Grothe | Freiheitliche Ideen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 376 Seiten

Grothe Freiheitliche Ideen

Der schwierige Weg zur liberalen Demokratie

E-Book, Deutsch, 376 Seiten

ISBN: 978-3-86393-647-1
Verlag: CEP Europäische Verlagsanstalt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»Namen und Programm, Mittel und Wege mögen sich [...] ändern: der Liberalismus als Weltanschauung wird jedoch bleiben.«
Moritz Julius Bonn

Der deutsche Liberalismus erlebte im 19. und 20. Jahrhundert große Erfolge und dramatische Herausforderungen. Die Katastrophe des Nationalsozialismus schien zu beweisen, dass der Liberalismus gescheitert war, eine Diagnose, die ideengeschichtlich jedoch in die Irre führt. Liberales Gedankengut hatte auch in Deutschland eine bedeutende Tradition, an die man nach 1945 anknüpfen konnte.

Ewald Grothe untersucht historische Wandlungsprozesse und liberale Schriften. Er porträtiert Wissenschaftler, Publizisten und politische Akteure, die für Verfassung, Rechtsstaatlichkeit und bürgerliche Freiheit stritten, und zeigt, dass abseits deutscher Sonderwege die liberale Demokratie auf unterschiedliche Ideengeber zurückgeführt werden kann. Oft gegen den Mainstream gewandt, setzten sie sich mit Common Sense und festen Überzeugungen für Gerechtigkeit, sozialen Fortschritt und bürgerliche Mit- und Selbstbestimmung ein.

