Hüttner Die Altmeister
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-946413-26-4
Verlag: MainBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, 225 Seiten
ISBN: 978-3-946413-26-4
Verlag: MainBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Hamburg-Roman? Gauner-Komödie? Geriatrie-Krimi? Das Genre, das die zahlreichen Facetten der Altmeister treffend beschreibt, ist noch nicht ersonnen. Genauso wenig, wie das perfekte Verbrechen.
Falsch! Völlig falsch sogar: Die Altmeister, drei rüstige Greise, treten mit viel Witz und Genie den Gegenbeweis an - mehrfach sogar! Ein Desaster für die Hamburger Obrigkeit - ein Riesenspaß für die alten Gauner - und den Leser, der ihnen bei der Planung und Ausführung über die Schulter, auf die Finger und auch ins Hirn und Herz blicken darf ...
Andreas Hüttner wurde 1958 in Hamburg geboren, wo er seitdem lebt und arbeitet. Er ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Töchter. Der Fotograf und Werbewirt hat durch eine Vakanz in seiner ersten Werbeagentur als Quereinsteiger sein Talent für und die Liebe zum Schreiben entdeckt - und über viele Jahre als Texter praktiziert. Nach unzähligen Plakaten, Anzeigen, Salesfoldern, Broschüren, Konzepten, Strategien, Funk- und TV-Spots hat er sich endlich den Traum erfüllt, den wohl jeder Texter träumt: Das Buch! Ohne Briefing und Produktnutzen - einfach nur zum Spaß geschrieben.
Autoren/Hrsg.
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Das Anti-Aging-Verbrechen
Das Trio Walter, Günther und Karl betrat früh am nächsten Morgen das Polizeikommissariat 14 in der Caffamacherreihe 4. Ausgestattet mit reichlich Proviant von ihren Ehefrauen – Müsli-Riegel, Traubenzucker, Scho-ka-kola und natürlich Trinkpäckchen mit Multivitaminsäften sowie Wasserfläschchen – erwarteten sie, den ganzen Tag Fahndungsfotos studieren und eine Phantomzeichnung anfertigen zu müssen. Schließlich kannten sie das alle von Tatort & Co. Der sehr schnelle und professionelle Ablauf der Tat schien für die drei Senioren ein untrügliches Indiz zu sein, dass es sich hier um Serientäter handelte, denen sie heute das Handwerk legen würden! Hoch motiviert schritten sie zum Empfang. „Wir werden erwartet“, sagte Walter. „Es geht um den Raub gestern Abend in der Dammtorstraße gegen 23.00 Uhr.“ „Okay“, sagte die adrette Dame. „Nehmen Sie doch bitte noch einen Augenblick dort drüben Platz, wir kümmern uns sofort um die Angelegenheit.“ Nach 23 Minuten wurden sie von Polizeihauptmeister Winter in seinem Büro mit einem einzigen Wort empfangen. „Raubüberfall?“, fragte er. „Ja, meiner Frau wurde die Handtasche geraubt – gestern Abend nach der Oper. Wir haben das sofort telefonisch gemeldet, haben aber das Aktenzeichen in der Aufregung nicht mitbekommen. Es gibt noch keine Fahndungsergebnisse, oder?“ Polizeihauptmeister Winter setzte ein süffisantes Lächeln auf, was die drei Senioren sogleich als herablassend empfanden. Karl erhob als erster die Stimme. „Wir sind nicht senil! Unserer Freundin ist gestern die Handtasche gestohlen worden. Und das wollen wir hier und heute zur Anzeige bringen.“ Walter sprang ihm zu Seite: „Wir können den Täter und das Fluchtfahrzeug exakt beschreiben und tun alles, damit Sie den Übeltäter ergreifen.