Jungheinrich / Stoll | Was noch kommt ... | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 93 Seiten

Reihe: edition neue zeitschrift für musik

Jungheinrich / Stoll Was noch kommt ...

Der Komponist Matthias Pintscher
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-7957-8643-4
Verlag: Schott
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Der Komponist Matthias Pintscher

E-Book, Deutsch, 93 Seiten

Reihe: edition neue zeitschrift für musik

ISBN: 978-3-7957-8643-4
Verlag: Schott
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Matthias Pintscher, geboren 1971 im westfälischen Marl, gehört zu den erfolgreichsten und interessantesten Komponisten seiner Generation. In seiner Kunst verbündet er sich mit dem Schwierigsten und Sperrigsten. Er geht entschieden und rigoros mit seinen Materialien um, entfaltet eine radikale Poetik. Intensiv beschäftigt er sich mit dichterischen Grenzgängern wie Hans Henny Jahnn und Arthur Rimbaud; außerdem inspirieren ihn immer wieder Malerei und Architektur.

Der Band, der in Zusammenarbeit mit der Alten Oper Frankfurt am Main entstand, versammelt Beiträge von Norbert Abels, Hans-Klaus Jungheinrich, Siegfried Mauser, Eva Pintér, Wolfgang Sandner und Martin Zenck

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Weitere Infos & Material


Vorwort - Norbert Abels: Musik als imaginäres Theater. Matthias Pintschers Poesie der Bühne - Éva Pintér: Poesie als Anregungsquelle. Textvertonung und musikalische Inspiration bei Matthias Pintscher - Wolfgang Sandner: Einstürzende Erinnerungen. Matthias Pintschers Oper 'Thomas Chatterton' zwischen theatralischer Gestik und autarker Musikstruktur - Hans-Klaus Jungheinrich: Musik und Raum. Orientierungspunkte bei Matthias Pintscher - Siegfried Mauser: Struktureller Klangästhetizismus. Zu einigen Instrumentalkonzerten Matthias Pintschers - Martin Zenck: Der Begriff der Figur im Werk Matthias Pintschers - Der 'eigene' Ton, ein unwillkürlicher Fortschrittsmotor? Abschließende Podiumsdiskussion mit den ReferentInnen und Matthias Pintscher