Sie repräsentieren einen zukunftsorientierten, reformbereiten und sozial engagierten Liberalismus, dessen Wurzeln im 19. Jahrhundert lagen, der die Weimarer Republik prägte und in der Bundesrepublik politisch wieder reaktiviert werden konnte.
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Liberalismus als historisches Forschungsthema
(Koautor: Wolther von Kieseritzky)
Organisations-, Sozial- und politische Ideengeschichte des Liberalismus in den letzten dreißig Jahren
Die Beschäftigung mit der Geschichte des Liberalismus hat in Deutschland eine gut einhundertjährige Tradition. Dies gilt sowohl für Darstellungen zur Organisations- als auch zur politischen Ideengeschichte. Einer ersten sehr zeitgebundenen und interessengeleiteten Arbeit des Publizisten Oskar Klein-Hattingen aus den Jahren kurz vor dem Ersten Weltkrieg folgte die Darstellung des Ideenhistorikers Guido de Ruggiero aus der Endphase der Weimarer Republik.1 Grundlegend für die Liberalismus-Deutung nach 1945 wurde zunächst die Darstellung des Historikers Friedrich C. Sell (1953), der mit seiner These von der „Tragödie“ des deutschen Liberalismus dem älteren Topos einer – schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts behaupteten – Krisengeschichte der liberalen Ideen eine neue Facette hinzufügte.2 In den 1960er Jahren erschien für die politische Bildungsarbeit der Überblick eines Autorenteams aus dem unmittelbaren Umkreis der Friedrich-Naumann-Stiftung.3 Die bis heute anspruchsvollsten historischen Synthesen zur Geschichte des deutschen Liberalismus aber stammen von dem amerikanischen Historiker James J. Sheehan (1978/83) zum einen und von Dieter Langewiesche (1988) zum anderen.4 Eine neuere Gesamtdarstellung des Liberalismus von Hans Fenske (2019) ist leider unbefriedigend.5 Bei einem wissenschaftlichen Diskurs über die Geschichte des Liberalismus lassen sich einige grundsätzliche Vorüberlegungen anstellen, um zu Perspektiven für die künftige Forschung zu gelangen. Hierzu gehört die Frage, welchen Stellenwert die Liberalismus-Forschung in der aktuellen Historiographie einnimmt, welche Aufgabe ihr heute zukommt und wie eine moderne Liberalismus-Geschichte aussehen könnte. Die folgenden Ausführungen verstehen sich nicht als umfassender Überblick über die Geschichtsschreibung zum politischen Liberalismus, sondern sollen vielmehr das Augenmerk auf einige forschungsrelevante Phänomene legen. Die letzten dreißig Jahre der deutschen Liberalismus-Geschichte haben sich hauptsächlich in den Bänden des „Jahrbuchs zur Liberalismus-Forschung“ niedergeschlagen. Wichtige Monographien sind in den online verfügbaren Rezensionen zur Liberalismus-Forschung besprochen worden. Dabei zeigt sich, dass seit dem Buch von Dieter Langewiesche mit der Ausnahme des erwähnten Bandes von Hans Fenske keine neue wissenschaftlich fundierte Überblicksdarstellung mehr erschienen ist,6 sondern dass in vielen Bereichen noch intensiver geforscht werden muss.7 Dies bezieht sich gleichermaßen auf die nationale wie die regionale und kommunale Ebene, die Organisations- wie die Ideengeschichte des Liberalismus.8 Generell lässt sich konstatieren, dass die deutsche Geschichts- und Politikwissenschaft die Liberalismus-Forschung in den letzten drei Jahrzehnten tendenziell vernachlässigt hat. Als Organisationsgeschichte von politischen Parteien resp. einer politischen Bewegung ist sie Teil der politischen Geschichte; als solche galt sie somit seit den späten 1970er Jahren – zumindest in ihrer klassischen Form als Partei- und Ereignisgeschichte – nicht mehr als modern. Größeres Interesse fand sie noch als Sozialgeschichte und Geschichte des sozialen Liberalismus, insbesondere auch im Zusammenhang mit Forschungen zur Geschichte des Bürgertums.9 Mit dem Paradigmenwandel in der Geschichtswissenschaft erfuhr die Liberalismus-Forschung seit dem letzten Jahrhundertwechsel als politische Kulturgeschichte oder Kulturgeschichte des Politischen wieder erhöhte Aufmerksamkeit. Wenn es um politische Kommunikation, Diskursräume und Erinnerungsorte geht, ist auch die Geschichte der politischen Bewegungen im Spiel, da diese den politischen Raum bis heute strukturieren und mitbestimmen. Die klassische Parteiengeschichte hat dagegen seit geraumer Zeit unter einem Bedeutungsverlust zu leiden. Als ausschließlich auf die Geschichte von Organisationen des politischen Lebens konzentrierte Form, quasi als eine Art Institutionengeschichte, wird sie von Historikerseite seit Jahren wenig betrieben.10 Dabei hat die Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien inzwischen die Protokolle der FDP-Bundestagsfraktion und des FDP-Bundesvorstands herausgegeben, die eine solide Quellengrundlage bieten.11 Um die Geschichte anderer, nicht-liberaler Parteien ist es jedoch kaum besser bestellt. Allenfalls die Jubiläumsliteratur kann hier