E-Book, Deutsch, 356 Seiten
Häusler 1941: Fünf Frauen kämpfen ums Überleben
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7392-6914-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Deutsch-Jüdisch-Ukrainisches Kriegsdrama
E-Book, Deutsch, 356 Seiten
ISBN: 978-3-7392-6914-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein zutiefst verstörender Roman, der den Leser im wahrsten Sinne des Wortes in den Abgrund führt. Direkt hinein in den Massentod in unzugänglichen, ukrainischen Schluchten. Die totale Judenvernichtung wird schonungslos in beklemmender Unmittelbarkeit geschildert, so drastisch und furchtbar anschaulich wie wohl noch nie zuvor. Ukraine 1941: Es ist Krieg und Hitlers SS deportiert viele Juden erst einmal in behelfsmäßige Lager. Man redet ihnen ein, es wären nur Durchgangslager, bald dürften die Juden, nach Registrierung, Passausstellung und medizinischer Untersuchung, nach Palästina ausreisen. Zunächst dürfen sie tatsächlich ihre Baracken beziehen, doch schon bald beginnen heimlich die ersten Massenerschießungen, angeblich nur von nichtjüdischen Staatsfeinden, Partisanen und Saboteuren. Auch die beiden jüdischen Schwestern Judith und Miriam aus Berlin, und Judiths drei Töchter sind mittendrin im Strudel der albtraumhaften Vernichtung des jüdischen Volkes, die langsam, aber unaufhaltsam beginnt, doch vorerst überleben sie, weil sie als Dolmetscherinnen gebraucht werden. Doch um welchen Preis, fragen sie sich. Denn die fünf verlieren nach und nach alles: Zuerst ihre Würde, dann ihren Stolz und zuletzt die Selbstachtung, den Anstand und die Ehrlichkeit. Denn damit ihre drei Töchter überleben dürfen, sieht sich Judith gezwungen, sogar selber mittöten zu müssen, und wirkt so an der Ermordung ihres eigenen Volkes mit. Mit großem Unbehagen beobachten die Schwestern, wie jeden Tag größere Menschentransporte in das angebliche Durchgangslager getrieben werden. Bald ist alles heillos überfüllt, die Lebensmittel werden knapp und es mangelt an Hygiene. Was soll mit all den Menschen geschehen? Schikanen und zügellose Gewalt sind in dem Lager, das immer mehr ausgebaut und von der Umwelt abgeschottet wird, bald an der Tagesordnung. Miriam und Judith erleben wahre apokalyptische Weltuntergangsszenarien im ersten, geheimen, getarnten Vernichtungslager, an denen sie psychisch und physisch bald zu zerbrechen drohen.
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Hilfe! Nein! Was geschieht hier nur mit uns? !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!??? Ich kann es einfach noch nicht glauben, dass mein größter Albtraum wahr geworden ist: Seit Stunden schlurfen wir mit leichtem Handgepäck zu Fuß durch die weiten Ebenen, durch liebliche Eichenwäldchen mit unbekanntem Ziel. Denn wir Frauen und Mädchen werden alle deportiert. Angeblich, weil wir an unserem Wohnort nicht mehr sicher sind. Unsere Männer seien schon in einem anderen Versorgungs-Lager untergebracht, in Sicherheit. Hier ganz in der Nähe, versichert man uns jedenfalls. Bald würden wir sie sehen können. Begleitet werden wir von Militär und SS-Soldaten, Krankenschwestern, Hilfspersonal, die uns zwar freundlich behandeln, aber: Nun wird also auch an uns eine der berüchtigten „Umsiedlungsaktionen“ vollzogen, von denen wir seit Wochen schon so viel gehört haben in unserer bisher relativ sicheren Zufluchtsstätte bei Verwandten in Kiew, die am Ende aber wohl doch nur in Tod und Vernichtung enden kann! Doch ich klammere mich verzweifelt an mein Wunschdenken, das wären alles nur Gerüchte. „Mama, ich habe solchen Durst“, quengelt meine Tochter Sarah. Ich sehe traurig auf sie herab und sage ihr: „Es gibt nichts mehr zu trinken Schatz; aber wir sind ja gleich da, hat uns der Soldat gesagt!