E-Book, Deutsch, 204 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
Henning Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung erfolgreich gestalten
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-648-16123-4
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Praxisleitfaden zur Zielerreichung
E-Book, Deutsch, 204 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
ISBN: 978-3-648-16123-4
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Als Dipl.-Verwaltungswirtin war Petra Henning jahrelang im Rechnungshof von Berlin als Organisatorin/Projektleiterin im Einsatz. Heute ist sie Inhaberin einer Organisationsberatung in Berlin/Brandenburg und als Organisationsentwicklerin (M. A.) und Senior Managerin tätig. Daneben ist sie Fachautorin und Dozentin/Trainerin bei der REFA, an verschiedenen Verwaltungsakademien und der Haufe Akademie. Ihre Schwerpunkte sind Optimierung von Aufbau- und Ablauforganisation, Personalbedarfsermittlung ebenso wie die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politische Systeme Verwaltungswissenschaft, Öffentliche Verwaltung
- Wirtschaftswissenschaften Wirtschaftssektoren & Branchen Öffentlicher Dienst, Öffentlicher Sektor
- Rechtswissenschaften Öffentliches Recht Verwaltungsrecht Verwaltungspraxis Public Management
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Wirtschaftsinformatik, SAP, IT-Management
- Rechtswissenschaften Öffentliches Recht Verwaltungsrecht Verwaltungsorganisation und -politik, Verwaltungslehre
- Mathematik | Informatik EDV | Informatik Angewandte Informatik Wirtschaftsinformatik
Weitere Infos & Material
1.3 Treiber der Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung
Die Digitalisierung hält Einzug im öffentlichen Dienst und verändert sowohl die Arbeitsprozesse und die Zusammenarbeit der Beschäftigten als auch das Verhältnis zu den Bürger:innen. Die öffentliche Verwaltung nutzt digitale Technologien, um ihre Arbeitsprozesse effizienter zu gestalten, die Beschäftigten zu entlasten und den Bürger:innen ergebnisorientierte Dienstleistungen anzubieten. Die Bundesregierung hat die Digitalisierung der Verwaltung zu einem ihrer wichtigsten politischen Ziele erklärt und bereits zahlreiche Maßnahmen zur Förderung der Digitalisierung ergriffen.
Der digitale Wandel in unserem Leben erzeugt nun zunehmend auch großen Druck auf alle Organisationen der öffentlichen Verwaltung, ihre Leistungen und Prozesse zeit- und ortsunabhängig für Bürger und Unternehmen verfügbar zu machen. […] Der Public Sector muss […] ausnahmslos alle Prozesse und Leistungen neu denken, um eine erfolgreiche und integrierte digitale Transformation zu ermöglichen.
Hans Werner Streicher1
Die digitale Transformation des öffentlichen Dienstes ist ein wichtiges Thema, das noch am Anfang seiner Entwicklung steht. Der Transformationsprozess wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, deren Betrachtung ein tieferes Verständnis der notwendigen Veränderungen und des Handlungsdrucks in der öffentlichen Verwaltung ermöglicht (vgl. Giehrl, 2022, S. 40).
In den nächsten zehn Jahren wird es aufgrund der demografischen Entwicklung eine große Anzahl von Verrentungen geben.
In den Jahren 2000 bis 2020 hatte sich die Zahl der Pensionärinnen und Pensionäre stark erhöht (+53,9?%). Dieser Anstieg ließ sich überwiegend auf die hohe Zahl an Pensionierungen von Lehrerinnen und Lehrern zurückführen, die in den 1960er- und 1970er-Jahren eingestellt wurden. Aufgrund steigender Schülerzahlen infolge des Babybooms und des Trends zu höheren Schulabschlüssen war damals der Lehrkräftebedarf gestiegen. Im Schuldienst des Landesbereichs hatte sich die Zahl der Ruhegehaltsempfängerinnen und -empfänger in diesen 20 Jahren fast verdreifacht (+181,1?%).
Statistisches Bundesamt (Destatis)2
Gleichzeitig nehmen die Komplexität, Volatilität, Unsicherheit und Ambiguität in der Gesellschaft zu, ebenso wie die steigenden Anforderungen der Anspruchsgruppen an die Verwaltung.
Digitale Technologien wie Social-Media-Plattformen, Online-Bezahldienste, Videokonferenzsysteme und Apps verstärken diese Entwicklung. Personen, die regelmäßig digitale Medien nutzen, erwarten, dass das persönliche Erscheinen bei Behörden der Vergangenheit angehört. Die aktuellen Vorschriften und technischen Ausstattungen der öffentlichen Verwaltungen reichen jedoch nicht aus, um die Digitalisierung der angebotenen und zukünftigen Dienstleistungen zu bewältigen.
Schon deutlich vor der Covid-19-Pandemie war offensichtlich, dass die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung notwendig ist, um den aktuellen und kommenden Herausforderungen gerecht zu werden. Dies führte zur Verabschiedung des Onlinezugangsgesetzes. Es gab jedoch keine grundlegende Diskussion, wie die zukünftige Gestaltung der Verwaltung gelingen kann.
Alle zwei Jahre erscheint die UN E-Government Survey, die die Entwicklung von E-Government in 193 Nationalstaaten ausweist:
Deutschland rutscht 13 Plätze auf Rang 25 ab. […] Im Vergleich europäischer Staaten befindet sich Deutschland nur im Mittelfeld – Dänemark, Estland und Finnland liegen vorne.
United Nations3
Die Covid-19-Pandemie hat deutlich auf die Defizite hingewiesen. Obwohl die Verwaltung Maßnahmen ergriffen hat und in die digitale Infrastruktur investiert hat, lassen sich die offensichtlichen Probleme nicht allein durch den Einsatz neuer Technologien lösen.