“ „Wissen Sie, wie viele Überfälle, Diebstähle und Körperverletzungen jeden Tag in Hamburg gemeldet werden?“, sagte Polizeihauptmeister Winter daraufhin in einem desillusionierten Tonfall und legte eine Kunstpause ein. „Knapp 1.000! Die Wenigsten davon werden aufgeklärt.“ Jetzt sprudelte es aus ihm heraus. „Bei Morden, das kennen Sie aus dem Fernsehen, gibt es fast immer eine nachvollziehbare Beziehung zwischen Täter und Opfer. Die Aufklärungsquoten sind deshalb hoch! Darum kümmert sich die Kripo. Damit haben wir es hier aber nicht zu tun. Wir hier ...“, er betonte das Wir gedehnt und voller Alltagsekel, „nehmen Fahrraddiebstähle auf, reden Ladendieben ins Gewissen, falls man sie auf frischer Tat erwischt, oder wir sprechen Ehemännern, die ihre Frauen verprügeln, gut zu, das nächste Mal statt der Faust nur die flache Hand zu nehmen ...“ Resigniert legte er seine Finger auf die Computertastatur. „Jetzt nehme ich Ihre Anzeige von gestern Abend auf. Sie bekommen Ihr Aktenzeichen – aber den Täter, den werden wir zu 97,5 Prozent nicht bekommen.“ Nach siebzehn Minuten durchschritten die drei erneut die Milchglastür und fühlten sich dabei so alt, wie sie waren. Erneut beraubt! Diesmal war ihr Glaube ans Gerechte gestohlen worden. An ein funktionierendes System, das Unrecht verfolgt, konsequent bestraft und so unbescholtene Bürger in Schutz nahm vor Übergriffen. „Und nun?“, fragte Walter seine Freunde. „Seid ihr auch so frustriert wie ich?“, fragte Karl. „Was soll’s?“, gab Günther den Impuls. „Fahr‘n wir zu mir und spielen ne Runde Billard – das bringt uns wieder ins Lot.“ Später beim Billard fing Walter wieder mit dem unleidlichen Thema an. „Ich kann das nicht akzeptieren!“ und hoffte auf die Unterstützung seiner Freunde, die ihn jedoch eher verwundert anschauten. „... Und was willst du machen? Dich nachts auf die Lauer legen und Greta als Lockvogel losschicken?“, ätzte Günther. „Du hast doch gehört, was in der Stadt los ist. Wenn du mich fragst, können wir froh sein, dass wir gestern alle mit dem Schrecken davongekommen sind!“, versuchte Karl die Wogen zu glätten. „Aber es kann doch nicht angehen, dass die einfach damit durchkommen und heute Abend dem Nächsten auflauern“, setzte Walter nach. „Wenn es gar kein Rechtsempfinden, keine Verfolgung und keine Strafe mehr gibt, kann ich ja morgen bei meinen Nachbarn die blöde Buche fällen, die uns seit 30 Jahren die Sonne nimmt“, wobei er eine Luft-Kettensäge genüsslich über den Billardtisch zog. „Das ist wie Mord“, dämpfte ihn Karl. „Gefährlicher noch: Baummord. Es gibt eine, für jeden durchschaubare, Beziehung zwischen dir und dem Baum. Du bist der Einzige, der ihn seit Jahren weghaben will. Was glaubst du, wie lange sie brauchen, um dich als Täter zu überführen?“ Walter ließ seine Luft-Kettensäge sinken. „Willst du damit sagen, dass es schlimmer ist, wenn ich die Buche umlege, als wenn irgendein Rotzlöffel unsere Frauen überfällt und beraubt?“ Karl fing ihn wieder ein. „Sei doch nicht so unsachlich. Natürlich ist es nicht schlimmer! Es ist nur viel einfach nachvollziehbar ... Du lieferst dich mit dieser Tat quasi automatisch als Täter auf dem Silbertablett mit.