Haefs / Gatter / Baugstø | Piratengeflüster | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 356 Seiten

Haefs / Gatter / Baugstø Piratengeflüster


1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-347-65435-8
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 356 Seiten

ISBN: 978-3-347-65435-8
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Piraten, Freibeuter, Buccaniere - sie schäumten die Meere und tun es wohl auch immer noch, wenn auch die heutigen Vertreter dieses Seewerks nicht so sehr unseren Sinn für Romantik und Abenteuer erregen, wie es etwa Klaus Störtebeker und Konsorten taten und tun. Doch wer meint, dass die Seeräuberei eine rein männliche Domäne , irrt, es gab einige sehr erfolgreiche Frauen in diesem Beruf, wie etwa Grace O'Malley. Ihr irischer Landsmann David Slattery geht sogar so weit zu erklären, seiner Meinung nach sei die Piraterie ein Frauenberuf. Weshalb er uns in seiner Geschichte mit einer Piratenkönigin bekannt macht, und sie ist wahrlich nicht die einzige in unserer Sammlung. In dieser Anthologie finden sich sowohl Geschichten, die der klassischen Vorstellung der Seeräuberei entsprechen, als auch solche, die von Piratinnen und Piraten im übertragenen Sinne handeln.

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Die Legende von Black Ed und Bloody Ann Zoë Bernhardt Jeden Abend, als ich noch ein kleiner Junge war, lagen mein Bruder William und ich im Bett. Vater setzte sich zu uns und löschte Stück für Stück die hell brennenden Kerzen in unserem Zimmer. Das Licht wurde immer schwächer, bis das Zimmer fast gänzlich in Dunkelheit getaucht und das Gesicht meines Vaters nur noch schemenhaft im Dämmerlicht beschienen zu erkennen war. „Vater, kannst du uns noch eine Geschichte erzählen?“, fragte ich ihn jeden Abend. „Welche Geschichte möchtest du denn hören, Thomas?“, fragte er mich jeden Abend, wohlwissend, welche Geschichte ich hören wollte. „Die Legende von Black Ed und Bloody Ann bitte“, antwortete ich. Wie jeden Abend. Dann fing er an zu erzählen. Seit über 40 Jahrzehnten nun schon umsegeln sie die großen Meere dieser Welt. Kein Schiff, das mehr als nur einen Sack Gold an Bord hat, bleibt von ihnen verschont. Allein die Silhouette ihres Schiffes, der Mary Jane, lässt jedem vom Kapitän bis zum Schiffsjungen einen eiskalten, grausigen Schauer über den Rücken laufen. Keine Stadt an den Küsten, vor denen sie segeln, ist vor ihnen sicher. Sie rauben und plündern und wenn es sein muss, töten sie auch und das nur aus reinstem Vergnügen. Ihre Namen sind genauso bekannt wie gefürchtet. Das grausige Piratenpaar Black Ed und Bloody Ann. Sie leben das freie Piratenleben auf hoher See. Sie fahren, wohin sie wollen. Die frische Seeluft in den Haaren. Das Salz des Meeres auf der Zunge schmeckend und leicht brennend auf ihren Gesichtern spürend. Sie können in die verschiedensten Länder und Städte und dort nach Belieben verweilen. Geld, Schmuck, Kleidung, Speis und Trank haben sie im Überfluss und wird neues Geld benötigt, dann sind das nächste Schiff oder die nächste Stadt nicht weit entfernt. Doch die Freiheit hat auch ihren Preis. Black Ed und Bloody Ann haben sich durch ihre ruchlosen Taten Feinde gemacht und die lauern überall. Von England über Frankreich bis Spanien liegen die Gebiete ihrer Feinde, die bis heute Jagd auf die beiden machen und nicht ruhen werden, bis sie das Paar gefangen haben und ihre Köpfe auf den Stadtmauern zur Warnung ihrer Anhänger aufgehängt sind. Doch bisher hat sie nie etwas aufhalten können. Kein Schiff der reichen französischen Krone, kein Schiff der großen spanischen Krone, nicht einmal die unbesiegbare Flotte unserer englischen Krone. Seeungeheuer konnten die Mary Jane nie greifen, Sirenen nie die Ohren der Mannschaft betören und sie gegen scharfe Felsen kentern lassen, und sobald feindliche Piratenschiffe den Anblick ihres Schiffes auch nur von weitester Ferne vernahmen, drehten sie ab. Also haltet Ausschau und seid immer auf der Hut, denn ihr wisst nie, wann Black Ed und Bloody Ann euren Hafen ansteuern werden. „Woher weiß ich, wie die Mary Jane aussieht?“, fragte ich meinen Vater. „Das kann ich dir leider nicht genau sagen, Thomas. Denn das weiß keiner so genau. Einige beschreiben sie als ein wunderschönes, reich verziertes Kampfschiff. Andere meinen, sie sei ein altes, dunkles, fast schon brüchiges Schiff, welches allein durch seine blutroten Segel von anderen Schiffen zu unterscheiden sei.