hier hineingegeben hättest.« Sie schüttelte das Eis in ihrem Glas. »War ein ganz schön verrückter Tag.« »Was ist denn los?«, fragte Jenna. »Nichts, was der Anblick von zwölf Jungs, die ihre Shirts ausziehen und in meinem Scheinwerferlicht über die Bühne stolzieren, nicht wiedergutmachen könnte.« Jenna lachte, und Taylor warf Cam mit seinen breiten Schultern und den meerblauen Augen ein Grinsen zu. »Vielleicht sollten wir die ganzen ehemaligen Kalenderboys, die hier arbeiten, einfach dazu bringen, stets mit nacktem Oberkörper zu erscheinen.« »Ich bin dagegen«, rief Cam – Mr. März. »Und ich vermute mal, Reece und Tyree wären es ebenfalls.« »Veto auch von mir«, rief Jenna und legte die Hand auf ihren Bauch, der mittlerweile schon beträchtliche Ausmaße angenommen hatte. »Ich persönlich finde, dass abgesehen von seinem Kalenderfoto und den paar Minuten auf der Bühne niemand Reece ohne Shirt sehen sollte.« Taylor lachte, aber Cam deutete mit dem Soda-Siphon auf sie: »Hätte ich fast vergessen. Taylor, jemand hat eine Nachricht für dich hinterlassen. Ich hab den Zettel ins Büro gelegt. Eine Sekunde, dann hole ich ihn dir.« Er verließ seinen Platz und überließ die Gäste Eric Shay, dem anderen Barkeeper, der heute Abend Dienst hatte. Taylor sah ihm hinterher, und ihre Nackenhaare stellten sich auf, während Cam in dem kurzen Flur verschwand, der ins Backoffice der Bar führte. Sie nippte an ihrer Diätcola und versuchte sich einzureden, dass das sicher nichts zu bedeuten hatte. Genau wie die erste Notiz, die sie erhalten hatte, nichts zu bedeuten hatte. Aber sie konnte die Angst nicht abschütteln. Vor etwa zwei Wochen hatte sie in ihrem Rucksack eine anonyme Grußkarte gefunden. Irgendjemand hatte sie dort hineingesteckt, während sie in der Uni gewesen war. Sie hatte vorher an jenem Morgen die Rucksäcke getauscht, und wenn ihrer nicht gerade während des Bühnenbild-Workshops in jenem höhlenartigen Raum auf dem Boden gestanden hatte, hatte sie ihn über die Schulter getragen oder im Kofferraum ihres Autos aufbewahrt. Die Karte war also eindeutig an jenem Morgen hineingelangt. Sie hatte den Umschlag erst spät am Abend gefunden, als sie ihre ganzen Klamotten aus dem Rucksack geholt hatte, um sich an ihrem Küchentisch niederzulassen und noch zu arbeiten. Er steckte zwischen zwei Drehbüchern und einem gebundenen...