Über Hörgeräte, Implantate, die Ohr-Hirn-Schranke und Hirnhürden
Buch, Deutsch, 104 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm, Gewicht: 310 g
ISBN: 978-3-941146-89-1
Verlag: Median-Verlag von Killisch-Horn GmbH
Zielgruppe
Das Buch zielt darauf ab, die herausfordernde Alltagssituation des Verstehens – und nicht nur die des Hörens – für Menschen mit auditiven Kommunikationsstörungen darzustellen. Dabei bringt der Autor auch neue Aspekte mit ins Spiel, die bis dato in der Hörsystem- und Implantatversorgung von Erwachsenen keine oder nur geringe Berücksichtigung fanden. Somit richtet sich der Autor an interessierte Laien und Angehörige, Hörsystem- und Implantatträger, Hörakustiker/Hörakustikerinnen, HNO-Ärzteschaft und Therapeuten/Therapeutinnen, Forschung und Industrie sowie Gebäudeplaner.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 11
Teil I
Auditive Kommunikationsstörungen,
Hörsystem- und Implantatversorgung
Auditive Kommunikationsstörungen (AKS) 14
Unser wohl emotionalster Sinn 17
Welche Arten von Hörstörungen gibt es und wie sind sie versorgbar? 18
Stigmatisierung auditiver Kommunikationsstörungen
und der Hörsystem-/Hörimplantatversorgung 22
Werbung für Hörhilfen und Hörimplantate 24
Hörsystem- und Implantatversorgung von Erwachsenen 27
• Der klassische Versorgungsweg 28
• Kritik 32
Worauf baut die Hörsystem- und Implantatversorgung eigentlich auf? 33
Ablauf der ersten Hörsystemversorgung 35
• Beratung und Empfehlung des Hörakustikers 36
• Hürden in der Beratung 37
• Apropos Handwerk in der Hörakustik 37
• Der große Tag – Erstanpassung von Hörsystemen/First Fit 38
• Erwartungshaltung von Familie und Freunden
bei und nach der Erstanpassung 40
• Erste Kontrolle nach der Erstanpassung 40
• Gleitende Anpassung 42
• Zubehör und Hilfestellungen 42
• Was ist zu tun, wenn sich der gewünschte Erfolg nicht einstellen will 43
• Anforderungen an den Berufsstand 44
• Feinjustierung und Nachjustierungsmöglichkeiten seitens des Fachpersonals 44
• Hörtraining und Audiotherapie 45
Und wenn keine Hörsystem mehr ausreichen 46
Welche Implantate stehen heute zur Verfügung
und für wen sind sie geeignet? 47
Zusammenfassung der apparativen Versorgungsmöglichkeiten
mit Hörsystemen und Hörimplantaten 51
Teil II
Auditive Verarbeitung und Wahrnehmung,
Ohr-Hirn-Schranke und Hirnhürden
Begriffsdefinitionen 54
Hochleistungsrechner Gehirn 54
• So läufts, wenn alles gut funktioniert 54
• Verstehaufwand in Störgeräuschsituationen 56
• Wahrnehmung 57
• Altersbedingte Kommunikationsprobleme und deren Phänomene 62
Zentral-auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen (ZAVWS) 63
• Geschichte 63
• Definition einer (zentral-)auditiven Verarbeitungs- und
Wahrnehmungsstörung 64
• Konzentration auf den Kinder- und Jugendbereich 66
• Mischformen 66
• Diagnosestellung einer (Z)AVWS 66
• Warum sollte es nur Kinder- und Jugendliche betreffen? 67
• Bedeutung für die Hörsystem- und Implantatversorgung 68
• Missverständnisse, die oft unerkannt bleiben 72
• Innenohrschwerhörigkeit kann zu Änderungen im Gehirn führen 72
• Geschlechtsspezifische Unterschiede 73
• Rechtshänder oder Linkshänder 74
• Unterschiedliche Arten einer AVWS 76
• Was sagen Betroffene? 78
Die Bedeutung von Klängen und Musik 80
• Von Anbeginn 80
Ungestörte Hörbahnreifung und Förderung auch als
AVWS-Präventionsmaßnahme? 81
Miserable Raumakustik 82
Welche Besonderheiten gelten für Hörgeräte- und Implantatträger
(ohne und mit AVWS)? 85
Drahtlose akustische Übertragungsanlagen (DAÜ) 87
Was kann sonst noch getan werden? 91
Ausblick 92
Behind the Inner Ear 92
Sind neue Wege in der Hörakustik denkbar? 93
Weiterentwicklung der Technologien und der Diagnostik 95
Erweiterung des Aus- und Fortbildungsplans und der Patienteninformationen 96
Präventionsmaßnahmen 96
Beenden wir die Themen Klangbrei, Hörquark, Hirnhürden
und Ohr-Hirn-Schranke 97
Literaturverzeichnis 99
Danksagung 102
Zum Autor 103
Vorwort
Das Wort „Klangbrei“ fällt oft, wenn Menschen ihre Hörsituation beschreiben möchten. Alles klingt undeutlich, die meisten nuscheln so fürchterlich und sprechen ohne Gefühl, habe ich schon oft hören müssen. Die glücksbringende Hoffnung: Mit Hörgeräten wird alles besser – anziehen und gut ist! So wird es von der Werbung und dem persönlichen Umfeld suggeriert. Hat man die Dinger dann erstmals am Ohr, wird aus dem „Klangbrei“ auch noch „Hörquark“, mit dem man zunächst noch weniger anfangen kann, da alles zu viel, zu laut ist und komplett fremd klingt! Warum schreibe ich so etwas? Bin ich ein Verräter meines Berufsstandes und der Hörgeräteindustrie? Nein, weit gefehlt!
