Kapitän Marryat | Der alte Commodore (Abenteuerroman) | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 310 Seiten

Kapitän Marryat Der alte Commodore (Abenteuerroman)

Ein fesselnder Seeroman

E-Book, Deutsch, 310 Seiten

ISBN: 978-80-268-2677-4
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dieses eBook: 'Der alte Commodore (Abenteuerroman)' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Aus dem Buch: 'Trotz seiner großen unbelasteten Besitzungen, seines hohen Rufs als geschickter Seemann und seiner anerkannten ritterlichen Tapferkeit war Sir Octavius doch ein höchst unglücklicher Mann. Unter seinen vielen Heldenthaten standen im Vordergrunde einige dunkle Handlungen, welche in seinem Innern einen düsteren Schatten auf die ihm ertheilten Ehren warfen oder nach dem Zustande seiner jemaligen Gefühle sie mit Blut färbten. Wie bald läßt ein erreichtes Ziel die Handlungen, die uns verherrlichen, erbleichen! Nach dem Verlaufe der Jahre erinnert man sich ihrer nur zu oft mit Abscheu, oder sie entschwinden für immer aus unserem Gedächtnis. Aber an begangene Unthaten heftet sich der Gedanke mit wahnsinniger Begier und verliert sich nie aus der Erinnerung, sondern steht da mit unsterblicher Lebhaftigkeit, um uns durch die einsamen Spaziergänge des Tages oder durch die schreckhaften Träume der Nacht zu begleiten.' Frederick Marryat (1792-1848) war ein englischer Marineoffizier und Schriftsteller.
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Zweites Kapitel
Inhaltsverzeichnis

