E-Book, Deutsch, 212 Seiten
Gürbüz Familien- und Kindschaftsrecht für die Soziale Arbeit
2. aktualisierte Auflage 2020
ISBN: 978-3-8463-5374-5
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 212 Seiten
ISBN: 978-3-8463-5374-5
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dieses praxisnahe Lehrbuch für Studierende der Sozialen Arbeit umfasst die verfahrens- und materiellrechtlichen Regelungen der Bereiche Ehe und Lebenspartnerschaft, Scheidung und Scheidungsfolgen, Sorge- und Umgangsrecht (Kindschaftsrecht) sowie Unterhalt, Güterrecht und Gewaltschutz. Neuere Entwicklungen in Rechtsprechung, Gesetzgebung und Wissenschaft (z.B. neue Rechtsbehelfe gegen überlange Verfahren in Kindschaftssachen, Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen, neues EU-Güterrecht) werden berücksichtigt. Zahlreiche Entscheidungen und Beispiele aus der Rechtsprechung erleichtern den Zugang und die Anwendung auf konkrete Sachverhalte im Praxisalltag Sozialer Arbeit und lassen professionelle Handlungsstrategien gelingen. Rechtswissen und Rechtsanwendung: präzise, didaktisch aufbereitet, inklusive Fälle mit Lösungen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Hinweise zur Benutzung dieses Lehrbuchs 10
Abkürzungsverzeichnis 11
Vorwort 14
1 Grundlagen des Familienrechts 15
1.1 Allgemeines 15
1.2 Verfahrensrecht 16
1.3 Materielles Recht 20
2 Paarbeziehungen 22
2.1.1 Begriff und Rechtsnatur 22
2.1.2 Wirkungen 23
2.1.3 Beendigung des Verlöbnisses 23
2.2 Ehe, §§ 1303–1563 BGB 24
2.2.1 Ehe und Lebenspartnerschaft/-gemeinschaft 25
2.2.2 Eheschließung 28
2.2.3 Wirkungen der Ehe. 29
3 Trennung und Scheidung 32
3.1 Grundsatz 32
3.2 Fallgruppen der Scheidung 33
3.2.1 Die „unwiderlegliche“ Vermutung des § 1566 Abs. 1 BGB 33
3.2.2 Scheidung wegen Zerrüttung der Ehe, § 1565 Abs. 1 S. 2 BGB 37
3.2.3 Unwiderlegliche Vermutung (§ 1566 Abs. 2 BGB) 37
3.2.4 Härtefallscheidung gemäß § 1565 Abs. 2 BGB 38
3.3 Die Schutzklauseln des § 1568 BGB 44
3.3.1 Kinderschutzklausel (§ 1568 S. 1, 1. Alt. BGB) 45
3.3.2 Ehegattenschutzklausel (§ 1568 S. 1, 2. Alt. BGB) 45
4 Aufhebung einer Ehe (§§ 1313–1320 BGB) 47
5 Sonderthema 1: Die Lebenspartnerschaft (LPartG) 49
5.1 Homosexualität in der Weimarer Republik 49
5.2 Homosexuelle Männer im Dritten Reich 50
5.3 Homosexualität in der DDR 51
5.4 Wandel in den 1960er Jahren in der BRD 52
5.5 Die Regelung im wiedervereinigten Deutschland 53
5.6 Rechtsangleichung zwischen Ost und West 54
5.7 Rechtsangleichung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe 54
5.8 Die Haltung des BVerfG 55
5.9 Regelungen im LPartG 58
6 Sonderthema 2: Scheidung und Trennung von Ehen mit internationalem Bezug
(„ROM III-Verordnung“) 61
6.1 Anwendbares Recht 61
6.2 Grundlagen im türkischen Scheidungsrecht 62
7 Unterhaltsrecht 65
7.1 Kindesunterhalt 65
7.1.1 Minderjährigenunterhalt 65
7.1.2 Volljährigenunterhalt 71
7.2 Unterhalt bei Getrenntlebenden und nach der Scheidung 76
7.2.1 Erwerbsobliegenheit (§ 1574 BGB) 77
7.2.2 Rangfolge (§§ 1582 i. V. m 1609 BGB) 78
7.2.3 Prinzip der Eigenverantwortung (§§ 1574, 1578b,1579 BGB) 79
7.2.4 Unterhaltsbedarf 81
7.2.5 Unterhaltsvergleiche 82
7.3 Unterhalt nichtverheirateter betreuender Eltern 82
7.4 Elternunterhalt 83
8 Scheidungsfolgen 86
8.1 Güterrecht (Zugewinnausgleich) 86
8.2 Versorgungsausgleich 87
8.3 Güterrecht mit internationalem Bezug 87
9 Sorgerecht (§§ 1626–1698b BGB) 89
9.1 Gerichtliche Zuständigkeit 89
9.2 Berechtigung der Eltern 89