“ Günther, der dazu neigte, bei derartigen Diskussionen völlig unerwartete, aber dennoch logische Alternativen zu finden, hatte Walters Plan weiterentwickelt: „Du kannst die Buche nur ermorden, wenn du es so aussehen lässt, als wäre sie gar nicht das Ziel des Verbrechens!“ Vier Augen blickten ihn fragend an. „Na ja, du könntest zum Beispiel einen schweren Lkw klauen, mit diesem zur Ablenkung durch sämtliche Vorgärten der Straße pflügen, um schließlich mit Vollgas die Buche zu rammen! Wenn du dann nicht gesehen wirst und keine Fingerabdrücke hinterlässt, wird dich wohl kaum einer verdächtigen.“ Walter spann den Gedanken fort. „Die Polizei wird denken, dass irgendein betrunkener Jugendlicher die Kontrolle zunächst über sich und dann über den gestohlenen Lkw verloren hat – genial, Günther!“ Lediglich der Gedanke an den verunstalteten Vorgarten hinderte Walter daran, sich das Ganze mehr und mehr auszumalen. Wenn er allerdings ihr grünes Paradies als einziges verschonen würde, wäre die ganze Tarnung dahin ... Günther kannte seinen Freund gut genug, um zu wissen, welche Gedankenräder sich gerade in seinem Kopf drehten und präsentierte sogleich seinen nächsten Gedankenzug: „Lass lieber deine Enkel einen Tunnel zur Buche graben. Unkrautvernichter direkt an die Wurzeln gebracht wirkt erstaunlich schnell. In zwei, drei Jahren bist du den Baum los, ohne dass man von oben was sehen könnte ...“ Karl hatte genug! „Warum dressiert ihr nicht einfach eine Horde Holzböcke?“, steuerte er bei, um die Absurdität zu unterstreichen. „Würde nichts bringen“, schulmeisterte Günther emotionslos, „dazu müsste der Baum bereits krank und ein bisschen trocken sein. Frisches, nasses Holz mögen Holzböcke eigentlich nicht.“ Das Ausbleiben weiterer Kommentare oder Gegenargumente veranlasste Günther zu einem schelmischen Grinsen. „Na wenigstens haben wir die letzten Minuten weder an gestern Abend noch an Polizeimeister Winter gedacht!“ „Und eine ungeahnte Menge krimineller Energie freigesetzt ...“, resümierte Walter anerkennend ... Schon lange vor Sonnenaufgang wachte Walter auf, um sich fortan im Bett hin- und her zu wälzen. Gott sei Dank verfügte Greta über einen gesegneten Schlaf. Die gestrige Demütigung und Ernüchterung auf dem Polizeirevier hatte sich in seinem Gehirn festgesetzt. Seine Gedanken kreisten um den Handtaschendieb, den verlockenden Baummord und ihren kleinen, eingeschworenen Freundeskreis. Wie viele wunderbare Ideen hatten sie schon gemeinsam ausgeheckt und wie gut sie sich ergänzten. Gestern zum Beispiel: In Minutenschnelle hatten sie gleich drei Wege gefunden, den verhassten Baum loszuwerden! Alle Pläne noch nicht ausgereift, aber reizvoll! Sie hatten großes Talent bewiesen, kriminell zu denken und Spaß gehabt – jede Menge Spaß! „Mehr davon!“, nahm eine vage Vorstellung langsam Gestalt an ... Kein Baummord, sondern etwas Großes! Das war es: Kriminalität! Welche Herausforderung würde es für die drei Freunde sein, gemeinsam einen Coup auszuhecken? Nicht einfach nur ein Ding drehen, sondern das perfekte Verbrechen planen! Passieren konnte ihnen ja ohnehin nichts – alt, unbescholten und haftunfähig wie sie waren. Welch eine Vision! Und was für ein Spaß! Walter war gespannt, was seine Freunde dazu sagen würden ... An diesem Nachmittag stand der nächste Billard-Treff bei Günther an, und noch bevor Walter...