Jacobs / Leopold | René Jacobs im Gespräch mit Silke Leopold | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 223 Seiten

Jacobs / Leopold René Jacobs im Gespräch mit Silke Leopold

"Ich will Musik neu erzählen". epub 2

E-Book, Deutsch, 223 Seiten

ISBN: 978-3-7618-7007-5
Verlag: Bärenreiter
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



„Der zurzeit aufregendste Operndirigent“(Münchner Merkur)

René Jacobs gehört zu den renommiertesten Dirigenten der Oper zwischen Monteverdi und Mozart – Werken, die er sowohl an den zentralen Opernhäusern in Europa realisiert als auch auf dem CD-Markt in Referenzeinspielungen präsentiert. Der gebürtige Belgier begann seine Karriere als auf historische Aufführungspraxis spezialisierter Sänger im Fach Altus und war in diesem Stimmfach mehr als ein Jahrzehnt führend. Heute feiert er als Dirigent Erfolge. Und er gehört zu jenen Dirigenten, die ihre praktisch-musikalische Arbeit auf fundierter Quellenkenntnis aufbauen.

In diesem Buch gibt er in der lebendigen Form des Gesprächs mit der Opern- und Barockexpertin Silke Leopold erstmals Auskunft über seine Arbeit als Dirigent und Sänger, über seine Karriere und alle Fragen rund um Aufführungspraxis und Interpretation.

- Das aktuelle Buch über den weltberühmten Dirigenten und Sänger
- Eine Schlüsselfigur der Alte-Musik-Bewegung
- Für Musiker, Theatermacher, Alte-Musik-Freunde und René-Jacobs-Fans
- Mit einer Einführung in die jeweilige Thematik von Silke Leopold

Aus dem Inhalt
„René, weiter spielen, weiter spielen!“
Stationen einer Karriere: Der Schüler. Der Sänger. Der Lehrer. Der Dirigent

„Wir brauchen beides: Sinnlichkeit und Spiritualität“. Sternstunden, Träume, Traumata

„Authentisch nach dem Buchstaben – authentisch nach dem Sinn“
Über Alte Musik und historische Aufführungspraxis: Über Arie und Rezitativ – Hohe Stimmen, tiefe Stimmen – Über Gesangstraktate

„Monteverdi werde ich nie müde“
Über Komponisten und ihre Werke (Schubert – Bach – Händel – Telemann – Purcell – Lully – Rameau – Gluck – Mozart – Haydn – Rossini – Monteverdi – Cavalli)

„Wer Oper spielen will, muss die Spielregeln akzeptieren“.
Produktionsbedingungen im Opernbetrieb: Der Sänger als Dirigent – Vom Schreibtisch zum Orchestergraben – Über Eingriffe in den Notentext – Über die Verpflichtung von Sängern und Orchestern – Über Innsbruck und andere Festivals – Historische Aufführungspraxis und Regietheater

Die Autoren
René Jacobs ist eine Schlüsselfigur der Alte-Musik-Bewegung. Er hat das Musikleben, insbesondere die Wiederentdeckung der Barockoper für die moderne Bühne, entscheidend mitgestaltet. Jacobs wurde mit zahlrei-chen Preisen ausgezeichnet, darunter mit dem Grammy Award 2005 für seine Figaro-Einspielung und dem Telemann-Preis der Stadt Magdeburg.

