E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-5427-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Christy Jeffries hat einen Abschluss der University of California in Irvine und der California Western School of Law. Das Pflegen von Gerichtsakten und die Arbeit als Gesetzeshüterin haben sich als perfekte Vorbereitung auf ihre Karriere als Autorin und Mutter erwiesen. Mit zwei Energiebündeln von Söhnen, der eigenwilligen Großmutter und einem sehr geduldigen Ehemann lebt Christy Jeffries glücklich in Süd-Kalifornien. Folgen Sie ihr auf Facebook oder besuchen Sie ihre Webseite www.christyjefries.com.
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1. KAPITEL Maria Carmen Delgado war einmal unter schweren Beschuss geraten, als sie ein abgelegenes Militärcamp in Afghanistan bewacht hatte. Nachdem sie das Marine Corps verlassen hatte und zur Polizei gegangen war, hatte sie in einem der kriminellsten Viertel von Las Vegas auf Streife Verbrecher verhaftet. Aber es waren die beiden achtjährigen Zwillinge Aiden und Caden Gregson, die ihr jetzt und hier, im beschaulichen Sugar Falls in Idaho, einen verfrühten Herztod bescheren würden – da war sie sich ziemlich sicher. „Jungs“, sagte sie, als sie die Fahrertür ihres Polizeiwagens aufschloss, „ich habe euch doch gesagt, dass ihr hinten sitzen bleiben müsst, wenn ihr bei mir mitfahren wollt.“ „Tut uns leid, Officer Carmen“, sagte Aiden wenig zerknirscht. „Chief Cooper hat sich per Funk gemeldet, und wir mussten ihm ja sagen, dass du 10-7 bist, weil du pinkeln musstest. Den geheimen Polizeicode für pinkeln wussten wir aber nicht.“ Als Carmen sich freiwillig für das Mentorenprogramm der Grundschule in Sugar Falls gemeldet hatte, hatte sie sich vorgestellt, für ein benachteiligtes junges Mädchen eine Art große Schwester zu werden. Dass der Rektor ihr zwei identisch aussehende Jungs zuteilen würde, die es faustdick hinter den Ohren hatten, damit hatte sie nicht gerechnet. Normalerweise kümmerte sie sich natürlich nur außerhalb ihrer Dienstzeit um die beiden. Doch heute hatte sie die Schicht eines kranken Kollegen übernommen und die Erlaubnis erhalten, die Zwillinge im Polizeiwagen von der Schule abzuholen und mit aufs Revier zu nehmen. Es ging ja nur um eine Stunde, hatte sie sich gesagt. Was konnte da schon schiefgehen? Eine Menge, wie sich herausstellte. Inzwischen hatten sich die Zwillinge in eine der Gefängniszellen auf dem Revier eingeschlossen, ihr Taschengeld für die ganze Woche verprasst, weil sie mit der Telefonistin gewettet hatten, dass sie es nicht schaffen würde, ihre Matheaufgaben zu lösen, und hatten sich in der örtlichen Tankstelle ein Hausverbot eingehandelt. Und nun hatten sie Carmens Chef gesagt, dass sie „pinkeln“ war. Was sich in ihrer vollen Montur aus Uniform und taktischer Ausrüstung leichter anhörte, als es war. Zumal sie seit ihrer Operation viel öfter musste als früher. Da sie die Jungs ja schlecht in die Damentoilette hatte mitnehmen können, hatte sie ihnen eingeschärft, hinten im Wagen sitzen zu bleiben, und Scooter Deets, einen örtlichen freiwilligen Feuerwehrmann, gebeten, ein Auge auf sie zu haben. Aber auch ihm waren die Zwillinge offenbar über. Kopfschüttelnd betrachtete sie die Jungs. „Ich hätte euch nie die Funkcodes lernen lassen dürfen“, sagte sie streng. „Ihr beide habt 10-30 missachtet und steht kurz davor, 10-15 zu werden.