etwas aushelfen. Aber im Gegensatz zum 150jährigen Gedenken an die Gründung der Vorläuferpartei der heutigen Sozialdemokratie vermochte das zwei Jahre zuvor fällige Jubiläum der ersten Partei überhaupt in Deutschland, der 1861 gegründeten liberalen Deutschen Fortschrittspartei, nur ein geringes publizistisches und wissenschaftliches Echo auszulösen.12 Die Geschichte des Liberalismus kann neben der Organisations- und Institutionengeschichte auch als eine Geschichte des liberalen Denkens geschrieben werden. Hier ist die klassische Form einer Ideengeschichte seit der letzten Jahrhundertwende von einer Diskursgeschichte abgelöst worden, die sich selbst zum Teil auch als „Neue Ideengeschichte“ definiert. Politische Ideengeschichte, die sich als Segment der Geschichte sozialer Bewegungen versteht, ist allerdings auch längere Zeit nicht en vogue gewesen.13 Dies gilt nicht allein für den Liberalismus, sondern ebenso für Konservatismus und Sozialismus, um zwei andere traditionelle politische Strömungen zu nennen. Erst in jüngster Zeit sind wieder Darstellungen erschienen, die einen umfassenden Ansatz zu verwirklichen suchen.14 Gegenüber einer Politikgeschichte herkömmlicher Art wurde seit den 1970er Jahren mit Nachdruck auch eine Sozialgeschichte des Liberalismus gefordert. Aber die Euphorie um den Königsweg der Sozialgeschichte verging, ohne dass – jenseits von Einzelstudien und Aufsatzsammlungen15 – eine solche für die gesamte Geschichte des Liberalismus geschrieben worden wäre. Der fundamentalen Studie von Jörn Leonhard zur liberalen Begriffsgeschichte im frühen 19. Jahrhundert ist leider keine vergleichbare Untersuchung über spätere Zeiten gefolgt.16 Anders gilt dies für den Zusammenhang von Liberalismus- und Bürgertumsgeschichte: Hier sind grundlegende Studien vor allem zum 19. Jahrhundert entstanden – etwa zu bürgerlichen Organisationsformen, dem Vereinswesen, zur Sozialstruktur und Wirtschaftsmentalität sowie zu liberalen Netzwerken.17 Wie vielfältig die historischen Ausprägungen des Liberalismus waren, verdeutlichen bereits die unterschiedlichen Profile des liberalen Selbstverständnisses im Adel, in der Handwerkerschaft oder im Besitz- und Bildungsbürgertum. Damit verbanden sich liberale Werte und Mentalitäten, die bisher nur zum Teil erforscht worden sind.18 Zwar gingen damit Ziele und Absichten einher, die generell auf Bürgerrechte und größere Partizipation hinausliefen, doch zeigen allein schon die unterschiedlichen Einstellungen zu Wirtschaftsfreiheit und Protektion, wie widersprüchlich und ambivalent manche Leitbilder waren.19 Dabei erweist sich die Entwicklung des Liberalismus bemerkenswert eng verknüpft mit der Geschichte seiner Gegner: In deren Auseinandersetzung mit den liberalen Werten und Ideen sowie der liberalen Politik spiegelt sich zugleich ein Teil der Problemgeschichte des Liberalismus. Heinrich August Winkler hat dieses Phänomen in diversen Studien zum 19. und 20. Jahrhundert analysiert; auch eine Tagung des Archivs des Liberalismus in Gummersbach hat sich 2013 dieser Frage angenommen.20 Ein weiterer Ansatzpunkt der Liberalismus-Forschung ist die Geschichte des Parlamentarismus als einer Teilgeschichte des Liberalismus auf institutioneller Ebene.21 Allerdings fehlen für eine Gesamtgeschichte auch nur des deutschen Parlamentarismus noch grundlegende Studien zu einzelnen Epochen oder zu einzelnen Regionen. Immerhin liegen einige wichtige Arbeiten zu liberalen Kernländern vor.22 Jedoch mangelt es nach wie vor an einer Geschichte des Reichstags im Kaiserreich und in der Weimarer Republik.23 Zum Deutschen Bundestag hat Marie-Luise Recker in den letzten Jahren zwei Studien vorgelegt.24 Beim Projekt des Handbuchs der Geschichte des deutschen Parlamentarismus sind gerade im Vergleich zu Preußen und Süddeutschland insbesondere die mitteldeutschen Staaten von Sachsen bis Kurhessen vernachlässigt.25 Eine Vielzahl von Ergebnissen für eine politische Sozial- und Kommunikationsgeschichte des Liberalismus haben dagegen sowohl regionalgeschichtliche,26 als auch stadt- und kommunalhistorische Studien erbracht; hier zeigt sich aber ein sehr vielfältiges, wenn nicht disparates Bild der Ausgestaltung liberaler Handlungsspielräume.27...


Ewald Grothe, geboren 1961, Studium der Geschichte, des Öffentlichen Rechts und der Rechtsgeschichte an der Philipps-Universität Marburg, 1994 Promotion in Marburg, 2004 Habilitation an der Bergischen Universität Wuppertal, seit 2007 Lehrbeauftragter an der Universität Köln, seit 2009 außerplanmäßiger Professor fu¨r Neuere und Neueste Geschichte in Wuppertal, seit 2011 Leiter des Archivs des Liberalismus der Friedrich-Naumann-Stiftung fu¨r die Freiheit in Gummersbach. Forschungsgebiete: Liberalismusgeschichte, Verfassungsgeschichte, Wissenschaftsgeschichte.


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