Haynes | Wofür du stirbst | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 480 Seiten

Haynes Wofür du stirbst

Psychothriller

E-Book, Deutsch, 480 Seiten

ISBN: 978-3-641-11766-5
Verlag: Diana
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Er tötet nicht, er haucht deiner Seele das Leben aus
Annabel Hayer arbeitet als Fallanalytikerin bei der Polizei. Als sie zufällig die Leiche einer Nachbarin, die einsam in ihrer Wohnung verhungerte, entdeckt, forscht sie nach. Im Laufe des letzten Jahres starben über zwanzig Menschen allein in ihrem Zuhause - ohne jegliche Fremdeinwirkung. Schieden all diese Menschen wirklich freiwillig aus dem Leben, oder hat sie jemand dazu gezwungen? Ohne es zu ahnen, gerät Annabel in das Visier des Mannes, dessen stärkste Waffe seine süßen Worte sind ...

Elizabeth Haynes wuchs in Seaford, Sussex auf und studierte an der Leicester University Englisch, Deutsch und Kunstgeschichte. Sie arbeitet als Fallanalytikerin bei der Polizei und lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Kent. Wohin du auch fliehst ist ihr erster Roman.
Haynes Wofür du stirbst jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Annabel Ich kam nach Hause und roch die Mülleimer, die in der kalten Luft einen schwachen Gestank verbreiteten, sodass ich die Nase rümpfte. Ich ging ins Haus, öffnete die Hintertür, schüttelte die Schachtel mit Katzenfutter und hoffte, dass sie angerannt käme. Die Nacht war sternenklar, sie würde also vermutlich erst dann an der Hintertür maunzen und kratzen, wenn ich im Badezimmer war. Trotz meiner Bemühungen, sie an die Katzenklappe zu gewöhnen – indem ich sie vor ihren Augen aufklappte, ihr gut zuredete, sie sogar gewaltsam durchschob –, ignorierte sie die Klappe und betrat oder verließ das Haus nur, wenn ich ihr die Tür aufmachte. Ich hatte sogar versucht, das Katzenklo abzuschaffen, doch sie pinkelte einfach auf den Linoleumboden in der Küche und versuchte dann kratzend alles zu verscharren. Das war der Punkt, an dem ich aufgab. Ich blieb einen Augenblick an der Tür stehen. »Lucy?«, rief ich versuchsweise. »Lucy!« Nichts. Dann sollte die verdammte Katze doch die ganze Nacht da draußen bleiben, dachte ich, wusste aber, dass ich in ein paar Stunden tropfnass und frierend wieder hier unten im Bademantel stehen und das Katzenfutter schütteln würde, während sie draußen auf dem Rasen saß und mich anstarrte, wie um mich dafür zu bestrafen, dass ich so lange gebraucht hatte. Ich machte mir eine Tasse Pfefferminztee und ein paar Käsetoasts, aß am Küchentisch und behielt dabei die offene Tür im Auge, falls die Katze doch reinkäme, sodass ich abschließen und sie einsperren konnte. Als ich fertig war, warf ich die Toastreste in den Mülleimer in der Küche und schnüffelte. Irgendwas stank hier zweifellos ganz furchtbar. Das letzte Mal war mir so ein schrecklicher Gestank in die Nase gestiegen, als meine Katze einen Frosch mitgebracht und ich es erst bemerkt hatte, als ich ihn halb schleimig, halb vertrocknet vor der Wand unter der Kommode im Esszimmer gefunden hatte. Ich musste ihn, mit einem Stück Küchenrolle und Gummihandschuhen bewaffnet, auf allen vieren vom Boden abkratzen. Ich stand erneut an der Tür und fragte mich, ob Lucy diesmal eine Taube gekillt und sie bei den Mülltonnen liegen gelassen hatte, weil sie mir nicht zutraute, sie ordnungsgemäß zu entsorgen. Ich zog meine Hausschuhe an, holte die Taschenlampe aus der Schublade, wagte mich die Treppe hinunter in die Dunkelheit und lauschte dem Verkehrslärm, der von der