Hailer | Religionsphilosophie | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 228 Seiten

Hailer Religionsphilosophie


1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-8463-4183-4
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 228 Seiten

ISBN: 978-3-8463-4183-4
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Lässt sich die Existenz Gottes beweisen?

Die Religionsphilosophie befindet sich in einer Zwickmühle: Nachdem eine große Tradition das Thema "Gott" durch das Thema "Religion" ersetzt hatte, will die sog. analytische Philosophie nun den klassischen, eigentlich längst ausgemusterten Theismus wiederbeleben. Der vorliegende Band setzt sich von gleich beiden Trends ab: Religionsphilosophie kann auf eine Betrachtung Gottes nicht verzichten, weil sie sonst ihr ureigenes Thema verliert. Der philosophische Theismus entkommt aber den Ansätzen der Vernunft- und Sprachkritik nicht.

Die Lösung, die Hailer in seinem Band vorschlägt, liegt in einem Gottesbezug, der zugleich konsequent mitdenkt, dass Gott nicht Objekt des Denkens sein kann. Das ist die Grundidee der Negativen Theologie. Diese wird systematisch, nicht historisch vorgestellt.

Die Entfaltung geht an wesentlichen Themen der Religionsphilosophie entlang und beleuchtet sie aus der Perspektive der negative Theologie. Zur Sprache kommen dabei u.a. die klassischen Gottesbeweise, Begriff und Phänomen der Religion und neue Formen der Religionskritik.

Die große Stärke dieses Bandes liegt in seiner systematischen Konzeption. Er präsentiert den Studierenden nicht bloß historische Fakten, die es zu lernen gilt, sondern fordert zur kritischen Auseinandersetzung mit den Themen der Religionsphilosophie heraus.

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Vorwort 9
Teil I. Grundbedingung der Religionsphilosophie:
Der entzogene Grund
1. Wonach fragt die Religionsphilosophie? 13
2. Den entzogenen Grund denken 27
3. Negative Theologie 42
Zwischenbemerkung nach Teil I 73
Teil II. Dem entzogenen Grund nach denken:
Themenfelder der Religionsphilosophie
4. Gottesbeweise 77
5. Religionstheorien 91
6. Gott und das Leid 107
7. Neuer und klassischer Atheismus 125
8. Argumente für Gottes Existenz in einer wissenschaftsbestimmten Welt 142
9. Die Vielfalt der Religionen 158
Teil III. Gibt es Wissen vom entzogenen Grund?
10. Negative Theologie und die eigentümliche Rationalität der Religion 179
11. Die Wahrheitsansprüche von Gottesbezug und Religion 195
Anhang
1. Allgemeine Hinweise zu Literatur und Zitierweise 219
2. Lehrbücher und Gesamtdarstellungen 220
3. Nachschlagewerke 222
4. Weiterführende Literatur zu den einzelnen Kapiteln 223