In 37 Berufsjahren in der Hörakustik durfte ich zum Teil epochale Entwicklungen seitens der Technik miterleben. Auch die Einsicht, dass der Mensch zwei Ohren hat, die versorgt werden sollten, sobald dort Probleme auftreten, hat tatsächlich stattgefunden. Als ich anfing, war die einseitige Versorgung mit einem Hörgerät der Standard. Persönlich glaube ich, dass damals der Grundstein dafür gelegt wurde, Hörhilfen zu stigmatisieren. Klar, die Betroffenen waren unzufrieden, weil sie mit nur einem Hörgerät (Implantate gab es damals noch nicht) in Gesellschaft nicht besser verstehen konnten. Auch war der Wissensstand der Audiologie (einfach: die Lehre des Hörens) bei Weitem noch nicht so weit fortgeschritten.
Durch meine frühe Spezialisierung in der Versorgung hörgeschädigter Kinder wurde ich im Laufe der Jahre mit einem Phänomen konfrontiert, das zunächst Kindern und Jugendlichen zugeschrieben wurde. Auffallend war ein schlechtes Sprachverstehen, besonders im Umgebungsgeräusch, trotz eines gemessenen normalen Hörvermögens für Töne (Normakusis). Mir stellte sich dann die Frage, warum dieses Problem nur bei jungen Menschen auftreten sollte.
Wie schon in den 1990er-Jahren, als ich mich für die Einführung einer besonderen Anpassmethode und entsprechender Messtechnik für Säuglinge und Kinder in Deutschland stark machte, die ich aus Kanada übernahm, führten mich meine Studien zur amerikanischen Literatur und die daraus neu gewonnenen Erkenntnisse dazu, meine Arbeit im Erwachsenenbereich zu überdenken. Jetzt, im Ruhestand, finde ich Zeit, diese Gedanken zu Papier zu bringen.
Meine Intention ist es, mit diesem Buch zunächst einen Einblick in die heutige Hörsystem- und Cochlea-Implantatversorgung zu geben und Möglichkeiten und Grenzen aus meiner Sicht darzustellen. Ab dem Kapitel „Das muss andere Gründe haben“ werde ich ein bisschen tiefer gehen, um Gedanken zu weiteren möglichen Problemen einzubringen, die bisher nur wenig Beachtung fanden. Aspekte, die unmittelbar mit dem Verstehen – und nicht nur mit dem bloßen Hören – in Zusammenhang stehen, wie z. B. das Dilemma Raumakustik, werden ebenso angeführt. In diesem Kapitel werden dann auch erstmals die „Ohr-Hirn-Schranke“ und interne „Hirnhürden“ zur Sprache kommen. Die offene und eventuell auch provokative Darlegung meiner Gedanken und Meinungen können und sollen Anlass zur Überprüfung eigener Einstellungen, aber auch zu Kritik und Diskussion geben. Ziel ist es, für Normalhörende, Betroffene und audiologisch tätige Unterstützer die für Menschen mit auditiven Kommunikationsstörungen herausfordernde Alltagssituation des Verstehens darzulegen.
Jochen W. Heinz
August 2024
Im Rahmen der Lesefreundlichkeit wird in diesem Buch auf das Gendern verzichtet und ausschließlich das generische Maskulinum verwendet. Unabhängig davon sind alle Geschlechter gleichberechtigt angesprochen und gemeint.