E-Book, Deutsch, Band 5, 210 Seiten
Reihe: Captain Future
E-Book, Deutsch, Band 5, 210 Seiten
Reihe: Captain Future
ISBN: 978-3-944720-62-3
Verlag: Golkonda Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Edmond Hamilton (1904-1977) gilt, zusammen mit Jack Williamson und E. E. 'Doc' Smith, als Vater der Space Opera innerhalb der Science-Fiction-Literatur. Seine erste Erzählung wurde 1926 in Weird Tales publiziert. Zu seinen Glanzstücken zählen der Roman 'The Star Kings' (1947) und die Erzählung 'What's It Like Out There' (1952).
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1. Kapitel: Marsianisches Geheimnis Starr vor Erstaunen betrachtete Kenneth Lester das blaue, facettierte Juwel. »Was ich hier in den Händen halte, ist das verloren geglaubte Geheimnis von Thuro Thuun – ein jahrtausendealtes Mysterium – ein Teil des Schlüssels, mit dem das Rätsel gelöst werden kann!«, keuchte der junge Archäologe. Das Juwel sah aus wie ein dräuendes Auge, das ihn mit eisigem Blick durchbohrte. Die Facetten, denen selbst unzählige Jahrhunderte nichts hatten anhaben können, reflektierten das weiße Licht der Uranitbirnen in Lesters Arbeitszimmer. In dem Studierzimmer in einem der obersten Stockwerke des berühmten New Yorker Instituts für Interplanetare Wissenschaften befanden sich die Reliquien, die der junge Archäologe von seinen Reisen in weit entfernte Welten mitgebracht hatte. Antike jovianische Büsten aus schwarzem Stein starrten auf ihn herab. Fremdartige Metallbüsten aus dem Neptunozean musterten ihn aus schattigen Winkeln. Ein bizarres uranisches Götzenbild aus dunklem Höhlenholz ragte hoch über ihm auf, die mit Schwimmhäuten versehenen Hände drohend erhoben. Aber Lester sah nichts außer dem kalten blauen Edelstein in seiner Hand. Weder hörte er das Summen des Röntgenapparats auf seinem Schreibtisch – das einzige Geräusch, das die mitternächtliche Stille durchbrach –, noch bemerkte er, wie die Tür zu seinem Arbeitszimmer leise geöffnet wurde. »Ein Teil des Mysteriums von Thuro Thuun ist in diesen Stein eingeschlossen!«, flüsterte er atemlos. »Das Geheimnis, das seinem Entdecker unbegrenzte Macht verleiht …« Ein ängstlicher Ausdruck huschte über sein wissbegieriges Gesicht, und in seiner Stimme schwang Besorgnis mit. »Wenn jemand mit bösen Absichten alle Teile des Mysteriums in seine Gewalt brächte, wäre das ein Albtraum!« Unschlüssig und tief besorgt verharrte er im Lichtschein der Uranitbirnen. Dann ging er mit plötzlicher Entschlossenheit zu seinem Schreibtisch, auf dem eine Televisoranlage stand. »Es gibt nur einen Mann im Sonnensystem, dem man eine derartige Entdeckung anvertrauen kann«, brummte er. Der viereckige Monitor begann hell zu glühen, und nach kurzer Zeit wurde darauf das Bild eines jungen Mannes sichtbar, der in einem aufwendig hergerichteten Dienstzimmer stand. »Guten Abend, Professor Lester!«, begrüßte ihn das Bildnis. »Ich habe gehört, dass Sie bereits seit Wochen vom Jupiter zurück sind. Wie kommt es, dass man Sie noch gar nicht zu Gesicht bekommen hat?« »Ich habe mich dem Studium einiger Reliquien gewidmet, die ich aus der Höhle der Ahnen auf dem Jupiter mitgebracht habe«, erklärte Kenneth Lester schnell. »Bonnel, ich möchte, dass Sie mir dabei helfen, mit jemandem Kontakt aufzunehmen.