In Deutschland ist der Fortschritt sowohl beim Ausbau der digitalen Infrastruktur als auch bei der Integration digitaler Technologien und Dienstleistungen im Vergleich zu vielen anderen OECD-Staaten ins Hintertreffen geraten. Dies änderte sich jedoch aufgrund der unerwarteten Auswirkungen der Corona-Krise. Die Pandemie führte zu einem spürbaren Schub in der Digitalisierung, wobei einige Bereiche wie das Homeoffice rasch auf digitale Kommunikation und Prozesse umstellen konnten. In anderen Bereichen wie Bildung und Gesundheitswesen gestaltete sich dieser Übergang jedoch schwieriger.
In Deutschland gibt es Defizite im Breitbandausbau, insbesondere bei höheren Übertragungsgeschwindigkeiten, und es besteht ein auffälliges Gefälle zwischen städtischen und ländlichen Regionen. Auch in Bezug auf den Einsatz digitaler Technologien und Arbeitsweisen hinkt Deutschland hinterher, sei es im Homeoffice, bei bargeldlosen Zahlungsverfahren, in der öffentlichen Verwaltung (E-Government) oder bei digitalen Geschäftsmodellen von Unternehmen. Im Bildungs- und Gesundheitswesen kommen digitale Technologien bisher nur begrenzt zum Einsatz, obwohl diese die Produktivität steigern und neue Möglichkeiten der Wertschöpfung bieten könnten.
Die Gründe für diese Entwicklungen sind vielfältig. In einigen Fällen liegt klassisches Marktversagen vor, insbesondere beim Ausbau der digitalen Infrastruktur, da ländliche Regionen für private Anbieter nicht ausreichend profitabel sind. Hier hat die Bundesregierung bereits mit Regulierung und Subventionsprogrammen reagiert. In anderen Bereichen scheint hingegen ein »Organisationsversagen« vorzuherrschen. Einiges davon, was während der Pandemie schnell umgesetzt wurde, hätte schon vorher realisiert werden können. Doch erst unter dem Druck der Krise sahen sich Organisationen gezwungen, auf digitale Arbeitsweisen umzustellen. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass Organisationen Schwierigkeiten haben, Prozessinnovationen zu integrieren.
Solche Formen des Organisationsversagens sind zu überwinden, um eine erfolgreiche digitale Transformation zu gewährleisten. Neben der Implementierung digitaler Technologien sind die Anpassung von Arbeitsabläufen und das Erlernen neuer Fähigkeiten erforderlich.
Juristische und bürokratische Hindernisse spielen ebenfalls eine wichtige Rolle im Digitalisierungsprozess. Datenschutz hat in Deutschland oft absolute Priorität und beeinträchtigt die Nutzung digitaler Möglichkeiten. Auch Kompetenzkonflikte zwischen Bund und Ländern verzögerten besonders in der öffentlichen Verwaltung die Einführung einheitlicher Verfahren und Standards.
Eine tiefere Analyse zeigt, dass das bestehende System der deutschen Verwaltung den aktuellen Herausforderungen in vielerlei Hinsicht nicht mehr gerecht wird. Die Strukturen der öffentlichen Verwaltung sollten die Prozesse bestmöglich unterstützen und sich schnell an sich ändernde Rahmenbedingungen anpassen. Es werden Führungskräfte und Mitarbeitende benötigt, die effizient und effektiv arbeiten und zeitnah Lösungen für neue Herausforderungen entwickeln. IT-Systeme unterstützen die effiziente Abwicklung von Prozessen. Eine Diskussion über die technologischen Voraussetzungen der Digitalisierung allein greift zu kurz. Es ist eine umfassende Modernisierung erforderlich (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2021).
Politiker:innen verwenden Schlagworte wie künstliche Intelligenz, Blockchain oder Big Data, um ihre Entschlossenheit zur Digitalisierung der Verwaltung zum Ausdruck zu bringen. Offen bleibt jedoch die Frage, ob die Verwaltung mit ihren bestehenden Strukturen, Organisationskultur, Prozessen, Mitarbeitenden und vorhandenen Datenbanken in der Lage ist, diese Technologien gewinnbringend zu nutzen. Ein erforderlicher Reifegrad kann nicht verordnet werden, sondern erfordert einen systematischen Transformationsprozess, der an Überzeugungen und an »historisch gewachsenen Strukturen« rüttelt. Dies erfordert die Festlegung messbarer Ziele, ihre kontinuierliche Verfolgung und eine klare Definition von Verantwortlichkeiten (vgl. Markus & Meuche, 2022, S. 1 ff.).
Eine Reihe von Treibern befördert die Digitalisierung des öffentlichen Dienstes:
Einige der wichtigsten Treiber
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Kosteneffizienz: z.?B. Automatisierung von Prozessen
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Verbesserung der Servicequalität: z.?B. schnellerer und effektiverer Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen
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Bürgernähe: z.?B. Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und Interaktion zwischen Bürger:innen und Behörden
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Wettbewerbsfähigkeit: z.?B. Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes durch begünstigendes Umfeld für Unternehmen
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Veränderungen in der Arbeitsweise: z.?B. Verbesserung der Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs zwischen Beschäftigten und Abteilungen
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Datenbasierte Entscheidungen: z.?B. Erzielen einer besseren Informationsgrundlage für politische Entscheidungen und zur Entwicklung von politischen Programmen mithilfe von Daten und Analysen
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Gesellschaftlicher Wandel: z.?B. Erfüllung der Bedürfnisse und Erwartungen einer zunehmenden Anzahl von Menschen, die digitale Technologien nutzen