Rückblick auf den Deutschen PLanspielpreis 2019
E-Book, Deutsch, 204 Seiten
ISBN: 978-3-7526-6516-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Autoren/Hrsg.
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2. Didaktische Grundlagen für Spiele in der Erwachsenenbildung
Menschen, die viel spielen, wurden in einer Untersuchung aus dem Jahr 1996 als selbstbewusst, aufgeschlossen, risikofreudig und optimistisch identifiziert. Das häufige Spielen spiegelt sich in der Bereitschaft wider, Situationen gedanklich durchzuspielen. Dies fördert die Fähigkeit verschiedene Entscheidungsoptionen zu überblicken und Konsequenzen abzuschätzen (vgl. Knecht 2007, S. 39). Das sind Kompetenzen, die für Gründerpersonen förderlich sind. Spielerischen Lernmethoden wird Potential zur Wissens- und Kompetenzvermittlung nachgesagt – auch im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung (vgl. Carabias-Hütter, Ulrich 2008). Als offene handlungsorientierte didaktische Methoden können sie an den steigenden Bedarf an problemorientiertem Lernen sowie Training von Sozial-, Selbst- und Kommunikationskompetenz anknüpfen. Auf gruppendynamischer Ebene wirken sie integrativ und interpersonelle Kompetenzen werden geschult (vgl. Knecht 2009, S. 29). Die Scheinrealität der Spielumgebung ermöglicht es Entscheidungen zu testen und deren Folgen im Spiel zu erleben, ohne reale Konsequenzen in der Wirklichkeit befürchten zu müssen (vgl. Achtenhagen et al. 1992). Durch Spielspaß und emotionale Erlebnisse festigen sich Lerninhalte besser im Gedächtnis der Teilnehmenden (vgl. Albach, Mertens 2000, S. 175). Demnach kann ein Spiel zur praxisorientierten Vermittlung von nachhaltgier Unternehmensführung beitragen. Komplexe Sachverhalte wie die Gründung eines nachhaltigen Unternehmens könnten durch die Reduktion auf ein Spielfeld, Spielkarten o. Ä. leichter verständlich gemacht werden. Zur Motivation der Teilnehmenden ist es wichtig, dass das Spiel Spaß macht. Um die Spannung aufrecht zu erhalten, sollte bis zum Ende des Spiels offen sein, wer gewinnt. Denn bei motivierten Teilnehmenden kann von einem höheren Lerneffekt ausgegangen werden. Auch ein gut verständliches, möglichst einfaches Regelwerk tragen zur aktiven Spielteilnahme bei. Lehrpersonal fordert vielfach, dass ein Spiel neben Sozialkompetenzen auch Faktenwissen vermittelt (vgl. Lehner 2009, S. 144). Um den Erwerb von Sozialkompetenzen zu unterstützen, ist es förderlich, wenn sich das Spiel in Teams spielen lässt (vgl. Hense, Mandl 2009, S. 33). Es gibt zahlreiche Einsatzmöglichkeiten für Spiele in der Lehre. Dennoch werden sie an Schulen und Hochschulen/Universitäten erst wenig eingesetzt. Als eine wesentliche Ursache können straffe Zeit- und Lehrpläne seitens der Bildungseinrichtung sowie mangelnde Anpassungsmöglichkeiten der Spiele identifiziert werden. Bei der technischen Umsetzung ist daher zu beachten, dass das geplante Spiel möglichst in einem Zeitrahmen von maximal 90 Minuten (Dauer einer Doppelstunde im Hochschulkontext) spielbar sein sollte. Außerdem lässt sich aus den Hindernissen für den Einsatz von Spielen in der Lehre ableiten, dass es sinnvoll ist, wenn das Spiel vom Lehrpersonal inhaltlich angepasst werden kann. Abb. 1: Spielphasen und Aufgaben der Spielleitung (eigene Darstellung auf Basis von Hitzler et. al. 2011, S. 17; Ulrich 2006, S. 2 und Wittern 1975, S. 218). Um den gewünschten Lernzielen des Seminars näher zu kommen, sollten Spiele mit allen Teilnehmenden unter Anleitung der Seminarleitung ausreichend vor- sowie nachbereitet werden (vgl. Wittern 1975, S. 206). Je nach Spiel muss die Diskrepanz zwischen Spiel und Realität verdeutlicht werden und es ist in den Kontext des Seminars einzubetten (vgl. Trautwein 2011, S. 230). Der Einsatz eines Spiels im Unterricht sollte dabei, ähnlich wie Übungen und andere Unterrichtsmethoden, nach folgendem Basisschema aufgebaut sein: Briefing (Vorbereitung/Einführung/Induktionsphase) Durchführung (Spielphase) Debriefing (Nachbereitung/Auswertung/Reflexion) (vgl. Heimlich 2015, S. 182; Hitzler et al. 2011, S. 43; Ulrich 2006, S. 2). Die Abb. 1 fasst die Aufgaben der Spielleitung in den jeweiligen Phasen eines Spiels zusammen. 3. Spielwissenschaft, Spielprinzipien und -elemente
