Hänel | Mein Katastrophen-Papa, meine neue Freundin und ich | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 190 Seiten

Hänel Mein Katastrophen-Papa, meine neue Freundin und ich

E-Book, Deutsch, 190 Seiten

ISBN: 978-3-8387-2012-8
Verlag: Baumhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Willies Vater ist nicht nur peinlich, sondern eine echte Katastrophe. Kein Wunder, dass Willie am liebsten im Erdboden versinken will, als sein Vater die Hauptrolle in der Schulaufführung übernimmt - und es total vergeigt. Schlechte Voraussetzungen für Willie, um »ihr« zu imponieren. »Sie« heißt Liane, ist neu in der Klasse und total cool. Doch Liane ist begeistert von Willies chaotischem Vater. Als der seinen Job als Schauspieler an den Nagel hängt, hat sie eine brillante Idee. Er soll Koch werden - in der neuen Kneipe ihrer Mutter! Aber wenn der Vater den Kochlöffel schwingt, ist die nächste Katastrophe schon vorprogrammiert ... Mit leckeren Rezepten!
Hänel Mein Katastrophen-Papa, meine neue Freundin und ich jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


1
=:-( Heute ist so ziemlich das Schlimmste passiert, was überhaupt passieren konnte: Wir waren mit der ganzen Klasse im Theater und haben uns meinen Vater angeguckt. Und es war die absolute Katastrophe! Ich schätze, die nächsten Tage sollte ich mich in der Schule erst mal besser nicht blicken lassen, bis ein bisschen Gras über die Sache gewachsen ist … Dabei kann ich ja eigentlich gar nichts dafür. Für meinen Vater, meine ich. Und dass er Schauspieler ist und ausgerechnet den Othello spielen musste. Der Othello ist eigentlich ein netter Schwarzer, der gerade nicht so gut drauf ist, weil Jago ihm erzählt hat, dass seine Frau was mit einem anderen hätte. Und Jago ist ein fieser Weißer, der so fies ist, dass die Zuschauer normalerweise schon »Buh!« brüllen, wenn er überhaupt nur auf die Bühne kommt. Aber in der Vorstellung mit meinem Vater war es genau umgekehrt: Die Leute haben meinen Vater ausgebuht und Jago hat jede Menge Beifall gekriegt. Weshalb der Schubert hinterher auch voll sauer war. Der Schubert ist unser Deutschlehrer und eigentlich ganz nett. Ein bisschen nervös vielleicht, aber es gibt eindeutig Schlimmere als ihn. Kurz vor der Vorstellung hatte der Schubert uns jedenfalls extra noch mal das ganze Stück erklärt. Also dass Jago wirklich eine fiese Sau ist und dass Othello von seinen Gefühlen zerrissen wird. Genau so hat der Schubert es gesagt: »Othello wird von seinen Gefühlen zerrissen.« Und dass er einem wirklich leidtun müsste deshalb. Othello natürlich, nicht der Schubert. Das Problem war allerdings, dass mein Vater dann überhaupt keinem leidgetan hat. Vor allem nicht, als er vorgemacht hat, wie er von seinen Gefühlen zerrissen wird: Erst hat er sich gekrümmt, als ob er gerade eine Blinddarmentzündung hätte, und dann ist er laut stöhnend quer über die Bühne zu einer weißen Säule getorkelt. An der ist er dann ohnmächtig nach unten gerutscht. Das Blöde war nur, dass er ja schwarz geschminkt war. Und als er endlich auf dem Boden angekommen war, konnte man an der ganzen Säule runter die Schminke sehen. Wie Bremsspuren! Jedenfalls hat der Schubert mich zum Schluss noch nicht mal mehr angeguckt. Dabei hätte ich es ihm vorher sagen können. Ein Stück, in dem mein Vater mitspielt, wird unter Garantie nicht so, wie der Autor sich das vielleicht mal gedacht hat. Oder wie es im Programmheft steht. Ich erinnere mich noch mit Entsetzen daran, wie ich meinen Vater mal als Hamlet gesehen habe. Da fanden die Zuschauer sogar den Totenkopf noch besser als ihn! Aber