Himmelseher | Tödliche Wallfahrt | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 212 Seiten

Himmelseher Tödliche Wallfahrt

E-Book, Deutsch, 212 Seiten

ISBN: 978-3-7392-6900-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Römerin Carla liegt im Sterben. Lorenzo, der Schutzheilige ihrer Kirche, erscheint ihr im Traum und verspricht ihr Heilung durch den heiligen Hippolytus, der auch ihm geholfen hat. Dessen Gebeine ruhen in Köln in der Kirche St. Ursula. Carla ist zu schwach, um eine Wallfahrt nach Köln anzutreten. Aus Liebe zu ihr macht sich ihr Gatte auf den Weg dorthin, um für sie eine Reliquie des Heiligen zu beschaffen. Das gelingt ihm nur mit Hilfe von Raub und Mord. Ihm bleibt nur die Flucht. Eine tapfere Begine und ein Kölner Kaufmann sind ihm auf den Fersen. Kann die mit Blut besudelte Reliquie Carla heilen?
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1
Carla konnte nicht einschlafen. Wie ein hilfloses Kleinkind lag die todkranke Römerin verloren unter den weißen Laken ihres Bettes. Gerade noch war es ihr kalt gewesen, gezittert hatte sie und sich in ihre Decke eingemummelt. Nun schüttelten sie heiße Fieberschauer. Sie warf alle Hüllen von sich und entblößte ihren schmächtigen Leib bis auf das dünne Nachtgewand. Ihr Haar klebte nass an ihrem Kopf und ließ das schmale, blasse Gesicht noch kleiner erscheinen. Die grässlichen Wechselbäder wiederholten sich andauernd und schwächten die Arme immer mehr. Erst eine Ohnmacht erlöste sie von den Qualen. Für längere Zeit schlief die Kranke traumlos. Dann wurde es plötzlich hell vor ihrem inneren Auge. Blitze zuckten und ein alter Mann erschien ihr in gleißendem Licht. Ein güldener Ring schwebte über seinem Haupt. Es musste ein Heiliger sein. Der Mann sprach zu ihr: »Gott prüft dich, du Arme. Gott ist aber auch Gnade und Rettung! Er kann dir helfen, durch sich oder seine Heiligen. Mir, Lorenzo, dem Schutzheiligen deiner Kirche, war in den schwersten Stunden Hippolytus Hilfe und Hoffnung zugleich. Bete zu ihm, suche ihn. Er hat seine letzte Ruhestätte im heiligen Köln, in Sankt Ursula. Bestimmt hilft er auch dir.« Mit einem weiteren Blitz verschwand die Erscheinung, und Carla schlief tief und fest bis zum nächsten Morgen. Als sie erwachte, standen die nächtlichen Bilder wieder vor ihr. Ihr Herz hüpfte vor Aufregung, und es drängte sie, ihrem Mann davon zu berichten. Ihr Gatte Francesco jedoch hatte sie in ihrem Schlaf nicht stören wollen. Er war bereits, ohne die übliche morgendliche Umarmung, zu seinem Handelshaus aufgebrochen. Sein Tagwerk ging dem Ende entgegen. Francesco hatte den Einkauf neuer Wolle aus Mallorca auf den Weg gebracht, diverse Angebote für das Spinnen, Weben, Färben und Appretieren geprüft und die besten ausgewählt. Bei der Durchsicht der letzten Eintragungen in die Geschäftsbücher sowie der eingegangenen Briefe hatte seine Konzentration nachgelassen. Es war spät geworden, und er musste nach Hause zu seiner kranken Frau. Sie bedeutete ihm so viel. Er durfte Carla nicht länger warten lassen. Sorgenvoll kraulte er seinen kurz geschnittenen schwarzen Vollbart. Er musste fortwährend an Carla denken. Sein blasses Gesicht war von Kummer gezeichnet. Francesco Bovatieri wusste sich keinen Rat mehr, wie er ihr helfen konnte. Er