Neben der Spieldidaktik ist die Auseinandersetzung mit lernzielfördernden Spielelementen zur Entwicklung eines (Plan)spiels förderlich. Die Begrifflichkeiten Spielelemente, Spielmechaniken, Spielprinzipen und Spieltheorie werden in der Literatur z. T. irreführend für ähnliche Sachverhalte eingesetzt. Anders als die Bezeichnung vermuten lässt, geht es in der Spieltheorie nicht um die theoretischen Hintergründe von Spielen und deren Entwicklung, sondern um mathematische Konstrukte, z. B. wie Entscheidungen zustande kommen. Spielprinzipen können als Grundlagen, Gesetzmäßigkeiten oder allgemeingültige Regeln für Spiele im Allgemeinen oder im Speziellen verstanden werden. Huizinga beschreibt drei Grundprinzipien von Spielen (Spannung, räumliche Begrenztheit, Ordnung), welche besonders wichtig sind. Die weiteren Grundprinzipien von Spielen, wie die Freiheit des Handelns und der Unterschied zum ‚eigentlichen Leben‘, ergeben sich meist von selbst durch das Spielen an sich (vgl. Huizinga 2013, S. 16ff.). Durch Spannungserlebnisse werden die „Fähigkeiten des Spielers auf die Probe gestellt: seine Körperkraft, seine Ausdauer, seine Findigkeit, sein Mut, sein Durchhaltevermögen und zugleich auch seine geistigen Kräfte“ (ebd., S. 19f.). Spannung im Spiel wird durch die Kombination mehrerer Motive begünstigt, z. B. durch den Konflikt von Koordinationsinteresse und nicht-konforme individuelle Interessen (vgl. Behnke 2013, S. 91). Viele Spiele gewinnen Spannung durch imperfekte (unvollständige) Information. Das bedeutet, dass die Spielenden nicht alle zurückliegenden Spielzüge/Entscheidungen der anderen Spielenden kennen (vgl. ebd., S. 123). Förderlich für Spannung sind zudem Geheimnisse oder Wissenslücken. Sie bestehen immer da, wo Informationen ausstehen und können dazu motivieren die Wissenslücken zu füllen (vgl. Wilson et al. 2009, S. 233). Unter dem Begriff Spielelemente werden die Spielmechanik, Story, Ästhetik und Technologie zusammengefasst. Diese stehen im untrennbaren Zusammenhang und müssen gleichwertig in der Spielentwicklung beachtet werden (vgl. Schell 2016, S. 93). Spielmechaniken fassen technische Aspekte von Spielen zusammen, wie z. B. Abläufe und Regeln. Weitere Spielmechaniken sind z. B. die Zeit, Objekte, Statusangaben, Geheimnisse, Aktionen, Regeln, Fähigkeiten, Wahrscheinlichkeiten und der Spielraum, also die räumliche Umgebung/Gestaltung eines Spiels (vgl. ebd., S. 93 und S. 215ff.). Das Spiel muss so entworfen sein, dass Spielende sich nicht bloß auf oberflächliche Spielmechanismen konzentrieren können, die zum Sieg des Spiels beitragen (vgl. Hitzler et al. 2011, S. 23). Je transparenter ein Spiel konzipiert ist, desto leichter lässt sich der Wirkmechanismus durchschauen. Das kann Vor- und Nachteile haben, sollte jedoch während der Spielkonzeption berücksichtigt werden (vgl. Trautwein 2011, S. 60). Um die Aufmerksamkeit der Spielenden durch das ganze Spiel hindurch zu binden, muss eine ausgewogene Kombination von Zufallselementen, Strategieelementen, Unterhaltungselementen und Wettbewerb enthalten sein (vgl. Hromek, Roffey 2009, S. 631). Das Verhältnis von Zufall und Kontrolle im Spiel sollte so ausgewogen sein, dass einerseits Spannung entsteht und andererseits die Spielenden das Gefühl haben das Spielgeschehen beeinflussen zu können (vgl. Zagal et al. 2006, S. 34). So wird der Grad der Beteiligung und damit der Lerneffekt gefördert (vgl. Wilson et al. 2009, S. 234). Auch Wettbewerbselemente, Konflikte und Herausforderungen sind für die Spieldynamik relevant. Die Wettbewerbssituation kann sowohl zwischen den Spielteilnehmenden als auch mit einem*r fiktiven Gegenspieler*in bzw. dem Spiel erzeugt werden und fördern wiederum die Involviertheit der Teilnehmenden (vgl. ebd., S. 234). Spiele, welche mit einem Fokus auf soziales und emotionales Lernen entwickelt werden, enthalten u. a. Diskussionsaufgaben, Rollenspiele und Aufgaben, in denen soziale Dilemma diskutiert und soziale Probleme gelöst werden müssen. Währenddessen werden soziale und emotionale Fähigkeiten automatisch trainiert (vgl. Hromek, Roffey 2009, S. 632). Ein Spiel welches mit Moral, Ethik oder z. B. auch Nachhaltigkeit arbeitet, sollte die vermittelten Prinzipien enthalten und verkörpern (vgl. Schrier 2017, S. 20). Als Story wird die Abfolge der Ereignisse bezeichnet. Diese kann fest vorgeschrieben (linear) sein oder aus der Handlung heraus entstehen (verzweigt). Aus der Abfolge der Ereignisse entsteht eine Handlung, also eine Story (vgl. Schell 2016, S. 93f.). Für ein ganzheitliches Spielerlebnis ist neben den Spielmechaniken und der Story eine ansprechende Ästhetik bedeutsam. Die Ästhetik beinhaltet die audio-visuelle Gestaltung des Spiels und ist wichtig für das Spielerlebnis, die Atmosphäre und Stimmungen beim Spielen. Die optische Aufmachung und das Material des Spiels sollten zum Inhalt passen (vgl. Werneck o. J., S. 36; Scheler 2016). Insofern müssen auch die thematischen Inhalte des...