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E-Book

E-Book, Deutsch, 524 Seiten

Kah Unter falscher Flagge

E-Book, Deutsch, 524 Seiten

ISBN: 978-3-7407-0319-6
Verlag: TWENTYSIX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ende des 17. Jahrhunderts. Mit glänzenden Versprechen nach Ruhm und Reichtum locken die Kolonien der Neuen Welt all jene Abenteurer, die es wagen ihre Heimat zu verlassen. Aber nicht alle handeln im Einklang mit dem Gesetz. Piraten haben es auf die Gold- und Silberlieferungen der spanischen Schatzflotte abgesehen. In Madrid plagen König Carlos II. unterdessen andere Sorgen. Ohne leibliches Kind ist seine Erbfolge ungewiss und die mächtigen Königshäuser Europas bringen bereits Figuren in Stellung, um ihre Erbansprüche am spanischen Weltreich geltend zu machen. Im drohenden Konflikt um Spaniens Thron haben nur die etwas zu gewinnen, die vorausschauend planen und entschlossen handeln. Eine Chance, die sich der aufstrebende Stadtrat David Ramon Zamino nicht entgehen lassen will. Ohne zu ahnen, dass er die Schicksale gänzlich Unbeteiligter entscheidend beeinflussen wird...

Ich bin 1984 in Mönchengladbach geboren und aufgewachsen in Viersen-Süchteln. Schon im Teenageralter entwickelte sich meine Liebe zu spannenden Geschichten. Nach Abitur und Ausbildung zum Industriekaufmann, reifte schließlich während eines Studiums der Volkswirtschaftslehre der Plan, meine Ideen auch zu Papier zu bringen. - Erstaunlich, wie sehr diese Redensart in der heutigen Zeit gealtert ist. Zurzeit lebe ich zusammen mit meiner Frau und meinem Sohn in Erkelenz. Ich wünsche Ihnen Viel Spaß und gute Unterhaltung mit diesem Werk!
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2. Kapitel Port Royal, Jamaika Die dicken Tropfen eines heftigen Wolkenbruchs hatten die lehmigen Straßen und Gassen in kürzester Zeit aufgeweicht. Erste Pfützen bildeten sich. Die Dämmerung hatte eingesetzt und niemand war bei diesem Wetter vor der Tür, nur aus einigen der Fenster schien schwaches Licht nach draußen. Mit schnellen Schritten stürzte eine schmächtige Gestalt aus dem Wirtshaus hinaus ins Freie und bog sofort auf die Straße, ohne ihr Tempo zu verringern. Auf dem rutschigen Untergrund geriet sie ins Straucheln, fing sich und beschleunigte umgehend wieder ihre Schritte. Gleich hinter ihr polterte ein großgewachsener Mann aus der Tür der Schänke und wollte sogleich die Verfolgung aufzunehmen. Aber er unterschätzte die Gefahr des Untergrunds. Er rutschte aus und fiel der Länge nach in eine Pfütze, dass er mit einem Schlag von Kopf bis Fuß nass war. Unter heftigem Gezeter setzte er der Gestalt wieder nach, die jedoch durch das Malheur ihren Vorsprung hatte ausbauen können. „Sofort stehen bleiben! Haltet den Dieb!“, keuchte der Mann. Doch es war niemand in der Nähe, der ihn hätte hören oder zur Hilfe eilen können. Das Regenwasser lief ihm in die Augen und behinderte seine Sicht. Etwas verschwommen sah er gerade noch, wie die Person seitlich auf ein eingestürztes Haus zuhielt und flink über einen Haufen Schutt aus Steinen und Holz kletterte. Ihr Ziel war ein mannshoher Spalt in der verbliebenden Rückwand des Gebäudes, der auf eine weitere Straße führte. Fluchend tat er es ihr gleich, er hatte keine Zeit zu verlieren. Mit großen Schritten machte er sich daran das Hindernis aus gebrochenen Steinen und geborstenen Balken zu überwinden. Doch sein Fuß verhakte sich. Er verlor das Gleichgewicht und prallte mit der Hüfte auf eine steinerne Kante. Ein Fehler, der schmerzhafte Folgen hatte. Humpelnd erreichte er den Spalt in der