»Ein alter Mann von zornigem Gemüth.
Der nicht vermocht', sein zornig Herz mit Liebe
Zu nähren, und doch auch nicht hassen konnte.« Altes Schauspiel.
»Donnerwetter!« Bedenke, lieber Leser, ob der Commodore unter so peinlichen Umständen weniger sagen konnte. Aber das Uebermaaß seines Zornes sprach sich noch weit furchtbarer in seinem Gesichte, als in dem unirdischen Brüllen seiner Stimme aus. Er ergriff die andere Krücke, welche die Tochter nicht zum Zwecke einer Peitsche gebraucht hatte, schwang sie mit der Rechten über seinem Kopfe und war im Begriffe, sie auf das am Boden liegende Käfig und den zeternden Papagai niederfallen zu lassen. Sein verwöhntes Töchterlein sprang jedoch wie eine schöne Amazone hervor, brachte ihr vor Lieblichkeit glühendes Gesichtchen fast in Berührung mit dem schroffen Gegensatze in der wüthenden Häßlichkeit ihres Vaters, und hielt mit beiden Händen den muskulösen Arm des ergrimmten Mannes fest. »Du darfst nicht, Vater – nein, du darfst dem Vogel meiner Tante keine Feder verletzen. Du darfst nicht – ich sage, du darfst – du darfst nicht!« Und dabei stampfte sie ungestüm mit ihren Füßchen auf den Boden. Für einen Augenblick schwankte der eiserne Stellvertreter für die Hand eines alten Seemanns mit seinem schrecklichen Stopfer und Haken unheimlich über dem schönen Lockenkopfe der Tochter. Aber sie sah ihm ohne Furcht voll in's Gesicht und rief: »Schlage mich! ich trotze dir! Wie? Willst du mich auch tödten, wie du Augustus tödtetest, du gottloser alter Mann? »Ich sage dir's in dein abscheuliches, altes Gesicht, daß du besser thust, wenn du mich mit dem ersten Schlage, den du mir gibst, gleich todt schlägst; denn wenn du je deine Hand zornig auf mich niederfallen lässest und mir noch Kraft genug bleibt, so will ich mich nach dem nächsten Teiche schleppen und in's Wasser springen. Hörst du dies – ich will mich ertränken – ertränken – ertränken! Wen wirst du dann, nachdem Augustus ertrunken ist, in dieser weiten Welt haben, um dich, du leidenschaftlicher alter Mann, zu lieben, wenn auch noch Rebekka ihren Tod im Wasser gefunden hat?« »Dies ist zu schrecklich,« stöhnte der leidende Vater und sank fast völlig erschöpft in seinen Stuhl zurück. »Geh', Rebekka,« sagte er unmittelbar nachher in möglichst mildem Tone – »geh' zu deiner Tante, denn sieh', sie ist ohnmächtig geworden.« Die verhätschelte und ungehorsame Tochter schien sich mit Einemmale, wie durch ein Wunder, in eine liebende und diensteifrige Nichte umzuwandeln – denn ihr Arm schlang sich um Matilda's Nacken und sie drückte zwei warme, leidenschaftliche Küsse auf ihre Stirne. Aber obgleich Rebekka viel Liebe zeigte, war doch nur wenig Unruhe an ihr zu bemerken, da ihre Tante oft ohnmächtig wurde und einen besonderen Takt besaß, wieder zu sich zu kommen. Letztere hatte sich bald so weit erholt, um den Käfig wieder an seinen Platz stellen zu können, und es gelang ihr, den Vogel zu beschwichtigen, so sehr er es auch übel genommen, daß man ihn gegen seinen Willen zum Wagenführer gemacht hatte. Inzwischen war auch Sir Octavius nicht müßig gewesen. Er fühlte nun doppelte Schmerzen in seinem leidenden Gliede und sah finster nach einem Gegenstande umher, an dem er seine Zorngefühle auslassen konnte. Leider fand er diesen bald in der Person des sanften, harmlosen Mr. Underdown. Erschreckt durch die Stimme des Commodore raffte dieser hastig seine Papiere zusammen und wollte sich eilig nach seinem eigenen Zimmer zurückziehen; er hatte jedoch kaum die Schwelle erreicht, als ihm der Commodore donnernd zurief: »Halt, du weniger als ein Mensch. Du wenigstens sollst mich nicht verachten – du sollst mich nicht behandeln wie ein eigensinniges Kind – du sollst nicht nach Belieben in meiner Gegenwart aus- und eingehen, du, der du mein Brod issest –« Was noch weiter zum Vorschein gekommen wäre, läßt sich nicht gut errathen, denn abermals legte sich der Haustyrann in's Mittel, welcher hurtig herankam, ihm die Hand auf den Mund legte und mit unverschämter Heftigkeit ausrief: »Schäme dich, Vater! Kein Wort mehr gegen den lieben, guten Mister Underdown. Du weißt, Vater, daß er dich durch die Welt geführt hat wie einen wilden Bären am Gängelbande – er hat dir dreimal das Leben gerettet, hat dir Schande und Schmach erspart! O Vater, du, du selbst hast mir das gesagt – er ist ein guter Mann – ein guter, ein guter Mann!« »Ein armer, zitternder, furchtsamer, nervenschwacher –« sprudelte der Commodore heraus, so gut es gehen wollte, da die Tochter noch immer ihre Finger auf seine Lippen gedrückt hielt. »Zitternd? – Furchtsam?