Poesie als Anregungsquelle Textvertonung und musikalische Inspiration bei Matthias Pintscher Éva Pintér Es gibt kaum einen Bericht, eine Werkeinführung oder einen PR-Text über Matthias Pintscher, in dem nicht ein Satz von ihm zitiert wird: «Meine Musik vertraut der Kraft des Poetischen». In der Tat basieren zahlreiche seiner Kompositionen auf einer konkreten Inspiration aus der Bildenden Kunst oder, noch häufiger, aus der Literatur: Die literarischen Quellen Pintschers reichen von Ovid bis zu Texten von Georg Büchner, Stéphane Mallarmé, Hans Henny Jahnn und Edward Estlin Cummings – dabei geht es allerdings keineswegs allein um vertonte Texte, sondern auch um Werke für rein instrumentale Besetzung. Ein Dichter spielt in diesem Bereich der verbalen, quasi ins Musikalische übertragenen «Quellen» eine absolut dominierende Rolle in Matthias Pintschers Schaffen: Arthur Rimbaud (1854-91), und die zahlreichen durch Rimbaud inspirierten Werke Pintschers zeigen sowohl kompositionstechnische wie auch ästhetische Stufen, ja Entwicklungslinien auf. «Die Auseinandersetzung (besser: Versuche einer Annäherung) mit der Lyrik Rimbauds begann gleichzeitig mit meinen ersten kompositorischen Überlegungen im Alter von 16 Jahren», so Pintscher;1 schon im Jahre 1990, also mit 19 Jahren, komponierte er einen – unveröffentlicht gebliebenen – dreiteiligen Liederzyklus für Sopran und Klavier mit dem Titel Ofelia nach Texten von Rimbaud. Seine weiteren durch Rimbaud inspirierten Werke sind: der fünfteilige Zyklus Monumento – Monumento I für Klavier (1991) – Monumento II «Devant une neige» für Orchester (1993) – Monumento III «Départ» für Instrumentalensemble (1993; rev. 1995) – Monumento IV «Choc» für Orchester (1996) – Monumento V «Départ – 2. Versuch» für vier Soprane, vier Mezzosoprane, drei Violoncelli und Ensemble (1998) – Sur «Départ» für acht Frauenstimmen,2 drei Violoncelli und drei Orchestergruppen (1999) – Vers quelque part … – façons de partir in zwei Versionen, nämlich für acht Frauenstimmen a cappella und fünf Schlagzeuger ad libitum bzw. für acht Frauenstimmen,3 Sprecherin, Schlagzeug, drei Violoncelli und kleine Live-Elektronik (2000 bzw. 2001) – die Oper L’espace dernier (UA Februar 2004 in Paris) (Der Vollständigkeit wegen sei hier vermerkt, dass Pintscher auch in seinem Bühnenwerk Gesprungene Glocken (1993/94; rev. 2000) Texte von Rimbaud verwendete.) Alle Texte für die oben genannten Stücke stammen aus Rimbauds 1887 entstandenem Les Illuminations (in deutscher Übersetzung heißt der Band entweder «Erleuchtungen», «Farbstiche» oder «Licht-Spuren»). Monumento II – «Devant une neige» basiert auf Rimbauds Being Beauteous (der Text inspirierte übrigens auch Benjamin Britten4 und Hans Werner Henze5), Monumento IV – «Choc» auf Barbare. Noch signifikanter für Pintschers künstlerische Beziehung zu Rimbaud erscheint es, dass mehrere seiner Werke das Prosagedicht Départ aufgreifen; in Vers quelque part (2000/2001) wird Départ außerdem noch durch Ausschnitte aus dem Gedicht Le bateau ivre von Rimbaud sowie durch Zitate aus den Briefen von Isabelle, der Schwester von Rimbaud, ergänzt – die Bedeutung dieser Vorgehensweise wird später noch erörtert. Paul Verlaine, Dichterfreund und Gefährte Rimbauds sowohl im künstlerischen wie auch im privaten Bereich, bezeichnete Les Illuminations als «diamantene Prosa». In diesem Band entwickelt Arthur Rimbaud eine einzigartige dichterische Sprache zwischen freiem Vers und rhythmischer Prosa, eine ungemein verdichtete Sprache, die gerade durch diese Verdichtung wie auch durch ihre bewusste «Regellosigkeit» sinnesschärfend wirkt. Matthias Pintscher erklärte mehrfach, welche Art künstlerische Inspiration er bei diesen Texten findet. «Für mich gehören Rimbauds poetische, innere Gedichte mit ihrer fast schon apotheotischen Ausdruckskraft zu den unwahrscheinlichsten Sprachschöpfungen eines jungen Dichters überhaupt. Ihr Pathos trifft mich unvermittelt und schonungslos», schrieb er zu seinem 1993 entstandenen Monumento III,6 und für seine besondere Vorliebe zum Text Départ äußerte er sich anlässlich der CD-Aufnahme7 seiner Komposition