Wand und sah im letzten Augenblick, wie sich der Dieb mit der Beute auf und davon machte. Eine weitere Verfolgung erschien sinnlos. In den Gassen, bei schlechter Sicht und mit schmerzender Hüfte war es aussichtslos, seine hart verdienten Reales wieder zu bekommen. „Na warte, Bursche, wenn ich dich in die Finger kriege, dann…“, drohte er mit der Faust noch hinterher. Mit schmerzverzerrter Miene machte er fluchend auf den Rückweg, vorbei an eingestürzten Häusern und Haufen aus Schutt. In besseren Tagen waren dies Wohnhäuser wohlhabenderer Männer gewesen, doch jetzt waren es nur noch Ruinen, wie so vieles in dieser Stadt. Linda Ashworth-Thomas lag der lederne Beutel schwer in der Hand und hatte es spürbar schwieriger gemacht, das Gleichgewicht zu halten, als sie soeben den Berg aus Schutt bezwungen hatte. Doch diese Einschränkung, hatte sie nur allzu gern in Kauf genommen, bedeutete sie doch einen vollen Magen für die nächsten Tage oder, mit etwas Glück, sogar Wochen. Das würde sie herausfinden, sobald sie im Versteck die Beute zählte. Die Hälfte davon musste sie später an ihren Komplizen Tom abgeben, der vorhin so vortrefflich den Mann im Wirtshaus abgelenkt hatte. Anschließend war es ein Leichtes gewesen, dem unvorsichtigen Händler den Beutel vom Gürtel zu schneiden. Doch das kleine Messer, das sie dafür immer benutzte, war alt und nicht mehr das schärfste, sodass der Mann den Beutezug zu früh bemerkte und sie um ein Haar gepackt hätte. Nur knapp war sie seinem Griff entkommen und hatte auf die Straße fliehen können. Eine gehörige Tracht Prügel wäre da die mildeste zu erwartende Bestrafung gewesen. Zum Glück hatte sie sich wieder einmal auf ihre flinken Beine verlassen können. Aber wieso sollte Tom jedes Mal die Hälfte der Beute bekommen? Klar, er war es, der die Ziele auskundschaftete und dann den Lockvogel spielte. Immerhin war er vier Jahre älter als sie und sah schon ziemlich erwachsen aus, was die meisten Opfer keinen Verdacht schöpfen ließ, wenn er sie in belanglose Gespräche verwickelte und den Betrunkenen spielte. Aber das Risiko auf frischer Tat ertappt zu werden, trug am Ende sie, während er immer den Unwissenden mimen konnte. Diesmal wollte sie ein paar Münzen für sich zur Seite zu schaffen, bevor sie Tom im Versteck traf. Die letzte Warnung, die ihr Verfolger ihr hinterher gebrüllt hatte, klang ihr noch in den Ohren. Hatte er sie ‚Bursche‘ genannt? Sie musste grinsen. Ich bin doch aber ein Mädchen, fast schon eine richtige Frau, dachte sie bei sich. Sie war vollkommen durchnässt und die Kleidung klebte ihr eng am Körper, als sie den Weg zu ihrem Versteck einschlug. Ihr Ziel waren die Überreste eines ehemaligen Lagerhauses am Rande des zerstörten Hafenviertels von Port Royal. Das Resultat der Katastrophe von vor knapp drei Jahren. Hierhin verirrte sich kaum jemand. Nur einige Waisenkinder, die ihre Eltern in den Fluten des Tsunamis verloren hatten, fanden ihre Heimat in den Ruinen der Gebäude. Eines von ihnen war Linda. Von der einst blühenden Stadt war nur ein Trümmerhaufen geblieben. Die unbändige Naturgewalt hatte Tod und Zerstörung gebracht und verheerende Folgen gehabt. Weil der sandige Untergrund, auf dem sie erbaut worden war, keinen Widerstand leisten konnte, war die halbe Stadt fortgerissen und ins Meer gespült worden. Die Zeiten, in denen einige ehrbare Kaufleute und viele, weit weniger ehrbare Piraten, Diebe, Mörder und andere Halunken, ihren Reichtum im berüchtigten Port Royal zur Schau stellten und mit vollen Händen ausgaben, waren lange vorbei. Der Trubel auf den Straßen, das Gegröle