Silke Leopold ist die ideale Gesprächspartnerin für René Jacobs. Sie ist eine prominente Opern-Forscherin und Musikwissenschaftlerin. Bei Bärenreiter veröffentlichte sie unter anderem „Händel. Die Opern“ und das „Mozart-Handbuch“. Sie ist Herausgeberin der „Bärenreiter Studienbücher Musik“ und der Reihe „Bärenreiter Basiswissen“.
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Liebeserklärung an eine Stimme Eine Vorbemerkung Es war zu Beginn der Achtzigerjahre, als ich in Berlin eine Aufführung von Johann Sebastian Bachs h-Moll-Messe hörte – ein Werk, von dem ich jede Note zu kennen meinte, weil ich es selbst oft im Chor mitgesungen hatte. Auch dass es sich um eine Aufführung in historischer Spielweise handelte, schreckte mich nicht; immerhin rechnete ich mich selbst zu denen, die an der Wiederentdeckung der Alten Musik und an ihrer Wiedergewinnung für die musikalische Praxis mitarbeiteten, als langjähriges Mitglied im Hamburger Monteverdi-Chor ebenso wie als Musikwissenschaftlerin mit einem Hang zu Monteverdi und zu der Musik seiner Zeit. An die Aufführung insgesamt erinnere ich mich kaum noch; sie mag schön gewesen sein – außergewöhnlich war sie wohl nicht. Bis das Agnus Dei begann – jenes wehmütig transzendente Alt-Solo in g-Moll mit Violinbegleitung, von dem jede Altistin träumt, es einmal singen zu können. Es war das erste Mal, dass ich das Agnus Dei von einem Mann gesungen hörte. René Jacobs war damals, vor dreißig Jahren, ein bekannter Name in der Alte-Musik-Szene, ein Altus, der so ganz anders klang als die englischen Countertenöre und der die an diesen spezifisch englischen »Sound« gewöhnte Szene durchaus spaltete. In den Kritiken, namentlich denen in Early Music, dem in London erscheinenden Zentralorgan für Alte Musik und historische Aufführungspraxis, war wiederholt von »mannerism« die Rede, ein Begriff, der sich gern auch mit dem Epitheton »continental« schmückte. Deutlicher konnten sich die Ressentiments kaum artikulieren: René Jacobs war der Erste, der die englische Deutungshoheit über das Falsettieren und die musikalische Interpretation, die daraus resultierte, durchbrach und nachdrücklich einem anderen Klangideal huldigte. Sein Gesang – insofern traf die englische Kritik, wenn man von ihrem unsachlich polemischen Unterton einmal absah, tatsächlich den Kern – war mehr von französischen Techniken und Stilvorstellungen durchdrungen als von englischen. Mich, die ich mit meiner tiefen Altstimme im Chor für jene Mittelstimmen in Monteverdis Madrigalen zuständig war, die mal als die unterste der Oberstimmen, mal als die oberste der Unterstimmen fungierte, mal dem Frauenensemble, mal dem Männerensemble zugerechnet wurde und nirgendwo so recht Leuchtkraft entfalten konnte, traf diese Stimme mitten ins Herz. Was da erklang, war etwas, das von einer tiefen Frauenstimme, einer brustig voluminösen zumal, wie sie im Oratoriengesang damals noch üblich war, kaum weiter entfernt sein konnte. Sinnlich und dennoch wie körperlos, unleugbar männlich im Timbre und zur selben Zeit weiblich, was die Stimmlage betraf, ohne dabei in einer diffusen Androgynität zu verschwimmen, ausdrucksstark und distanziert zugleich: René Jacobs’ Interpretation des Agnus Dei eröffnete mir ein neues Verständnis von dieser Musik, die ich doch so gut zu kennen meinte, nicht nur durch den Klang seiner Stimme, sondern auch – und damit untrennbar verbunden – durch seine musikalische Darlegung des Textes, der sich nun nicht mehr dunkel und gequält, sondern licht und hoffnungsfroh artikulierte. Damals umgab diese Stimmen, für die schon ein übergreifender Name – Countertenor, Kontratenor, Altus, Contralto, Falsett – schwer zu finden war, noch ein gewisser Ruch des Skandalösen, zumal seit man angefangen hatte, die Kastratenpartien der Barockoper mit Countertenören zu besetzen. Dass diese Besetzungspraxis von England ausging, darf nicht überraschen, denn die englischen Kathedralen waren der einzige Ort, an dem das Falsettsingen die Zeiten überdauert hatte, ohne darüber hinaus jemals mit der Kultur des Kastratengesangs einschließlich ihrer medizinischen Implikationen ernsthaft in Berührung gekommen zu sein. Auch Alfred Deller, der als Erster aus der Kirchenmusiktradition herausgetreten war und den solistischen Countergesang gleichsam neu erfunden hatte, assoziierte seine Stimmlage nicht mit der eines Kastraten. Für das Repertoire, dem er sich bevorzugt widmete, namentlich das englische Lautenlied und die englische Semi-Opera, stellte sich die Frage nach der Übertragbarkeit der historischen Kastraten- auf moderne Countertenorstimmen gar nicht, und seine einzige Einspielung einer Händel-Oper (Sosarme, 1954) blieb ein singuläres Experiment. Dellers Gesang strafte auch jene Kritiker Lügen, die in der Countertenorstimme, im Falsettieren etwas Gekünsteltes, Forciertes, Unnatürliches, Gepresstes zu hören vermeinten. In einem Gespräch mit Michael und Mollie Hardwick betonte er, dass jede Stimmlage natürlich und es Aufgabe jedes Sängers sei, die seine als gegeben hinzunehmen: »An important thing for a countertenor to bear in mind always is that there’s nothing remarkable about being able to sing high. A lot of men can sing higher than I can. What matters is what one does with the voice, how one uses it, and this is something which cannot really be taught to anyone who can’t experience it instinctively. […] The most important thing for all singers, I believe, is an understanding, and an acceptance, and a humility in the presence of what nature has given you.