Seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. wurden im alten Orient die Könige in durchweg rühmender Absicht "Hirten" genannt. Um so mehr erstaunt, wie scharf im Alten Testament die Hirten kritisiert werden. Historisch gründet dies in den als verfehlt beurteilten politischen Machenschaften der judäischen Regenten im Kontext von Babylons Großmachtsanspruch. Zu Beginn der Exilszeit kulminiert die Klage über das Versagen der Hirten in der Vorstellung, Gott, der Herdeneigentümer, werde sich selbst der Herde Gottes Reue. Als diese Erwartung keine wahrnehmbaren Folgen zeitigte, wurde die Beschwörung göttlicher Zuwendung gegen Ende der Exilszeit dann noch intensiviert und Gott nun als Hirt angesprochen. Die alte Hirtenmetapher gewann dabei in der Transparenz auf Gottes verheißene Reue eine im alten Orient bisher unerreichte symbolische Prägnanz.
Hunziker-Rodewald
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Dr. Regine Hunziker-Rodewald ist Privatdozentin am Institut für Bibelwissenschaft/Lehrstuhl für Altes Testament der Christkatholischen und EvangelischenTheologischen Fakultät der Universität Bern, Schweiz.