9.3 Umfang (Regelfall): Personensorge, Vermögenssorge und Vertretung 91
9.4 Sorgerecht bei dauerhaft getrennt lebenden Eltern 93
9.5 „Kleines Sorgerecht“ des Lebenspartners, der nicht Elternteil ist 104
9.6 Beispiele für mögliche Entscheidungen im Gerichtstermin 105
9.7 Sonderthemen (Sorgerecht) 106
9.8 Ruhen der elterlichen Sorge (Fallgruppen 126
10 Tod eines Elternteils oder Entziehung des Sorgerechts (§ 1680 BGB) 133
11 Umgang 136
11.1 Recht auf Umgang 136
11.2 Umgangsausschluss 138
11.3 Umgangspflegschaft 138
11.4 Umgangsrecht des biologischen Vaters (§ 1686a BGB) 139
12 Auskunftsanspruch über die persönlichen Verhältnisse des Kindes (§ 1686 BGB) 141
13 Kindschaftsrecht 143
13.1 Rechtsgrundlagen im Kindschaftsrecht 143
13.2 Kinder- und Jugendhilferecht nach SGB VIII 144
13.3 Sonderthema 10: Minderjährige Flüchtlinge 164
13.4 Fachkräftegebot (§ 72 SGB VIII, § 6 SGB XII) 167
14 Grundzüge des Gewaltschutzgesetzes 168
15 Fälle zu den Kapiteln und Musterlösungen 177
15.1 Übungsfall: „Sorgerecht bei gewalttätigen Eltern“ 177
15.2 Übungsfall: „Der unverheiratete Vater und sein Sorgerecht“ 180
15.3 Übungsfall: „Sorgerecht von Eltern, die selbst unter Betreuung stehen“ 183
15.4 Übungsfall: „Unterbringung von Kindern und Erwachsenen“ 186
15.5 Übungsfall: „Elterliche Sorge und Sterbenlassen des Kindes“ 190
15.6 Übungsfall: „Sorgerecht bei ungewisser wirtschaftlicher und räumlicher Situation der Eltern“ 193
15.7 Übungsfall: „Erziehungseignung einer streng islamischen Mutter“ 198
Glossar 204
Literatur 209
Sachregister 211
2 Paarbeziehungen 2.1 Verlöbnis, § 1297 BGB Das Familienrecht regelt in den §§ 1297 bis 1302 BGB zunächst, als eine wichtige Institution, das Verlöbnis (u. a. Eingehung, Wirkungen) als Vorstufe der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft (Prütting et al. 2017). 2.1.1 Begriff und Rechtsnatur Definition Das Verlöbnis ist ein gegenseitiges formfreies Versprechen, künftig miteinander die Ehe einzugehen (Gernhuber/Coester-Waltjen 2010). Es begründet ein erhöhtes Einstehenmüssen und zwar auch im Sinne einer Garantenstellung gemäß § 13 StGB mit einer daraus resultierenden strafbewehrten Verpflichtung zum aktiven Handeln zum Schutz des Partners, weil ein familienrechtliches Gemeinschaftsverhältnis begründet wird (Dethloff 2015, Anmerkung: vgl. auch § 1 Abs. 4 LPartG). Vertrag Die Rechtsnatur des Verlöbnisses ist umstritten (hierzu Dethloff 2015). Das Eheversprechen und das dadurch begründete Rechtsverhältnis sind nach herrschender Vertragstheorie ein Vertrag, auf den die allg. Vorschriften der §§ 104 ff., 145 ff. BGB Anwendung finden, jedoch mit Ausnahme der §§ 164 ff. BGB, sodass Stellvertretung ausgeschlossen ist (Gernhuber/Coester-Waltjen 2010). Folgt man der Einordnung als Vertrag, so gelten die Vorschriften über das Wirksamwerden von Rechtsgeschäften. Die Verlobten müssen, damit ein Verlöbnis als wirksam zustande gekommen gilt, zwei übereinstimmende Willenserklärungen abgegeben haben, die dem jeweils anderen zugegangen sein müssen. Inhalt der Erklärungen muss das ernsthafte gegenseitige Versprechen sein, einander zu heiraten. Eine Form ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sodass diese Willenserklärungen auch konkludent, also durch schlüssiges Verhalten, abgegeben werden können. Es kann daher unter Umständen sogar schon ausreichen, die Eheringe zu kaufen, wenn dem ein entsprechender übereinstimmender Erklärungswert zukommt. Aufgrund der Anwendbarkeit der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre ist aber weitere Voraussetzung für den Abschluss eines Verlöbnisses auch die Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verlobung. Bei Geschäftsunfähigkeit eines der Beteiligten liegt daher kein wirksames Verlöbnis vor. Bei beschränkter Geschäftsfähigkeit gelten die §§ 106 ff. BGB. Eine minderjährige Person bedarf demnach für eine wirksame Verlobung der vorherigen Einwilligung oder nachträglichen Genehmigung der gesetzlichen Vertreter (§§ 107, 108 Abs.?1 BGB). Unwirksamkeit Das Verlöbnis eines Verheirateten ist sittenwidrig (§ 138 Abs.?1 BGB) und zwar unabhängig von der Kenntnis eines oder beider Beteiligten. Rückforderung Ist ein Verlöbnis wegen eines in der Person eines Verlobten liegenden Grundes, etwa weil er verheiratet oder schon verlobt ist, nichtig, kann der gutgläubige andere Verlobte Geschenke, die er im Vertrauen auf die Verlobung gemacht hat, gemäß § 1301 BGB herausverlangen (OLG Schleswig, Beschluss vom 06.12.2013, 10 UF 35/13; Palandt 2017). § 1301 BGB ist also auch anwendbar, wenn das Verlöbnis nichtig ist, der Schenkende jedoch die Schenkung im Vertrauen auf die Gültigkeit des Verlöbnisses vollzogen hat. 2.1.2 Wirkungen nicht klagbar Das Verlöbnis begründet keine klagbare Verpflichtung zur Eingehung der Ehe (§ 1297 Abs.?1 BGB). Das Versprechen zur Eingehung der Ehe ist daher gemäß § 120 Abs.?3 FamFG auch nicht vollstreckbar (Prütting/Helms 2013) und kann nach § 1297 Abs.?2 BGB nicht durch eine Vertragsstrafe abgesichert werden. Sonderrechte Im Zivil- und im Strafprozess können sich Verlobte auf Zeugnisverweigerungsrechte (§ 383 Abs.?1 Nr. 1 ZPO, § 52 Abs.?1 Nr. 1 StPO) und im Strafprozessrecht auf Auskunftsverweigerungsrechte (§ 55 StPO) berufen. 2.1.3 Beendigung des Verlöbnisses Gründe Das Verlöbnis wird durch die Eheschließung, durch den Tod, durch eine einvernehmliche Entlobung oder durch Rücktritt nach §§ 1298 ff. BGB beendet. Nach § 1298 BGB ist ein Rücktritt ohne wichtigen Grund jederzeit möglich. Folgen Der ohne wichtigen Grund von der Verlobung Zurücktretende hat dem anderen Verlobten nach § 1298 Abs.?1 BGB Schadensersatz zu leisten. Umgekehrt begründet § 1299 BGB eine Schadensersatzpflicht des anderen Teils, soweit dieser einen wichtigen Grund für den Rücktritt veranlasst hat. Als wichtige Gründe i. S. v. § 1298 Abs.?3 kommen solche Gründe in Betracht, die zur Anfechtung wegen Irrtums oder wegen arglistiger Täuschung berechtigen würden, so dass die Aufrechterhaltung des Verlöbnisses unter Würdigung aller Umstände unzumutbar ist, z. B. Untreue, körperliche Gewalt oder grobe Beleidigungen. Der Anspruch auf Herausgabe der Brautgeschenke ist in § 1301 BGB geregelt. Die Norm des § 1301 BGB greift grundsätzlich in allen Fällen der Beendigung des Verlöbnisses ein und verpflichtet den Verlobten zur Rückgabe der Geschenke. Sie verweist auf das Bereicherungsrecht der §§ 812 ff. BGB, sodass auch § 815 BGB anwendbar ist, was für das Bestehen des Anspruchs bedeutsam sein kann. § 815 BGB (Nichteintritt des Erfolgs): „Die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit einer Leistung bezweckten Erfolgs ist ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolgs von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewusst hat oder wenn der Leistende den Eintritt des Erfolgs wider Treu und Glauben verhindert hat.“ Verlobte können kein gemeinsames Testament errichten, § 2265 BGB, und haben auch kein gesetzliches Erbrecht. Sie können jedoch Ehe-, Erb- sowie Erbverzichtsverträge schließen (§§ 1408, 2275 Abs. 3, 2347 Abs. 1 BGB). 