Buch, Deutsch, 160 Seiten, PB, Format (B × H): 125 mm x 195 mm, Gewicht: 150 g
Eine Streitschrift
Buch, Deutsch, 160 Seiten, PB, Format (B × H): 125 mm x 195 mm, Gewicht: 150 g
ISBN: 978-3-939025-63-4
Verlag: Hille, Ch
Braucht Deutschland 25 Jahre nach der Wende ein neues Narrativ seiner selbst?
Antje Hermenau, 51, hat zweimal 25 Jahre in zwei verschiedenen Systemen und in zwei verschiedenen Deutschlands gelebt, in der DDR und im Nach-Wende Deutschland.
1989/90 hat sie die Grüne Partei Sachsen mit gegründet.
Sie war von 1990 bis 1994 Mitglied des Sächsischen Landtags in Dresden und von 1994 – 2004 Abgeordnete im Bundestag, mit dem Schwerpunkt Finanz- und Haushaltspolitik.
Die Phase der Euro-Einführung erlebte sie in der Opposition und in der Regierungsverantwortung. Anschließend kehrte sie in ihre Heimat Sachsen zurück, brachte die Grünen nach 10 Jahren APO wieder zurück in den Landtag und stand der Fraktion nach zwei erfolgreichen Wiederwahlen als 10 Jahre lang als Fraktionsvorsitzende zur Verfügung.
Sie war zweimal verheiratet, einmal mit einem Amerikaner, hat ein Kind.
Für ihren Sohn nahm sie sich eine Auszeit zum Schreiben und unter anderem für ihn und seine Generation sucht sie in diesem Buch nach Erklärungen und Antworten auf drängende gesellschaftliche und politische Fragen. Sollte sich Deutschland ein neues Narrativ geben, um seine Zukunft gestalten zu können, anstatt sie unter den Rahmenbedingungen der Globalisierung und der europäischen Neuordnung nur schmerzvoll zu erleiden?
Antje Hermenau hat aktiv 25 Jahre lang bündnisgrüne Politik mit gestaltet. Am 31. Januar
2015 trat die Vollblutpolitikerin aus der Partei Bündnis 90/ Grüne aus und beendete damit,
wie sie selbst sagt, ihren Selbstversuch bei den Grünen.
Nun ist es Zeit für sie, zu analysieren, Bilanz zu ziehen. Sie wirft einen kritischen Blick auf die Nischen, in denen Ost und West sich eingerichtet haben und untersucht die Blockadehaltung vieler „Ossis“ und die Laisser–faire-Haltung vieler „Wessis“.
Sie befasst sich mit sprachlichen Missverständnissen, daraus folgender innerer Abkehr oder gepflegten Vorurteilen, dem verfestigten Nicht-verstehen-wollen.
25 Jahre nach der Wende fühlt sich jeder vom anderen in Frage gestellt, und erliegt in den geschützten Nischen gefährlichen Illusionen oder trotziger Passivität.
Von den Siegermächten in die Verantwortung entlassen, empfinden offenkundig beide die globalen Realitäten als reichlich ungastlich und versuchen, sie auszusitzen.
Das ist symbolisch auch für den Stand der Dinge zwischen West - und Osteuropa zu sehen:
die Versprechungen des Westens, die sich als hohl erwiesen haben, haben im Osten Europas große Enttäuschung ausgelöst. Die Verstimmung ist ernst und wird anhalten. Neues Vertrauen aufzubauen, wird viel Zeit kosten. Angefangen bei der Griechenland“rettung“, die aller harten Zeiten, durch die sich Osteuropa nach dem Mauerfall durchkämpfen musste, um dazu gehören zu dürfen, spottet; weiter über die klare Erkenntnis, dass Europas Westen für Europas Osten nicht gegen Russland in den Krieg ziehen wird bis hin zur täglich erlebten harten Ignoranz der Erfahrungen osteuropäischer Politiker im Umgang z.B. mit dem Balkan und der arabischen Migration. Letztere verstimmt grundlegend, sind doch der Enthusiasmus und die Aufbruchstimmung des Ostens an der Ignoranz und Besserwisserei des Westens für viele zerschellt. Und Besserung ist nicht in Sicht. Man lebt neben einander her, anstatt gemeinsam entschlossen und zielgerichtet zu handeln. Als eloquente, „bikulturelle Dolmetscherin zwischen Ost und West“ betrachtet Antje Hermenau mit Humor, Herz und einem gewissem Furor die politische und gesellschaftliche Lage des Landes. Dabei stellt sie die Sinnfrage ans System.