“, tröste ich sie. Es ist sehr heiß, und unser Trinkwasser ist aufgebraucht. Warum sind wir eigentlich so bereitwillig mitgegangen, als uns die deutschen Offiziere, zwar wohl keine Nazis, die heute früh plötzlich vor unserer Tür standen, zum überstürzten Packen anhielten und zum Mitkommen aufforderten? Hätten sie uns was getan, wenn wir „Nein“ gesagt hätten?, überlege ich gerade fieberhaft und voller Reue über unseren übereilten Kadavergehorsam. „Wir bleiben lieber hier bei unseren deutschen Verwandten, wenn Sie nichts dagegen haben“, hätten wir einen Einwand erheben können. „Denn hier fühlen wir uns sicherer!“ Hätten wir wirklich? Diese nämlich waren schon zwei Jahre vor uns aus Deutschland hierher nach Russland geflohen, und haben uns gerade erst vor drei Monaten selber aufgenommen, unsere kommunistischen Verwandten… Werden wir vielleicht nur deshalb deportiert, weil die SS uns Flüchtlinge auch für Kommunisten hält? Obwohl wir es gar nicht sind … Als es unserer jüdischen Familie im Mai 1941 endlich auch gelang, uns unter Lebensgefahr aus Nazi- und Kriegstreiber-Deutschland herauszuschmuggeln… Wir marschieren jetzt durch einen kleinen Wald, atmen die Frische der Luft ein. Wir haben jetzt wenigstens unser Ziel erreicht, wie es scheint. Endlich kommen wir an einer kleinen Baracke an, wo eine medizinische Behelfsstation eingerichtet worden ist: Ja, die ersten Frauen werden schon von Ärzten untersucht. Nackt stehen sie alle in einer endlosen Schlange an, die bis weit hinaus in die freie Natur reicht. Meinem verwunderten und fragenden Blick erwidert eine Krankenschwester freundlich: „Wir haben hier leider in der großen Eile, in der wir das hier alles aufbauen mussten, noch keine weiteren Lazarette und Krankenstationen errichten und einrichten können, daher müssen wir auch Sie Neuankömmlinge leider fast alle hier draußen einer medizinischen Untersuchung unterziehen, denn es grassiert hier vielerorts das Fleckfieber, die Cholera und der Typhus. Das ist immer eine unvermeidliche, unerfreuliche Begleiterscheinung bei großen Menschenkonzentrationen auf engem Raum. Die Untersuchungen dulden also keinen Aufschub. Daher muss ich Sie alle bitten: Legen Sie bitte Ihre Koffer ab und ziehen Sie sich bitte ganz aus. Die Kleidung können Sie im Gras ablegen, die wird auch untersucht. Wenn alles in Ordnung ist, bekommen Sie sie nachher sofort wieder“, versichert mir eine Ärztin, die aus der Baracke herausgetreten ist. Wir sind stur und bleiben erstmal angezogen.. Die vielen Hundert Frauen, die mit uns marschiert sind, scheinen zu meinem Erstaunen so abgestumpft zu sein, dass sie es als ganz natürlich empfinden, sich vor allen Frauen, aber auch Männern, die im Hintergrund mit umgehängten Maschinenpistolen Wache halten, im Freien splitternackt auszuziehen! Als wären sie im wohligen FKK-Urlaub in einer Nudistenkolonie! Oder wie sagt man heute schon so schön neumodisch dazu: Naturistencamp? Oder so ähnlich? Keiner murrt, meine Familie ist die einzige, die lautstark protestiert. Unglaublich! Und die anderen Frauen lassen sich das einfach so gefallen?, frage ich meine Schwester. Ich wende mich an die Lagerleiterin: „Aber Sie können uns doch nicht so einfach dazu zwingen, uns hier draußen in aller Öffentlichkeit diesem entehrenden Ritual der kollektiven Nacktheit zu unterziehen, wie in einem Frauen-Zuchthaus? Wir sind doch keine Verbrecherinnen! Und es sind ja auch junge Mädchen und Kinder dabei, die sich alle splitterfasernackt entblättern müssen! Wo bleibt da Ihr Anstand? Respektieren Sie gar nicht den Intimbereich dieser… nackten Frauenbrigade?