E-Book, Deutsch, Band 1
Hilleberg Das Erbe von Kincaid Hall
2. Auflage 2023
ISBN: 978-3-98778-650-1
Verlag: dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 1
Reihe: Eine schottische Familiensaga
ISBN: 978-3-98778-650-1
Verlag: dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Eine alte Destillerie, lange verborgene Geheimnisse und eine verbotene Liebe
Die fesselnde Familiengeheimnis-Reihe in Schottland beginntLady Morag führt die altehrwürdige Kincaid-Destillerie in den schottischen Lowlands seit vielen Jahrzehnten. Doch die Zeit ist gekommen, um einen würdigen Nachfolger zu finden. Ihre erste Wahl fällt auf ihren Sohn Rowan. Der verwöhnte Playboy zeigt allerdings wenig Interesse daran in die Fußstapfen seiner Mutter zu treten. Ganz anders seine Zwillingsschwester Shona – sie ist selbstbewusst, klug und hochmotiviert. Aber als alleinerziehende Mutter sieht Lady Morag sie trotz ihrer Fähigkeiten als ungeeignet an. Doch als Shona auf ein Geheimnis ihrer Familie in der Vergangenheit stößt, zieht das ungeahnte Folgen nach sich. Plötzlich ist nichts mehr so wie es einmal war …Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits erschienenen Titels Das Erbe von Kincaid Hall.Erste Leser:innenstimmen
„Sehr unterhaltsamer Roman mit vielen Wendungen. Auch der Schauplatz mit der Destillerie in Schottland hat eine tolle Atmosphäre geschaffen und mir gut gefallen.“
„Sowas von spannend, ich konnte nicht aufhören zu lesen!“
„Die Charaktere und die Verstrickungen zwischen ihnen waren authentisch und sehr fesselnd. Ich kann dieses E-Book nur empfehlen!“
„Die Schreibweise war wirklich angenehm, ich bin regelrecht in der Geschichte versunken.“
Seine ersten Kurzgeschichten veröffentlichte Florian Hilleberg als Jugendlicher in der JOHN SINCLAIR-Sammler-Edition. Jahre später folgten Publikationen für diverse Heftromanserien sowie das Taschenbuch Brandmal, das er gemeinsam mit Dr. Mark Benecke verfasste. Florian Hilleberg legt bei seinen Geschichten stets viel Wert auf die Charakterisierung seiner Protagonisten. Er lebt mit seiner Katze Krümel in der Nähe von Göttingen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel 1
Die Fassade von Kincaid Hall mochte auf sensible Gemüter einschüchternd wirken. Besonders jetzt, wo die Sonne hinter den Spitzgiebeln und den mit Fresken und Ornamenten verzierten Türmchen gen Horizont sank. Lady Morag Kincaid seufzte, als Graham den Rolls Royce in den Schatten des Gemäuers fuhr. Auch wenn sie einem Schwätzchen mit ihrem Chauffeur für gewöhnlich nicht abgeneigt war, so hatte sie dieses Mal kein einziges Wort mit ihm gesprochen und die gesamte Strecke von Edinburgh bis nach Hause in schwermütigem Schweigen verbracht. So einschüchternd Kincaid Hall auch sein mochte, auf sie selbst hatte das dunkelgraue, mit Efeu bewachsene Mauerwerk stets eine beruhigende Wirkung gehabt. Bis heute. Warum war ihr früher nie aufgefallen, wie trostlos das pompöse Familienanwesen aussah? Wie es in der von grünen Hügeln umsäumten Senke, inmitten der schottischen Lowlands, vor dem Panorama der Pentland Hills ruhte. Schwarz und drohend. Eine dicke, steinerne Spinne. Unablässig auf Beute lauernd, um sie in ihren Schlund zu ziehen und ihr das Leben auszusaugen. So wie es mir das Leben ausgesaugt hat, dachte Lady Morag, als Graham die Limousine vor der Freitreppe stoppte. Das Familienoberhaupt des Kincaid-Clans wandte den Blick von dem Eingangsportal ab, das in dräuenden Schatten lag, und betrachtete versonnen den Springbrunnen in der Mitte des kiesumsäumten Rondells. Die Strahlen der tiefstehenden Sonne, die sich ihren Weg kraftvoll zwischen den Giebeln und Zinnen hindurchbahnten, strichen sanft über das Haupt der bronzenen Nixe. Bäuchlings, mit durchgedrücktem Rücken, reckte sie ihr Gesicht gen Himmel und präsentierte dem Betrachter ihre wohlgerundeten Brüste. Ihr kupferfarbener Teint leuchtete im orangefarbenen