Hauptstraße hinter den Bäumen herüberdrang. Die Mülltonnen standen in dem schmalen Durchgang zwischen meinem und dem Nachbarhaus. Ich hob den Deckel der schwarzen und den der grünen Biotonne hoch. Beide rochen zwar unangenehm, waren aber nicht die Quelle des Gestanks. Ich beleuchtete mit der Taschenlampe den Boden um die Tonnen herum. Keine Taube, keine Ratte – nichts Totes. Das Nachbarhaus stand schon seit einiger Zeit leer, doch als ich hinübersah bemerkte ich, dass Licht brannte. Ein gedämpfter goldener Schein drang herüber, als würde in einem Raum eine einzelne Glühbirne brennen. Ich versuchte mich daran zu erinnern, wann ich das letzte Mal hier draußen gestanden hatte. Am Sonntagnachmittag? Doch das war am helllichten Tag gewesen, die Sonne hatte geschienen, und selbst wenn nebenan Licht gebrannt hätte, hätte ich es nicht bemerkt. Vielleicht war ein Immobilienmakler oder ein Bauträger da gewesen und hatte es angelassen? Als ich hier einzog, wohnte nebenan ein Pärchen. Ich versuchte mich zu erinnern, wie die Frau hieß. Shelley, genau. Sie hatte sich bei mir vorgestellt. Das war an einem heißen Sommertag gewesen. Ich war gerade nach Hause gekommen, sie hatte im Vorgarten gearbeitet. Sie hielt mich zu einem Schwätzchen an, obwohl ich keinerlei Lust darauf hatte. Ich war müde, wie immer deprimiert und sehnte mich nur danach, ins Haus zu gehen, mir die Schuhe von den heißen, schmerzenden Füßen zu ziehen und etwas Kaltes zu trinken. Alles, was ich von diesem Gespräch noch in Erinnerung hatte, war ihr Name und dass ihr Partner – das Wort hört sich für mich immer komisch an; sie sagte nicht Freund oder Mann oder Verlobter – Graham hieß. Ich bin ihm nie begegnet. Ich glaube, er zog im Herbst aus. Im vergangenen Winter sah ich sie ein paarmal kommen und gehen, sie packte wahrscheinlich nach Ostern ihre Sachen. Jedenfalls hatte ich sie danach nicht wieder gesehen, und der zuvor gepflegte Garten verwilderte langsam. Zuerst beschlich mich nur eine böse Vorahnung, dann hörte ich ein Geräusch aus der Richtung des leer stehenden Hauses. Irgendwas stimmte nicht. Ich spähte durch die Dunkelheit und sah die Katze, die sich durch die Gartentür zwängte, zu mir getrottet kam und sich an meine Beine schmiegte. Irgendwas Übelriechendes, Klebriges haftete an ihr, und sie strich mir immer wieder um den Rock. Ich legte mir blitzschnell die Hand über Mund und Nase. In diesem Moment überlegte ich, in die Küche zurückzugehen und die Polizei zu verständigen. Im Nachhinein betrachtet hätte ich genau das tun sollen. Doch es war Freitagabend, und weil ich selbst auf dem Revier arbeitete, wusste ich, dass alle Streifen unterwegs waren. Wenn sie nicht gerade Blut und Kotze von den Straßen im Zentrum von Briarstone wischten, waren sie damit beschäftigt, Leute in die Arrestzelle zu stecken. Ich arbeitete seit Jahren für die Polizei, hatte sie aber noch nie selbst gerufen. Ich wusste nicht einmal, was ich hätte sagen sollen. Dass es nebenan schrecklich stank? Vermutlich hätte man mir nahegelegt, am nächsten Morgen die Müllabfuhr zu verständigen. Die niedrige Tür zum Hintergarten hing schief in den Angeln. Dahinter lag ein einst gepflegter Pfad, der nun völlig überwuchert war. An manchen Stellen standen Gras und Unkraut hüfthoch, die Halme bogen sich wie müde Krieger. Ich lief über das Gras zum Ziegelpfad, der zur Hintertür führte. Auf dem Sims vor dem Küchenfenster lagen tote Fliegen. Ich leuchtete mit der Taschenlampe in den leeren Raum. Ein paar Fliegen krabbelten noch am Fensterglas, einige wenige schwirrten