richtete sich auf, streckte seinen kompakten, muskulösen Körper, der sich beim langen Sitzen verkrampft hatte. Dann fand er einige leise Abschiedsworte für seinen Kontorvorsteher. Er ging zum Spiegel, setzte den grünen Hut auf das schwarze Haar, überprüfte die Lederschließe seines grünen Anzugs, den er über einer weißen Strumpfhose trug, ordnete den weißen Rüschenkragen, hängte sich den leichten roten Umhang um und ging zum Ausgang. Draußen herrschte die Hitze des römischen Sommers. Wie angenehm temperiert war es hinter den dicken Mauern des Kontors gewesen! Die Sonne strahlte mit voller Kraft vom Himmel, und unter Francescos dünnen Schuhsohlen brannten die Pflastersteine. Die heilige Stadt lag unter einer alles erstickenden Dunstglocke. Der viele Unrat und all die Exkremente stanken gen Himmel. Der Kaufmann hielt angeekelt einen Zipfel seines Umhangs vor Mund und Nase und machte sich mit eiligen Schritten auf den Weg nach Hause. Bald schon passierte er die riesige Holztüre von Sankt Lorenzo Fuori le Mura, der Kirche seiner Gemeinde. Die Sonnenstrahlen reflektierten von der gewaltigen glänzenden Kuppel, und der Turm des Gotteshauses sah aus, als trüge er einen Heiligenschein. Dieses Bild berührte den Kaufmann. Flüchtig schlug er ein Kreuz und machte die Andeutung einer Verbeugung in Richtung der Kirche. Im gleichen Moment begann im Kircheninneren der Chor zu singen. »Gloria in Excelsis Deo«, schallte der Jubelgesang mit klaren Stimmen nach draußen. Francesco verharrte und lauschte den Klängen. Irgendwie hatten sie etwas Tröstliches. Dann erst setzte er seinen Heimweg fort. Nach wenigen Augenblicken erreichte er sein Zuhause. Er führte das großzügige Haus eines erfolgreichen Kaufmanns. Bovatieri war mit Tuchhandel reich geworden. Allzu gern hätte er nun im fortgeschrittenen Alter von fünfundfünfzig Jahren diesen Reichtum mit seiner Frau genossen. Carla kämpfte jedoch mit einer bösen Blutkrankheit. Es gab kaum noch eine Chance, die schwer erarbeiteten Früchte seines Tuns gemeinsam mit ihr auszukosten. Was aber bedeutet das ganze Geld und Gut, das ich besitze, ohne sie?, dachte er und verzog verbittert seine Lippen. Er eilte durch den Park seines Hauses, ohne die gepflegte Blütenpracht zu bemerken. Achtlos ging er durch den Flur mit den vielen schönen Kostbarkeiten aus aller Herren Länder, sprang die breite Treppe hinauf und öffnete die Tür zum Schlafzimmer seiner Frau. Erst jetzt bemerkte er, dass auch in seinem Heim die Hitze des Sommertages durch das dicke Mauerwerk abgehalten wurde. Die Temperatur war erträglich. Der komfortable Schlafraum hatte große Fenster zur Sonnenseite hin, lag aber im Halbdunkel. Die schweren Seidengardinen waren zum Schutz gegen die Hitze zugezogen, auch gegen das grelle Tageslicht, das die Augen seiner Frau immer weniger ertragen konnten. Mit zischendem Fauchen begrüßte ihn Caesar, Carlas weißer Perserkater, der, wie immer, am Fußende des großen Bettes lag. Die beiden mochten sich nicht. War es Eifersucht um die Hausherrin, die beiden ihre Liebe schenkte? Francesco würdigte den Kater keines Blickes. Es überraschte ihn, am Bett seiner Frau den Hausarzt zu sehen. Hatte sich ihr Zustand verschlechtert? Doktor Paolo Datini betreute Carla schon seit Langem. Er war dabei zum