2. Den entzogenen Grund denken I. Kant, Kritik der praktischen Vernunft, in: Werke Bd. IV, Darmstadt 1983, 103–302; ders. Kritik der reinen Vernunft, Werke Bd. II, Darmstadt 1985; Platon, Phaidros, in: Werke Bd. 5, bearb. von D. Kurz, Darmstadt Neudruck 2001, 1–193; ders., Politeia (Der Staat), Werke Bd. 4, bearb. von D. Kurz, Darmstadt Neudruck 2001; J. Rawls, Geschichte der Moralphilosophie. Hume – Leibniz – Kant – Hegel, Frankfurt/M. 2002. L. Wittgenstein, Tractatus, Logico-Philosophicus, in: Werkausgabe Bd. 1, Frankfurt/M. 51989, 7–85; ders., Vorlesungen und Gespräche über Ästhetik, Psychoanalyse und religiösen Glauben, Frankfurt/M. 22001. In diesem Kapitel kommen große Vertreter der rationalen Theologie zu Wort. Sie werden daraufhin befragt, wie sie mit der Grundschwierigkeit umgehen, einen ›Gegenstand‹ denken zu wollen, der ein Gegenstand doch nicht sein kann. Es gehört zu den hermeneutischen Selbstverständlichkeiten, anzunehmen, dass ein Autor von Rang etwas, was man als Problem empfindet, selbst eher und deutlicher sah. Der amerikanische Ethiker John Rawls nannte das den Grundsatz, »daß die Autoren, die wir studierten, viel gescheiter gewesen waren als ich selbst. Wären sie es nicht gewesen, warum hätte ich dann meine eigene Zeit (…) mit ihrer Lektüre vergeuden sollen?« (Rawls 17f) Wissend, dass die Lektüre dieser Originale gewiss keinerlei Zeitvergeudung ist, folgt hier der Blick auf drei charakteristisch unterschiedliche Weisen, mit der Grundschwierigkeit der rationalen Theologie umzugehen. a) Platon: Das blendende Licht und die Macht der Bilder Eines der bekanntesten Stücke aus dem Werk Platons (428–348 v.Chr.) ist das sogenannte Höhlengleichnis. Es ist neben dem Seelenmythos (Phaidros 246a–247e) der Textausschnitt aus Platons Werk, in dem die Grundschwierigkeit der rationalen Theologie in besonders dichter und für ihn besonders typischer Weise behandelt wird. Der Kontext der Argumentation ist in etwa folgender: Sokrates und seine Gesprächspartner beraten in umfangreichen Erörterungen, wie ein ideales Gemeinwesen aussehen könnte. Eine Kernfrage dabei ist, ob der ideale Staat eine Verpflichtung zur Wahrheit hat. Staaten, so könnte man ja durchaus meinen, haben dies nicht: In ihnen gilt das, was das Gemeinwesen leidlich funktionieren lässt und worauf die Bürgerinnen und Bürger sich einigen. In Demokratien etwa geht es nicht um ›Wahrheit‹, sondern um politisches Funktionieren und den guten Kompromiss innerhalb bestimmter grundrechtlicher Grenzen. Das freilich, so Sokrates und seine Freunde, soll im idealen Staat nicht so sein (entsprechend kritisch sieht er die Demokratie: Politeia 555b–562a). Die Gesetze und Ideale sollen vielmehr von denjenigen Menschen festgelegt werden, die sich nicht nach der jeweiligen kurzlebigen Mode mal so und mal so verhalten, sondern die »das, was immer/ewig sich gleich bleibt, erfassen können«. (Pol 484b) Diese Menschengruppe aber sind die Philosophen. Das muss gegen einen gewissen modephilosophischen Trend derjenigen gesagt werden, die Philosophie mit gut ankommender Rhetorik verwechseln (nichts übrigens, was es nur zur Zeit Platons gegeben hätte!), auch ist das Erkenntnisstreben eines Philosophen durchaus gefährdet. (Pol 490d–495b) Ist das aber geklärt, so kann man sagen: Ein von Philosophen eingerichteter Staat wird nicht nach bloßer Tradition oder nach gerade vorhandenen Machtkonstellationen leben. Die Philosophen werden vielmehr daran gehen, ihn nach Maßgabe des »natürlicherweise Gerechten, Guten und Besonnenen« einzurichten. (Pol 501b) Wer einen philosophisch geführten Staat möchte, muss also akzeptieren, dass er nur von denen geleitet wird, die in besonderer Weise befähigt sind. Er/sie bekommt dafür aber die Garantie, dass dieser Staat auf den Wahrheiten der Gerechtigkeit, des Guten und der klugen Abwägung aufruht. Der nächste große Gedankenschritt fragt, worin diese Wahrheiten denn nun bestünden. Eine verzweigte und auch auf andere Dialoge Platons ausgedehnte Argumentation bringt an den Tag, dass das Konzept des ›Guten‹ der wichtigste Wahrheitsbesitz ist, den jemand haben kann. Die einfachste Begründung dafür geht so: Man muss sich nur vorstellen, von einem Gegenstand alle Exemplare zu besitzen, die es überhaupt gibt, gleich ob es sich um eine Süßigkeit handelt, eine CD oder einen Tisch. Wüsste der Besitzer all dieser Dinge nicht, welches oder welche davon gut sind, dann hätte er nur einen unübersehbaren Berg an Dingen, aber er hätte im Wortsinne nichts, was zu besitzen sich lohnt. Aus diesem Grund ist die Fähigkeit, aus dem unüberblickbaren Heer von Gütern