vielleicht sollte ich erst mal ein bisschen was über mich erzählen. Wer ich eigentlich bin und so. Damit überhaupt irgendjemand irgendwas kapiert. Also … Ich Ich heiße Willie. Ist wirklich wahr: Willie. Mit »ie«. Hinten, nicht vorne. W-i-l-l-i-e. Weil mein Vater irgendwann mal ein Buch gelesen hat, vor ewigen Zeiten schon, als er noch nicht mein Vater war. Einen Krimi. Und in dem Krimi kam einer vor, der hieß Willie und konnte mit seinem Messer eine Mücke in zwei Hälften schneiden. In der Luft natürlich. Außerdem war dieser Willie blond, hatte blaue Augen, jede Menge Geld und eine Freundin, die für den Geheimdienst gearbeitet hat oder so was. Na ja, und das muss meinem Vater alles sehr gut gefallen haben. Und als dann klar war, dass seine Freundin schwanger war (die Freundin von meinem Vater, nicht die von Willie), da hat mein Vater gesagt: »Wenn es ein Junge wird, dann muss er Willie heißen!« Geholfen hat es gar nichts. Ich meine, ich habe fast schwarze Haare, null Geld und auch keine Freundin beim Geheimdienst (wenn ich ehrlich sein soll, habe ich überhaupt keine Freundin!). Und als mein Vater mir zu meinem fünften Geburtstag ein Taschenmesser geschenkt hat, habe ich mir gleich am ersten Tag den halben Daumen weggesäbelt. Inzwischen ist nur noch eine ganz kleine Narbe zu sehen. Und das Taschenmesser habe ich gegen einen Kanarienvogelkäfig eingetauscht. Mit Spiegel und allem Drum und Dran, nur ohne Kanarienvogel. Weil meine M-Punkt keinen Kanarienvogel wollte. Und als sie dann ausgezogen ist, wollte ich keinen mehr. Meine M-Punkt ist natürlich meine Mutter. Also die alte Freundin von meinem Vater, die damals mit mir schwanger gewesen war. Und meine M-Punkt ist ausgezogen, weil sie sich in einen Totengräber verliebt hat. Natürlich nicht in einen richtigen Totengräber, sondern nur in einen Schauspieler, der einen Totengräber gespielt hat. Im Hamlet! Da hat er erst jeden Abend den Totenkopf für meinen Vater ausgebuddelt, und während mein Vater sich dann auf der Bühne mit dem Schädel in seiner Hand rumprügeln musste, ist der Totengräber schon mal schön gemütlich in die Kantine gelatscht, hat Kaffee getrunken und meine M-Punkt angebaggert. Die war zu der Zeit nämlich gerade als Maskenbildnerin am Theater, also als Schminktante für die Schauspieler. Wobei sie bei dem Totengräber wirklich nicht allzu viel zu tun hatte mit Schminken, weil er schon ungeschminkt aussah wie eine halbe Leiche. Aber mein Vater meint, vielleicht wäre es genau das gewesen, was ihr so gut gefallen hat. Dass der Totengräber immer gleich hässlich war, egal ob mit Schminke oder ohne. Und dass meine M-Punkt eigentlich schon immer jemanden gewollt hätte, bei dem sie genau wusste, woran sie war. Weil sie Überraschungen auf den Tod nicht ausstehen konnte. Hat mein Vater gesagt. Woran man schon sieht, dass er auf meine M-Punkt nicht mehr besonders gut zu sprechen ist. Was aber eigentlich auch klar ist, nachdem sie tatsächlich mit dem Totengräber abgehauen ist. Ich bin im Übrigen auch nicht besonders gut auf meine M-Punkt zu sprechen. Aus dem gleichen Grund. Und deshalb nenne ich sie auch nur noch M-Punkt. Was sie total nervt, wenn sie alle paar Wochen mal anruft, um zu fragen, wie es mir geht. Und ich dann sage: »Hallo, M-Punkt. Na, wieder mal ’ne neue Leiche ausgebuddelt?« Jedenfalls schminkt sich mein Vater jetzt immer selber und in die Kantine geht er auch nicht mehr, sondern bringt sich seinen Kaffee von zu Hause mit. Umgezogen sind wir übrigens auch. Mussten wir, weil unsere alte Wohnung zu teuer war. Weil mein Vater jetzt nämlich auch noch jeden Monat meiner M-Punkt was abgeben muss. Weil sie nämlich nicht mehr arbeitet, sondern mit dem Totengräber »das Leben genießt«. Hat sie selber geschrieben. Auf einer Postkarte aus Ibiza: »Nachts hotten wir in der Disko einen ab und am Tag liegen wir faul in der Sonne und genießen das Leben.