« North Bonnel, Sekretär des Präsidenten der Systemregierung der Neun Welten, grinste fröhlich. »Sicher. Um wen geht es?« »Captain Future!« »Captain Future?«, platzte Bonnel heraus. »Selbst der Präsident wendet sich nur an ihn, wenn eine akute Gefahrensituation eine solche Maßnahme erfordert! Im Übrigen weiß niemand, wo sich Captain Future zurzeit aufhält. Er macht Ferien.« »Wer hat je davon gehört, dass die Futuremen Ferien machen?«, fragte Lester verblüfft. Bonnel zuckte nur mit den Achseln. »So hat der Präsident es mir jedenfalls gesagt. Selbst er weiß nicht, wo Captain Future gerade ist. Aber ich nehme an, dass er die Möglichkeit hat, Kontakt mit ihm aufzunehmen, wenn es wirklich dringend ist. Ich fürchte, auf Ihren Fall trifft das nicht zu, oder?« »Möglicherweise«, erwiderte Lester nachdenklich. »Dennoch habe ich eine Entdeckung von ungeheurer Wichtigkeit gemacht. Bitte versprechen Sie mir, dass Sie sich umgehend melden, sobald Sie die Möglichkeit haben, mit Captain Future Kontakt aufzunehmen.« Damit schaltete Lester den Televisor ab. Noch während er das tat, erklang hinter ihm eine leise Stimme. »Sie möchten also mit Captain Future sprechen?« Der Archäologe fuhr herum. Ein Mann hatte sich heimlich in sein Arbeitszimmer geschlichen. »Dr. Ul Quorn!«, keuchte Lester. Ul Quorn war ein magerer Mann mit schmalen Hand- und Fußgelenken und dem zeitlos guten Aussehen eines Venusiers. Gleichzeitig besaß er die hellrote Haut und die hohe Stirn eines Marsianers und die intelligenten schwarzen Augen und das glatte schwarze Haar eines Erdenmenschen. Interplanetare Mischlinge waren in jenen Tagen der großflächigen Besiedlung anderer Welten keineswegs eine Seltenheit. Doch die allgemeine Diskriminierung hatte allzu häufig ihren Charakter verdorben. »Was tun Sie hier?«, wollte Kenneth Lester wissen, dessen Gesichtszüge sich unwillkürlich verhärteten. »Wie können Sie es wagen, sich nach alldem, was vor zwei Jahren vorgefallen ist, hier blicken zu lassen?« »Meinen Sie damit meine Entlassung und die Haftstrafe für illegale Forschungen, die man mir aufgebrummt hat?«, erkundigte sich der Mischling kühl. »Machen Sie mir diese unglückselige Sache immer noch zum Vorwurf?« »Jeder anständige Wissenschaftler verabscheut Sie für die scheußlichen Experimente, die Sie an diesem Institut durchgeführt haben.« Aber Quorn zuckte nur mit den Schultern. »Ihr Erdlinge seid wirklich verblüffend sentimental. Meine marsianischen Vorfahren, die viel tiefer in die Wissenschaften eingedrungen sind, als es irgendeinem Mensch jemals gelungen ist, hatten nicht so viele Skrupel.« »Genau die Worte, die ich von einem Mischling erwarten würde«, erwiderte Kenneth Lester verächtlich. Die schwarzen Untiefen von Quorns Augen begannen bedrohlich zu funkeln. Seine Stimme klang plötzlich fast barsch. »Ihr arroganten Erdlinge habt wegen meiner gemischtrassigen Herkunft schon immer auf mich herabgeschaut! Dass ich euch in wissenschaftlicher Hinsicht überlegen bin, hat euch nie interessiert.« Doch dann zuckte er mit den Achseln. Die flammende Leidenschaft, die aus seinen Augen hervorgezüngelt war, wich wieder der unterkühlten ironischen Maske, die er für gewöhnlich zur Schau trug. »Aber ich bin nicht hergekommen, um über solche Dinge zu sprechen.