“ „Moment.“ Caden zog sein kleines Notizbuch hervor. „Was ist noch mal 10-15?“ „Ein Verhafteter“, erwiderte sein Bruder mit schalkhaftem Lächeln, bei dem er seine Zahnlücken zeigte. „Hey, Officer Carmen, bringst du uns auch Spanisch bei?“ „Vamanos, mi liositos“, erwiderte sie, während sie sie zurück auf die hinteren Sitze schob und nach dem Funkmikro griff, um sich bei ihrem Chef zu melden. „Tut mir leid, Chief“, sagte sie. „Die Gregson-Zwillinge sind offiziell vom Dienst suspendiert, weil sie den direkten Befehl missachtet haben, auf dem Rücksitz zu bleiben.“ „Roger“, erwiderte ihr Chef. „Sagen Sie ihnen, dass ihr Dad sie vom Revier abholen wollte. Ich habe Luke gesagt, dass ihr ihn beim Sportplatz trefft. Sie können sie dort bei ihm abgeben.“ Carmens Magen zog sich zusammen. Captain Luke Gregson, der Vater der Zwillinge, war der letzte Mensch, den sie heute sehen wollte. Oder irgendwann. Aber das konnte sie Chief Cooper ja schlecht sagen. „10-4“, erwiderte sie stattdessen und unterbrach die Verbindung. Dann drehte sie sich zu ihren beiden Schützlingen um. „Anschnallen, Jungs.“ „Können wir mit Blaulicht und Sirene fahren?“, fragte Caden, als sie wieder auf die Hauptstraße einbog. „Dad lässt uns Strafrunden laufen, wenn wir zu spät zum Training kommen.“ Carmen dagegen hatte es ganz und gar nicht eilig, dem gut aussehenden Captain Gregson zu begegnen. Der ehemalige Navy SEAL war Witwer und offenbar über den Tod seiner Frau noch nicht hinweg. Und er hatte die extrem frustrierende Angewohnheit, Carmen wie einen guten Kumpel zu behandeln. Nun gut, das konnte man ihm oder den anderen Männern in Sugar Falls nicht wirklich übel nehmen. Sie trug ihre langen schwarzen Haare immer zu einem strengen Knoten gebunden und schminkte sich nie. Außerdem hatte sie sich an ihren von Männern dominierten Arbeitsplätzen angewöhnt, nicht mit weiblichem Verhalten aufzufallen. Deshalb übersahen die meisten wohl, dass unter der schusssicheren Weste und der blauen, nicht gerade modischen Uniform eine ganze Frau steckte. Unbewusst schob sie die Hand unter ihren Einsatzgürtel und strich über ihre längste Narbe. Na ja, eine halbe Frau. Sie atmete tief durch und versuchte, sich auf das Geschnatter ihrer achtjährigen Passagiere zu konzentrieren. Vom Kopf her wusste sie, dass ihre Unfähigkeit, Kinder zu bekommen, an ihrer Weiblichkeit nichts ändern sollte. Aber dieses nagende Gefühl der Unzulänglichkeit ließ sich nicht so einfach vertreiben. „Hey, Officer Carmen“, unterbrach Caden ihre Gedanken. „Kommst du zu unserem Spiel am Samstag?“ Carmen unterdrückte ein Seufzen. Sie mochte die Zwillinge, und sie wäre gern zu all ihren Baseballspielen gegangen. Aber lieber würde sie sich noch mal operieren lassen, als mehr Zeit als nötig mit dem Vater der beiden zu verbringen. Oder Captain Grübchen, wie sie ihn heimlich nannte. Luke war einen Monat nach ihrer Versetzung nach Sugar Falls zurückgekehrt. Als Angehörige des Marine Corps hatte sie von seinem Elite-Team gehört, auf dessen Konto einige der gefährlichsten Missionen in Afghanistan gingen. Dass einer dieser Männer sich ausgerechnet in Sugar Falls niederließ, hatte sie überrascht. Noch mehr, wie verflixt gut er aussah. Und nun mochte sie auch noch seine Kinder. Sehr. „Ich weiß bisher nicht, wie dieses Wochenende mein Dienstplan aussieht“, sagte sie. „Och, bitte, Officer Carmen“, fiel Aiden ein. „Seit Tante Kylie die Babys bekommen hat, sind wir die einzigen Kinder im ganzen Team, die niemand im Publikum anfeuert.