« Na ja, vielleicht kriegt der Totengräber da wenigstens mal ein bisschen Farbe … Unsere neue Wohnung ist die absolute Bruchbude. Aber dafür wenigstens billig. Zwei Zimmer, Küche und Klo. Ganz oben unterm Dach. In einem Haus, das so vor hundert Jahren vielleicht mal ganz schön war. Aber seit damals hat eindeutig keiner mehr was dran gemacht. Weshalb unser Klo auch immer noch ein halbes Stockwerk tiefer ist, im Treppenhaus! Und eigentlich gehört es uns noch nicht mal alleine. Das Klo, meine ich. Weil es nämlich auch das Klo von der Wohnung neben uns ist. Aber seit die alte Oma, die da mit ihrem Dackel gewohnt hat, letzten Winter gestorben ist, steht die Wohnung leer. Und der Dackel ist im Tierheim und wir können so lange auf dem Klo sitzen, wie wir wollen. Leider können wir aber trotzdem keine Party oder so was bei uns feiern. Weil jeder, den wir einladen würden, unter Garantie davon überzeugt wäre, er hätte sich in der Adresse geirrt. Oder wir wären schon wieder dabei auszuziehen. Was damit zu tun hat, dass wir noch gar nicht richtig eingezogen sind. Obwohl wir jetzt schon über zwei Jahre da wohnen. Aber weil meine M-Punkt fast alle Möbel behalten hat, haben wir auch unsere Umzugskartons gar nicht erst ganz ausgepackt. Weil wir ja sowieso nicht gewusst hätten, wohin mit dem ganzen Zeug. Die einzigen richtigen Möbelstücke, die wir haben, sind mein Bett und das Sofa, auf dem mein Vater schläft. Das Sofa ist aus »Biedermann und die Brandstifter«. In dem Stück müssen sie unheimlich viel geraucht haben, jedenfalls sind die Polster völlig durchlöchert mit Brandflecken! Aber meinen Vater stört es nicht weiter, und tagsüber legen wir einfach eine bunte Decke drüber und dann sieht es gar nicht mal so schlecht aus. Ach ja, und in der Küche haben wir noch einen langen Tisch mit sechs Stühlen aus »Schneewittchen und die sieben Zwerge«, die anderen zwei Stühle stehen auf dem Treppenabsatz vorm Klo, falls mal besetzt ist und einer warten muss. Allerdings sind die Stühle von den Zwergen alle ziemlich klein, und den von Schneewittchen hat sich gleich mein Vater geschnappt. Aber weil der Tisch natürlich auch nicht besonders hoch ist, war das nicht unbedingt das Schlauste, was er tun konnte. Denn jetzt muss er sich beim Essen zusammenklappen wie mein altes Taschenmesser und kriegt jedes Mal Magenschmerzen! Insgesamt kann man aber schon sagen, dass wir es eigentlich ganz gut hinkriegen. Wobei mein Vater ja sowieso kaum da ist, und wenn er da ist, bin ich nicht da. Meistens sehen wir uns also nur kurz zum Mittagessen. Da hauen wir uns dann schnell irgendeine Tiefkühlpizza rein oder den Rest Spaghetti vom Tag davor und dann muss mein Vater auch schon wieder zur Probe. Und wenn er abends Vorstellung hat, packe ich mich auf das Brandstiftersofa und gucke mir alles an, was im Fernsehen gerade so läuft. Es ist ja keiner da, der sagen könnte: »Mach das aus, das ist noch nichts für dich.« Dabei habe ich übrigens auch rausgekriegt, dass die besten Filme die sind, die erst ab sechzehn freigegeben sind. Weil es in denen immer viel Sex gibt! Während die, die man schon ab zwölf gucken darf, manchmal so brutal sind, dass ich die Kiste von ganz alleine wieder ausmache. Klar, manchmal nervt es natürlich schon, mit meinem Vater und mir,...


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.