“ „Ich glaube, ich würde die Mary Jane erkennen, wenn ich sie sähe“, meinte ich und stellte mir mein ganz eigenes Bild der Mary Jane vor. Groß, größer noch als jedes Kampfschiff, welches ich je im Hafen vor unserer Stadt gesehen hatte. Gebaut war sie aus schwarzem Holz, und ihre Reling war mit goldenen Reliefs verziert. Vorn am Bug wanden sich die Reliefs in die vergoldete Figur einer wunderschönen Frau, von der das Schiff auch seinen Namen erhalten hatte. Black Ed, im langen braunen Ledermantel, mit schwarzen, buschigen, langen Haaren, sowie Barthaaren, stand an dem mächtigen Steuerrad und hielt den Kurs. Seine Frau, Bloody Ann, neben ihm. Den Kompass in der einen, die Karte in der anderen Hand. Die großen dunkelroten Segel spannten und blähten sich im treibenden Seewind, der Mann im Krähennest nach ihrem nächsten Ziel Ausschau haltend, und über allem thronte flatternd im Wind das Erkennungszeichen eines jeden Piraten. Ein Totenkopf über zwei gekreuzten Säbeln. Das Warnzeichen für jedes sich nähernde Schiff. „Wenn du meinst, mein Junge“, sagte dann mein Vater leicht lächelnd und gab mir und meinem Bruder noch einen Kuss auf die Stirn, bevor er alle Kerzen löschte und sich auch zu Bett begab. Meistens würden mein Bruder und ich noch eine Weile wach liegen und uns über die Legende unterhalten oder wohl eher gesagt, streiten. Ich, der ich begeistert war von dem freien und unabhängigen Leben der Piraten und am liebsten selbst einer werden wollte, geriet mit meiner Bewunderung und meinem tiefsten inneren Wunsch immer wieder an meinen Bruder, der nur die grausamen Taten der Piraten bedachte und am liebsten nichts mit ihnen zu tun haben wollte, es lieber hätte, wenn es erst gar keine Piraten gäbe. „Ich verstehe dich gar nicht, William. Denkst du denn nicht, dass das Leben viel schöner wäre, wenn wir frei wären, keine Regeln, keine Pflichten hätten?“, fragte ich ihn dann oft. „Das mag schon sein, aber sie töten dafür Menschen, Thomas“, erwiderte er entsetzt. „Dann werde ich eben der erste Pirat, der keine Menschen tötet“, trotzte ich seinem Argument stur. „Du und ein Pirat. Träum weiter, kleiner Bruder. Bleib lieber an Land bei Vater. Hier ist es viel sicherer für dich.“ 20 Jahre später Ich stehe am Steg und schaue auf das weite Meer hinaus. Immer wenn ich hier an diesem Steg stehe und meinen Blick über die dunklen, kräftigen Wellen schweifen lasse, der Wind mir durch das Haar streift und hin und wieder Schiffe am weiten Horizont auftauchen oder nach und nach von ihm verschluckt werden, habe ich dieses Gefühl in der Brust. Es ist wie, als ob um meine Taille ein starkes Seil gebunden wäre, welches versucht, mich auf das Meer zu ziehen, und entweder es zieht nicht stark genug oder irgendetwas Stärkeres hält mich am Steg fest, ich rühre mich keinen Zentimeter. Ich bin hier, um die neue Lieferung für meinen Vater abzuholen, neue Stoffe und Gewürze, die mein Vater dann an die Bürger unserer Stadt weiterverkauft. Das Handelsschiff fährt in den Hafen ein und ich lade nach einem kurzen Gespräch mit dem Kapitän des Schiffes und der Bezahlung die Ware auf unser einziges Fuhrwerk. Eine große Holzfläche mit zwei Rädern, die ich eigenhändig an einer Holzstange nach Hause ziehe. Zu Hause angekommen helfe ich meinem Vater noch, die Ware zu verstauen, kalkuliere die Umsätze dieser Woche und setze mich dann in mein Zimmer und lese. Mein Bruder ist schon seit ein paar Jahren nicht mehr regelmäßig zu Hause. Er ist zur Schule gegangen und hat danach als einer der Klassenbesten die einmalige Möglichkeit, bekommen, in die Royal Navy einzutreten. Angefangen hat er als einfacher Matrose und ist jetzt schon Offizier. Mein Vater und ich sind sehr stolz auf ihn. Doch leider waren seine schulische Ausbildung und die monatlichen Kosten für die Royal Navy sehr hoch, eigentlich zu hoch für meinen Vater und sein Geschäft. So hat Vater Schulden gemacht, die er bis heute noch nicht zurückzahlen konnte, weswegen er sich eine weitere solche Bildung für mich, seinen zweiten Sohn, nicht mehr leisten konnte. So ging ich nur zur Schule, bis ich lesen, schreiben und rechnen konnte, und half von da ab an meinem Vater im Geschäft. Heute kommt William nach Hause. Es ist seine letzte Nacht hier in unserer Stadt, bevor er morgen mit der Marine in See sticht. Wir gehen in einen Pub und bestellen jeder einen Eintopf und einen großen Krug Bier. Der Pub ist aufgeheizt durch die Menschen an den voll besetzten Tischen um uns herum. Die unterschiedlich lauten, teils hitzigen Gespräche lassen die Luft im Raum schwingen und summen. „Du weißt, wir beide sind mächtig stolz auf dich“, sagt mein Vater zu William. „Danke, Vater“, antwortet er und nimmt einen Schluck aus seinem Krug. „Weißt du schon, wo die große Fahrt hingehen soll? Wie lange wirst du unterwegs sein?“, frage ich neugierig. „Was, vermisst du mich etwa schon?“, antwortet mein Bruder leicht belustigt und schüttelt dann den Kopf. „Nein, ich weiß noch nicht, wie lange wir unterwegs sein werden. Die Mission ist allerdings klar. Black Ed und Bloody Ann finden und sie für ihre Verbrechen zur Rechenschaft ziehen.“ Ich verziehe daraufhin kurz das Gesicht, allerdings lang genug, dass William es bemerkt. „Ich weiß, wie deine Einstellung gegenüber...



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