Sur «Départ» in einem Briefwechsel mit Hans-Peter Jahn im Januar 2001 folgendermaßen: «Seit den allerersten kompositorischen Schritten setze ich mich mit dem dichterischen Werk von Arthur Rimbaud und seinem Leben auseinander. Und diese Auseinandersetzung ist noch lange nicht abgeschlossen. Ich weiß nicht, wo sie mich noch hinträgt. Die Erregung im ersten Moment der Begegnung mit seiner Dichtung ist bis heute ungebrochen. Innerhalb der Werke, die einen dichten Bezug zu Rimbaud suchen (und die ich zyklisch unter dem Titel Monumento zusammenfasse), bildet ein für mich ganz besonderes Gedicht einen roten Faden: Départ, aus den Illuminations. Ich habe seit 1993 versucht zu begreifen, warum mich dieser extrem verknappte Text so umtreibt, von Werk zu Werk spült, mitnimmt. Ich bin schon viermal mit dem Text umgegangen und gerade befinde ich mich mitten in der fünften Auseinandersetzung mit immer dem gleichen Text. Jeder ‹neue Versuch› ist eine Metamorphose des jeweiligen vorigen Zustandes. Es handelt sich aber nicht um ein ‹Work in progress›, denn jede Fassung – ich nenne es lieber ‹Zustand› – gilt für sich und knüpft an den ‹Grenzen› seines Vorgängers an. Man könnte auch von Transformationen sprechen. Ein Text spiegelt sich in einem ihm jeweils zugeordneten Raum. Der Text wandert von Stück zu Stück und so auch von Raum zu Raum.» Die unterschiedlichen Stationen dieser Auseinandersetzung mit Rimbauds Œuvre sind deshalb interessant, weil sie den Weg Pintschers von rein instrumentalen, also «textlosen» Werken bis zu konkreten Textvertonungen aufzeigen. Die erste Station dabei ist das 1991 entstandene Klavierstück Monumento I mit dem Untertitel «in memoria di Arthur Rimbaud». Diesem Werk liegt noch kein Text von Rimbaud zugrunde; vielmehr soll das Stück, laut Pintschers eigenen Worten, versuchen, «die Photographie des 17jährigen Rimbaud von Étienne Carjat vor Augen … in der Komposition an der Physiognomie des Dichters entlangzuzeichnen und dabei ein Charakterbild von Rimbaud offenzulegen – eine Art psychogrammatischer Abriss; strahlender Aufriss dieses von dichterischer Besessenheit und Lebenshunger umhergetriebenen jungen Mannes, ähnlich wie in den anatomischen Zeichnungen Leonardos».8 Schon in diesem Werk – das Pintscher auf den 100. Todestag von Arthur Rimbaud, den 10. November 1991, datierte – lassen sich klangliche Effekte und kompositionstechnische Kunstgriffe registrieren, die auch die späteren «Rimbaud»-Stücke Pintschers prägen werden. Da ist zunächst der Kontrast zwischen fast starr liegenden statischen Akkorden und plötzlich aufflammenden, kurzen motivischen Floskeln, aber auch der Kontrast zwischen der weitgehend leise gehaltenen Dynamik und plötzlichen Fortissimo-Ausbrüchen oder zwischen extrem hohen und extrem tiefen Registern. Monumento II, entstanden 1993, ist ein weiterer künstlerisch-ästhetischer Schritt, denn das Werk basiert – obwohl es rein instrumental konzipiert ist – auf einem konkreten Text, nämlich auf Being Beauteous von Rimbaud. Die enge (wenn auch latente) Beziehung zwischen Text und Musik betonte Pintscher selbst: «An Rimbauds Sprache, an ihren Farbwerten – seismographisch ausgelotet – komponiere ich so eng wie möglich entlang und versuche, bis in das ‹Innerste› (wie abstrakt es sich auch immer zeigen mag) dieser Szenerie einzudringen, versuche, die Situation ganz auszuleuchten und begreife mein Scheitern … Rimbauds Gedicht wirkte auf mich bei der Vertonung wie ein Impulsgeber, welcher metaphorische – auch farbliche, klangfarbliche – Assoziationen freisetzte und so ein sehr inspiriertes Arbeiten ermöglichte.»9 Es wäre zweifellos interessant, das Gedicht von Arthur Rimbaud, das seinen eigenen Rhythmus durch den Wechsel verbal ausgeloteter Farben, Klänge und Bewegungen erhält, über die Partitur von Monumento II als eine Art «Folie», ja als eine Art «Programm» auszubreiten. Doch genau das wollte Matthias Pintscher nicht, indem er betonte: «Das klingende Resultat muss sich konkretisierendem Zugriff entziehen …»10 Diese Äußerung erscheint auf den ersten Blick...



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