Honisch / Edelbrock / Rieger | Funtastik | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 360 Seiten

Honisch / Edelbrock / Rieger Funtastik

Funtastische Kurzgeschichten

E-Book, Deutsch, 360 Seiten

ISBN: 978-3-945230-17-6
Verlag: Leseratten Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ist eine unwahrscheinliche Wahrscheinlichkeit schlimmer als eine wahrscheinliche Unwahrscheinlichkeit?
Was passiert, wenn sich das Motiv eines Gemäldes selbstständig macht?
Kann man den Kampf gegen einen Drachen delegiert?
Kann eine gesetzestreue Invasion eines Planeten gelingen?
Was passiert nach einer katastrophal falschen Lagerung von Eiern?
Und sind gute Abenteuer planbar?

Vielleicht werden sie Teile der Antworten verunsichern, mit Sicherheit aber belustigen. Dass Fantasy und SF nicht nur ernst sein muss, das zeigen die Autoren in diesem skurilen, krankhaft aberwitzigen Buch.

Mit wahrlich funtastischen Geschichten von Ju Honisch, Michael Edelbrock, Lea Baumgart, Reneé Engel, Marie Braun, Thomas Heidemann, Jürgen Höreth, Alisha Pilenko, Christian Reul, Patricia Rieger, Frank Sawielijew, Corinna Schattauer, Martina Schiller-Rall und Christina Wuttke.
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Das Herz des Drachen
  Cooper schritt ins Innere der finsteren Höhle. Dafür fiel ihm wahrlich kein vernünftiger Grund ein. In der Tat erschienen ihm die drei Schusswaffen, die man auf seinen Hinterkopf gerichtet hielt, allesamt sehr unvernünftig. Es war ihm ein Rätsel wie er – wieder einmal – in eine solche Situation hatte geraten können. Als er sich für die Laufbahn als Naturforscher entschieden hatte, hatte er dabei in erster Linie Bäume und Blumen im Sinn gehabt. An besonders aufregenden Tagen vielleicht auch mal den ein oder anderen Stein; wenn möglich die Sorte ohne Zähne. Niemand hatte die Drachen erwähnt. Natürlich nicht, nie erwähnte jemand die Drachen. Für Dinge, die fliegen konnten, hatte Cooper nie besonders viel übrig gehabt. Und wenn es auch noch fliegende Echsen in einer bestimmten Größenordnung waren, war die Sache für ihn ganz vorbei. Nach Coopers Ansicht sollte eine Echse keinesfalls eine Größe überschreiten, der man mit einem stabilen Wanderstiefel gut beikommen konnte. Sollte er jedoch versuchen, einem ausgewachsenen Drachen damit einen Tritt zu versetzen, musste der Schuh schon sehr stabil sein. Insbesondere, wenn man darauf hoffen wollte, dass zumindest die Sohle übrig blieb. Der Rest von ihm wäre zu diesem Zeitpunkt aller Wahrscheinlichkeit nach schon nicht mehr als ein kleiner Haufen Asche irgendwo auf dem Höhlenboden. »Hört mal, Jungs«, hob er an. »Das ist wirklich eine ganz schlechte Idee. Da unten gibt es nichts, was der Mühe wert wäre.« Unsanft stieß ihn etwas in den Rücken, von dem er inständig hoffte, dass es kein Pistolenlauf war. »Du hast uns von dem Herz erzählt«, knurrte einer seiner Entführer. Unglücklicherweise konnte Cooper diese Tatsache nicht leugnen. Er hatte den drei Verbrechnern Flausen in den Kopf gesetzt. Und er hätte kein Problem damit gehabt, wenn ihm in ihrer Vorstellung dabei nicht die Rolle des Schutzschildes zuteilgeworden wäre. »Es ist ja eigentlich eher eine Legende. Vermutlich gibt es dort unten überhaupt nichts«, wiegelte er ab. »Gestern Abend klang das aber noch ganz anders.