2.2 Ehe, §§ 1303–1563 BGB Definition Die Ehe ist eine staatlich anerkannte Lebensgemeinschaft zwischen zwei Menschen, die gemäß Art.?6 Abs.?1 GG (Ehe und Familie) unter dem besonderen Schutz des Staates steht. Art.?6 GG umfasst die Freiheit, eine Ehe mit einem selbst gewählten Partner zu schließen (vgl. BVerfGE 31, 58, 67; 76, 1, 42; 105, 313, 345; Ipsen 2014). Bundesverfassungsgericht: Zur Ehe gehört, dass sie „die Vereinigung eines Mannes mit einer Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft ist, begründet auf freiem Entschluss unter Mitwirkung des Staates“ (vgl. BVerfGE 10, 59, 66; 29, 166, 176; 62, 323, 330), „in der Mann und Frau in gleichberechtigter Partnerschaft zueinander stehen“ (vgl. BVerfGE 37, 217, 249; 103, 89, 101) und „über die Ausgestaltung ihres Zusammenlebens frei entscheiden können“ (vgl. BVerfGE 39, 169, 183; 48, 327, 338; 66, 84, 94). 2.2.1 Ehe und Lebenspartnerschaft/-gemeinschaft Bisherige Rechtslage Das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft und die nichteheliche Lebensgemeinschaft wurden noch bis Oktober 2017 von diesem Schutz nicht erfasst (vgl. BVerfGE 105, 313, 345). Sie waren vielmehr durch Art.?2 Abs.?1 und Art.?3 Abs.?1 und 3 GG geschützt (hierzu ausführlich Grziwotz 2014). Gesetzentwurf des Bundesrats vom 22.03.2013: Der Bundesrat hatte bereits am 22.03.2013 einen Gesetzesentwurf zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts beschlossen und beim Deutschen Bundestag eingebracht, der aber nicht behandelt wurde. Der Beschluss beschreibt sehr gut den historischen Wandel und die Entwicklung im Zusammenhang mit der „Ehe für Alle“ und erleichtert das Verständnis des Themas: BR-Drucksache 193/13 (Beschluss):„Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes bestimmt: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“ Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird durch diese Vorschrift unter anderem die Ehe als Institut garantiert. Der Gesetzgeber muss deshalb die wesentlichen, das Institut der Ehe bestimmenden Strukturprinzipien beachten. Diese Strukturprinzipien hat das Bundesverfassungsgericht aus den vorgefundenen, überkommenen Lebensformen in Verbindung mit dem Freiheitscharakter des Artikels 6 Absatz 1 des Grundgesetzes und anderen Verfassungsnormen hergeleitet. Allerdings wird die Ehe durch Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht abstrakt gewährleistet, sondern in der verfassungsgeleiteten Ausgestaltung, wie sie den herrschenden, in der gesetzlichen Regelung maßgeblich zum Ausdruck gelangenden Anschauungen entspricht. Danach schützt das Grundgesetz die Ehe – anders als die Weimarer Verfassung, die die Ehe als Grundlage der Familie verstand und die Fortpflanzungsfunktion hervorhob, – als Beistand- und Verantwortungsgemeinschaft, unabhängig von der Familie. Deshalb fällt unter den Schutz des Artikels 6 des Grundgesetzes ebenso die kinderlose Ehe. Nach dem traditionellen Eheverständnis kam der Geschlechtsverschiedenheit der Ehegatten prägende Bedeutung zu. Ebenso galt sie lange Zeit als notwendige Voraussetzung der Ehe im Sinne des Artikels 6 Absatz 1 des Grundgesetzes, so dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften vom Ehebegriff ausgeschlossen waren (vgl. BVerfG Beschluss vom 4. Oktober 1993 – 1 BvR 640/93 –, NJW 1993, 3058; BVerfGE 105, 313, 345f = NJW 2002, 2543; BVerwGE 100, 287, 294 = NVwZ 1997, 189). Seit einiger Zeit gibt es nun...