E-Book, Deutsch, 333 Seiten
Haudel Gotteslehre
2. veränderte Aufl
ISBN: 978-3-8463-4970-0
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Bedeutung der Trinitätslehre für Theologie, Kirche und Welt
E-Book, Deutsch, 333 Seiten
ISBN: 978-3-8463-4970-0
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die christliche Gotteslehre (Trinität) im Kontext von Philosophie und Religion.
Die Gottesfrage berührt die Grundfragen des Menschen, wie etwa die Fragen nach tragfähiger Gotteserkenntnis sowie nach Ursprung, Ziel und Sinn des Lebens. Matthias Haudel erörtert den christlichen Gottesbegriff im Kontext von Religion, Philosophie und Naturwissenschaft. Dabei entfaltet er das Verständnis der Trinität in seiner Bedeutung für alle Bereiche der Theologie und führt gleichzeitig in die Grundlagen von Theologie und Dogmatik sowie in deren zentrale Gegenstände ein. Dies erfolgt in theologiegeschichtlicher und ökumenischer Weite, wobei aktuelle Konzeptionen der Gotteslehre ebenso berücksichtigt werden wie die Herausforderungen der Moderne.
Weder kirchliche Verkündigung noch religionspädagogische Vermittlung können auf die Verankerung in der Gotteslehre verzichten, wenn sie die theologischen Gegenstände angemessen vermitteln wollen und den Dialog mit anderen Religionen und Weltanschauungen suchen.
Matthias Haudel trägt zur Befähigung für diese Aufgaben bei, indem er die Bedeutung der Trinitätslehre für Theologie, Kirche und Welt erschließt und in interdisziplinärer Orientierung die Übereinstimmung von Glaubens- und Wirklichkeitserfahrung zeigt, so dass zugleich Hilfestellung für die lebensweltlichen Herausforderungen in der Praxis geboten wird. Deshalb ist sein Buch nicht nur für Studierende und Lehrende hilfreich, sondern auch für die in der pfarramtlichen und religionspädagogischen Praxis Tätigen sowie für alle an den Grundfragen des Glaubens Interessierten. Denn der Autor hat eine Gotteslehre – nicht nur – für Studierende verfasst, die auch ohne Sprachkenntnisse verständlich ist. Sie eignet sich für die Prüfungsvorbereitung ebenso wie für die Begleitlektüre in einem systematisch-theologischen Proseminar – und sie gibt grundsätzlich für alle Interessierten verständlich einen tiefgehenden Einblick in die wichtigsten Grundlagen und Fragen des Glaubens.
Die zweite Auflage wurde um einige Hinweise auf theologische Ansätze und aktuelle Entwicklungen ergänzt.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Vorwort 9
I. Einführung 13
1. Gotteslehre und die Grundfragen des Lebens 13
2. Gotteslehre als Grundlage christlicher Theologie 15
3. Aufbau 19
II. Religionsgeschichtliche, philosophische und theologische Dimensionen der Gotteslehre 24
1. Horizonte des Gottesbegriffs 24
2. Die Transzendenz von Welt und Kosmos 27
3. Die Transzendenz des Menschen 30
4. Implikationen des Gottesbegriffs 33
5. Hermeneutische Bedingungen für die Erkenntnis Gottes 36
6. Glaube und Vernunft 42
III. Die Grundlagen christlicher Gotteslehre in ihrem philosophischen und religiösen Kontext 46
1. Das biblische Zeugnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist 46
2. Die Entfaltung der christlichen Gotteslehre im Kontext von Philosophie und Religion 56
3. Das Bekenntnis zum dreieinigen Gott als Grundlage des christlichen Glaubens 63
3.1 Die zur neunizänischen Theologie führenden ost- und westkirchlichen Entwicklungen 63
3.2 Der Glaube an den dreieinigen Gott als philosophische und religiöse Revolution 73
3.3 Das Ökumenische Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381) als Grundlage des christlichen Gottesbegriffs 81
4. Jesus Christus: Wahrer Gott und wahrer Mensch (Chalcedon 451) 85
IV. Spätere trinitätstheologische Engführungen in West- und Ostkirche 93
1. Westkirchliche Engführungen (Das Filioque-Problem) 94
2. Ostkirchliche Engführungen (Aspekte der Energienlehre) 97
3. Die Lösung des Filioque-Problems 100