« Cooper sah ein, dass es keinen Sinn hatte, eine Diskussion anzuzetteln. Er kannte diesen Menschenschlag nur zu gut, und mit diesem ließ sich leider nicht streiten. Es waren die Ausgebeuteten, die ewig Unterdrückten. Unentwegt zwang man sie, die Drecksarbeit zu verrichten, ohne dass sich jemand auch nur ihre Namen merkte. Und das alles ohne Bezahlung. Kein Wunder, dass die Macht sie trunken machte, wenn sie endlich einmal am Abzug saßen. Er hätte sich nur gewünscht, dass das in seinem Fall weniger wörtlich zu nehmen gewesen wäre. Es gab nichts Schlimmeres als durchgedrehte Praktikanten. »Ja, aber da habe ich vielleicht ein wenig übertrieben …«, räumte er ein. »Ist dieses Herz von überirdischer Schönheit?«, erkundigte sich Praktikant Nummer eins. »So erzählt man sich«, seufzte Cooper ergeben. »Und ist es mehr wert als sämtliche Besitztümer auf Erden?«, hakte Praktikant Nummer zwei nach. »Wenn es existiert, sicherlich.« »Und befindet es sich angeblich dort unten in den Höhlen?«, wollte Praktikant Nummer drei wissen. »Angeblich, ja.« Er hatte sich gegen das Leugnen entschieden und beschlossen, stattdessen zu improvisieren. Die Gänge um sie herum wurden schmaler und dunkler Fels schien immer dichter auf sie einzudringen. Cooper wusste, dass auch unterirdische Höhlen in das Gebiet des Naturforschers fielen, doch er hatte diese Kategorisierung immer als ein wenig unfair empfunden. Nichts an diesen Höhlen erschien ihm natürlich. Ganz im Gegenteil, sie kamen ihm genauso artifiziell erzeugt vor, wie ein frisch geschaufeltes Grab. Über den Boden vor ihm tanzte der klägliche Lichtkreis einer batteriebetriebenen Taschenlampe. Er wusste, dass sie ihren schwachen Schein bald nicht mehr brauchen würden, denn die Höhle lag bereits kurz vor ihnen. Obwohl Cooper es in den letzten Jahren zu seiner erklärten Politik gemacht hatte, sich von unterirdischen Gewölben ebenso fernzuhalten, wie von sämtlichen Formen von Ungeheuern, hatte es doch eine Zeit gegeben, in der er diese Regeln etwas lockerer gehandhabt hatte. Wie alle jungen Leute war auch Cooper einst abenteuerlustig, leichtsinnig und überaus geldgierig gewesen. Mit der Erfahrung hatte sich jedoch auch eine Schwerpunktverschiebung bei ihm eingestellt. Er hatte erkannt, dass Abenteuerlust und Leichtsinn einem sehr schnell das Leben kosten konnten. Geldgier kostete in der Regel nur anderen Menschen das Leben und wurde deshalb in seinen Augen immer attraktiver. Als ein Kollege ihm im Scherz vorgeworfen hatte, dass er sich wie ein dekadenter König bald Sklaven zulegen würde, die ihr Leben für seinen Reichtum riskierten, war Cooper auf die Idee mit den Praktikanten verfallen. Diesmal war sein Plan allerdings nach hinten losgegangen und Schusswaffen hatten sie bisher auch noch nie gehabt. »Macht das Licht aus«, kommandierte er. Eine Weile konnte er in seinem Rücken ein stummes Ringen hören, doch schließlich erlosch das Licht der Taschenlampe. Jetzt konnten sie das Schimmern erkennen, das den Gang vor ihnen erhellte. Warm und rötlich ähnelte es dem Schein eines großen Feuers, doch war es beständiger, ohne das ständige Zittern und Flackern, das die Flammen sonst bescherten. »Was ist das?«, fragte einer der Praktikant in andächtigem Flüsterton. Er schien die Waffe in seiner Hand völlig vergessen zu haben, und die Rollen waren dabei sich wieder in ihre alte Position zu verschieben. »Das ist das Nest. Wir sind gleich da«, erklärte Cooper in seinem Dozententonfall, den er stets für seine Praktikanten anzuschlagen pflegte. Er hoffte dadurch, weise und ein wenig herablassend zu klingen. Sie bogen um eine Ecke und seinen Praktikanten klappten nacheinander die Kinnlade herunter. Cooper war immer der Meinung gewesen, dass man die Intelligenz eines Menschen danach