diejenigen herausfinden zu können, die ›gut‹ genannt zu werden verdienen, die herausragendste aller Eigenschaften. (Pol 505a–b) Was das Gute nun näherhin ist und wie man zu ihm gelangt, muss offenbar der Kern der Erörterung sein. Hier nimmt das in der Politeia berichtete Gespräch eine eigentümliche Wendung. Die diskursive und traditionskritische Erörterung der langen Abschnitte zuvor wandelt sich zu einer Reihe von drei Gleichnissen, dem Sonnengleichnis, dem Liniengleichnis und eben dem wohlbekannten Höhlengleichnis. Die ersten beiden (Pol 506b–511e) gehören in die Erörterung dessen, was das Gute an sich ausmacht, das Höhlengleichnis baut hierauf auf, fokussiert aber auf diejenigen, die sich die Erkenntnis des Guten zur Lebensaufgabe machen, also auf die Philosophen. Es erzählt folgendes: Ganz normale Menschen meinen, dass sie es in ihrem ganz normalen Leben mit realen Dingen und Weltzuständen zu tun haben. Das ist jedoch ein Irrtum, denn sie sehen nur flüchtige Schatten. Die Menschen sind, entgegen ihrer Annahme, nämlich wie gefesselte Gefangene in einer Höhle. Was sie für die realen Gegenstände halten, sind Schatten, die an eine Wand in der Höhle projiziert werden, indem jemand außerhalb der Höhle Gegenstände vorbeiträgt und ein ebenfalls außerhalb brennendes Feuer jene Schatten erzeugt. Da niemand diese Höhle verlässt, ist die Einigkeit über die Realität dessen, was doch nur Schatten sind, komplett. Nun könnte es aber sein, dass jemandem die Fesseln abgenommen würden und er gezwungen würde, sich der Lichtquelle zuzuwenden. Das ist für diesen Menschen freilich keine Erleichterung oder Befreiung, sondern zunächst eine große Irritation, weil die Selbstverständlichkeit dessen, was für real gehalten werden darf, damit durchbrochen wird. Dieser Einzelne wird nun mit Gewalt aus seiner gewohnten Umgebung gerissen und aus der Höhle geführt. Er muss einen unwegsamen und steilen Aufgang nehmen, bis er ganz ans Licht der Sonne kommt. Erst allmählich gewöhnen sich seine Augen an dieses Licht. Er sieht die Schatten, die die anderen Menschen für Realität halten, die anderen Dinge, schließlich sogar das, was am Himmel ist und den Himmel selbst. Es ist ihm sogar vergönnt, die Sonne zu sehen und »er wird es schon schaffen, herauszufinden dass sie Zeiten und Jahre hervorbringt und allem im sichtbaren Raum die Ordnung gibt und auch von dem, was dort sichtbar ist, die Ursache ist.« (Pol 516b–c) Da er dies erkannt hat, bemerkt er, wie vollständig die anderen Menschen irren, die darum wetteifern, das am besten zu erkennen und für real zu halten, was doch nur Schatten sind. Kehrt derjenige, dem es vergönnt war, die Sonne zu sehen, wieder in die Höhle zurück, so wird ihm dort vorgehalten werden, dass er sich die Augen verdorben habe und dass es nicht lohnt, diesen beschwerlichen und irritierenden Aufstieg zu unternehmen. Mehr noch: Jeden, der einem diese irritierenden Erkenntnisse antun will, muss man fangen und umbringen. (Pol 514a–517a) Dieses Gleichnis gibt vielfach Auskunft, selbst dann, wenn wir uns nur auf die Aspekte konzentrieren, die es zur Grundschwierigkeit der rationalen Theologie beisteuert, das Undenkbare denken zu wollen. Folgendes ist hier mindestens zu nennen: (1) Es ist radikal unwahrscheinlich, den höchsten aller Gegenstände überhaupt zu Gesicht zu bekommen, weil man sich dafür von tief eingewurzelten Vorstellungen über das, was wirklich ist, befreien muss. Genauer: Man muss davon befreit werden – das Gleichnis spricht ausdrücklich davon, dass der Einzelne, der die Höhle verlässt, dies nicht aus eigenem Antrieb, sondern gezwungenermaßen tut. Auch wird er bei Rückkehr auf die geballte Feindschaft seiner Mitmenschen treffen. (2) Die Erkenntnis der höchsten Wahrheit ist mühsam, schmerzhaft und ein langer Prozess, der wortwörtlich als ein zurückzulegender Weg beschrieben wird. (3) Die Erkenntnis der höchsten Wahrheit geschieht nicht isoliert, sondern ist eingebettet in die Schau der Weltgegenstände und des Himmels. Sie ist also der Abschlusspunkt einer Gesamtorientierung, welche die Täuschungen des ganz normalen Lebens hinter sich lässt. (4) Die Erkenntnis der höchsten Wahrheit selbst ist keine Erkenntnis im begrifflichen Sinn: Der Philosoph sieht für einen Augenblick in die Sonne. Er hat also einen kurzzeitigen optischen Eindruck, eine Vision. Dass sie es ist, die alles ordnet und allem seinen Platz gibt, wird im zitierten Satz aus dem Höhlengleichnis...


Hailer, Martin
Prof. Dr. Martin Hailer lehrt am Institut für Philosophie und Theologie der PH Heidelberg.



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