in der Raummitte im Kreis. Die Tür zum Esszimmer stand weit offen, von dort fiel ein trübes goldenes Licht in die Küche. Ich sah zu Boden. Die unterste Glasscheibe der Hintertür fehlte. Dunkle Schmierspuren und verschiedenfarbige Haare klebten am Rahmen. Offenbar gingen hier die unterschiedlichsten Katzen ungehindert ein und aus. Ich rüttelte an der Tür, doch es wäre wohl zu viel verlangt gewesen, sie unverschlossen vorzufinden. Dann klopfte ich. Meine Fingerknöchel klapperten auf dem Glas, der Türrahmen erzitterte. Vorsichtig drückte ich gegen die Scheibe, dann ein wenig fester, und plötzlich fiel sie aus dem Rahmen, und das Glas zerbarst auf dem gekachelten Küchenboden. »Mist!«, sagte ich laut. Jetzt saß ich wirklich in der Klemme. Ich hätte von der Tür weggehen sollen. Ich hätte zurück in mein Haus gehen, hinter mir absperren und nicht mehr darüber nachdenken sollen. Das war doch nicht mein Problem, oder? Aber jetzt, da ich praktisch eingebrochen war, konnte ich genauso gut nachsehen, ob sich irgendwer im Haus befand. Ich steckte meine Hand durch das Loch und tastete herum. Der Schlüssel steckte im Schloss. Ich versuchte ihn umzudrehen – er klemmte, war schon lange nicht mehr benutzt worden – und in meinem Hinterkopf tauchte der Gedanke auf, dass die Tür über mehrere Riegel verfügen könnte. Doch als ich den Schlüssel endlich gedreht hatte, ließ sich die Tür ziemlich leicht öffnen. Der Gestank schlug mir mit voller Wucht entgegen, verzog sich aber genauso schnell in die Nacht hinaus. »Hallo?«, rief ich, erwartete aber keine Antwort und wusste auch nicht, was zum Teufel ich getan hätte, wenn ich eine bekommen hätte. »Ist da wer?« Im Haus schien es wärmer als in meinem eigenen zu sein, aber vielleicht kam mir das auch nur so vor, weil ich im kalten Garten gewesen war. Meine Schritte knirschten auf den Glasscherben und hallten in der leeren Küche wider, und ich musste meine Hand über Mund und Nase legen, um den Gestank zu dämpfen, der hier jetzt wieder stärker wurde. Ich leuchtete mit der Taschenlampe im Raum umher, beleuchtete Geschirrschränke und Regale, einen schmutzigen Herd, auf dessen Oberfläche eine klebrig matte Staubschicht lag. Vielleicht war es verdorbenes Essen, dachte ich. Vielleicht hatte es der letzte Bewohner ziemlich eilig gehabt, zu verschwinden, und die Reste des Abendessens stehen lassen. Doch die Tür des Kühlschranks stand offen, darin war nichts als schwarzer Schimmel. Er war ganz offensichtlich außer Betrieb. Als ich vorsichtig die Küchentür aufstieß, wurde es hell genug, dass ich die Taschenlampe ausmachen konnte. Ich stand in einem Esszimmer, in dem sich Stühle und ein Tisch mit einer Tischdecke und zwei Sets darauf befanden. Auf der Anrichte stand eine moderne Tischlampe, doch auch auf ihr so wie auf fast jeder anderen Oberfläche lag eine dünne Staubschicht. Die Lampe war eingeschaltet. Ich hörte ein Geräusch. Leise, ein wenig blecherne Stimmen – es klang wie Radio 4. War tatsächlich das Radio an? Dann musste doch auch jemand hier sein, oder nicht? Ich fühlte mich beobachtet, als lauerte irgendjemand gerade außerhalb meines Blickfelds. Ich ermahnte mich, nicht paranoid zu werden, und...


Haynes, Elizabeth
Elizabeth Haynes wuchs in Seaford, Sussex auf und studierte an der Leicester University Englisch, Deutsch und Kunstgeschichte. Sie arbeitet als Fallanalytikerin bei der Polizei und lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Kent. Wohin du auch fliehst ist ihr erster Roman.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.