« (M. und M. Hardwick, Alfred Deller, A Singularity of Voice, London 1980, 188f.) Alfred Deller war kein Opernsänger. Seine Domäne war die englische Musik des 16. und 17., nachher auch des 20. Jahrhunderts, sein Terrain der Konzertsaal. Später dann, als die Opernbühnen der Welt in der Folge des Jubiläumsjahres 1967 aus Anlass seines 400. Geburtstags den Komponisten Claudio Monteverdi entdeckten und für verschiedene männliche Rollen Altstimmen benötigten, als man darüber hinaus anfing, die Kastratenpartien in Händels Opern nicht mehr mit Frauen, sondern hier und da auch mit einem Mann zu besetzen, standen vor allem englische Countertenöre wie James Bowman oder Paul Esswood zur Verfügung; ihre spezifische Stimmqualität prägte die Vorstellung davon, wie männliche Altstimmen zu klingen hätten, nachhaltig. Und so einfach, wie es heute scheinen mag, war der Wechsel von Frauen in Männerkleidern zu Männern mit Frauenstimmen auf den Opernbühnen der Siebzigerjahre keineswegs: Zum einen gab es für den explodierenden Markt der Barockoper zunächst nicht genügend Sänger, die diese Rollen hätten singen und vor allem darstellen können, und zum anderen waren die englischen, primär an Lautenliedern und Kirchenmusik geschulten Stimmen so verschieden von den auf Kraft und Virtuosität getrimmten Opernstimmen, dass ein homogenes Ensemble auf der Bühne kaum zustande kommen konnte. Die teilweise nicht gänzlich befriedigenden musikalischen Lösungen verstärkten die Akzeptanzprobleme dieser neuen Stimmen, wobei es nicht nur um die Klanglichkeit der männlichen Altstimmen, sondern auch um das aktuelle gesellschaftliche Verständnis von Männlichkeit ging. Wie schon im 18. Jahrhundert, als die vorgeblich »echten« Männerstimmen Tenor und Bass für die Heldenpartien in der Oper gegen den vermeintlich weibischen und verweichlichten Kastratengesang in Stellung gebracht wurden, entzündete sich auch zweihundert Jahre später an den Countertenören auf der Opernbühne erneut eine hitzige Diskussion um männliches Rollenverständnis – so als ob die Stimmlage einer Opernfigur Rückschlüsse über die Person des Sängers erlaubte. Dass die Situation heute, nur eine Generation später, mit der damaligen kaum mehr vergleichbar ist, dass die männlichen Altstimmen inzwischen nicht nur wie selbstverständlich auf den Opernbühnen agieren, sondern vom Publikum oftmals auch gar als die heimlichen und weniger heimlichen Stars im Sängerensemble gefeiert werden, dass sie sich auch deshalb perfekt ins Ensemble einfügen, weil ihre Gesangstechnik und Interpretationsweise sich ebenso verändert hat wie die ihrer Kolleginnen, dass es inzwischen großartige Altsänger überall auf der Welt gibt, ist nicht zuletzt jenen Musikern der ersten Stunde der Alte-Musik-Bewegung zu verdanken, die ihr musikalisches Wissen nicht nur als Künstler vor dem Publikum präsentiert, sondern auch als Lehrer an die nächsten Generationen weitergegeben haben. René Jacobs, Jahrgang 1946, gehört in vorderster Linie dazu. Sein Werdegang vom Chorknaben zum Berufssänger und zum Dirigenten mag nicht untypisch für viele Musiker seiner Generation sein, die sich der Alten Musik verschrieben haben. Anders als jene, die, wie etwa Nikolaus Harnoncourt oder Jos van Immerseel, ihr Repertoire bis weit ins späte 19. und ins 20. Jahrhundert erweiterten, blieb Jacobs den musikalischen Jahrhunderten, die den Anfang seiner Karriere markieren, jedoch weitgehend treu; seine Art der Erweiterung richtet sich eher auf eine immer genauere Exploration der Kunst eines Monteverdi, eines Händel oder eines Mozart, eher auf den Rollenwechsel vom Sänger zum Dirigenten, eher auf die Wiederentdeckung zahlreicher Werke des 17. und 18. Jahrhunderts als auf eine Ausdehnung des musikalischen Zeitraums bis in spätere Jahrhunderte hinein. Wenn er im Gespräch darauf verweist, er sei »stolz gewesen, Alte Musik zu machen«, so wird an dieser knappen Bemerkung deutlich, worum es ihm und vielen anderen damals, als er seine Karriere begann, neben der Freude, Musik zu machen, auch noch ging: daran mitzuwirken, mit der Erschließung gänzlich unbekannten Repertoires für die musikalische Praxis einen epochalen Wandel im Musikleben des 20. Jahrhunderts einzuleiten und mit der neuen Interpretation altbekannter Werke wie etwa der h-Moll-Messe, des Messiah oder der Zauberflöte das Hören selbst vermeintlich vertrauter Musik zu erweitern. Dieser Maxime ist er bis heute treu geblieben – treu über alle Perspektivwechsel vom...


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