und Geschrei in den Tavernen und Dirnenhäusern war mit einem Mal verstummt. Fortgespült von den Fluten des Meeres, das sie einst reich gemacht hatte. Wer nicht wie viele Tausende an jenem Tag gestorben war, war geflohen und nie mehr zurückgekehrt. Als sie bei den Ruinen angekommen war, und ihren angestammten Platz erreichte, zog sie ihre nasse Kleidung aus und legte sie sorgfältig zum Trocknen unter den noch überdachten Teil aus. Der Wind peitschte den Regen durch die offenen Wände der Mauerüberreste. Sie fröstelte und beeilte sich eine Decke auf zusammengenähten Stoffresten überzuwerfen. Sie musste wieder an den Mann denken, der sie für einen Jungen gehalten hatte. Obwohl ihre erste Monatsblutung eine Weile zurücklag, hatten die zarten Brüste erst vor kurzem sichtbar zu wachsen begonnen. Sie war ein bisschen stolz darauf, auch wenn die meisten anderen Mädchen in ihrem Alter weiter entwickelt waren. Ihr ansonsten drahtiger Wuchs und die kurzen struwweligen schwarzen Haare trugen ihr Übriges dazu bei, dass ihr Geschlecht oft verwechselt wurde. Es würde eine Weile dauern, bis Tom zurückkehrte und von den anderen Waisenkindern war nichts zu sehen, wahrscheinlich hatten sie sich zum Schutz vor dem Wetter in die hintersten Ecken verkrochen. Sie setzte sich auf eine trockene Stelle und blickte durch ein Stück der eingestürzten Seitenwand aufs Meer hinaus. Der Stein war kalt. Sie schauderte. Hoffentlich würde er bald die Wärme ihres Körpers annehmen und es etwas angenehmer machen. Im Wasser sah sie Spitzen von aufragenden Steinplatten und hölzernen Balken. Es musste bald Ebbe sein, denn nur bei Niedrigwasser konnte man den versunkenen Teil der Stadt sehen und sogar betreten, wenn auch nur für wenige Stunden. Dort fing man dann in den Pfützen zwischen den Steinen Krabben, Muscheln und Fische, die einem den Magen füllten. Der Weg durch die algenbewachsenen Überreste war jedoch mühselig und gefährlich. Eine Unachtsamkeit reichte aus, um auszurutschen und sich den Knöchel zu verstauchen, oder schmerzhafte Abschürfungen zu erleiden. Zum Glück hatte sie das für die nächsten Tage nicht mehr nötig. Ab und zu nahm sie das Risiko auf sich, um zu der Stelle zu gelangen, wo einst die Werkstatt ihres Vaters gestanden hatte. Er war ein angesehener und fähiger Schiffszimmermann, der in guten Zeiten er sogar einige Gesellen zur Anstellung gehabt hatte. Dann gab es mehr als genug zu tun, wenn die Freibeuter von ihren Kaperfahrten zurückkehrten, im Hafen anlegten und ihre ramponierten Schiffe auf Vordermann gebracht haben wollten. Oft hatte sie ihn als Kind dabei beobachtet, wie er mit den sonderbarsten Gestalten über den Preis feilschte. Von rauen, ungewaschenen Männern mit fehlenden Armen und Holzbeinen, die durch ihre Zahnlücke Lieder pfiffen; bis hin zu Schönlingen, die in allerlei bunte Tücher gehüllt sich benahmen wie der König von England höchstselbst. Sie alle benötigten die Dienste ihres Vaters. Als sie älter war, half sie ihm dabei, Zapfen und Nieten zu sortieren oder die Planken mit warmem Pech zu bestreichen. ‚Kalfatern‘ nannte ihr Vater das immer und diente zur Versiegelung. Sie konnte Klinker- von Kraweelbau unterscheiden und wusste, welche Vor- und Nachteile diese jeweils hatten. Ihr Vater lachte jedes Mal, wenn sie wieder mithelfen wollte und versuchte dann, sie zurück zur Mutter in die Küche zu schicken. Das sei keine Arbeit für ein Mädchen, hatte er stets gemahnt, ließ sie aber meistens gewähren. An ihrem zehnten Geburtstag, dem letzten, den sie zusammen...


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