“, frage ich aufgebracht. „Was sollen wir sonst tun? Wir können Sie ja nicht angezogen untersuchen, und wir müssen Sie ja auch alle wiegen, das geht leider nicht mit soviel Kleidung, das würde das Messergebnis verfälschen, das müssen Sie doch einsehen“, sagt eine freundliche Ärztin zu mir. Wir Fünf, meine drei Töchter und meine Schwester, wir sind die einzigen, die noch völlig angezogen in unserer Reihe dastehen. „Also ziehen Sie sich jetzt endlich aus?“, fragt die Lagerleiterin schon etwas strenger. „Sie halten den ganzen Betrieb auf, und wenn Sie sich nicht Ihrer Kleidung entledigen, darf ich Ihnen auch nichts zu essen geben, auch kein Trinkwasser; ich muss erst feststellen lassen, ob Sie alle gesund sind“, sagt sie mit Bedauern in der Stimme. Stichwort Durst! Da bemerken wir Fünf auf einmal unseren großen Durst, denn unser Trinkwasser aus unseren Feldflaschen vom langen Herkunftsmarsch ist ja schon lange aufgebraucht. Wir betteln würdelos um Wasser, denn auf einmal haben wir alle noch größeren Durst als jemals zuvor. „Bitte erst alle Kleider ablegen, dann bekommen Sie zu trinken“, wiederholt die Lagerleiterin monoton. Währenddessen marschieren schon viele neue Kolonnen von nackten Frauen an uns vorbei, die erst viel später als wir eingetroffen sind, die aber alle schon zu trinken bekommen. Und keine einzige protestiert, denke ich wehmütig. Durst macht charakterlos, so ist das nun mal! Wird das auch uns gleich so ergehen? „Bitte! Endlich Ihre Kleidung, ich warte!“, sagt eine Art Kapo-Frau in gebrochenem Deutsch. „Weg mit den Röcken und Schuhen! Ziehen Sie bitte alles aus!“ Und in diesem Augenblick beginnt auch unser Wille zu brechen, der Stolz bröckelt wie morscher Fels. Mit großem Unbehagen beginnen wir, aus unseren Kleidern zu schlüpfen, legen sie wie befohlen auf einem Haufen ab, der immer größer wird. Meine drei Töchter zieren sich natürlich besonders und zögern ihre zukünftige Nacktheit quengelig und gleichzeitig apathisch hinaus. Sie zittern und bekommen es mit der Angst zu tun. „Mama, was werden sie jetzt mit uns tun?“, fragt mich meine Tochter Petruschka weinend und wehklagend. „Mama, ich will nicht nackt vor all den Leuten stehen!“, quengelt auch meine Jüngste. Schließlich sind wir doch alle nackt, auch meine Schwester Miriam. „Na also, die letzte Bastion der hartnäckigen Bekleideten-Fraktion ist endlich gefallen!“, sagt die Lagerleiterin etwas zynisch, aber erleichtert, weil sie offensichtlich doch keine Gewalt anwenden wollte. So viel Lautmalerei in ihrer Bildungssprache hätte ich ihr nicht zugetraut. „Na, ist doch gar nicht so schlimm, nicht wahr? Ihr seht ja alle fabelhaft aus!“, sagt ein hinzugetretener, junger SS-Mann schlüpfrig. „He, gehen Sie weg von uns!“, schreie ich ihn empört an. Meine Kinder greinen und verlangen auch, den Mann von uns wegzuschaffen. Umgehend erteilt ihm da die Lagerleiterin tatsächlich einen Rüffel. Wahrscheinlich werden sie uns jetzt doch alle töten, oh, mein Gott!, denke ich mir. Denn warum haben sie uns sonst hierher gebracht? Aber auch uns Frauen, die vielen Frauen und die vielen Kinder? Das können sie doch nicht tun! Uns würde nichts geschehen, wir sollten uns keine Sorgen machen, versichern uns dauernd die Ärzte von der SS von neuem und lachen heiter und unbeschwert über unsere kindische Furcht. Sie schütteln ihre Köpfe und beruhigen uns mit freundlichen Gesten. Sie sind wirklich nett und hilfsbereit. Aber warum haben sie uns alle dann denn wirklich splitternackt antreten lassen, hier draußen vor dieser lieblichen Schlucht? Angeblich ja, um uns medizinisch zu untersuchen, einfach lächerlich! Und weil in der kleinen behelfsmäßigen Baracke, die sie „Lazarett“ nennen, nicht genug Platz ist für alle Jüdinnen, und weil wir so viele sind, die hier eine neue Unterkunft finden sollen, müssen die meisten die medizinische Untersuchung leider im Freien über sich ergehen lassen. Erklären uns jetzt jedenfalls auch die deutschen Soldaten, die uns zu...