“ Schuldbewusst zupfte sie an ihrer Hose. Da badete sie in Selbstmitleid, weil sie nie eigene Kinder haben würde, während diese beiden armen Kerlchen ohne Mutter aufwachsen mussten. So sehr sie die beiden ins Herz geschlossen hatte – tat sie ihnen wirklich einen Gefallen, wenn sie sie so nahe an sich heranließ? Die Zwillinge brauchten eine richtige Mutter. Sie parkte neben dem Sportplatz und kam um eine Antwort herum, weil ein großer, muskulöser blonder Mann sich dem Wagen näherte und ihnen zuwinkte. Wie immer, wenn sie Captain Luke Gregson sah, zog sich ihr Magen schmerzhaft zusammen. „Na, ihr Racker?“, begrüßte er seine Kinder und steckte den Kopf durch die Seitenscheibe. „Habt ihr heute ein paar Verbrecher gefangen?“ Sein Gesicht war ihr so nah, dass sie sehen konnte, wo er sich am Morgen beim Rasieren geschnitten hatte. Und sie roch sein Aftershave, das nach Limonen und Eichenmoos duftete. Nimm dich zusammen, Delgado, schalt sie sich streng. „Wir haben fast einen Raubüberfall an der Tankstelle verhindert“, erzählte einer der Zwillinge auf dem Rücksitz. Doch Carmen musste sich so darauf konzentrieren, nicht ihre Nase an Lukes gebräuntem Hals zu vergraben, dass sie nicht wusste, welcher der beiden Jungs das gesagt hatte. „Wir haben gerade unsere Slushies getrunken, als ein Mann reinkam, der den Hut tief ins Gesicht gezogen hatte und in seine hintere Tasche griff, als wolle er eine Waffe rausholen.“ Skeptisch hob Luke eine Augenbraue. Offenbar kannte er bei seinen Kindern den Hang zu Übertreibungen. Carmen hätte nun etwas einwerfen sollen, aber sie brachte keinen Ton heraus. „Also haben Caden und ich uns auf ihn gestürzt. Wir wollten ihn mit Karate besiegen, bevor er jemanden erschießen kann.“ „Ach herrje“, murmelte Luke, und Carmen brachte endlich ihre Hormone genügend unter Kontrolle, um die Sache erklären zu können. „Keine Angst.“ Sie hob die Hand, als wolle sie seine sorgenvollen Gedanken stoppen, und legte sie dann hastig wieder aufs Lenkrad, als ihr klar wurde, dass sie beinahe seine Wange gestreichelt hätte. „Es war nur Scooter Deets, und er hat nach seiner Brieftasche gegriffen, nicht nach einer Waffe.“ „Ja, aber wir haben ihn nicht erkannt, weil er nicht seine übliche Mütze getragen hat. Seine Ziege hat sie zerkaut, jetzt muss er sich eine neue besorgen.“ „Also wurde niemand verletzt?“, versicherte sich Luke. „Nichts wurde beschädigt?“ „Na ja, Scooter ist nichts passiert, weil wir auf dem Ständer mit den Chips gelandet sind, als wir uns auf ihn gestürzt haben. Aber Mrs. Marconi hat gesagt, jemand müsste ihr den Schaden bezahlen.“ Luke fuhr sich mit den Fingern durch sein militärisch kurz geschnittenes Haar. Carmen hatte diese nervöse Angewohnheit schon ein paar Mal bei ihm gesehen und wusste, dass der arme Vater wieder mal wegen der Streiche seiner Kinder im Stress war. „Okay, Jungs, raus aus dem Wagen und wärmt euch schon mal auf. Eure Sachen liegen auf der Bank.“ „Müssen wir Extrarunden laufen?“, fragte Aiden. „Nur, wenn ihr euch...