V. Die Bedeutung der Trinitätslehre für die Reformation 105
1. Luthers Trinitätslehre und der reformatorische Durchbruch 105
2. Trinitätslehre bei Zwingli und Calvin 113
VI. Gotteslehre im Kontext der Aufklärung 120
1. Bedeutende Konzeptionen der Aufklärung (Descartes, Kant, Hegel) 120
2. Gotteslehre im Horizont der Religionskritik 126
3. Gottesbeweise 131
VII. Die Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre im 19. und 20. Jahrhundert 140
1. Protestantische Konzeptionen 140
1.1 Entwicklungen im 19. Jahrhundert 141
1.2 Karl Barth 142
1.3 Eberhard Jüngel 145
1.4 Jürgen Moltmann 148
1.5 Weitere Entwürfe (W. Pannenberg u.a.) 152
2. Römisch-katholische Konzeptionen 156
2.1 Entwicklungen im 19. Jahrhundert 156
2.2 Zweites Vatikanisches Konzil 159
2.3 Karl Rahner 161
2.4 Weitere Entwürfe (H.U. von Balthasar u.a.) 164
3. Orthodoxe Konzeptionen 167
3.1 Entwicklungen im 19. Jahrhundert 167
3.2 Dumitru Staniloae u.a. 169
VIII. Der dreieinige Gott als die vollkommene Gemeinschaft der Liebe 174
1. Gottes dreieiniges Wesen und sein diesem Wesen entsprechendes Handeln 174
2. Gottes Eigenschaften 182
IX. Der dreieinige Gott als Lebenshorizont 187
1. Gott als offenbares Geheimnis: seine verborgene und offenbare Anwesenheit 187
2. Der Mensch als Ebenbild Gottes und der Sinn des Lebens 189
X. Die drei Artikel des Glaubensbekenntnisses: Schöpfer, Erlöser, Vollender 196
1. Gott, der Schöpfer 196
1.1 Gottes Wirken: Schöpfung und Weltregierung 197
1.2 Theologie und Naturwissenschaft 201
2. Gott, der Erlöser 225
2.1 Wahre Gottes- und Menschenerkenntnis in Jesus Christus 226
2.2 Kreuzestheologie, Auferstehung und Theodizee-Frage: Allmacht und Leidensfähigkeit Gottes 230
2.3 Sünde und Freiheit, Rechtfertigung des Sünders, Glaube und Prädestination 241
2.4 Ethik und Weltverantwortung 246
3. Gott, der Vollender 253
3.1 Die Gemeinschaft der Glaubenden (Kirche) und ihre Maßstäbe 254
3.2 Mensch und Kosmos in eschatologischer Perspektive 259
3.3 Tod und ewiges Leben 263
XI. Die Bedeutung der Trinitätslehre für das Kirchenverständnis – in ökumenischer Perspektive 273
1. Der wesensmäßige Zusammenhang von Trinitäts- und Kirchenverständnis 273
2. Der Zusammenhang von Einseitigkeiten im Trinitäts- und Kirchenverständnis 275
3. Zur Überwindung der jeweiligen Einseitigkeiten 283
XII. Die Trinitätslehre im Dialog mit anderen Religionen 286
1. Christlich-jüdischer Dialog 286
2. Interreligiöser Dialog mit weiteren Weltreligionen 289
II. Religionsgeschichtliche, philosophische und theologische Dimensionen der Gotteslehre 1.Horizonte des Gottesbegriffs Im Allgemeinen verweist der Gottesbegriff auf eine letztgültige Wahrheit und Seinsgrundlage sowie auf ein allumfassendes Geheimnis und eine unverfügbare Eigenwirklichkeit. In der Vielfalt der religiösen und philosophischen Gottesvorstellungen zeigt sich dem personalen Wesen des Menschen gemäß immer wieder das Verlangen nach einem personalen Gott. Als solcher hat sich Gott laut biblischem Zeugnis offenbart. Durch sein dreieiniges Wesen besteht ein Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ zu den Menschen, das die Voraussetzung für ein persönliches Gottesverhältnis in freier und liebender Gemeinschaft bildet. Das Wort „Gott“ enthält zwar für sich genommen noch keine bestimmte Gottesvorstellung oder eine spezifische Verständlichkeit, aber das menschliche Reden von Gott weist einen gewissen Resonanzboden auf, der das Moment des Letztgültigen und des existentiellen Angegangenseins anklingen lässt, also die Dimension einer unbedingten Bedeutung für das menschliche Leben. Dabei führt der Begriff „Gott“ als „Grenzwort“ an den Horizont der Realitäten von Mensch und Welt.1 In allen bekannten Sprachen gibt es einen Begriff für das Bedeutungsspektrum, das mit dem deutschen Wort „Gott“ verbunden ist. Der ursprüngliche semantische Gehalt des