« versetzte das entrüstete Mädchen. »Wer war es, sehr leidenschaftlicher Herr Vater – wer, frage ich, war es, der, als unsere Wohnung in Bath eine Flammenmasse war, durch die Gluth stürzte und dich, weil du an derselben Gicht bettliegerig warst, durch das Feuer trug, in welchem du ohne ihn zu werthloser Asche zusammengebacken wärst? Gab es unter den Tausenden, welche umherstanden, nur einen Einzigen, der dies zu versuchen wagte?« »Ja,« sagte der starrsinnige Commodore, der seit einigen Minuten wieder zu Athem gekommen war; »aber wer war es, Miß Becky, der, nachdem er mich in Sicherheit gebracht hatte, am allerersten zu heulen anfing wie ein Weib und dann vor Schrecken in Ohnmacht sank? Wer war dies anders, als eben dieser dein ritterlicher Held, der winselnde Mister Underdown?« »Mein theures, süßes Fräulein,« sagte der sanfte Mann, sich in's Mittel legend. »Sei still, Lieber – sei still, oder ich will dir mit Küssen den Mund stopfen.« Dann wandte sich die kleine Amazone wieder an ihren Vater, nahm die Attitüde einer Tragödienkönigin an und fuhr folgendermaßen fort: »Glaubst du, Sir, ich werde zugeben, daß der beste Freund, den ich in der Welt habe, unter dem Dache, das eines Tages mir gehört, eine üble Behandlung erfahre? Er ist der einzige wahre Freund, den ich habe – was würde ich ohne ihn sein mit dieser gottlosen Gemüthsart, die du mir gegeben hast? Verdanke ich das wenige Gute, dessen ich mir bewußt bin, nicht ganz seiner Liebe? Wenn ich bisweilen zittere, Unrecht zu thun, und den Namen Gottes fürchte – ist dies nicht die Frucht seines Unterrichts? Auch hat er mich noch eine andere – eine bittere Lehre gelehrt – dich zu lieben.« »Bitter? Oh mein Kind!« »Bitter – ja, bitter! Was thust du auch, um irgend Jemand zu veranlassen, daß er dich liebe? Nicht einmal der Schmerz kann dich in Ordnung halten.« »Deine Schuld, du Dirne – deine Schuld.« »Und hat dir nicht der artige Doktor Ginningham ausdrücklich verboten, diesen unflätigen Grog zu trinken, und hat er dir nicht befohlen, alle Stunden von dieser guten Arznei einzunehmen? Aber statt zehn Tassen voll wohlthätige Arznei zu verbrauchen, hast du ebenso viele Gläser Rum und Wasser getrunken.« »Zum Teufel mit der Arznei, zum Teufel mit dem Doktor und zum Teufel mit Allem, was anderthalb Zoll hoch ist! Oh, oh, oh! muß ich, nachdem ich in vierzig Schlachten Sieger geblieben bin, von einem Kinde Vorwürfe hinnehmen – und noch obendrein von meiner eigenen Tochter!« »Sucht Euch selbst zu überwinden, mein geschätzter Freund,« sagte Mr. Underdown mit der allerfreundlichsten Stimme. »Ihr macht mich noch toll,« brüllte der von allen Seiten bedrängte Commodore. »Halt dein Milchmaul, du predigender, psalmsingender, knieschnappender, bibelblätternder Sohn einer –« Abermals legte sich Rebekkas zarte Hand auf den Vulkan feuriger Worte, die dem Munde des Commodore entströmten. »Ich habe dir ein- für allemal gesagt, Vater, ich dulde es nicht, daß Mr. Underdown unter meinem Dache mißhandelt werde. Wir sind da und geben uns alle Mühe, dich zu lieben und einen guten pflichtgemäßen, gehorsamen Vater aus dir zu machen, aber du läßt dir's nicht gefallen.« »Ich bitte, Miß,« entgegnete der Baronet, dem trotz der Schmerzen seines Beines ein possirlicher Zug um die Muskeln seines Mundes zuckte; »darf eine unbetheiligte Person, wie ich bin, sich die ungemeine Freiheit nehmen, dich zu fragen, wie alt du bist?« – »Im nächsten Januar sechszehn, Sir,« antwortete sie, gegen den Frager einen sehr gesetzten Knix machend. »Und darf ich, Miß, durch eine solche Herablassung ermuthigt, mir dir weitere Frage anmaßen, ob du einen Vater oder überhaupt einen natürlichen Beschützer hast?« »Einen guten, lieben, braven, edlen Vater, wenn er nicht –« »Um Gottes willen!« sagte Mr. Underdown, sie mit seinen Armen umschlingend, »sprecht nicht aus.« »Oh, Becky,« rief der schnell nachgebende Commodore, »mein Fuß, mein Fuß!« »Lauft, Underdown, holt schnell die Salbe.« Und im Nu lag Rebekka vor ihm auf den Knieen. Als der gute Mann mit dem Verlangten wieder an der Schwelle erschien, trat er nicht ein, sondern schloß sachte die Thüre und entfernte sich; denn er bemerkte, daß die ungehorsame Tochter noch immer zu den Füßen ihres Vaters kniete, während sein Kopf sich auf ihre Gestalt niederbeugte und seine Arme zärtlich ihren Nacken umschlangen. Das Gemurmel und Schluchzen, mit Segenswünschen vermengt, drang wie Himmelsmusik in seine Ohren. So endete das Abenteuer mit der Katze und dem Papagai, das dem Leser einen zureichenden Beweis liefern wird, wie schlecht geregelt das Hauswesen war, über welches Sir...


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