Theorie und Umsetzung für die ambulante und stationäre Langzeitpflege
E-Book, Deutsch, 230 Seiten
ISBN: 978-3-17-044861-2
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Anhand zahlreicher praktischer Beispiele wird die Umsetzung eines nachhaltigen Managements, in den Einrichtungen beschrieben. Dabei werden die Finanzierungsmöglichkeiten durch Fördermittel erläutert.
Dieses praxisorientierte Buch bietet einen umfassenden Überblick über die Grundlagen und Chancen, die sich aus der Schnittstelle von Pflege, Nachhaltigkeit und Klimawandel für ein nachhaltiges Management ergeben.
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2 Historischer Hintergrund und regionale Entwicklungen
Aller Anfang ist schwer, vor allem bei komplexen Themen wie der Entwicklung des Nachhaltigkeitsdiskurs und die sich daraus ergebenden Anforderungen an Unternehmen. Zahlreiche Normen, Leit- und Richtlinien, Informationen und Systeme haben sich parallel zu den einzelnen Aspekten der Nachhaltigkeit wie Energiemanagement, Menschenrechte und menschenwürdige Arbeitsumgebung, Diversität, Umweltschutz oder Wohlergehen und Gesundheit sowie Klimaschutz oder eine nachhaltige Finanzwelt entwickelt. Diese Komplexität und die unterschiedlichen Entwicklungsströme gilt es zu verstehen und in Zusammenhang zu bringen. Die Auseinandersetzung erscheint wichtig, um ein einfaches praktikables und integriertes Nachhaltigkeitsmanagement in ambulanten Pflegediensten und stationären Einrichtungen der Langzeitpflege zu implementieren. Für ein besseres Verständnis wird im ersten Teil des Buches die globale, europäische und nationale Nachhaltigkeitsentwicklung skizziert ( Abb. 2.1). Im weiteren Verlauf werden die für die Altenhilfe relevanten und aktuellen Gesetze, Normen, Richtlinien und Standards verdeutlicht. Der hier dargestellte theoretische Teil dient zur Orientierung und soll als Grundlage für den praktischen Teil, Aufbau eines integrierten Nachhaltigkeitsmanagementsystems ( Kap. 7), dienen. Zudem kann der theoretische Teil als Nachschlagwerk genutzt werden. Abb. 2.1: Übersicht Entwicklung der Nachhaltigkeitspolitik 2.1 Ursprung der Nachhaltigkeitsentwicklung
Der folgende Überblick über die Entstehung des Nachhaltigkeitsdiskurses verdeutlicht die unterschiedlichen Ansätze und Nachhaltigkeitsströme. Die Historie zeigt, dass das Thema Nachhaltigkeit bereits seit Anfang der 1970er Jahren diskutiert wird, die Umsetzung konkreter nachhaltiger Maßnahmen jedoch erst heute Fahrt aufnimmt. Um die Relevanz für die Altenhilfe herausstellen zu können, ist es notwendig die zahlreichen globalen Vorgaben auf nationaler Ebene darzustellen und in einer Strategie für Unternehmen und Privatpersonen zu verankern. 2.2 Club of Rome – die Geburtsstunde
Blickt man auf die Historie der allgemeinen Entwicklung von Nachhaltigkeit zurück, so trifft man unweigerlich auf den Club of Rome. Bereits in den 1960er Jahren, beschäftigen sich der italienische Industrielle Aurelio Peccei und der schottische Wissenschaftler Alexander King mit der Zukunft der Menschheit und unserer Erde. Gemeinsam gründeten sie im Jahre 1968 den sogenannten Club of Rome. Im Auftrag des Club of Rome wurde 1972 eine wissenschaftliche Studie veröffentlicht. Die Studie simuliert anhand eines computergestützten Rechenmodells das exponentielle Wachstum des Weltgeschehens und deren Folgen in der Zukunft. Die Berechnung bezieht sich auf den Zeitraum ab 1972 bis zum Jahr 2100 und belegt die Grenzen bis hin zu einem Weltzusammenbruch, wenn so weitergelebt würde wie im Jahr 1972. Anhand dieses wissenschaftlichen Experimentes konnten bereits unterschiedliche Bedrohungen wie die Auswirkungen der Industrialisierung, Wachstum der Bevölkerung, Nutzung der allgemeinen Rohstoffreserven, Energiekrisen, Umweltkatastrophen und die Auswirkungen auf die Nahrungsmittelressourcen skizziert werden. Die Studie und die aufgezeigte Utopie zeigten Wirkung und erregten weltweit Aufmerksamkeit. Der Club of Rome forderte daraufhin ein radikales und nachhaltiges Umdenken. Noch im selben Jahr fand die erste Umweltkonferenz der Vereinten Nationen in Schweden statt, um sich mit den globalen Auswirkungen zu beschäftigen. Somit wurden die ersten Überlegungen einer internationalen Umweltpolitik auf den Weg gebracht und die Entstehung der Nachhaltigkeitsentwicklung war geboren. Doch erst rund 15 Jahre später nahm die Diskussion um eine nachhaltige Umweltpolitik erneut Fahrt auf. 1987 veröffentlichte die UN-Kommission World Commission on Environment and Development (WCED) den sogenannten Brundtland Bericht »Our Common Future«. In diesem Bericht wurden zum ersten Mal, globale Ziele und Konzepte für die Entwicklung von Nachhaltigkeit (Sustainable Development) formuliert. Diese Definition und der Ansatz einer nachhaltigen Entwicklung gilt auch heute noch als internationaler Meilenstein, und als Auslöser für das moderne Verständnis von Nachhaltigkeit. Auszug aus dem Brundtland-Bericht: »[…] nachhaltige Entwicklung bezeichnet eine Entwicklung, welche den Bedürfnissen der heutigen Generationen entspricht, ohne die Möglichkeit künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen« (Lexikon der Nachhaltigkeit, o. J.). Ein weiterer und zentraler Meilenstein in der Weiterentwicklung des Nachhaltigkeitsdiskurs ist die UN-Klimakonferenz von 1992 in Rio de Janeiro. Beim sogenannten Erdgipfel oder der Konferenz für Umwelt und Entwicklung trafen sich Vertreter:innen aus 178 Staaten mit dem Ziel der Erarbeitung eines gemeinsamen Konzeptes über die Umwelt und die weitere allgemeine Entwicklung im 21. Jahrhundert. Erstmals wurde Nachhaltigkeit unter den Aspekten Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft diskutiert und spiegelt sich in der konzeptionellen Ausgestaltung wider. Dabei sind insgesamt fünf Konzepte entstanden, die von den Ländern als Hauptabkommen oder als rechtlich bindende Konventionen unterzeichnet wurden. Neben der Biodiversitätskonvention und der Walddeklaration, werden die Deklaration für Umwelt und Entwicklung, die Klimaschutz-Konvention und die Agenda 21 definiert. In der Deklaration über Umwelt und Entwicklung sind unter anderem 27 Prinzipien formuliert, die international auf das Recht einer nachhaltigen Entwicklung hinweisen und diese festschreiben. Die Klimaschutz Konventionen beschreiben die Reduzierung der Treibhausgase und dienen unter anderem als erste Grundlage für eine Klimaneutralität bzw. Reduzierung des Treibhausgases bis 2050. Als Schlüsselrolle und Ausgangslage für die weitere Entwicklung der Nachhaltigkeit, vor allem auch in Europa, wird unter anderem die Agenda 21 gesehen. In dieser Agenda verpflichten sich die beteiligten Staaten der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung auf nationaler Ebene. Ausgehend von der Konferenz in Rio de Janeiro im Jahre 1992 folgen bis zum heutigen Datum weiterhin weltweit die UN-Klimakonferenzen unter Beteiligung zahlreicher Staaten, um die nachhaltige Entwicklung voranzutreiben. Einen aktuellen und interessanten Überblick, über die einzelnen UN-Klimakonferenzen und Abkommen bietet die interaktive Zeittafel des Europaparlaments auf seiner Webseite, die URL ist im Anhang gelistet. 2.3 Global bis Europa
In den Jahren nach 1992 und der Agenda 21 sind weitere internationale Abkommen verabschiedet worden. Doch erst 2015 hat die Entwicklung der Nachhaltigkeit mit der Verabschiedung der Agenda 2030 mit den 17 Sustainable Development Goals (SDGs) und dem Pariser Abkommen ( Kap. 14) neuen Schwung bekommen und ein neues Zeitalter für Nachhaltigkeit und Klimaschutz hat begonnen. Die Agenda 2030 versteht sich als globaler Plan zur Bekämpfung von Armut, Verbesserung der Gesundheit und Bildung sowie zur Reduzierung von Ungleichheiten und Stärkung des Wirtschaftswachstums bei gleichzeitigem Schutz der Umwelt. Zur Umsetzung dieses Leitbildes wurden die 17 SDGs formuliert. Die in den SGDs klar definierten Ziele bieten zum ersten Mal einen konkreten Handlungsrahmen und verdeutlichen die Verknüpfung und die Zusammenhänge der drei Aspekte Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft (Ökologie, Ökonomie und Soziales). Der Ansatz der 17 SDGs ist bis heute aktuell und prägte maßgeblich die Entwicklung der Nachhaltigkeit. Auch, wenn die SGDs nicht bindend und eher an Regierungen als an Unternehmen gerichtet sind, können Organisationen diese als Arbeitshilfe zur Formulierung von eigenen Nachhaltigkeitszielen heranziehen und zur Identifizierung von Indikatoren für ein nachhaltiges Management und Kennzahlen nutzen. In diesem Zusammenhang ist auch der UN Global Compact zu erwähnen. Initiiert durch die Vereinten Nationen und dem damaligen UN – Generalsekretär Kofi Anan ist der UN Global Compact ein weltweiter Zusammenschluss von Unternehmen, die sich für eine nachhaltige Entwicklung und ein nachhaltiges Management einsetzten. Rund 24.000 Unternehmen und Organisationen aus Zivilgesellschaft, Politik und Wissenschaft aus mehr als 170 Ländern gehören bereits zu diesem Zusammenschluss. Sie haben sich mit ihrem Bekenntnis zur Nachhaltigkeit dazu verpflichtet, zehn Prinzipien zu den Themen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umwelt und Korruptionsbekämpfung umzusetzen. Die Prinzipien sind Grundlage verschiedener internationaler Arbeitsstandards. Dabei ist es das erklärte Ziel des Global Compact, ökonomische Aktivitäten und soziale Ziele vereinbar zu...