Hartung | Der Tag vor dem Abend | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 160 Seiten

Hartung Der Tag vor dem Abend

Aufzeichnungen
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8353-2309-4
Verlag: Wallstein Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection

Aufzeichnungen

E-Book, Deutsch, 160 Seiten

ISBN: 978-3-8353-2309-4
Verlag: Wallstein Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection



Das persönlichste Buch des Autors in seinem achtzigsten Jahr

»Der Tag vor dem Abend« - das meint die Jahre, in denen das Alter unwiderruflich voranschreitet, eine Rechenschaft fällig wird. In seinem achtzigsten Jahr legt Harald Hartung sein persönlichstes Buch vor: Aufzeichnungen aus den Jahren 1998 bis 2012. Sie verbinden die Sensibilität des Poeten mit der Gedankenklarheit des Kritikers. Sie mischen Denkstücke und Reflexionen, Momentaufnahmen und Rückblicke, in denen die Dinge der Welt aufleuchten. Neben luziden Reisebildern finden sich Überlegungen zu Kunst und Dichtung (auch der eigenen), Aphorismen über Alter und Produktivität sowie Erinnerungen an eine Kindheit im Dritten Reich. Aus vielen Komponenten entstand ein skeptisch-heiteres Merkbuch des Handwerks, ein Brevier des Lebens und der Kunst.

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1;Umschlag;1
2;Titel;4
3;Impressum;5


2008
Man hat gleich einen Namen für das Datum: Schwarzer Montag. Die Aktienkurse brechen ein. Auch wer keine Aktien besitzt, spürt den kalten Luftzug. Die Wirtschaftskrise hat unsere Rückennerven erreicht.
Geld - jetzt das einzige four-letter-word in der Konversation.
Wir sagen die Probefahrt ab, wir kaufen uns kein Auto. Einige Erheiterung und Erleichterung. In den Papierkorb mit den schönen Glanzpapier-Prospekten. Dabei hatten wir uns schon für Silbermetallic entschieden. Auch weil es praktischer ist.
Streusand
Beim Schreiben schaut man nicht auf die Uhr. Aber fürs Stundenschlagen - gäbe es das noch - wäre man dankbar.
Wie lange dauert das Jetzt? Heute fand ich: die Länge einer Rolltreppe.
Wie weit bist du gekommen? - Weiter, als du dachtest? - Gut. Das heißt: nicht wirklich weit.
Sie sahen gestern aber schlecht aus, sagt mir der Kollege. Prompt hatte ich eine schlechte Nacht.
Wo die Aphorismen sich häufen, sinkt die Kraft der Beobachtung.
Der Neid wählt aus, allein das läßt ihn scharfsichtig erscheinen.
Do ut des. Das bekannte Tauschgeschäft läuft auch unter dem Namen Freundschaft.
Man wäre längst vergessen, wäre man je bekannt gewesen.
Gestern abend auf dem Belvedere unter den Sternen
Vor einiger Zeit blätterte ich in Kafkas Tagebüchern, in denen ich lange nicht gelesen hatte, und stieß auf eine Stelle, von der ein eigentümlicher kleiner Glanz ausging. Sie ging mir nach, und als ich sie wieder lesen wollte, entzog sie sich meinem nervösen Suchen. Das steigerte meine Faszination, leider nicht meine Geduld. Die Frage nach Kafkas Sätzen brachte mich auf die Sache zurück. Nun las ich noch einmal von Anfang und kam an vielen wunderbaren Einträgen vorüber; gleich zu Anfang der Befund "Meine Ohrmuschel fühlte sich frisch, rauh, kühl, saftig an wie ein Blatt." Dann der berühmte Satz, daß Schriftsteller Gestank reden; oder der nicht minder berühmte, wonach ein wahllos hingeschriebener Satz - bei ihm, Kafka - bereits vollkommen sei. Ich eilte an all dem vorüber - im Vorschein des erinnerten Glanzes. Und natürlich fand ich die Stelle, fand sie auf halber Strecke, unter dem Datum des 13. August 1913: "Gestern abend auf dem Belvedere unter den Sternen." Das war es also, und ich war fast ein bißchen enttäuscht. Das verheißungsvolle Halbvergessene schien mir plötzlich bloß ein simples Notat. Nun gut, dachte ich, aber dann hast du wenigstens etwas, das nicht nach Kafka klingt. Man sieht, meine Ungeduld war noch immer virulent. Doch etwas hielt mich fest. Etwas wie Treue zu meinem ersten Eindruck.


Hartung, Harald
Harald Hartung, geb. 1932 im westfälischen Herne, lebt als Lyriker, Kritiker und Essayist in Berlin. Mitglied der Akademie der Künste (Berlin),
der Akademie der Wissenschaften und der Literatur (Mainz) und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung (Darmstadt). Hartung hat deutsche und internationale Lyrik in berühmt gewordenen Anthologien wie »Luftfracht« und »Jahrhundertgedächtnis« und in Essaybüchern wie »Masken und Stimmen« vermittelt und analysiert.

Preise:
Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis (1987)
Internationaler Lyrikpreis »Chianti Ruffino-Antico Fattore« (1999)
Preis der Frankfurter Anthologie (2002)
Würth-Preis für Europäische Literatur (2004)
Johann-Heinrich-Merck-Preis (2009)
Literaturpreis Ruhr (2012)



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