Auf diese Sinnfrage sucht sie eine Antwort in einem aufgeklärten, wertebasierten und ordoliberalen Konservatismus. Ein solcher Konservatismus wird von der CDU nicht mehr angesprochen. Die konservative Partei verliert den Rückhalt der Konservativen.
Viele Menschen interessieren sich wieder für Politik, aber nicht mehr für Parteien.
Das Buch ist am Puls der Zeit.
Sie musste dieses Buch der Thesen und Erkundungen, anschaulichen Erläuterungen und
vieler konkreter Vorschläge einfach schreiben:
Ein persönliches Buch. Eine intelligente Streitschrift. Eine erkennbare Zukunftsperspektive.
Zielgruppe
Menschen, denen das Gemeinwohl noch wichtig ist, die politische Verantwortung übernehmen wollen, die sich in den Disput um ein zukunftssicheres Deutschland und Europa einbringen wollen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Politische Denkaufgaben
Das ist ein kluges Buch einer klugen Frau. Es ist ein vorantreibendes Buch einer vorantreibenden Frau. Als solches provoziert es die politisch Bequemen, Selbstverliebten, Selbstgenügsamen. Wer eine auf praktische Politikerfahrung gegründete Orientierung sucht, wird sich über dieses Buch freuen. Und nicht wenige werden sich ärgern, weil ihnen die gewiesene Richtung nicht passt.
Es ist ja auch starker Tobak, wenn eine Galionsfigur der Grünen – freilich eine einstige, nicht im Frieden von ihrer Partei geschiedene – am Ende dieses Buchs Erwartungen an einen aufgeklärten Konservatismus formuliert und so eines der merkwürdigsten Tabus unseres politischen Diskurses missachtet: dass nämlich grüne Politik in näherer Nachbarschaft der Sozialdemokraten als der Konservativen liege. Mehr noch: Gerade von Konservativen wird das Hinwirken auf den erforderlichenPolitikwandel erwartet, nicht von denen, diewie von Natur aus fortschrittlichgelten. Die nämlich hätten zwar einst Modernes gebaut; doch unter heutigen Umständen wirke es oft wie rückständig.
Die Beweislast für so querstehendeThesen muss erst einmal getragen werden. Das geschieht in den Kapiteln über die heutige Lage Europas und die Rolle Deutschlands in ihr; über west-, ost- und gesamtdeutsche Nischenkulturen, aus denen es sich zu lösen gelte; und auf der Grundlage einer Diagnose des Zustands deutscher Demokratie, des vom Osten ausgehenden Handlungsdrucks, sowie der doppelten Notwendigkeit einer Emanzipation von „1968“ und von „1989“. Viele ganz vom Alltag her verständliche Beobachtungen werden da in einen essayartigen Gedankengang verwoben, der genau das leistet, worauf es ankommt: Aufklärung über die Lage, wie sie ist, und über die zu bewältigenden Herausforderungen.
An diesen soll sich dann ein aufgeklärter Konservatismus beweisen. Leistung und Wettbewerb, soziale Marktwirtschaft in der Globalisierung, dabei Rücknahme der Sozialstaatsfixierung bei verbrauchsarmer Produktion in weltweiter Perspektive, Umgang mit dem Wandel von Bevölkerungszusammensetzung und Lebensstilen, Ergänzung repräsentativer Demokratie durch plebiszitäre Instrumente: So weit wird jene politische Arena gezogen, in der sich ein vorantreibender Konservatismus bewähren soll.
Folglich mag dieses Buch nicht nur Grünen und Sozialdemokraten auf den Magen drücken, sondern auch denen, die für das Vorausdenken und vorausschauende Handeln in den Reihen der Union zuständig sind. Auch sie scheucht es nämlich auf – aus pragmatischer Bequemlichkeit, Selbstverliebtheit der Regierenden, programmatischer Selbstgenügsamkeit. Dadurch nützt es jenen, die allzu Konservativen Beine machen wollen.
Auch wer einfach Lust hat, wichtige Themen unserer Zeit kundig durchdacht zu sehen und an solcher Darstellung wahlweise zu wachsen oder sich zu reiben: gerade der wird mit ihm eine recht kurzweilige Zeit verbringen. Gründe also genug, sich über das Ende dieses Vorworts zu freuen und die Einleitung des Buches aufzuschlagen!
Dresden, im Oktober 2015
Werner J. Patzelt