E-Book, Deutsch, 304 Seiten
Hahn Sonneberger Spielzeug - Made in Judenbach
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-8309-7322-5
Verlag: Waxmann Verlag GmbH
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
300 Jahre Spielzeugherstellung an der alten Handelsstraße
E-Book, Deutsch, 304 Seiten
ISBN: 978-3-8309-7322-5
Verlag: Waxmann Verlag GmbH
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Das 'Sonneberger Spielzeug', einst verbreitet in der ganzen Welt, ist ein Sammelbegriff für Spielwaren verschiedenster Art, deren Hersteller in der Regel unbekannt sind. Im Gegensatz zur erzgebirgischen Spielzeugregion, für die in den letzten Jahrzehnten detailreiche Untersuchungen zur Fertigung der Waren in verschiedenen Ortschaften und in einzelnen Familien vorgelegt wurden, fehlten derartige Forschungen im Thüringer Raum, abgesehen von der Puppenindustrie, bisher völlig.
Mit dieser reich bebilderten Publikation wird erstmals die Geschichte der hausindustriellen Spielzeugherstellung in einer wichtigen Ortschaft des Thüringer Waldes von den Anfängen im 17. Jahrhundert bis 1989 untersucht. Dabei spannt sich der Bogen von Holzspielzeug aus dem 18. Jahrhundert, über Pappmachéartikel mit Stimmen, Judenbacher Balgtiere, sprechende Bilderbücher, Osterhasen und Weihnachtsmänner aus Pappmaché und mechanischen Pappmachéspielwaren, bis zu Teddybären, Pelz- und Plüschtieren, Plastikspielzeug und elektromechanischen Funktionspuppen aus der Judenbacher Produktion nach 1970.
Durch die Auswertung bisher unveröffentlichter Quellen können viele Spielwaren ihren Herstellern in verschiedenen Familien Judenbachs und den Dörfern der Umgebung zugeordnet werden. Ein alphabetisches Herstellerverzeichnis mit vielen genealogischen Bezügen erleichtert Museen, Volkskundlern und Sammlern den Einblick in diese Spielzeugwelt. Mit dieser Studie betreten die Produzenten des 'Sonneberger Spielzeugs' erstmals die Bühne der Geschichte.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Dank;6
2;Inhalt;8
3;Vom Nürnberger Tand und den Sonneberger Waren bis zur Spielzeugfertigung im 20. Jahrhundert;10
4;Judenbach – ein Ort an der Geleitstraße Nürnberg-Leipzig;22
4.1;Geographische Lage, Naturraum, Territorium;22
4.2;Zur Entwicklung der Fernstraße über Judenbach;23
4.3;Der Ort Judenbach an der Geleitstraße während des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit;28
4.4;Judenbach im 19. und 20. Jahrhundert;31
5;Verlag und Hausindustrie – zur Entwicklung wirtschaftlicher Strukturen in der Region;36
5.1;Forschungsgeschichte;36
5.2;Zur Herausbildung von Verlag und Hausindustrie im Raum Sonneberg;36
5.3;Strukturen der Hausindustrie im Raum Sonneberg während der Hochindustrialisierung;38
5.4;Reformbemühungen und die Auflösung hausindustrieller Strukturen;40
6;Vom Drechseln zur Plastespritzgussmaschine – Entwicklung und Formen der Spielzeugfertigung in Judenbach und Umgebung;44
6.1;Holzwarenmacher für die Kaufmannschaft und Holzspielwarenfertigung;44
6.2;Die verschiedenen Zweige der Holzspielwarenherstellung in Judenbach und Neuenbau Spänemacher, Spanzieher, Schachtelmacher;49
6.3;Die Drechsler;52
6.4;Die Spritzenmacher;56
6.5;Die Schreibzeugmacher;59
6.6;Holzarbeiter, Holzmacher, Schnitzer;60
6.7;Die Maler;65
6.8;Bossierer und Pelztiermacher;68
6.9;Balg- und Stimmenmacher;79
6.10;Heinersdorfer Drücker;82
6.11;Maskenfabrikation in Jagdshof;91
6.12;Maskenfabrik von Carl Kochniß und die weitere Entwicklung nach 1946;95
6.13;Morgenroth Plüsch GmbH, Jagdshof;97
6.14;Einzug der Moderne;99
6.15;Die einzige Fabrik in Judenbach: Holzspielwaren von Andreas Fischer;100
6.16;Werkzeuge und Maschinen;101
6.17;Das Spielzeug kommt in Bewegung;104
6.18;Spieltiere werden abwaschbar – das Plaste-Zeitalter beginnt in Judenbach;106
6.19;Neues Spielzeug nach künstlerischen Entwürfen;110
7;Vom Ich zum Wir: Genossenschaften und volkseigene Betriebe;118
7.1;1949-1958: Einkaufs- und Liefergenossenschaft, Genossenschaft des Spielwaren-Hersteller-Handwerks eGmbH und selbständig tätige Privatbetriebe;123