deutschen Begriffs „Gott“ lässt sich nicht mehr eindeutig klären, als wahrscheinlich erscheint es aber, dass der Begriff aus dem substantivierten zweiten Partizip des indogermanischen „ghuto-m“ der Verbalwurzel „gheu“ entstanden ist, wonach Gott als „das angerufene Wesen“ zu verstehen wäre. Im Blick auf das religionsgeschichtliche Spektrum der Vorstellungen, die sich mit dem Gottesbegriff verbinden, können hier nur einige Hinweise gegeben werden. Insgesamt ist der Entwicklungsgang der verschiedenen Formen von Gottesvorstellungen nicht exakt zu greifen. Nach evolutionistisch geprägten Theorien werden Höherentwicklungen aus primitiv-religiösen Vorstellungen angenommen (N. Söderblom), während sogenannte Dekadenz- oder Depravationstheorien von einem Urmonotheismus ausgehen, der zu niederen – etwa polytheistischen – Formen abgesunken ist (P. W. Schmidt). Im Monotheismus, durch den besonders das Judentum, das Christentum und der Islam gekennzeichnet sind, wird ein Gott verehrt, dessen Allmacht und Ewigkeit Universalität beansprucht. Der in etlichen Kulturen des Altertums oder etwa auch im Hinduismus vorfindliche Polytheismus verteilt die göttlichen Eigenschaften auf mehrere Götter, wobei im Polytheismus häufig Rangordnungen zwischen den Göttern bestehen, die dann wieder zum jeweils subjektiven Eingottglauben führen können, was als Henotheismus oder Monolatrie bezeichnet wird. Der als personalistischer Glaube existierende Theismus geht im Monotheismus von einem transzendenten Gott als Gegenüber zur Welt aus. Dieses Gottesverhältnis kann sowohl dualistisch durch Trennung von Gott und Welt als auch identifizierend durch Gleichsetzung von Gott und Welt beeinträchtigt oder aufgelöst werden. Der nach der Aufklärung aufkommende dualistische Deismus sah Gott nur noch als den Initiator der Welt, der diese dem naturgesetzlichen Ablauf überlässt. Demgegenüber versteht der identifizierende Pantheismus, wie er etwa in der antiken Stoa oder bei dem Aufklärer Baruch Spinoza zu finden ist, die Welt als identisch mit dem Göttlichen, da alles als göttlich bezeichnet wird. So stuft sich das Göttliche zum Beispiel nach der neuplatonischen Emanationstheorie vom Absoluten über das Geistige bis in die Materie ab. Verwandtschaft mit dem Pantheismus weist der bei Naturvölkern verbreitete Animismus auf (lat. anima: die Seele), für den die Materie vom göttlichen Geist beseelt ist. Zu nennen wären ferner Naturgottheiten (z.B. Sonnen- und Mondgötter) und Gottheiten von sozialer Funktion (z.B. Dorfgötter, Kriegsgötter, Götter der Heilung) sowie mythologische Gottesvorstellungen.2 Die Ursprünge des philosophischen Gottesbegriffs lagen in der Abwendung von den zuletzt genannten Gottesvorstellungen, so bei den Griechen durch die großen attischen Philosophen wie Platon (427–347) und Aristoteles (384–322). Nachdem bereits die Vorsokratiker durch die Überwindung mythischer und polytheistischer Gottesbilder der Vorstellung von der Einheit der Gottheit Raum gegeben hatten, kam die Ahnung der Einzigkeit und Einheit des Göttlichen als Urgrund des Seins bei Platon und Aristoteles vollends zur Geltung. In Analogie zum menschlichen Denken ließ sich Gott als sich selbst denkendes Sein verstehen. Der Mensch hat nach Platon durch seine immaterielle und unsterbliche Seele, die vom Leib lediglich eingeengt wird, aufgrund der eingeborenen apriorischen Ideen seines Geistes die Fähigkeit, am höchsten Urgrund zu partizipieren. Entsprechend wird der Mensch als vom Leib-Seele-Dualismus bestimmtes Geistwesen Teil des kosmischen göttlichen Geistes. In gleicher natürlich-theologischer Ausrichtung beschreibt Aristoteles den ewigen Geist als sich selbst denkende Selbstbeziehung, wobei sich der menschliche Geist zum göttlichen Geist aufschwingen kann, so dass das Göttliche in uns das Göttliche an sich berührt (eth. Nic. 1177 b 28). Die