beurteilen konnte, wie schnell das Entsetzen ihn erreichte. Den Klugen wurde am schnellsten klar, dass sie keine Chance hatten. Er hatte damals nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde gebraucht, um zu wissen, dass er diesen Bereich der Forschung jemand anderem überlassen würde. Auch jetzt konnte er nichts dagegen tun, dass ihm noch immer der Atem stockte. Der Anblick war einfach überwältigend. Die Höhle war riesig, wirkte jedoch um einiges kleiner dadurch, dass sie von Giganten bevölkert wurde. Mindestens dreißig der monströsen Echsen schlängelten sich auf dem Boden, die Flügel angelegt und Schuppen überall. Das Nest erinnerte Cooper auf eine ungute Weise an eine Schlangengruppe. Vielleicht wäre es ein Segen gewesen nicht alles so genau erkennen zu können. Doch die Höhle lag in gleißendem Licht, erhellt von der schuppigen Haut der Drachen. Rot und golden wie Feuer schienen sie von innen heraus zu leuchten. Und die Berge von Gold, die den gesamten Boden bedeckten, reflektierten den Schein. Früher hatte Cooper sich von all dem Gold beeindrucken lassen. Heute wusste er, dass all das wertlos war im Verhältnis zu dem, was jeder Drache mit einer seiner Klauen bedeckte. Rot schimmerte der Diamant, der die Größe eines Straußeneis erreichte. »Das Herz des Drachen«, verkündete er stolz, jedoch mit gedämpfter Stimme. Über die Ernährungsgewohnheiten der Riesenechsen war er sich nie so ganz klar geworden, aber er vermutete stark, dass sie ihren Cooper gut durch bevorzugten. »Ich dachte, das wäre nur ein Name«, stammelte einer der Praktikanten und das Sprechen schien ihm mit offenem Mund nicht ganz leicht zu fallen. »Ja, die echten Drachen hat nie jemand erwähnt«, schloss sich ihm ein anderer an. Innerlich verdrehte Cooper die Augen. Es hatte gute Gründe, warum die Existenz der mystischen Echsen geheimgehalten wurde. Es schien ihm unnötig dies zu erläutern. Für ihn war diese Regel recht simple. Man erwähnte die Drachen nicht. Nie erwähnte jemand die Drachen. »Wenn ihr euch einen von den Steinen schnappt, sind wir für den Rest unseres Lebens reich«, erinnerte er sie an den eigentlichen Plan. Zumindest war es Coopers Plan gewesen. Die einzige Abweichung war freilich, dass er sich jetzt in die Höhle begeben würde und nicht seine Praktikanten. Verzweifelt versuchte er, nicht an das Wort Barbecue zu denken. Vor der Höhle hätte er sich bedeutend wohler gefühlt, während die jungen Leute sich um seine Rente kümmerten. Vielleicht hätte er ihnen sogar etwas von dem Vermögen abgegeben. Zumindest denen, die nicht verbrannten. »Nun, ich denke, dass wir uns vielleicht lieber zurückziehen und noch einmal über die Sache nachdenken«, schlug einer der Möchtegern- Abenteurer vor. »Oder wir lassen es gleich ganz«, ergänzte der Klügste von ihnen. Falls er überlebte, würde Cooper ihm ein positives Empfehlungsschreiben ausstellen. »Er kann doch das Herz für uns besorgen«, schlug der Dritte vor, der bisher geschwiegen hatte. Mit dem Pistolenlauf wedelte er vielsagend in Coopers Richtung und einen Moment lang betrachtete er den jungen Mann eingehend. Sein Gesicht hatte etwas Rattenhaftes an sich und seine kleinen Augen blickten verschlagen drein. Er erinnerte Cooper sehr an sich selbst, als er noch jung gewesen war. Augenblick erfasste ihn eine tiefe Abscheu für den Praktikanten. »Ein Einzelner alleine wird wohl kaum eine Chance haben, gegen all die Bestien«, gab er zu bedenken. In der Tat war es diese Überlegung...


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