7.2;„Koppelhund“ – Produktions-genossenschaft des Spielwarenhersteller-und plastverarbeitenden Handwerks eGmbH, Judenbach (Juni 1958-April 1972);128
7.3;VEB Plast- und Plüschspielwaren „Koppelhund“ und Werk 2 des VEB „Sonni“;134
7.4;Produktpalette der PGH und des VEB Plast- und Plüschspielwaren „Koppelhund“;136
7.5;VEB Mechanische Spielwaren Judenbach, MESJU;145
7.6;Produktpalette des VEB Mechanische Spielwaren Judenbach;153
7.7;Gesamtüberblick der im VEB Mechanische Spielwaren Judenbach im Zeitraum von 1952 bis 1968 gefertigten Artikel;155
8;Der Handel mit Spielzeug aus Judenbach – Vertriebswege und Absatzstrategien über 300 Jahre;166
9;Holzarbeiter, Drechsler, Spänemacher, Bossierer, Stimmenmacher ...;186
10;Verzeichnis der Spielwarenhersteller, die im 7. Kapitel keine Erwähnung fanden;280
11;Literaturverzeichnis;291
12;Archivalien;304
13;Abbildungsverzeichnis;305
Der Handel mit Spielzeug aus Judenbach – Vertriebswege und Absatzstrategien über 300 Jahre (S. 165-166)
Judenbach liegt aus heutiger Sicht abseits von den wichtigen Verkehrsströmen am Südrand des Th üringer Waldes, bedeutsame Verbindungswege gehen heute an Judenbach vorbei. Durch die Existenz der Nürnberg-Sächsischen Geleitstraße war das in früherer Zeit anders. Seit dem späten Mittelalter bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts lagen Judenbach und Neuenbau an einem Hauptverbindungsweg, der Nord-Süd-Route, die die wichtigen Handelsstädte Nürnberg und Leipzig miteinander verband.
Da in den einführenden Kapiteln dieser Arbeit die Anfänge des Handels in der Region Sonneberg, die Bedeutung der Nürnberger und Sonneberger Kaufmannschaft und frühe Quellen zum Handel mit „Sonneberger Spielzeug“ ausführlich beschrieben wurden (siehe S. 9ff .), soll an dieser Stelle nicht noch einmal umfänglich auf diese Aspekte eingegangen werden. Dass der Fernhandel durch Judenbach in früheren Jahrhunderten bedeutsam war, lässt sich u.a. aus folgenden Tatsachen schlussfolgern. 1447 ist ein erstes Gasthaus in Judenbach belegt, das auch ein Braurecht besaß.
Judenbach war Etappenort an der Geleitstraße. Die Judenbacher Kirche St. Nikolai ist erstmals 1529 urkundlich belegt, sie bestand mit hoher Wahrscheinlichkeit aber bereits im 15. Jahrhundert. Der Heilige Nikolaus als Schutzpatron für eine Kirche wurde in dieser Zeit besonders von Kaufl euten bevorzugt. 1564 wurde erstmals ein Hospital für verunglückte Reisende im Glasbachtal unterhalb von Judenbach erwähnt. Die Gründung dieses ehemaligen Siechenhauses schreibt die Sage einem Nürnberger Kaufmann zu, der hier zur Zeit der Kreuzzüge (!) durch den Umsturz seines Wagens beide Beine gebrochen und nach seiner Heilung dieses Werk vollbracht habe.
1705 erfolgte ein Kirchenumbau und eine neue Orgel wurde angeschaff t. Stiftungen von Kaufl euten aus Nürnberg und Augsburg unterstützten diese Maßnahmen. Seit wann auf der Nürnberg-Sächsischen Geleitstraße auch mit Spielzeug Handel getrieben wurde, ist quellenmäßig nicht zu belegen. Nachdem der Fernhandel auf dieser Route zunächst überwiegend von Nürnberger Kaufl euten betrieben wurde, verschoben sich die Gewichte nach dem Dreißigjährigen Krieg und Sonneberger Kaufl eute erlangten eine zunehmende Bedeutung.
Seit 1740 waren die Sonneberger Kaufl eute den Nürnbergern auf allen größeren deutschen Messen gleichgestellt und genossen wie diese auf der Frankfurter Messe Abgabenfreiheit. Die Kaufl eute aus dem benachbarten Neustadt waren mit den Sonneberger Kaufl euten assoziiert und richteten sich nach einer gemeinsamen Handelsordnung.2 Auf Sonnhoff (1735) gehen erste klare Informationen zum Handel mit Sonneberger Waren zurück. Er berichtet über die Sonneberger Kaufl eute Johann Paul Heublein in Stockholm und die Gebrüder Döberich in Nürnberg, die die Reparatur der Sonneberger Kirche unterstützten. Sonneberger Waren und damit auch Spielzeug aus Judenbach und Neuenbau wurden