Licht, in dem albernen Bestreben, der alternden Lady so etwas wie Hoffnung zu geben. Ein Versuch, der von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Lady Morag erschrak, als der Wagenschlag geöffnet wurde. Graham Johnston stand stocksteif daneben und bedachte seine Dienstherrin, der er seit fünfundvierzig Jahren die Treue hielt, mit einem kummervollen Blick. Müde schwang Lady Morag die Beine aus dem Rolls Royce. Er stammte noch aus dem Nachlass ihres verstorbenen Gatten Chester und hatte mehr als vierzig Jahre auf seinem chromblitzenden Buckel. Ein Zeichen für die Wertarbeit, die damals geleistet worden war. Dass er heute so tadellos in Schuss war wie am ersten Tag, verdankte er der gewissenhaften Pflege von Graham, dessen helfende Hand Lady Morag geflissentlich ignorierte. Nicht, dass sie diese Geste nicht zu würdigen gewusst hätte, im Gegenteil, aber sie hatte sich noch nie beim Aussteigen helfen lassen und würde auch heute nicht damit anfangen. Graham war das durchaus bewusst. Trotzdem erachtete er es als seine Pflicht, seiner Dienstherrin zu versichern, dass sie sich auf ihn verlassen konnte, komme was da wolle. Als ob sie das nicht gewusst hätte. „Soll ich Sie ins Haus begleiten, Mylady?“ Lady Morag schnaubte. „Noch lebe ich und kann auf eigenen Beinen laufen.“ Sie richtete sich auf und raffte den Saum des hochgeschlossenen Kleides, damit es nicht über den Boden schleifte. Um ihrem Chauffeur zu beweisen, dass ihre Worte keineswegs nur leere Hülsen waren, schritt sie die steinernen Stufen der Freitreppe zügig und erhobenen Hauptes empor. „Sie können den Wagen in die Garage fahren“, rief sie ihm vom oberen Absatz zu, als sie sah, dass er keine Anstalten traf einzusteigen. So als fürchtete er, dass sie, oben erst einmal angekommen, einen Ohnmachtsanfall erleiden und rücklings die Treppe hinunterstürzen könnte. Doch den Gefallen tat sie ihm nicht. Stattdessen öffnete sie das Eingangsportal und betrat das Vestibül, in dem sich die Düsternis und Tristheit der Fassade spiegelte, ausgelöst durch die hohen holzvertäfelten Wände. Lady Morag eilte schnurstracks durch die Eingangshalle und begab sich schnellen Schrittes in das Arbeitszimmer. Shona hob kaum den Blick, als ihre Mutter eintrat. „Schon zurück?“, fragte sie abwesend, bevor sie sich wieder dem Laptop widmete, vor dem sie förmlich zusammengesunken war. Lady Morag nickte, obwohl Shona es nicht sehen konnte, da sie den Kopf gesenkt hielt, um sich ihrer ursprünglichen Tätigkeit zu widmen. „Ich wusste, dass ich dich hier finde! Warum arbeitest du noch? Wir haben Wochenende.“ „Wir haben Freitag, Mutter. Und diese Abrechnungen schreiben sich nun mal nicht von alleine.“ „Sicher, mein Schatz. Weißt du, wo sich dein Bruder aufhält?“ Shona zuckte die Achseln. „Keine Ahnung. Wahrscheinlich zeigt er Annabelle sein Schlafzimmer.“ Lady Morag entging die abfällige Betonung des Namens von Rowans neuester Eroberung keineswegs. Sie konnte es ihrer Tochter nicht einmal verübeln. Ihr Sohn, Shonas Zwillingsbruder, wechselte die Liebschaften so oft wie andere Leute die Unterwäsche. Nichtsdestotrotz gab sie die Hoffnung nicht auf, dass es diesmal etwas Ernstes sein würde. Immerhin waren er und Annabelle seit mittlerweile zwei Monaten ein Paar. Ungeachtet der Tatsache, dass sie knapp zwanzig Jahre jünger war als er. „Kannst du ihn bitte holen, Kind? Ich muss mit euch sprechen.“ Shona seufzte und klappte den Laptop zu. „Sicher, Mutter.