« »Weshalb sind Sie dann hier?«, fuhr Lester ihn an. »Um mir den Weltraumstein zu holen, den Sie in der Hand halten.« Kenneth Lesters ungläubiger Blick wanderte von den weichen roten Gesichtszügen des Mischlings zu dem blauen Juwel in seiner Hand. »Den Weltraumstein?«, wiederholte er. »Sie wissen, was es damit auf sich hat?« »Ja, mein Freund, ich weiß Bescheid«, erwiderte Quorn sanft. »Ich weiß, dass es sich um eines der sieben Raumjuwelen handelt, die das Geheimnis von Thuro Thuun in sich tragen, des mächtigsten Wissenschaftlers der uralten Marsdynastie. Ein weiteres dieser sieben Juwelen befindet sich bereits in meinem Besitz, mit Ihrem sind es dann zwei. Sobald ich die übrigen fünf aufgespürt habe, gehört Thuro Thuuns Geheimnis mir. Ich, der verhasste Mischling, werde imstande sein, die gewaltigste wissenschaftliche Macht des Systems zu kontrollieren!« Lester musterte das zu allem entschlossene Gesicht des abtrünnigen Wissenschaftlers. Mit einer schnellen Bewegung versuchte der junge Erdling die Televisoranlage auf seinem Schreibtisch zu erreichen. »Das hatte ich befürchtet«, seufzte Ul Quorn. Der Mischling betätigte den Schalter eines winzigen Apparats, den er in der Hand hielt. Das Gerät sandte einen pulsierenden Lichtkegel aus, der Lester vollständig einhüllte. Der junge Erdenmensch erstarrte mitten in der Bewegung, und sein Gesicht machte eine grausige Veränderung durch. Unvermittelt fiel er zu Boden. Sein Körper zuckte. Er lebte zwar noch, aber er war nicht mehr Kenneth Lester. Irgendeine scheußliche Energie hatte sich seines Fleisches bemächtigt. Den Weltraumstein hatte er während des Sturzes fallen lassen. Quorn beeilte sich, ihn aufzuheben. In aller Ruhe wandte er den Blick von dem grässlich zuckenden Körper ab und hielt das Raumjuwel unter den Röntgenstrahl des Projektors, der auf dem Schreibtisch stand. Dabei lauschte er aufmerksam. Seine schwarzen Augen funkelten triumphierend. »Zwei!«, flüsterte er. »Zwei Teile des Geheimnisses gehören mir! Und wenn ich erst die übrigen Juwelen habe, dann …« Ein fernes Geräusch, das über die beleuchteten Turmspitzen New Yorks zu ihm drang, bereitete seiner Schadenfreude ein jähes Ende. Er ließ das Juwel in die Hosentasche gleiten und schlich zur Tür. Doch dann blieb er stehen, denn sein Blick war auf eine kleine venusische Statue gefallen, die ein hübsches, knieendes Mädchen darstellte. »Allerliebst«, brummte der Mischling. Dann stahl er sich geräuschlos aus dem Büro, das zu einer grausigen Totenkammer geworden war. Hoch über dem nördlichen Nachthimmel New Yorks schimmerten riesige Buchstaben aus lebendigem Gold: STADT DER FREUDE DAS VERGNÜGUNGSZENTRUM DER NEUN PLANETEN Die Stadt der Freude glich einem riesigen Teppich aus glitzernden bunten Lichtern. Achterbahnen wirbelten nach Luft schnappende Menschen durch schwindelerregende, atemberaubende Schleifen. Glücks- und Geschicklichkeitsspiele lockten das Publikum in Scharen herbei. Ausrufer warben lautstark mit ihrem Repertoire unvergleichlicher Vergnügungen aus weit entfernten Welten. Marsianer, Uranier, Merkurer und Jovianer – Bewohner aller neun Welten – mischten sich unter die fröhliche Menge, die die Hauptstraße bevölkerte. Durch das Gedränge schlenderten drei Erdlinge, die sich augenscheinlich gut...