Freund der Familie geworden. Der kleine rundliche Mann stand am Kopfende des Bettes, wie immer ganz in Schwarz gekleidet. Er hatte seine Brille auf der fleischigen Nase, den schwarzen Arztkoffer aus weichem Ziegenleder vor den Füßen und die kurzen fleischigen Hände wie zum Gebet aufeinandergelegt. Der Medikus sprach auf Francescos Frau ein. Bovatieri zögerte, ihn zu unterbrechen, doch der Doktor unterbrach sich selbst, als er den Hausherrn sah. Der grüßte ihn mit einem »Ciao Paolo«, ließ es damit der Höflichkeit genug sein und kniete vor dem Bett seiner Frau nieder und küsste sie auf die heiße Stirn. Wie schön war sie gewesen in ihren jungen Jahren! Große, ausdrucksvolle schwarze Augen, langes blauschwarz schimmerndes Haar, meist in einem festen Knoten getragen, hatte sie gehabt. Der Kontrast zu ihrer edlen weißen Haut und ihren vollen roten Lippen war unvergleichlich gewesen. Die schreckliche Krankheit, die nun schon seit mehr als sieben Jahren in ihrem Körper wütete, hatte ihr diese Schönheit geraubt. Heute war Carlas Leib nicht mehr zart, nein, knochig und ausgemergelt. Ihre Haare waren stumpf geworden. Ihr Gesicht ähnelte einer Totenmaske, und ihre Hände glichen denen eines Skeletts. Die Arme hat nichts mehr zuzusetzen, sinnierte er vor sich hin. Bovatieri war verzweifelt. Was nützt es, sich die alten Zeiten vor Augen zu holen? Meist fror sie, dann schüttelten sie wieder heiße Fieberschauer. Nur noch mit fremder Hilfe wagte sie ab und zu ein paar Schritte durch das Haus. Sie plagt sich so sehr, weil sie weiß, wie sehr ich sie brauche, dachte ihr Ehegatte beschämt. Er umfing ihre heißen Hände und streichelte sie. »Deine kleine Frau ist sehr tapfer, Francesco«, wandte sich der rundliche Arzt an den Kaufmann. Er sah, wie Francesco litt, und wollte ihn mit seinen Worten aufmuntern. »Ihr seid ein Schmeichler«, presste Carla mit schwacher Stimme hervor. »Ich lass doch nur alles mit mir geschehen. Was tue ich denn noch?« »Was Ihr tut, meine Liebe, ist kämpfen! Und Ihr kämpft mit all Euren Möglichkeiten. Darum heiße ich Euch tapfer und mutig!« »So ist es, mein Schatz«, mischte sich Francesco ein. »Wir werden gemeinsam kämpfen und deine schreckliche Krankheit besiegen. Ich glaube fest daran, mein Ein und Alles.« Ein kleines Lächeln huschte über das schmale Gesichtchen der Bettlägerigen. Es sah aus, als ginge ein Leuchten darüber. »Für meine Rettung brauchen wir die Hilfe eines Stärkeren«, erwiderte sie schwach. »Aber vielleicht gibt es wirklich Hoffnung: Letzte Nacht erschien mir in meinen Fieberträumen San Lorenzo.« »Er liegt in unserer Kirche zur ewigen Ruhe.« Francesco nickte erwartungsvoll. Doktor Datini wusste hinzuzufügen: »Und er ist für uns Römer nach Petrus und Paulus der bedeutendste Heilige überhaupt.« »Ihr habt recht, doch hört mir zu. Mein Atem ist zu schwach, um viele Worte zu machen.« Sie atmete heftig ein. Die Männer sahen sich schuldbewusst an und blickten voll Spannung auf ihre blutleeren Lippen. Carla fuhr leise fort: »Der Heilige riet mir, die Hilfe von Hippolytus zu suchen. Der war sein Kerkermeister und hat ihm in seiner letzten Stunde geholfen. San Lorenzo hat ihn vor dem Tode noch bekehrt. Hippolytus starb danach den Märtyrertod....


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