“ Als sich ihre Tochter erhob, war es Lady Morag, als starre sie in einen Spiegel, der ein fünfundzwanzig Jahre jüngeres Abbild ihrer selbst zeigte. Ein schmales Gesicht mit einem blassen Teint, der typisch für ihre Familie war, sodass sich Shona geradezu genötigt sah, mit ein wenig Rouge nachzuhelfen. Der Kontrast wurde durch das lackschwarze Haar, das ihre Tochter als Pagenschnitt trug, noch verstärkt. In Lady Morags Augen wirkte Shona dadurch viel zu maskulin. Ein Eindruck, der durch ihre Vorliebe für dunkle Hosenanzüge bestätigt wurde. Aber offenbar war das ja auch Shonas Absicht. Selbst jetzt hatte sie den Blazer nicht abgelegt, unter dem sie eine weiße Bluse trug, auf dem das Collier mit dem in Gold gefassten Lapislazuli leuchtete. Shona verließ das Arbeitszimmer und machte sich auf die Suche nach ihrem Zwillingsbruder. Lady Morag trat ans Fenster und warf einen Blick in den weitläufigen Park. Mücken führten über dem Karpfenteich zuckende Tänze auf, während Schmetterlinge und Bienen von Blüte zu Blüte huschten und sich am Nektar der Stockrosen, Narzissen und Rhododendronsträucher labten. Wie gerne hatte sie dort die lauen Sommerabende verbracht. Sie konnte sich noch gut an die Zeiten erinnern, als dort rauschende Feste gefeiert wurden und der nächtliche Park von Lampions und Fackeln erhellt worden war. Doch diese Zeiten waren vorbei und würden auch nicht mehr wiederkehren. Beinahe wütend schüttelte Lady Morag den Kopf. Es brachte nichts, in der Vergangenheit zu schwelgen und der guten alten Zeit hinterherzutrauern. Es galt, hocherhobenen Hauptes in die Zukunft zu blicken. So trüb sie dieser Tage auch erscheinen mochte. Schritte näherten sich der Tür und kurz darauf kehrte Shona in Begleitung ihres Bruders zurück, dem man sein Alter ebenso wenig ansah wie seiner Schwester. Sein Haar war länger als das von Shona und fiel bis auf die Schultern. Die Augen lagen tief in den Höhlen und verrieten, wie wenig Schlaf er letzte Nacht bekommen hatte, die er vermutlich mit Annabelle in irgendeinem Club in Edinburgh verbracht hatte. „Was ist denn so dringend, dass es nicht bis zum Abendessen Zeit hat?“, wollte er wissen und versuchte gar nicht erst, aus seiner Langeweile einen Hehl zu machen. „Setzt euch!“ Lady Morag spürte, dass sie ärgerlich wurde. Rowans offensichtliches Desinteresse machte ihr die folgende Ansprache weiß Gott nicht einfacher. Herrisch deutete sie auf das lederbezogene Sofa zu ihrer Rechten unterhalb eines schmalen Fensters, hinter dem der Niedergang zum Keller lag. Sie selbst blieb vor der Panoramascheibe stehen, der sie den Rücken zuwandte, während sie die Hände auf die Lehne des halbhohen Schreibtischstuhls legte. Ihr Blick streifte die deckenhohe Vitrine mit den dutzenden Whisky-Flaschen. Jede einzelne besaß ein anderes Etikett. Bei manchen waren die Unterschiede offensichtlicher als bei anderen, doch wer genau hinsah, der stellte fest, dass sie eine chronologische Abfolge der Firmen- und damit auch der Familiengeschichte darstellten. Angefangen bei den ersten bauchigen Flaschen aus dem Jahr 1884 bis zu den schlanken Ausführungen, wie sie heutzutage bevorzugt wurden. Das lag hauptsächlich daran, dass ein nicht geringer Anteil des Umsatzes aus Exportgeschäften stammte. Die Kincaid-Destillerie verkaufte ihre edlen Tropfen in die ganze Welt und eine schmale, längliche Flasche ließ sich sicherer und vor allen Dingen kostengünstiger transportieren. Das war zumindest die Meinung ihrer Tochter und der Vertriebsangestellten, denen Lady Morag bedingungslos vertraute. Zu behaupten, dass die Globalisierung und der Siegeszug des Internets, inklusive der damit einhergehenden Veränderungen des weltweiten Handels, an ihr vorbeigegangen wären, wäre übertrieben gewesen. Allerdings nur geringfügig. Ein Grund mehr, der ihr die folgende Entscheidung leichter machte. Nach vorne schauen, Morag, ermahnte sich die Lady. Immer nur nach vorne schauen … „Es ist an der Zeit, dass wir über die Zukunft der Kincaid-Destillerie sprechen!“ Sie legte eine Pause ein, in der sie ihre Worte wirken ließ. Sie genoss den kurzen Augenblick angespannter Erwartung. Immerhin hatte sie die Aufmerksamkeit ihrer Kinder erregt. Rowan beobachtete seine Mutter neugierig, während Shonas Gesichtsausdruck zwischen Hoffen und Bangen wechselte. Der Blick ihrer dunklen Augen flackerte...