Vernunft gilt als das Ewige und Unsterbliche im Menschen. So werden in der Antike bereits religionsphilosophische Vorstellungen abgebildet, die sich in aktualisierter Form in der Aufklärung mit ihren Konzeptionen idealistischer Überschneidung von göttlichem und menschlichem Geist wiederfinden.3 Dennoch hat sich stets aufs Neue das Verlangen nach einem Gott gezeigt, der als persönliches Wesen verstanden werden kann, weil das der personalen Konstitution des Menschen entspricht. Nach dem biblischen Zeugnis hat sich Gott selbst als personales Gegenüber des Menschen erschlossen, das den Menschen als Ebenbild Gottes (lat. imago Dei) transparent werden lässt und ihm ganz nahe ist. Dieses durch das dreieinige Wesen Gottes ermöglichte Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ eröffnet im Unterschied zu dualistischen und identifizierenden Gottesvorstellungen eine freie personale Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch. So kann Gott als Vater das Gegenüber der Menschen bleiben, während er ihnen als Sohn und Heiliger Geist ganz nahe ist – ja sogar im Sohn selbst Mensch werden kann.4 Gegenüber der abstrakten Jenseitigkeit Gottes in einem unitarischen Monotheismus und gegenüber polytheistischen sowie emanatorischen Gottesvorstellungen erschließt das biblische Zeugnis also einen konkreten Monotheismus5, der die lebendige dreieinige Liebe in Gott als Voraussetzung einer persönlichen Gottesbeziehung in freier Gemeinschaft und Liebe offenbart. Im Blick auf seine allgemeine Verwendung haftet dem Gottesbegriff immer wieder der Horizont der letztgültigen Wahrheit und Seinsgrundlage an – und damit die Dimension des Geheimnisses, das sich aus den weltlichen Zusammenhängen nicht greifen lässt. Dahinter vermag sich eine unverfügbare Eigenwirklichkeit (Aseität) zu verbergen, die auf eine selbstursächliche Einzigartigkeit verweist. So scheint der Gottesbegriff verbreitet ein grundloses Sein zu enthalten, das aus sich selbst existiert – und sich deshalb eigentlich auch nur selbst erschließen kann. Der Gottesbegriff transportiert also ein Geheimnis, das sich dem Menschen zum einen als entzogen erweist, das ihn aber zum anderen als definitives „Woraufhin“ seines Lebens unbedingt angeht. Denn dieses Geheimnis verbindet sich mit der Ahnung einer ersten, aus sich existierenden und alles Sein umfassenden Ursache. Deshalb ist „die Rede von Gott [letztlich] nur dann sinnvoll […], wenn sie ‚Gott‘ als ein auf das Ganze gehendes Wort zu verstehen gibt, dessen besonderer Anspruch universale Geltung einschließt“: Was „im sachgemäßen Gebrauch des Wortes ‚Gott‘ zur Sprache kommt, geht jeden Menschen unbedingt an“6. 2.Die Transzendenz von Welt und Kosmos In ihrer Endlichkeit weisen Welt und Kosmos zwischen ihrem „Woher“ und „Wohin“ über sich selbst hinaus. Diese Transzendenz erlaubt lediglich die Ahnung eines letzten Grundes und Ziels, so dass Gott nicht aus natürlichen Gegebenheiten zu rekonstruieren ist. Zwar finden sich in der Schöpfung Spuren des Schöpfers, doch aufgrund der von menschlicher Selbstbehauptung geprägten Erkenntnis bleiben sie ambivalent, weshalb angemessene Gotteserkenntnis auf die Selbsterschließung Gottes angewiesen ist. Diese bedarf allerdings um der universellen Nachvollziehbarkeit willen der natürlichen Anknüpfungspunkte. Erst die trinitarisch-heilsgeschichtliche Dynamik von Schöpfung, Erlösung und Vollendung erlaubt die sachgemäße Zuordnung von natürlichen Erkenntnisvoraussetzungen und göttlicher Selbsterschließung. Dabei behalten die drei Glaubensartikel die gesamte Schöpfungswirklichkeit von Welt und Kosmos im Blick, die mit der Glaubenswirklichkeit übereinstimmen muss, wenn der Glaube nicht in innere Widersprüche führen soll. Den aufgezeigten Horizonten des Gottesbegriffs korrespondiert die Transzendenz von Welt und Kosmos, welche über sich selbst hinausweisen (lat....